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Samstag dm 26. August

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1893.

Amtliches.

Die Eröffnung der Schwurgerichtssttzungen des Schwurgerichts Tübingen pro Hl. Quartal findet statt: am Montag den 25. September, vormittags S Uhr.

Gestorben: Katharine Bernhardt, geb. Baumgartner, Freudenstadt; Schullehrer a. D. Stang, Besigheim; Schultheiß Kuhnle, Mönsheim,

D Der Ausfall der französischen Wahlen vom Sonntag bietet als einzige Überraschung den großen Rückgang der Parteien der Rechten, die etwa 50 Sitze an die Rtpublikavcr verloren; die Sozia­listen dagegen haben nennenswerte Erfolge nicht auf- znweisen, indem sie es in allen ihren Spielarten nur auf etwa 30 Sitze gebracht haben, wie es auch er­wartet wurde.

Die Festigung des republikanischen Staatsge­dankens trotz des Panama- und sonstiger Skandale ist wohl im wesentlichen durch die Haltung des Pap­stes gegenüber der Republik herbeigeführt worden, i Den alten Monarchisten aller Schattierungen fehlte das bisherige kirchliche Bindemittel, weshalb sich auch die Hoffnung der zur Republik Bekehrten (Ralliierten) auf einen großen Wahlerfolg nicht erfüllte. Von letzteren ist etwa ein Dutzend gewählt worden, wäh­rend man davon geträumt hatte, die ausschlaggebende Mtttelpartei zwischen den Republikanern und Monar­chisten zu werden.

Daß einigePanamiten" durchfallcn und selbst Clemencau nur in eine zweifelhafte Stichwahl kom­men würde, war leicht vorauszusehen. Im übrigen aber wird die neue Kammer das Gesicht der alten zeigen und deren Gewohnheiten nachahmen; die größere Majorität, die die Republikaner erlangt haben, wird der Antrieb zu heftigen Kämpfen zwischen Gemäßigten und Radikalen werden und bei jeder paffenden Gelegenheit wird man den jeweiligen Mini­sterien Knüttel zwischen die Beine werfen. Carnots Stellung ist befestigt und seiner Wiederwahl steht nichts mehr im Wege.

Es ist gewiß interessant, die Schwankungen in der französischen Anschauungsweise während der letz­ten siebzehn Jahre ziffermäßig dargestellt zu sehen. Bei den Wahlen im Februar 1876 stimmten 4028153 Republikaner und 3202233 Reaktionäre; sie sandten in die Kammer 355 Republikaner aller Schattierungen und 171 Reaktionäre. Als die Kammer im Oktober 1877 nach dem 16. Mat neu gewählt werden mußte, war die Beteiligung auf beiden Seiten eine stärkere. Namentlich holte die Reaktion zu einem wuchtigen Schlage aus. Ihr Heerbann bezifferte sich auf 3 577 882, derjenige der Republikaner auf 4 367 202 Mann. Während am 20. Februar 1876 die Repu­blikaner einen Vorsprung von 825920 Mann gehabt hatten, schmolz dieser dank der Kriegslust der Konser­vativen auf 789 320 Mann zusammen. Nichts­destoweniger drangen die 363, die sich dem Staats­streiche Mac Mahons widersetzt hatten, darunter der Vater des Prätendenten Prinzen Viktor, Prinz Jerome Napoleon, von neuem durch. In den Wah­len vom August 1881 stimmten 5128 442 Repu­blikaner, 3 368675 Mann mehr, als auf Seite der Reaktion. Diese, dank dem Ansehen Gambettas und der Gewandtheit des damaligen Ministers des Innern Constans gebildete Kammer zählte 467 Republikaner gegen 90 Reaktionäre. Es war ein Beweis eines furchtbaren Rückschritts der Republik, als die Reaktion im Jahre 1885, nach dem Sturze Ferrys, wieder auf 203 Vertreter im Palais Bourbon anwuchs und die Republikaner nur noch 381 Mann stellten. An den Wahlen beteiligten sich damals 3 565 412 Republikaner und nur 418183 Reaktionäre weniger. Gegen 1881 war das eine schwere Niederlage. Am 22. Septem­ber und 6. Oktober 1888 galt es, die Republik zu retten oder sie dem Untergänge zu weihen. Boulangi- steu und Konservative strebten verschiedene Ziele an, aber ihr gemeinsamer Gegner war die Republik. Zu­sammen sandten sie 3 378 352 Wähler aus, nämlich

2 343 686 reaktionäre und 1037 666 Boulangisten. Ter Republikaner waren 4012353. Republikaner wurden gewählt 385, Reaktionäre und Boulangisten 211. Die Majorität zerfiel in 238 gemäßigte Repu­blikaner, 119 radikale, 8 sozialistische, die Minorität in 105 Royalisten, 59 Bonapartisten, 47 Boulangisten.

Nach den Wahlen stellte sich in Frankreich wie wohl überall bei den Unterlegenen der mora­lische Katzenjammer ein; denn eine Wahl kostet heiden­mäßig viel Geld. Man rechnet im Durchschnitt 12- bis 15 000 Frank auf jeden Wahlkreis. In einzelnen Fällen steigen die Kosten über 100000 Frank. Be­denkt man, daß viele Deputierte nichts weiter haben und rechtlich verdienen, als ihre Diäten 8- bis 9000 Frank jährlich und berechnet man ferner, daß hiervon ein Teil fortwährend noch an hungrige Wahlagenten abgegeben werden muß, so kommt man mathematisch zu dem Schluß, daß der Berufsdepu- tierte aus seinem Mandat noch andere Mittel schlagen muß, als seine Diäten! Man schilt die Parlamen­tarier oftPanamisten*, ohne zu bedenken, daß ihr Beruf den Panamismus mit sich bringt.

LavdeSsachrichteu.

* Altensteig, 25. Aug. Gestern nachmittag war der Glasermeister Mich. Schaupp mit der Weg­nahme eines Fensters am Revieramtsgebäude be­schäftigt, plötzlich bekam er das Uebergewicht und fiel zum Fenster hinaus, im Fallen das Fenster mit sich reißend. Er stürzte auf das Hundshäuschen, wobei ihm der Brustkorb eingedrückt wurde, auch zog er sich schwere Verletzungen im Gesicht durch das Ein­dringen von Glassplittern zu. Nach Hause verbracht, gab der bedauernswerte Mann binnen einer Stunde seinen Geist auf.

* Von Erdbebentheorettker Falb ist der nächste Sonntag, der 27., als ein kritischer Tag zweiter Ordnung bezeichnet worden. Wohl der größte Teil des Publikums würde erfreut sein, wenn Falb dieses- mal recht behielie und ein Umschlag in der Witterung, die nötige Nässe bringend, eintreten würde.

* Aalen, 23. Aug. Der Himmel bleibt für uns bleibend verschlossen. Wenn sich auch die be­drohlichsten Gewitter über unfern Häuptern zusam­menziehen, ein Windstoß und die Wolken zerfließen in Nichts, und damit die Hoffnung auf Erquickung unserer lechzenden Fluren, und die Sonne versendet nach wie vor ihren glühenden Brand bis zu 27 ° L im Schatten. Ueberall tritt ein beispielloser Wasser­mangel ein und mit ihm alle die Nachteils für In­dustrie und Landwirtschaft, namentlich ist der zweite Grasschnitt schwer bedroht.

* (Verschiedenes.) Die Frau des Weichen­wärters Ntckle in Söflingen badete ihr Kind am Sonntag vormittag in einer Wanne und ließ es einen Augenblick allein darin sitzen. Als sie wieder zurück­kehrte war das Kleine ertrunken. Alle Wieder­belebungs-Versuche blieben erfolglos und der schnell herbeigerufene Arzt konnte nur den eingetretenen Tod bestätigen. Am Montag abend halb 10 Uhr glaubte der Maschinist des Zuges 146 zwischen den Stationen Calmbach und Höfen einen Mann bemerkt zu haben, der sich in selbstmörderischer Absicht vor den Zug geworfen habe. Er brachte den Zug zum Ste­hen. Das Zugspersonal konnte aber niemand finden. Ein Passagier im Zuge gab tm Aerger über den Aufenthalt den Befehl zur Weiterfahrt und ahmte dabei auch das Pfeifen des Zugmeisteis nach. Das ziemlich hinter dem Zug sich noch befindliche Zugs- Personal blieb deshalb zurück und mußte in Höfen übernachten. In einzelnen Orten des Oberamts Hall gingen junge Hühner oft schnell zu Grunde, meist hatten sie einen aufgetriebenen Kropf. Oeffnete man einen solchen, so fand sich stets eine größere An­zahl von Wespen darin vor. welche von den Hühn­lein mit Obst aufgefreffen wurden. In Hum­melsweiler schlug am Sonntag abend während

eines Gewitters der Blitz in die Scheuer des Gast­wirts Förstner ein, welche sofort in Flammen stand und auch das Nebengebäude und oie Scheuer deS Schmieds Grub entzündete. JnOberderdingea sind am Dienstag nacht vier Scheunen und ein Wohn­haus mit verschiedenen kleineren Wirtschaftsgebäuden abgebrannt. In Leonberg wollte sich ein Sol­dat des dortigen Bezirkskommandos vom Zug über­fahren lasten. Glücklicherweise sah der Heizer den jungen Mann liegen, der Zug wurde sofort zum Stillstand gebracht und der Lebensüberdrüsstge konnte hart vor der Lokomotive hinweggezogen werden, wo­durch er nur einige unbedeutende Hautverletzungen er­litt. Unglückliche Liebe soll die Veranlassung gewesen sein. In Kochendorf hat sich der stellenlose, 20jährige Kaufmann Helber erhängt. Unzufrieden­heit über seine jetzige Lage soll die Veranlassung zum Selbstmord gewesen sein. In Haslachmühle fiel ein Ziwmermann vom oberen Boden in die Mühle herab; derselbe wurde gefährlich verletzt, namentlich am Kopf, so daß ärztliche Hilfe sofort nötig war. Als der Distrtktsarzt ihm den Verband anlegen wollte, sprang derselbe davon und mußte dann von ben an­wesenden Personen im Felde gefangen werden. Die Frau des Gutsbesitzers Schreyer in Holz­wei l e r h o f bei Winzerhausen wurde vor einigen Tagen von einem Insekt an den Vorderarm gestochen. Derselbe schwoll anfangs bedeutend an, die Geschwulst verteilte sich aber wieder. Nach einigen Tagen trat jedoch Blutvergiftung und der Tod ein. In Herbertkngen wurde der 36 Jahre alte Oel- unv Sägmüller Johann Friedmann auf dem Heim­weg neben seiner Frau, die unverletzt blieb, von einem Blitzstrahl getroffen und augenblicklich getötet. JnSchrozberg versuchte ein 18 Jahre alter Dienst­knecht namens Schmidt von Wittlensweiler in einem dortigen Geschäftshaus sich einen Anzug zu erschwin­deln, was ihm aber mißlang. In mehreren anderen Häusern gab er sich für einen Metzgerburschen a«S und wollte 150 Mk. für seinen angeblichen Herrn er­schwindeln, was ihm schließlich auch gelang. Der Betrug wurde jedoch bald entdeckt, so daß der Schwindler alsbald verhaftet wurde.

* Pforzheim, 20. Aug. Infolge der gro­ßen Hitze sind bet den Uebungen des 113. und 114. Infanterieregiments wiederholt Mannschaften marode geworden. Von drei infolge schwerer Erkrankung ins hiesige Krankenhaus verbrachten Soldaten des 114. Regiments soll demB. Ldb." zufolge gestern abend ein Mann, der in Erstngen im Quartier ge­wesen, verstorben sein.

' Pforzheim, 22. August. Heute früh erschoß sich ein in der Neustadt Brötzingen etnquartierter Sol­dat des 114., in Konstanz garnisonierenden Regiments mit seinem Dienstgewehr.

* Konstanz, 23. Aug. Ein Eiscnbahnunfall, der glücklicherweise ohne schlimme Folgen für die Paffagiere verlief, aber eine erhebliche Verkehrsstörung im Gefolge hatte, ereignete sich vorgestern vormittag auf der Strecke Schaffhausen-Singen unweit der Station Herblingen. Von dem um 10°^ von Schaffhausen nach Singen kursierenden Schnell-Zug Zürich-Stuttgart entgleiste an einer im Umbau be­griffenen Stelle kurz vor der Einfahrt in die ge­nannte Station ein Packwagen, infolgedessen wurden die nachkommenden drei Personenwagen aus den Schienen geschleudert und zwei davon stürzten die ziemlich hohe Böschung hinunter. Wunderbarerweise wurde in dem allerdings schwach besetzten Zuge nie­mand getötet, noch ernstlich verletzt, nur 4 Personen erlitten leichte Kontusionen. Das Geleise ward durch den Unfall auf eine Strecke von ca. 200 Meter auf- gerissen und gesperrt. Seit heute früh ist das Ge­leise wieder fahrbar und der Verkehr nicht weiter mehr gehemmt. Der Material-Schaden ist ein sehr bedeutender.

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