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Samstag dw 16. September

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

Einrück­ung spreiS f. Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8^, bei mehrmel.

je 6

auswärts je 8 ^ die Ispalt.Zeile

1893.

Amtliches.

lieber tragen wurde die evangelische Pfarrei Aldingen, Dekanats Ludwigsburg, dem Pfarrer Müller in Ebhausen.

Vers etzt wurde, seinem Ansuchen gemäß, Oberförster Weith in Simmersfeld auf das erledigte Revieramt Altensteig.

Gestorben: Rentner Geißler, Heilbronn: Schreinermeister Braun, Stuttgart; Georg Cpahr, Schriftführer der Landarmen- behörde, Ellwangen.

2 Obreuowitsch und Karageorgewitsch.

In Topola (Serbien) liegt der Befreier des Serbenvolkcs Karageorgewitsch begraben, dergroße Georg", wie er dankbar noch heute in Serbien ge­nannt wird. Allerdings fehlt dem Leichnam der Kopf; Obrenowitsch, der Nachfolger Karageorgewitsch's in der Macht, hatte die Gefälligkeit gegen die Türken, diesen den Kopf ihres Todfeindes zu verabfolgen. Der junge König Alexander hat vor wenigen Tagen die Gruft Kara Georgs besucht und daselbst mit ehrenden Worten einen Kranz niedergelegt. Ver­schiedene Zeitungen gehen so weit, daraus zu folgern, daß eine Versöhnung der feindlichen Häuser Obreno­witsch und Karageorgewitsch bevorsiehe oder gar be­reits vollzogen sei.

Derschwarze Georg" rief 1804 seine Lands­leute zum Kampfe gegen die Türkenherrfchaft auf und jagte die Besatzung des Großsultans aus dem Lande. Bei wechselndem Kriegsglück behauptete er sich zehn Jahre lang als Diktator, bis er infolge mehrfacher Niederlagen, mehr aber noch durch den Zwist im Innern Heer und Land verlassen und nach Oesterreich flüchten mußte, wo er auch starb. An seiner Stelle übernahm der Schweinehändler Milan Obrenowitsch die Führung der Serben und wurde 1817 zum erblichen Fürsten gewählt. Serbien wurde ein eigenes Staatswesen unter türkischer Oberhoheit und Milan regierte schlecht und recht bis 1839. Dann mußte er zu gunsten seines Sohnes abdauken, der aber schon drei Jahre später vertrieben wurde. Das Seroenvolk hob den zweiten Sohn des schwarzen Georg, Alexander, auf den Thron, aber 1858 wurde auch dieser abgesetzt und nochmals bestieg der alte Obrenowitsch denselben, starb jedoch schon zwei Jahre später. Zum zweitenmal Male folgte ihm sein Sohn Michael, der indessen 1868 (wie kaum be­stritten wird) auf Anstifter! des vertriebenen Alexan­

der im Parke von Topschtder bei Belgrad ermordet wurde.

DiePartei der Mörder" konnte indessen aus der Blutthat nicht den erhofften Nutzen ziehen, denn die sehr energischen Anhänger der Obrenowitsch riefen den noch minderjährigen Sohn des Ermordeten, Milan, zum Fürsten aus, der 1872 großjährig wurde und vor drei Jahren von der Regierung zurücktrat, die­selbe seinem Sohne Alexander, dem jetzigen Könige, überlassend. Inzwischen und seitdem sind die Kara- georgewitsch stets gegen die regierende serbische Dynastie aufgetreten, und an Putschversuchen und Intrigen hat es nicht gefehlt, einen Regierungswechsel in Belgrad herbeizuführen, so wenig wie an einer Bereitschaft d:r Prätendenten, den Thron, wenn er verwaist werden sollte, zu besteigen.

Bekanntlich ist der jetzige Fürst Karageorgewitsch der Schwiegersohn des Fürsten von Montenegro und als solcher mit dem russischen Kaiserhause verwandt. Aus obigem kurzen Geschichtsabriß aber ersieht man in einem wie feindlichen Verhältnis die beiden ser­bischen Fürstenhäuser zu einander stehen. Aus diesem Grunde war der Besuch der Gruft Karageorgewitsch's durch den jungen Alexander ein Akt der Ritterlichkeit und Großmut, und ein Schritt des Entgegenkommens gegen die Nachkommen des Serbenbefreters. König Alexander hat von dem Idealismus, diesem schönsten Vorrechte der Jugend, Gebrauch gemacht und sich heroisch losgerungen von einem der fatalsten Jrr- tümer der politischen Tradition seines Hauses. Von da bis zum Frieden mit dem Geschlcchte Kara- georgewitsch ist freilich noch weit, denn zum Friedens­schlüsse sind eben Zwei notwendig; aber die Ver­söhnung ist von der einen Seite angebahnt, und ge­rade der Umstand, daß dies durch König Alexander geschehen, läßt die Hoffnung auf eine baldige Aus­gleichung des dreiviertel Jahrhundert alten Gegen­satzes begründet erscheinen.

Ueberhaupt hat der junge, kaum den Knaben­schuhen entwachsene König schon viele Beweise hoch­herziger Gesinnung und männlicher Reife gegeben, während sein Vater nach wie vor in die Fvßstapfcn seines Vorbildes, desKönigs-Luslik", tritt. Durch sein verständiges Auftreten schwächt der junge König die Partei Karageorgewitsch's, die in den letzten drei

Jahren in Serbien wieder Boden gewonnen hatte. Gerade durch die Verschwägerung Karageorgewitsch's mit dem montenegrinischen Fürstenhause, dessen Ober­haupt lekanntbch nach dem Ausspruch des Zaren der beste Freund Rußlands" ist, war die Prätendent- schaft des »schwarzen Georg" zu einer besonderen Gefahr für Serbien geworden. Gelingt dem jungen König die Versöhnung, zu der der Besuch der Fürstcn- gruft der erste Schritt war, so hat er viel zur Be­festigung der inneren Verhältnisse seines Landes gethan, und daß ihm dies gelinge daran hat das ganze friedliebende Europa ein dringliches Interesse.

Lavdeskachrichtell,

* Freudenstadt, 13. Sept. In Reichenbach

Röth und Hutzcnbach ist seit mehreren Tagen eine epidemische Krankheit ausgebrochen, welche durch ein­zelne ihrer Erscheinungen unter der Bevölkerung die Befürchtung wachrief, als ob es sich um eine cholera­ähnliche Erkrankung handeln könnte. Nach den so­fort eingeleiteten amtlichen Erhebungen ist der Ver­dacht der Cholera oder einer ähnlichen Krankheit be­stimmt auszuschließen, cs ist jedoch das einschlägige Material der höheren Behörde zu weiterer Unter­suchung vorgelegt worden. (Gr.)

*Baiersbronn, 12. Sept. In der Gegend der Parzelle Schönmünz ertrank heute das 2V2jährtge Kind eines dortigen Sägers, als es nur wenige Augenblicke unbeaufsichtigt war.

* Stuttgart, 14. Sept. DerSt.-Anz." schreibt anläßlich des Kaiserbesuches in Stuttgart: Die Haupt- und Residenzstadt Stuttgart rüstet sich zum Empfang Seiner Majestät des deutschen Kaisers Wilhelm, welcher einige Tage hindurch mit Ihrer Majestät der Kaiserin als Gast unseres in Ehrfurcht geliebten Königs in ihren Mauern weilen wird. Es waren traurige Anlässe, welche Seine Majestät in den zwei vergangenen Jahren hieher führten. Er kam, um Seiner Majestät dem König als Freund zur Seite zu stehen beim Gang zur Gruft, welche das verewigte Königspaar ausnahm. Eine andere Aufgabe ist es, welche der Kaiser bei Seinem jetzigen Besuch zu er­füllen kommt. Seine Majestät will sich von der Kricgsiüchtigkeit des württembergischen Armeekorps überzeugen, welches zum erstenmal vor Kaiser Wil-

Gine Woche. (Nachdruck verboten.)

Kriminal-Roman von M ... .

(Fortsetzung.)

Jetzt wurde die nach dem Nebenzimmer fühlende Thür geöffnet. Das junge Mädchen und ihre Mut­ter traten heraus. Wie entzückend sah meine neue Freundin ohne Hut aus. Die dichten blonden Locken fielen ihr jetzt frei in die Stirn herab. Und dann der Wuchst

Mr. Moore, Mama! der mich mit eigener Le­bensgefahr rettete", stellte sie mich vor.

Wir setzten uns. Ich mußte wohl oder übel meinen Platz auf dem Sofa behalten.

Die alte Dame sprach ihren Dank in warmen Worten aus, sie habe es Nelly schon oft gesagt, daß sie sich aus der Straße vorsehen solle, aber das Kind sei so unvorsichtig.

Aber jetzt ist sie gewarnt; ein ander Mal wird sie sich schon in acht nehmen. Ja Nelly, da ist nicht immer ein Mr. Moore bei der Hand, der dich retten kann."

Ich verbrachte eine äußerst angenehme Stunde. Wir wurden bald bekannt miteinander. Nellys Mutter sprach in der offensten Weise mit mir über ihre Verhältnisse.

Es war die alte Geschichte von Armut und Un­glück; der Tod hatte unbarmherzig einen im blühen­den Lebensalter stehenden tüchtigen Mann aus dem Kreise der Seinen gerissen. Da galt es, sich durch eigener Hände Arbeit zu ernähren. Nelly war da­

mals noch ein Kind, ein Umstand, der die Lage der Witwe sehr erschwerte. Und die alte Frau mit dem runzeligen Antlitz und dem gebeugten Rücken erzählte mir, wie sie sich abgearbeitet und gequält habe, wie oft sie der Verzweiflung nahe gewesen sei. Dann war Nelly herangewachsen und seit der Zeit hatte alle Not ein Ende. Sie stand ihrer Mutter getreu­lich bei und opferte für sie sich auf. Nelly war stets eine gute Tochter gewesen.

Es wurde Zeit für mich zu gehen. Ich hatte mich schon zu lange aufgehalteu. Ich erhob mich, um mich zu verabschieden.

Da klopfte es an die Thür ein, zweimal. Der Besucher hatte offenbar Eile.

Nelly sprang auf. Sie errötete. Wußte sie etwa, wer da vor der Thür wartete?

Guten Tag, Nelly ! Hast du dich sehr nach mir gesehnt?"

Es war eine tiefe, männliche Stimme: sie kam mir so merkwürdig bekannt vor.

Wer trat so ungeniert ins Zimmer, wer drückte der Alten so zärtlich die Hand, wer legte völlig un­befangen, als sei es das natürlichste Ding von der Welt, seinen Arm um Nellys schlanke Taille? Wer anders, als der Adjutant, dieser Morrison, dieser Allerweltsmensch!

Er hatte mich nicht sogleich gesehen. Doch jetzt gewahrte er mich, und ich muß gestehen, mir ist selten ein so verwundertes Gesicht begegnet.

Eine Minute lang standen wir einander schwei­gend gegenüber. Nelly hatte Morrisons Arm, auf

' den sie ihre Hand soeben gelegt, losgelaffen, sie blickte i uns mit großen Augen an. Auch die Mutter schwieg.

: Sie fand gewiß, daß alles in Ordnung sei.

Mr. Moore," begann der Adjutant mit leiser Stimme,Sie hier?" Aber er wurde von mir unter­brochen:Ja, Mr. Morrison, ich bin hier! Störe ich etwa ? Bin ich Ihnen im Wege?"

Ich hätte vielleicht noch mehr gesagt, wenn Nelly mir nicht zuvorgekommen wäre. Sie trat schnell zwischen uns und sagte mit dem ganzen Takt eines zartfühlenden, jungen Mädchens:

Mr. Moore, erlauben Sie, daß ich Ihnen in Mr. Morrison meinen Verlobten vorstelle."

Und jetzt war mir alles klar. Das Bild, das hübsche Bild! Da stand ja das Original leibhaftig vor mir.

Und ich mußte gestehen, das Original war tausend­mal anziehender als das Bild.

Mit wenigen Worten teilte nun Nelly ihrem Verlobten mit, auf welche Weise ich hieher gekommen war. Sie übertrieb tüchtig nach ihrem Berichte hatte ich eine wahre Heldenthat verübt! Und doch war es nur ein wildes Pferd. Du großer Gott, es ist oft weit schwieriger, einen Menschen zu zähmen, der von Sinnen ist, als ein Tier.

Morrison trat an mich heran Ohne ein Wort zu sagen, reichte er mir die Hand und ich drückte sie ihm herzhaft.

In diesem Augenblick fühlten wir beide, daß der alte Groll geschwunden war. Die Vergangenheit war ausgelöscht.