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Dienstag dm 19. Septernöer

Versöhnung der Nationalitäten" hat Graf Taaffe auf sein Panier geschrieben und fett zwölf Jahren ist er an der Arbeit, dieses Programm durchzusühren. Er hat das Deutschtum in Oesterreich nach Möglichkeit unterdrückt, denn er fürchtete die An­ziehungskraft des neuen Deutschen Reiches auf die deutschen Elemente in den habsburgischen Staaten. Diese Unterdrückung konnte nur geschehen durch Hilfe eines bis dahin wenig beachteten Volksstammes, der schon auf und daran war, völlig in das Deutschtum aufzugehen: der Tschechen. Tie Herrschaftsgelüste einzelner tschechischer Führer thaten das ihre, um das tschechische Volksbewußtsein neu zu beleben, und heute sind die Tschechen oben auf und drohen mit ihren nationalen Ansprüchen eine Gefahr für die gesamte habsburgische Monarchie zu werden. In den Jahren 1848 und 1849 war es der deutsche Teil der Monarchie, der den Gesamtstaat vor dem Auseinanderfallen be­wahrte. Käme heute eine ähnliche Krise, so würde Deutsch"-Oesterreich für sich allein nicht mehr die Kraft haben, sie zu überwinden.

In den letzten Jahren haben in Böhmen wieder­holt schwere Ausschreitungen des tschechischen Teils der Bevölkerung gegen die Deutschen stattgefunden. Pilsen und Prag waren erst in den jüngsten Tagen die Schauplätze solcher groben Exzesse. Da ist plötz­lich dem Grafen Taaffe vor den Geistern, die er selbst gerufen hat, angst und bange geworden; er hat sich zu einem überraschend energischen Schritt gegen das heillose Treiben des Jungtschechentums oufgerafft: Durch eine Verordnung des Gesamtministeiiums wird nach eingeholter Genehmigung des Kaisers die zeit­weilige Aufhebung der Artikel 12 und 13 des Staats­grundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staats­bürger im Gebiet der Hauptstadt Prag, sowie der Bezirkshauptmannschaften Weinberge, Karolinenthal und Smichow verfügt. Gleichzeitig wird für gewisse Vergehen die Thätigkeit der Geschworenengerichte im Landesgerichtssprengel Prag auf ein Jahr eingestellt.

Die amtliche,Prager Zeitung" begründet diese Ausnahmeverfügungen mit der maßlosen Verhetzung der Bevölkerung durch eine rücksichtslose Fraktion, die, unbesorgt um die Zukunft des Volkes, die Leiden­schaften entflamme und Terrorismus ausübe, gegen Personen, Stände und Nationalitäten Hetze, die Mit­wirkung unruhiger Elemente ander! r Parteien suche, gegen die Behörden zur Auflehnung ermuntere und selbst vor der Majestät des Monarchen nicht Halt mache. Indem das Blatt ferner auf die wiederholt vorgekommenen Ruhestörungen, die Bedrohungen der Sicherheit von Personen und Eigentum, auf die Miß­achtung gegen die Behörden und die Verunglimpfung von Abzeichen staatlicher Hohettsrechte hinweist, er­klärt es» daß die gewöhnlichen Mittel der Regierungs­gewalt nicht mehr ausreichend gewesen und die ge­setzlich zulässigen Einschränkungen der Preßfreiheit, des Vereins- und Versammlungsrechtes erforderlich geworden seien, um der Notwendigkeit, zum Schutze der Ordnung schärfere Mittel anzuwenden, vorzubeugen. Daher seien die Ausnahmcverfügungen für die Stadt Prag und deren Umgebung getroffen worden, von wo aus die Bewegung geleitet werde und wo die Wirkungen derselben am sichtbarsten hervortreten. Das Blatt schließt mit dem Ausdrucke der Zuversicht, daß der ordnungsliebende Teil der Bevölkerung die Bemühungen der Behörden zur Hintanhaltung ge­wissenloser Verhetzungen unterstützen werde.

Die Regierung des Grafen Taaffe greift srät ein, hoffentlich aber ist es noch nicht zu spät. Sie spricht aber mit ihrem Auftreten zugleich sich selbst das Urteil. Wer anders als sie selbst trägt die Schuld, daß es so weit kommen konnte, daß die hoch- «ud landesverräterischen Umtriebe solchen Umfang annahmen und zu Aeußerungen kamen, wie auf dem bekannten TurneoKongreß in Nancy? Mußte nicht die tschechische Bevölkerung glauben, daß ihr Auf­

treten von der Regierung geradezu bewilligt würde, um das Deutschtum in Oesterreich völlig unterzukriegen ? Hat die Regierung nicht jahrelang durch thatenloses Zusehen eine solche Auffassung geradezu bestätigt?

-Die Geister, die sie rief, wird sie nur schwer

bannen können.

Als Stimmungsbild verdient Erwähnung, daß am ersten Tage deskleinen Belagerungszustandes" die jungtschechischen Führer ein Festmahl abhalten wollten, was aber durch die Polizei verhindert wurde. Bei der Räumung des Gasthauses wurde vou den Tschechen das französisch-russische Bünd­nis gefeiert, auf den Zaren Hochs ausgebracht und die Marseillaise gespielt. Man kann wirk­lich nicht mehr verlangen.

* Altensteig, 18. Scpt. Bei der am S onn - t a g abend abgehaltenen Hauptversammlung des Turn­vereins kam als erster Gegenstand der Tages-Ord- nung zum Vortrag die Publikation des Rechenschafts­berichts pro 1. Sept. 1892 bis 93. Hienach betragen die Gesamt-Einnahmen 403 Mk. 38 Pf., die Gesamt- Ausgaben 470 Mk. 18 Pf. Die ungewohnte Höhe der Ein- und Ausgaben rührte vom Gauturvfest her, das eine Am gäbe von Mk. 360. erforderte, aber nur ein Erträgnis von 258 Mk. 03 Pf. (ein­schließlich eines von den verehelichen bürgerlichen Collegien bewilligten Beitrags von 50 Mk.) abge­worfen hat. Es wurde beschlossen, das Defizit auf die Vereinskasse zu übernehmen. Nach Erledigung des Geschäfts- und Kassenberichts wurde die Neuwahl des Ausschusses vorgcnommen. Es wurde gewählt: als Vorstand: Gustav Luz, als Kassier: Fritz Henßler, Flaschner, als Turnwart: G. Schneider, Gipser, und als weitere Ausschußmitglieder Carl Köhler und Fritz Luz.

* Alten steig, 18. Sept. Ein schreckliches Ver­hängnis waltet über unserer Oberamtsstadt Nagold. In dem Zeitraum von einem Jahrzehnt sind daselbst schon 2 größere Brände immer in einer Sonntag Nacht ausgebrochm und haben eine Anzahl größere Gebäude eingeäschert. Letzte Nacht nach 12 Uhr brack daselbst in dem engen Stadtteil beim Hirsch wieder Feuer aus, das den ganzen Häuserkomplex zwischen dem H;rsck und dem Kaufmann Hcllerschen Hause, dem alten Kirchenplatz und der Hirschgasse in Asche legte, darunter die Zaiser'sche Buchdruckerei, die in ihrem Betrieb eine schwere Schädigung erfährt, den Ochsen, das Kaufmann Schiler'sche Haus, den alten Kirchturm mit seinen Glocken und der Centrale der elektrischen Beleuchtungs-Anlage. Im ganze« sind 29 Heöände, 24 Wohnhäuser und 5 Scheunen- geörannt «nd 45 Aamilien obdachlos geworden. Der Brandvers. - Anschlag der 29 Gebäude beträgt ca. 200000 Mk. Welch' großes Elend diese schreck­liche Katastrophe hervorgerufen hat und welch' schwere Prüfung über die abgebrannten zahlreichen Familien Hereingehrochen ist, darüber ein Bild zu entwerten, möge uns der gen. Leser erlassen; de Teilnahme mir dem schweren Schicksal ist eine innige und all­gemeine. Kurz vor 2 Uhr wurde die hics. Feuer­wehr zur Hilfeleistung allarmiert, die eilends bei strömendem Regen nach Nagold abging. Der große Feuerschein am Himmel, der hier gut sichtbar war, ließ auf einen großen Brand schließen; leider bestätig­ten die ersten Hiobsbotschaften diese Annahme. Nachschrift: Das Feuer ist durch Brandlegung im Stall des Gasthauses zum Ochsen entstanden. Der Thäter ist noch nicht ermittelt. Gegen das gewal­tige Feuermeer war das Eingreifen der Feuerwehr nahezu unmöglich und ohne die Wasserleitung, dre sich gut erprobt hat, wäre das Unglück ein weit aus­gedehnteres geworden. Die Apotheke stand schon in Brand, konnte aber noch gerettet werden. Die zahlreich erschienenen Feuerwehren hatten mit der Eindämmung des Feuers ein gewaltiges Stück Ar-

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1893.

beit; leider kam auch ein Unglück vor, indem Schwa­nenwirt Günther in seiner Scheuer herabstürzte und schwerverletzt weggetragen werden mußte.

' Cannstatt, 15. Sept. Die Kaiserparade ist bei schönstem Wetter unter dem Andrang der Be­völkerung glänzend verlaufen. Um 7 Uhr 15 Min. begann der Anmarsch der Truppen in die Parade- stellung, um 93/4 Uhr war derselbe beendet. Sämt­liche Truppen trugen an diesem Tage erstmals den einreihigen Woffenrock. Die Kriegervereine haben vor und neben der Tribüne in der Stärke von 316 Vereinen und 7000 Mitgliedern mit dem Königs- barmcr und 203 Fahnen und Standarten Aufstellung genommen. Um 9 Uhr 50 Minuten ertönte das Kommando zum Präsentieren. Unter den Klängen des Präsentiermarsches und dem Hurrah der Trup­pen sprengten der Kaiser und der König, der Kaiser in der Uniform seines württ. Jnf.-Regiments Nr. 120 mit den Generalsabzeichen und dem Bande des Kronordens, der König in großer Generalsuniform mit dem Bande des Schwarzen Adlerordens, denen Ihre Majestäten die Kaiserin und die Königin in vierspännigem Wagen, die übrigen fürstlichen Damen, die Prinzen und eine glänzende Suite folgten, nach dem rechten Flügel der Aufstellung und ritten die Front derselben ab. Nach dem Abreitcn begaben sich die Majestäten, die Fürstlichkeiten und das Gefolge nach dem Platze gegenüber der Tribüne, worauf zweimaliger Vorbeimarsch erfolgte. Der König setzte sich an die Spitze des Korps und führte daS 1. Regiment an dem Kaiser vorüber. Als das Gren.- Reg. König Karl Nr. 123 herankam, setzte sich der König gleichfalls an die Spitze desselben und führte dasselbe vorüber, während der Kaiser sein Jnf.-Reg. Nr. 120 dem König vorführte. Ebenso führte der König das Ul.-Reg. König Karl Nr. 19, dasDrag.- Reg.König" Nr. 26 an dessen Spitze sich auch Prinz Weimar befand, sowie das Feldartillerie-Re- gtment Nr. 13 vorüber. Auch beim zweiten Vorbei­marsch setzten sich die Monarchen an die Spitzen ihrer Regimenter. Der Parademarsch verlief glän­zend. Sämtliche Truppen kamen gut worüber. Der Kaiser reichte dem König dankend die Hand. Die Kaiserin, die Königin und die übrigen fürstlichen Damen begaben sich nach Villa Berg. Der Kaiser und der König ritten nach der Parade die Front der Kriegervereine ab. Der Ehrenpräsident, Prinz Herr­mann zu Sachsen-Weimar, erstattete dem Kaiser Rapport. Der Kaiser unterhielt sich aufs Leutseligste m t vielen dekorierten Mitgliedern, fragte sie, wo sie gedient und wo sie dekoriert worden seien. Das Präsidium und Bundesausschuß hatte mit dem Bundes­banner 10 Schritte vor der Front Aufstellung ge­nommen. Während des Abreitens der Front wandte sich der Kaiser zum Präsidium, worauf der Ehren­präsident ein dreimaliges Hurrah auf den Kaiser aus­brachte. Der Kaiser richtete an mehrere Präsidial- mitglieder huldreiche Worte und sagte vor dem Weiter­leiten:Ich danke Ihnen meine Herrn sehr, daß Sie in so großer Anzahl hier erschienen sind. Sprechen Sie allen Bezirksvorständen, allen Vereinsvorständen und allen Kameraden meinen Dank aus." Der Kaiser und der König verließen hierauf unter brausenden Hochrufen der Menge den Paradeplatz, um sich zu­nächst nach Stuttgart zurückzubegeben. Die ganze Parade war aufs herrlichste und so weit bekannt, ohne Unfall beim schönsten fast zu heißen Wetter ver­lausen. Die Kriegervereine marschirten an den Kur­saal, während die Menge, teils zu Fuß den Weg nach Stuttgart machte, teils in den Sonderzügen Platz zu finden suchte.

* Stuttgart, 15. Sept. Kurz nach der Rück­kehr der Kaiserlichen Majestäten von dem Frühstück bei der Herzogin Wera fuhr die Kaiserin mit einer der Hofdamen, beide schwarz gekleidet, mit einem großen Kranz in den Hof des alten Schlaffes, ließ sich die Gruft öffnen und legte am Sarge I. M. der