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Donnerstag den 7. September
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
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auswärts je 8 ^ die Ifpalt-Zeile
1893.
Amtliches.
Bers etzt wurde der Erpkdient König in Bretien seinem Ansuchen gemäß nach Freudcnstadt.
Gestorben: Katharine Härtner, Kaufmanns Witwe, Eb- hausen; vr. inest. Rühle, Cannstatt; Oberlazarethinspektor Schilling, Obertiirkheim; Regierungsrat a. D- Kiefer, Ludwigsburg. Stuttgart; Postsekrctär Denzel, Cannstatt; Domänenpächer a. D. v. Weigand, Stuttgart.
L Italien und Frankreich.
Die Jtalienerhctzen in Frankreich dauern fort, wenngleich sie noch nicht wieder zu so blutigen Ausschreitungen Nie in Aigucs - Mortes geführt Haber. Die französische Justiz hat schnell gearbeitet, als es sich darum handelte, einzelne Widersetzlichkeiten gegen Gendarmen zu ahnden. Von einer Bestrafung der an dem Blutbade in Aigues-Mortes Schuldigen verlautet dagegen noch nichts. Wohl aber hat der italienische Botschafter Reßmann Paris mit Urlaub verlassen, nachdem der „Zwischenfall eine befriedigende Erledigung" gesunden hatte. Entweder ist Italien sehr leicht zu befriedigen oder Frankreich hat bündige Versprechen gegeben.
Für die französische Presse ist indessen der „Zwischenfall" noch lange nickt abgeschlossen. In den Blättern aller Parteien wird gegen das undankbare Italien mobilisiert, erstens wegen der vielfachen antifranzöstschen Kundgebungen, die die Vorgänge in Aigues-Mortes hervorgerufen hatten und zweitens besonders wegen der Teilnahme des italienischen Kronprinzen an den deutschen Kaisermanövern in Elsaß- Lothringen. Gerade in Elsaß-Lothringen! Darin liegt für Frankreich eine nicht wieder gut zu machende Beleidigung, wie man es auch seiner Zeit als eine solche empfunden hat/ daß König Humbert seine letzte Rückreise aus Deutschland über Straßburg machte! Das kam den Franzosen fast wie eine Gebietsverletzung vor.
Die Hilfe, die Napoleon s. Z. den Italienern bei ihren nationalen Einheitsbestrevungen leistete, hat Italien schon viel gekostet. Nicht etwa aus Ehrfurcht und Hingebung für das Papsttum hielten die Franzosen bis 1870 Civita Vecchio besetzt; sie wollten nur einen militärischen Wachposten mitten in Italien haben. Nizza und Savoyen, die Stammlande des Königshauses, nahm Frankreich als direkten Lohn
für seine Hilfe und forderte im übrigen stets politische Gefolgschaft. Das ging bis zu den Zeiten Cairolis, bis Frankreich sich Tunis' bemächtigte und später an Italien den Zollkrieg erklärte. Seit jener Zeit hat sich Italien von Frankreich frei gemacht und seine Stütze beim Friedensbunde Deutschlands und Oesterreichs gesucht und gefunden. Und mit Recht konnte König Humbert bet dem Abschiedsmahl, das dem Prinzen Heinrich gegeben wurde, das Wohl Kaiser Wilhelms als „seines besten Freundes" ausbringen.
Ein Teil der italienischen Radikalen — ein Bruchteil allerdings nur — ist aller Erfahrungen zum Trotze immer noch franzosenfrcundlich gesinnt und infolgedessen Gegner des Dreibundes. Besonders die ,Tribuna' macht es sich zur Aufgabe, von Zeit zu Zeit Deutschland vorzuhalten, wie wesentlich die. sem durch das Bündnis mit Italien der Besitz der Reichslande geschützt sei, und Oesterreich daran zu erinnern, daß es durch den Dreibund in den Besitz der „unerlösten Lande" (Südtirols, Dalmatien und Istriens) gesichert sei. Daran, daß Deutschland und Oesterreich trotz des Bundes noch ganz andere Mili- tärlasten zu ihrem Schutze tragen als Italien, denken diese Rechner und Nörgler ebenso wenig wie daran, daß die beiden Kaiserreiche gewiß nicht auf den Beistand Italiens Anspruch machen würden, wenn sie eine Genugthuung von Frankreich und Rußland zu fordern hätten.
Die einsichtigeren Elemente begreifen, daß Italien mit den Nörgeleien am Dreibunde und den Bücklingen vor Frankreich sich nur in das eigene Fleisch schneidet. Anläßlich der jüngsten Polemik über die Teilnahme des Kronprinzen an den deutschen Manövern sind nicht wenige angesehene Stimmen für eine Absage an jede Schaukelpolitik, ein Aufgeben jedes Schönthuns mit Frankreich und eine unumwundene, feste, klare, überzeugungstreue auswärtige Politik eingetreten. Indessen auch die bestimmtesten und dcei- bundfreundlichsten Erklärungen in dieser Richtung dürfen nicht darüber täuschen, daß sie nur so lange ernst gemeint sind, wie die Franzosen sich durchaus ablehnend verhalten. Der Dreibund ist für die italienischen Politiker und einen großen Teil der Nation nur ein notwendiges Nebel. Sie sind ihm gegenwärtig zugethan, weil er den einzigen Rückhalt
für Italien darstellt, dasselbe gegen Frankreich sicher stellt und ihm allerlei Handelsvorteile verschafft hat. Sobald Frankreich solche Vorteile bietet, seine Armee Italien öffnet, ausrichtig die alte Freundschaft wieder Herstellen will, wird kein Italiener — auch Crispi nicht — widerstehen können.
Trotzdem ist der Dreibund noch auf lange Zeit gesichert. Der Franzose haßt und . . . fürchtet den Deutschen; er haßt und . . . verachtet den Italiener. Je mehr Italien Neigung zeigt, mit dem unversöhnlichen Nachbar wieder auf besseren Fuß zu kommen, desto hartnäckiger und schroffer weist dieser jede Annäherung zurück. Er weiß oder ahnt, daß es Italien hauptsächlich um den schwer vermißten französischen Markt zu thun ist, und mit Behagen, Hohn und Schadenfreude ruft er den italienischen Arbeitern zu: „Laßt euch doch von Crispi beschäftigen!", den italienischen Gewerbe- und Handeltreibenden: „Verkauft eure Weine und Rententitel an Bismarck." (Beide Staatsmänner, obwohl nicht mehr am Ruder, sind den Franzosen doch die markantesten Vertreter ihrer Nationen.) Die Greuelszenen von Aigues-Mor- tes haben das eine Gute gehabt, daß sie die Unver- söhnlichkeit aller Franzosen auch denjenigen Italienern zum Bewußtsein gebracht haben, die an eine langsame Abschwächung des Haffes glaubten.
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-r. Spielberg, 6. Sept. Gestern hatten wir hier eine Feier, wie sie wohl selten in einem Land- orte stattfindet. Es galt das 25jährige Hiersein unsres Lehrers Kümmerte zu feiern (der demnächst 50 Jahre im Lehramt thätig ist). Zu der Feier- kamen viele Kollegen des Jubilars aus dem Nagolder und Freudenstädter Bezirk. Um 2'/z Uhr wurden im Gotteshaus 2 gemischte Choräle und 3 Männerchöre gesungen, dann begann die Feier im Gasthaus zum Rößle. Dabet spielte der Mustkverein von Pfalzgrafenweiler herrliche Piecen, dazwischen hinein wurden Soli und Duette von Fräulein, auch Männerchöre von den Herren Lehrern vorgetragen. Der Ortsgeistliche, Hr. Pfarrer Heinrich ergriff zuerst das Wort, um dem Jubilar zu seinem heutigen Tage zu gratulieren, er freute sich darüber, daß von den Herren Lehrern der Jubelfeier zuerst im Gotteshaus
Ame Woche. (Nachdruck verboten.)
Kriminal-Roman von M... .
(Fortsetzung.)
Ein livreegekleideter Diener näherte sich mir.
„Ihr Name, mein Herr?"
Stumm reichte ich ihm meine Karte, auf die ich zuvor einige Worte schrieb.
„Wollen Sie gefälligst einen Augenblick Platz nehmen? Mr. Barker ist gerade beschäftigt, es wird aber nicht lange währen."
Und mit einer tiefen Verbeugung entfernte sich die elegante Erscheinung.
Die Thür zu dem Nebenzimmer, in dem sich Mr. Barker befinden mußte, war verschlossen. Ich setzte mich auf einen Stuhl ans Fenster. Von nebenan erklangen Stimmen. Hörte ich recht? Unwillkürlich rückte ich meinen Stuhl der Thür ein wenig näher. Ich spitzte die Ohren, ich horchte — die Neugierde ist ja eine der Haupttugenden des Detektivs !
Es waren Frauenstimmen, die ich vernahm, zwei Helle jugendliche Frauenstimmen, hin und wieder von einem tiefen, männlichen Baß unterbrochen. Dann wurde alles still. Nach einer Weile verkündete eine klanglose, einförmige monotone Stimme:
„100 Erie-AUen 30^8, 10 Bank of Commerce 120,25, New-Jerseybahn 120,—"
Aber weiter kam er nicht. Ein lauter Ausruf unterbrach ihn: „Sagte ich es nicht? Adieu, Mr. Barker, jetzt heißt es acht geben!"
Ehe ich Zeit gewonnen hatte, mich vom Stuhl zu erheben, wurde die Thür aufgerissen und mit glühenden Wangen und blitzenden Augen eilten zwei Damen durch das Zimmer und zur anderen Thür hinaus.
Auf der Schwelle stand ein untersetzter Mann mit langem grauen Bart — zweifelsohne Mr. Percy Barker. Lächelnd, mit einer höflichen Verneigung näherte er sich mir, der ich mich unwillkürlich nach den davoneileuden Damen umgewandt hatte.
„Willkommen, Mr. Moore, ich habe Sie erwartet — mit Sehnsucht erwartet! Ja, ja, Miß Claflin und Mrs. Woodhull sind ungewöhnliche Damen. Bitte, treten Sie näher!"
Und er schob mich über die Schwelle des Allerheiligsten.
Ich muß bekennen, daß ich in diesem Augenblick mehr an Miß Claflin und Mrs. Woodhull dachte als an Percy Barker. Aber diese beiden jungen Damen waren auch infolge ihrer Exzentrizität in ganz New-Aork bekannt.
„Woodhull und Claflin, Bankiers" ist der Name des Bankgeschäftes, welches beide Damen selbständig gegründet haben. Die Firma ist nicht älter als drei Monate. Und was waren die Damen vor dieser Zeit? Vor etwa 10 bis 12 Jahren waren sie Medien. Die Spezialität der einen waren Liebesgeschichten, während sich die andere mit der Entdeckung von gestohlenen Sachen beschäftigte. Sie beglückte zu jener Zeit verschiedene Städte mit ihrer Anwesenheit, stets unter dem Schutze der Eltern. Sie waren
zart von Gestalt mit etwas burschikosen Manieren; sie hatten kurz geschnittenes, dunkles Haar und feine Nasen — sie sahen einander sehr ähnlich, die beiden Chefs der Firma „Woodhull und Clafffin, Bankiers."
Wir setzten uns. Es verstrichen einige Minuten. Mr. Barker warf mir einen scharfen, prüfenden Blick zu, und auch ich betrachtete ihn aufmerksam.
Percy Barker war ein kleiner, untersetzter Mann. Er ging ein wenig vornübergebeugt; seine Augen, welche eine unbestimmte Farbe hatten, lagen ihm tief im Kopfe und waren äußerst scharf und wachsam. Ich bemerkte, wie Mr. Barker mich während des Gespräches oft gleichsam durchbohrend anschaute, als wollte er ergründen, ob meine Worte wohl wirklich der Ausdruck meiner Gedanken seien. Dies war eine Gewohnheit von ihm, die für denjenigen, mit dem er sich unterhielt, sehr störend sein konnte. Mr. Barkers langer, grauer Bart bildete einen sonderbaren Kontrast zu seinem Haar, das noch ganz schwarz und glänzend war. Die Nase war fein, aber ein wenig zu lang und quer über die Stirn lief eine breite Narbe.
Er brach das Schweigen zuerst: „Mr. Moore, wir sind ja beide Geschäftsleute" — seine Stimme war tief und wohlklingend — „es ist eine sehr traurige Begebenheit, nicht am wenigsten traurig für mich, seinem früheren Kompagnon. Freilich, ich bin früher, ehe er in die Firma eintrat, allein fertig geworden, und werde es jetzt auch wohl können!"
In seinen Worten lag etwas, was mich stutzig machte — die Ironie, die sein Ernst nicht ganz z