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Donnerstag dm 14. September
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1893.
Amtliches.
Uebertragen wurde die erledigte Erpedientenstelle in Wild- be^d^^Eisenbahnge^ilf^Hornstein^daseM^^^^^^^^
Gestorben: Ludwig Bochinger, Wirt. Dornstetten; Schullehrer Gaiser', Schopfloch-Zuffenhausen; Bildhauer Schmidt, Stuttgart; Privatier Frank, Schorndorf; Bahnmeister Reiser, Ellwangen; Metzgermeister Krauß, Stuttgart.
L Metz und Toulon.
Mt einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig läßt, hat der Kaiser in Metz wiederholt ausgesprochen, daß er den Frieden schirmen will, daß aber ans jeden Fall die Reichslande deutsch sein und bleiben sollen. Natürlich hat man in Paris ohne zu mucksen diese bittere Pille hinunterschlucken müssen und wenn sich auch der «Figaro" und andere Blätter zu dem Versuch verstiegen, die Nechtsbeständigkeit des Frankfurter Friedens anzufechten, so haben diese Federübungen doch nicht die geringste praktische Bedeutung.
Da kam den Franzosen zur rechten Zeit die lange erwartete Botschaft von dem bevorstehenden Gegenbesuch der russischen Flotte in Toulon. Herr Dupuy hat über olle Maßen Glück. Erst so vorzügliche Kammerwahlen und gleich darauf die Ankündigung des russischen Besuchs. Ja, der letztere kann als eine direkte Folge der elfteren gelten. Die gemäßigten Republikaner haben bei den Wahlen eine so große Mehrheit erhalten, daß beim Zaren das Vertrauen in die Stetigkeit der Dinge in Frankreich erheblich gestiegen ist und besonders angenehm hat es in Petersburg berührt, daß Floquet und Clemenceau unterlegen sind. Der erste hat s. Z. noch als junger Student dem Zaren Alexander II. in Parts öffentlich zugerufen: «Es lebe Polen!" Der andere gilt als ein offener Gegner des Bündnisses mit Rußland. In dieser Beziehung ist Clemenceau ehrlicher als seine Landsleute. Wie ist es möglich, daß ein republikanisches Volk, das sich einbildet, der übrigen Welt erst die Begriffe wahrer politischer Freiheit beigebracht zu haben, sich mit einem Herrscher verbindet, in dessen Land auch nicht eine Spur von Freiheit geduldet wird und der Wille eines Einzelnen das einzige und unabänderliche Gesetz ist? Wie verträgt sich die rote phrygische Mütze mit der Knute?
Der Gram um das verlorene Elsaß Lothringen hat in Paris der Freude über den angekündigten
russischen Flottenbesuch den Platz geräumt. Alle seine Schmerzen vergißt Frankreich über diese Gnade und Huld des Selbstherrschers aller Reußen, es steht nicht, wie verletzend die Sprache der russischen Presse in ihrer wohlwollenden Herablassung für den französischen Stolz ist; es denkt nicht daran, daß, wie nach Kronstadt, so auch nach Toulon die russische Rechnung in Gestalt eines Anleihegesuches Nachfolgen wird; es vergißt, daß die Russen sich nicht weniger als zwei Jahre Zeit gelassen haben, ihren Gegenbesuch abzustatten, nein, Frankreich jubelt und frohlockt und lan»t tief in seine Taschen, um die lieben Brüder würdig zu empfangen.
Der Generalrat des Vardedeparteuunts beschloß einen Kredit von 300 000 Frank für den Empfang der Flotte; der Gcmcinderat von Toulon bewilligte für den gleichen Zweck 200 000 Frank. Soweit bisher bekannt ist, wird die russische Flotte vier Kriegsschiffe mit 90 Offizieren umfassen. Sämtliche Offiziere sowie eine Abordnung der russischen Matrosen werden zum Besuche nach Paris eingeladen werden, wo im Grand Hotel ein großes Verbrüderungsfest stattfinden soll. Die Marinepräfeklur in Toulon hat beschlossen, der russischen Flotte das aktive Mittel- meergeichwader entgegenzuschicken, um sie cinzuholen. Der Marineminister und der Marinestab schiffen sich auf ihm ein. Präsident Carnot begibt sich am Tage nach der Ankunft der Russen nach Toulon. Kurz, der Empfang wird großartig werden. Die Welt muß sich darauf gefaßt machen, daß manches in Toulon und Paris beim Champagner gesprochene Wort bis dicht au die Grenze gehen wird, wo der Scherz aufhört, aber — auch nicht darüber hinaus.
Man kennt die Gepflogenheit russischer Generale, sich zu benebeln und dann in den Tag hineinzureden. Man hat das an Skobclew und an Gurko erlebt und cs würde sich niemand in Deutschland darüber wundern, wenn auch die neuerlichen Touloner und Pariser Verbrüderungsfestlichkeiten solche Absurditäten zeitigten. Die Kriegsgefahr wird dadurch um keinen Zoll nähergerückl; mag man sich in Wein und Wort noch so sehr begeistern. In jedem Fall sieht Deutschland den russisch-französischen Festlichkeiten mit voller Seelenruhe entgegen; denn das Kaiserwort an die Lothringer: „Das geeinte Deutsche Reich sichert Ihnen
den Frieden, und deutsch stad Sic und werden Sie bleiben, dazu helfe uns Gott und unser deutsches Schwert", findet in ganz Deutschland den freudigsten Widerhall, es ist dem deutschen Volke aus der Seele gesprochen.
Lmdesnachrichtea.
* Altensteig, 13. Sept. Die Kalamität mancher Art, welche die anhaltende Trockenheit verursacht und welche in der Futternot ihren fatalen Gipfelpunkt hat, wächst mit jedem Tage. Für alle die sehnenden flehenden Blicke zum Himmel um Regen hat derselbe kein Einsehen. Wenngleich sich öfters ein recht regenschwangeres Gewölk am Firmament einstellt, zum Regnen kommt es eben nicht, denn der alsbald auftretende Wind verweht wieder alles rasch. So vergeht ein Tag um den andern, der harte strenge Winter naht immer näher heran und mißmutig mit ernster Sorge blickt der Landwirt auf seinen noch vorhandenen Viehstand und auf seine leeren Heustöcke. Da ist es kein Wunder, wenn er sich — bei der ihm eigenen rühmenswerten Ausdauer — schließlich doch dazu versteht, sein Vieh an Händler zu Schleuderpreisen loszuschlagen; manche, denen es möglich ist, daS Fleisch im Ort abzusetzen, ziehen vor, selbst zu schlachten, sie erzielen dann immerhin einen besseren Erlös. Gegenwärtig werden fast jeden Tag Kühe geschlachtet, deren Fleisch zu 30 bis 32Pfg. das Pfd. ousgehauen wird. Das viel gesäte Spätfutter ist wohl aufgegangen, aber es macht keinen Fortschritt, ja es ist am Verdorren. So zerfließen alle wohlgemeinten Ratschläge, die aufgewendete Mühe und die gehabten baren Auslagen in nichts. Diese bedauernswerte schwere Zeit giebt in vieler Hinsicht zu denken und weist namentlich auf den obersten Lenker der Geschicke hin, ohne dessen gnädiges Wallen wir eben nichts vermögen und nichts sind.
H Simmersfeld, 13. Sept. Letzten Montag kamen von der Firma Heinrich Kurtz, Glockengießerei in Stuttgart, zwei neu?, schön bekränzte Glocken zu unserem Kirchengeläute an. Die größere derselben (im Gewicht von etwa 7 Zentner) kommt an Stelle der im letzten Winter zersprungenen mittleren unseres Kirchengeläutts, während die bisherige kleinste, nur 81 Kilo schwere Glocke ebenfalls durch
Hin« Woche.
Kriminal-Rommi von M >
(Nachdruck verboten.)-
(Fortsetzmig.)
Es hatte keinen Zweck, ihm den Brief durch die Post zu senden Das würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich mußte ihm denselben durch den Portier zukommen lassen.
Ich ziehe meinen Rock an und begebe mich auf die Straße. Der frische Wind kühlt meine brennende Stirn; mir wird leichter ums Herz; die Zweifel schwinden. Die Sache erscheint mir wieder in rosigerem Licht. Alles würde schließlich noch ein glückliches Ende nehmen, und daß der Fall ein höchst interessanter war, das ließ sich nicht leugnen.
So ein kleiner Spaziergang in freier Lust thut doch Wunder.
Aber was geht vor sich? Warum stürzen die Menschen so angstvoll zur Seite? Die Straße ist ja plötzlich wie reingefegt.
Ich höre dröhnende Laute, die näher und näher kommen; Pferdehufe schlagen funkensprühend gegen das Steinpflaster; jetzt wird ein Wagen sichtbar, der in wilder, schneller Fahrt dahinrast.
Man stürzt auf die Trottoirs, man preßt sich so nahe wie möglich an die Mauern, man sucht in die Thorwege einzudringen, in die Hausthüren und Läden.
Großer Gotl! Mitten auf der Straße, auf dem Weg, den der Wagen unwiderruflich einschlagen mutz, steht eine Fraueugrstalt. Ich sehe, wie sie schwankt,
wie ihre Füße ihr den Dienst verweigern — sie fällt auf die Kniee, gefaßt, das Unvermeidliche über sich ergehen zu lassen.
Ich kenne mich selber nicht mehr. Ich bin völlig von Sinnen. Ich stürze vorwärts.
Mit eiserner Faust greife ich in die Zügel. Das Pferd bäumt wild auf. Mit verzweifelter Anstrengung stemme ich mit allen Kräften dagegen — das Pferd wirft sich zur Seite. Ein Dutzend kräftiger Fäuste fassen zu, g> eisen das Tier in die Mähne, in die Zügel
Das Mädchen ist gerettet.
Sie liegt noch immer ohnmächtig auf der Straße. Ich richte sie auf. Sie ist ganz jung, kaum zwanzig Jahre alt. Ihr Gesicht bedeckt Todesblässe.
Ich hebe sie mit meinen starken Armen auf und trage sie in den nächsten Laden. Es ist ein großes elegantes Modemagazin. Der Besitzer, ein galanter, älterer Herr, stürzt herbei. Ich ziehe e'me kleine, mit einem Siegt versehene Karte aus der Tasche, und seine Höflichkeit verdoppelt sich.
Wir legen die junge Dame auf ein Sofa im Hinterzimmer. Mr. Jenkins läuft hinaue, um Wasser zu holen.
Ich netze ihr Stirn und Wangen mit dem frischen Naß — ein leiser Seufzer wird hörbar — es vergehen einige Augenblicke, — sie streckt die Hand aus, greift nach dem Glase und trinkt. Die dunkeln Augen blitzen.
Sie fährt mit der Hand über die von Locken
umrahmte Stirn, als wolle sie sich auf das Geschehene besinnen.
Dann erhebt sie sich und schickt sich an zu gehen. — Air. Jenkins zieht sich zartfühlend einige Schritte zurück, als wolle er damit andeuten, daß das ganze Verdienst mir gebühre, daß sie mir allein zu danken habe.
„Mein Herr", ihre Stimme klang sanft und mild, „haben Sie innigen Dank für das, was Sie an uiir gethan. Wie konnte ich auch nur so dumm und unvorsichtig sein; nochmals tausend, tausend Dank."
Und sie machte einige Schritte in der Richtung nach der Thür.
Aber sie hat sich verrechnet. Ihre Macht über sich selber ist nicht so groß, wie sie glaubt. Die Röte ihrer Wangen verwandelt sich plötzlich wieder in Totenblässe, sie führte die Hand an die Augen, als schwindle ihr; sie war kurz daran, umzusinken.
Abermals stützte ich sie. Sie ergriff meinen Arm und hatte in wenigen Augenblicken ihre Schwäche überwunden.
„Gestatten Sie mir, daß ich Sie ein Stückchen Weges begleite? Nur so weit, bis Sie sich in der frischen Luft völlig erholt haben. Mein Name ist Moore, John Moore."
Sie blickte hastig zu mir auf, als suche sic zu ergründen, weß Geistes Kind ich sei.
„Besten Dank, mein Herr!" Die alltäglichen, so oft mißbrauchten Worte klangen, als kämen sie wirklich aus dem Herzen.