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Samstag dm 2. September
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1893.
Amtliches.
Die Abiturientknprüfung hoben u. a. mit Erfolg bestanden: Engen Brätining ovu Wildberg, Karl Wurz von Calw.
Gestorben: Luise Elise Stein, geb. Weber, Gaugenwald; Pauline Schleehauf, geb. Bauer, Nagold; Katharine Wochele, Stadtaccisers Witwe, Nagold; Apotheker Gaupp, Aalen; Pro- kurist Schacher, Stuttgart.
D Ein neuer russischer Kriegshafen.
Ehe der Zar in diesem Jahre seine Sommerreise nach Fredensburg zu seinem Schwiegervater angetreten Hot, vollzog er die feierliche Grundsteinlegung zu einem neuen russischen Kriegshasen an der Ostsee, bei Libau. Helgoland ist Weiler von Hamburg entfernt, als Libau von Memel: die neue russische Ausfallspforte wird dem deutschen Gebiet nahegerückt und der Zar hat iu seinem „Tagesbefehl an die baltische Flotte" die Ostsee gewissermaßen als ein russisches Meer angesprochen; er sagte, die russische Flotte soll überall da in der Ostsee erscheinen, wo es die Würde der russischen Macht erheischen werde.
Die Stimmung beginnt ungemütlich zu werden. Zwar ist von der Grundsteinlegung bis zur Vollendung des Kriegshafen noch ein weiter Weg und auch wenn dieser zurückgelegt sein wird, so ist noch lange nicht ein Krieg zur Notwendigkeit geworden. Indessen hat man bisher an eine Nebenbuhlerschaft Deutschlands und Rußlands auf der Ostsee kaum ernstlich gedacht und durch den neuen Schritt Rußlands tritt diese Rivalität plötzlich klar vor die Augen. Die französische Flotte braucht bei einem zukünftigen Besuch Rußlands nicht bis Kronstadt zu fahren; sie kann sozusagen angesichts der deutschen Küste ihre Ver. brüderungsfeste mit der russischen feiern. Die Ver. stimmung wird nicht dadurch vermindert, daß bereits der Vater des gegenwärtigen Zaren sin Libau einen Kriegshafen errichten wollte, daß der Sohn also gewissermaßen nur ein Vermächtnis seines Vorgängers auf dem Throne ausführt.
Zar Alexander III. gilt als friedlich gesinnt; daß er den Panslawisten, mir denen er stark rechnen muß, ab und zu einen Brocken hinwirft, nach dem sie begierig schnappen, ist schon öfter beobachtet worden und die dem Frieden günstigste Auffassung des Lt- bauer Tagesbefehlsist die, daß er auch solch'einen Brocken darstellen soll. Wenn die Gemüter erregt sind —
und der deutsch-russische Zollkrieg mußte dazu führen — so ist auch die Empfindlichkeit in internationalen Angelegenheiten größer als sonst daher kommt es auch wohl, daß man die Worte wehr auf die Goldwage legt. Wenn aber der Zar die Absicht gehabt haben sollte, Deutschland zu brüskieren, so hätte er nicht anders sprechen können, als er es in dem Tagesbefehl gethan hat.
Der Zar befindet sich auf dem Seeweg nach Frcdensborg und wenn Kaiser Wilhelm zu den Jagden nach Schweden reist, so wäre ein kurzer Abstecher in Frcdensborg kaum mit einem Umweg und einer Zcitversäumnis für ihn verbunden. Trotzdem wird der deutsche Kaiser nicht nach Fredensborg gehen uno ebenso wenig wird der Zar auf der Rückreise Berlin berühren. Es ist nicht alles so zwischen den beiden Herrschern, wie cs sein sollte, und zwischen den beiden Reichen erst recht nicht. Die Grenzsperre schließt auch die Herzen gegen einander ab und wenngleich Deutschland kin Recht hat, Einspruch gegen die Bauten in Libau zu erheben, so hat doch wohl jeder das Gefühl, jene wären unterblieben, wenn das Verhältnis zwischen Deutschland und Rußland herzlich wäre.
Es läßt sich unschwer Voraussagen, daß der Libaucr Kriegshafen nicht ohne ein deutsches Gegenstück bleiben wild. Denn daß man Deutschland ein Paioli bieten wird, wird klar und deutlich von den russischen Blättern ausgesprochen. So schreiben die berüchtigten deutschfeindlichen,Wjedomostff in Moskau: „Der Kriegshafen in Libau wird mit einem Schlage die strategische Bedeutung des Nordostsee- Koncls, cif den Deutschland so große Hoffnungen gesetzt hot, daß einige Chauvinisten bereits von der Ostsee als Amm künftigen demschen Meere reden, bedeutend herabsetzen. Der Stein, der Donnerstag in Libau zu Grunde gelegt wird, ist gewissermaßen der „Grabstein für die chauvinistischen Hoffnungen der Deutschen." ... Tie Hafcnarbeiten dauern bereits drei Jahre ohne Unterbrechung und werden bald so weit vorgeschritten sein, daß ein Teil der Flotte schon im nächsten Jahre in das neue Quartier Anziehen kann."
Für Stettin und Danzig schwebt gegenwärtig die Freihafenfrage; der kleine Pillauer Hafen erscheint
dem geplanten Libauer nicht ebenbürtig, aber das kurische Hoff bietet massenhaft Plätze, die sich zu einem Kriegshafen Anrichten ließen.
Eine russische Flottenabteilung wird bekanntlich in kurzem den Kronstädter Besuch der Franzosen erwidern. Auch den Mannschaften der Schiffe dieses .. Geschwaders wird der hier besprochene Tagesbefehl / des Zaren zugehen, und dieselben werden dank diesem Tagesbefehl, der Deutschland als mußmaßlichen Angreifer hinstellt, für die ihren von den Franzosen zugedachten Verbrüderungsfeste ein um so innigeres Verständnis haben.
Wenn man also auch den Phrasen des Tagesbefehles keine welterschütternde Bedeutung beilegen will, so bleiben sie doch im Gedächtnisse der Lebenden und müssen als ein bedenkliches Zeichen der gegenwärtigen internationalen Lage gelten.
LavdeSsachrichtev.
' Alten steig, 31. Aug. Am Mittwoch abend fand für den nach Urach beförderten Hrn. Forstmeister (bish. Oberförster) Stock im Gosthof zur „Traube" hier eine Abschiedsfeier statt. Dieselbe fand eine ganz ungewohnt zahlreiche Beteiligung, denn der geräumige Saal und die Nebenräume konnten nicht alle Tcilmhmer fassen. Es spricht das mehr als olles für die allgemeine Beliebtheit des scheidenden Beamten, an dem wir einen gegen jedermann gefälligen Mann verlieren. Hr. Stadtschultheiß Welker griff zuerst zum Wort, um Namens der Stadt dem Bedauern über den Weggang des Hin. Forstmeisters Ausdruck zu geben und zu betonen, wie sehr Hr. Stock während der Zeit seines Hierseins von 12 Jahren an den fortschrittlichen Unternehmungen der Stadt ein warmes Interesse bekundet habe. Er (Redner) wünsche dem Hrn. Forstmeister in seinem neuen Wirkungskreis von Herzen olles Glück. Hr. Stodtschult- heiß schloß mit einem 3fachen Hoch auf den Scheidenden. Hr. Stadipfarrer Hetterich griff alsdann zum Wort um das Wirken der Frau Forstmeister im häuslichen Kreise, wie auch als Wohlthäterin ins schönste Licht zu stellen. Hr. Forstmeister Stock dankte den Vorrednern in verbindlichster Form, ausführend, daß er aufrichtig gestehen müsse, die Zeit seines hiesigen Aufenthalts sei für ihn und seine Familie eine Zeit
HlNL (Nachdruck verboten.)
Krimmal-Roman von M. . . .
(Fortsetzung.)
Ich hinterher — auf den Hof hinaus. — Die entlaubten Bäume gewähren nicht viel Schutz, aber ich bemühe mich doch, mich so gut wie möglich hinter ihren Stämmen zu verbergen.
Ich blicke mich um.
Was in aller Welt hat er jetzt gemacht? Er ist verschwunden. Ist er im Besitz eines Talismans, daß er sich unsichtbar machen kann! Oder kann ich mich nicht mehr auf meine Augen verlassen?
Aber was sehe ich? Dort zur Linken befindet sich eine kleine Thür. Wohin führt denn die? Wahrscheinlich in einen Stall oder in ein Lager; den Anschein hat es wenigstens.
Aber es genügt nicht, zu glauben, man muß Gewißheit haben.
Ich stoße die Thür auf.
Vor mir liegt An kleiner, niedriger, dunkler, wenig einladender Gang.
Wohin führt er nur? Hat Archibald Förster ihn benutzt?
Wir müssen die Sache genauer untersuchen.
Der Gang ist nicht sonderlich lang. Von der entgegengesetzten Seite kann man das Licht einströmen sehen. Mir ist's, als husche eine menschliche Gestalt vorüber.
Ich stehe am Ausgang: eine Straße, eine stille kleine Straße mit niedrigen, kleinen Häusern.
Ein einsames Fuhrwerk rasselt vorüber.
Aber in einiger Entfernung auf dem Trottoir sehe ich zwei Gestalten sich langsam fortbewegen, die eines hohen, schlanken Mannes — der kein anderer sein kann als Archibald Förster — und die einer eie ganten Frau.
Jetzt haben sie das Ende der kleinen Straße erreicht. Sie wenden sich um. Der Ort ist wohl gewählt, still und menschenleer. Wieviel mag die Uhr jetzt sein? Einige Minuten über acht. Um acht Uhr hatte also das Stelldichein stattgefunden.
Wer war diese Frau? Wozu dies Geheimnisvolle, der dichte Schleier, der ihr Antlitz bedeckt?
Ich zog mich in den Schatten einer Hausthür zurück und begann nachzudenken. Natürlich verlor ich das Paar nicht aus den Augen.
Die Dame war von schlankem, hohem Wuchs und hatte die Haltung einer Königin. Sie trug einen langen, eleganten Pelz. Ihren Kopf bedeckte An schwarzes Federbarett. Das Pelzwerk wie die ganze Kleidung war dunkel.
Aber halt! Wawerley-Place! Wo habe ich den Namen kürzlich gehört? Heute, gestern? Wawerley- Place — jetzt weiß ich es!
„Fuhren Sie direkt nach Hause?"
„Ja, das heißt ich hielt einen Augenblick am Wawerley-Place!"
Ich trat schnell wieder auf die Straße. Ja, es unterlag keinem Zweifel. Sie war es, sie! die
Haltung, der Gang, die Bewegungen — alles erkannte ich jetzt wieder!
Sie war es! Es war die geschiedene Frau, welche sich hier An Stelldichein mit ihrem früheren Gatten gegeben — mit dem Mörder ihres zweiten Mannes.
Sie haben einander viel zu sagen. Sie legt ihre Hand- auf seinen Arm, als wollte sie ihn um etwas bitten.
Und jetzt — was soll ich nun thun?
Sie stören, sie überraschen? Nein, welchen Zweck konnte das haben? Im Gegenteil! Sie durften nicht das geringste ahnen, sie mußten glauben, daß niemand um ihr Geheimnis wisse.
Aber war sie es auch wirklich? Konnte ich mich nicht geirrt haben?
Ich werfe einen letzten Blick auf sie und ziehe mich wieder in die Hausthür zurück. Es hatte aufgehört zu regnen; ein scharfer Wind wehte, offenbar würden wir in der Nacht Frost bekommen.
Eine solche Unvorsichtigkeit! Eine — Schamlosigkeit! Ein Stelldichein zwei Tage nach der verruchten That! — War er deswegen nach Hause gekommen, oder war das Stelldichein erst heute, nach der Heimkehr, geplant worden?
Einerlei!
Da kommt mir plötzlich ein entsetzlicher Gedanke. Wawerley-Place! Am selben Abend, an welchem der Mord begangen wurde, war sie mit ihm zusammengetroffen — war dies nicht ein Beweis, ein unheim-