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Möchte ich Ihne« meine Anerkennung und meine» Glückwunsch aulsprechen. Einen Umstand möchte ich ganz besonder» erwähnen, der heute wieder, al» ich durch die Straße« von Stettin ritt, in die Erscheinung trat, der Ausdruck der alten traditionellen Pommerntreue. Dank ihr haben die alten Häuptlinge und Herzöge jahrhunderte­lang mit ihren tapferen und von Liebe zur heimatlichen Scholle erfüllten Leute ihr schöne» Land gegen den Ansturm mancher Völker bewahrt, die die Hand darauf legen wollten. Diese Ge­sinnungen find in der Provinz' noch lebendig, und ich weiß, daß ich auf sie baue» kann und auch in ernste» Zeiten mich auf sie verlassen kann. Andererseits kann die Provinz meine» besonderen landesväterlichen Wohlwollen» und meiner - sorge stet» versichert sein. U« der Provinz einen neuen Aufschwung und Beweis dieser meiner Zuneigung zu geben, habe ich beschlossen, einem langjährigen Wunsch der Provinz zu entsprechen und die seit langer Zeit unbesetzte Stelle eine» Statthalter» wieder zu besetzen. Scho« einmal hat ein Großmeister de» Johanniterordens die Stelle innegehabt und zuletzt mein hochseliger Herr Vater. Ich ernenne hiemit meinen Sohn, den Prinzen Eitel Friedrich zum Statt­halter von Pommern. Mein Gla» widme ich dem Fortschritt, der Entwicklung und der Treue der Provinz. Die Provinz Pommer» Hurra!"

Stettin 38. Aug. Der Kaiser, der König von Schweden und die hier an­wesenden Fürstlichkeiten und Prinzen begaben sich um 8'/- Uhr nach dem Bollwerk, um den Dampfer Hertha zu besteigen und eine von der Stadt Stettin dargebotene Dampferfahrt auf der Oder bei festlicher Beleuchtung der Ufer zu unter­nehmen. Die Fahrt ging zunächst stromabwärt». Die Gebäude an den Ufern waren festlich illuminiert. Teerfackeln erhellten die Oderwiesen und -Hügel. Sobald der Dampfer gewendet hatte und stromaufwärts nach Stettin zurück­kehrte, begann ei» großartiges Feuerwerk. Die Ufer waren mit Buntfeuer beleuchtet und alle erdenklichen Lichteffekte wirkten zu einem schönen Bild zusammen. Auch die Stadt hatte allent­halben illuminiert.

6. Die Invaliden- und Hinter­bliebenenversicherung nach den Bestimmungen

ber Reichsversicherungsordnung.

(Nachdruck verboten.)

3. Höhe der Beiträge, OntttnngSkarte, BerfichernngSmarke«.

Das Reich, die Arbeitgeber und die Ver­sicherte« bringen die Mittel für die Invaliden- und Hinterbliebenen-Versicherung auf.

DaS Reich leistet Zuschüsse für die in jedem Jahre tatsächlich gezahlten Renten, Witwengelder und Waisenaussteuern, die Arbeitgeber und die Ver­sicherten entrichten für jede Woche der Versicherungs- Pflichtigen Beschäftigung (Beitragswoche) laufende Beiträge zu gleichen Teilen.

Die Beitragswoche beginnt mit Montag.

Die Höhe der von dem Arbeitgeber und dem Versicherten zu entrichtenden Beitrage be- mißt sich nach der Lohnklaffe, in welche der Ver­sicherte eingereiht ist.

Nach der Höhe des Jahresarbeitsverdienstes bestehen für die Versicherten folgende fünf Lohn­klassen :

Klasse I bis zu 350 Wochenmarke ^ 16 A » ll von mehr als 350 bis zu 550

Wochenmarke ^ 24 A III von mehr als 550 bis zu 850

Wochenmarke 32 A IV von mehr als 850 bis zu 1150

Wochenmarke 40 iZ V von mehr als 1150 ^L,

Wochenmarke 48 A

Die Wochenbeiträge fiud mit Rücksicht auf die in Zukunft höheren Leistungen für die Ver­sicherten um eine Kleinigkeit erhöht, sie betrugen bisher 14. 20, 24, 30, 36

Als Jahresarbeitsverdienst gilt nicht der tat­sächliche Arbeitsverdienst, sondern

1. für Mitglieder einer Krankenkasse das Drei­hundertfache des GrundlohnS;

2. für Seeleute ein für sie besonders festgesetzter Durchschnittsbetrag;

3. für die übrigen Versicherten der dreihundert­fache Betrag des Ortslohns.

Der Grundloh» richtet sich in seiner Höhe

nach den Satzungen der für den Versicherten in Betracht kommenden Krankenkasse.

Als OrtSloh« gilt der übliche Tageseutgelt gewöhnlicher Tagarbeiter; er wird für Männer und Frauen, für Versicherte von 16 bis 21 Jahren und über 21 Jahre besonders festgesetzt und öffentlich bekannt gemacht. Der Ortslohn ist verschieden für Stadt und Land.

Landwirtschaftliche Betriebsbeamte gehören zur dritten, Lehrer und Erzieher zur vierten Klaffe, so­weit nicht jene einen Jahresarbeitsverdienst von mehr als 850 diese von mehr als 1150 Nachweisen.

Die Versicherung i« einer höhere« Lohn- klaffe ist erlaubt, der Arbeitgeber aber zum höheren Beitrag nicht verpflichtet, wenn er sie mit dem Ver­sicherten nicht vereinbart hat.

Zur Erwerbung höherer Rentenansprüche möchten wir allen Verficherungspflichtigen und allen Ver­sicherungsberechtigten den wohlgemeinten Rat geben, diese Begünstigung wohl zu beachten und von ihr den ausgedehntesten Gebrauch zu machen; mit kleinen Opfern erlangen sie dann große Vorteile. Die Rente wird «m so höher, je mehr und je teure Marken geklebt wurden. Deshalb muß jeder Verständige, so lange er es zu leisten vermag, in der höchsten Lohnklasse oder wenigstens in einer der höheren und zwar regelmäßig für jede Woche Bei­trag leisten. Versichert sich z. B. jemand vom 16. bis zum 46. Jahre in der III. Lohnklasse und wird er dann invalide, so beträgt die Rente 250 hätte er aber immer die Marken V. Lohnklasse geklebt, so würde er jährlich 330 also 80 ^ mehr beziehen. Nach 40 Betragsjahren also etwa im 56. Lebensjahre beträgt die Invalidenrente in der V Lohnklasse 390 oder bereits 100 mehr, wie in der Hl. Klasse. Zur Erlangung dieses Vorteils, nämlich vielleicht noch auf viele Jahre hinaus jährlich 100 mehr Rente zu er­halten, hätte ein in der III Lohnklasse Versicherungs- Pflichtiger in den 40 Jahren wöchentlich 12 (Wochenbeitrag bisher in der III. Lohnklasse 24 A in der V. Lohnklasse 36 ^. Unterschied 12 F-), also jährlich 6 oder im ganzen 240 mehr

zu zahlen gehabt Nach dreijährigem Rentenbezug

hat er also infolge der erhöhten Rente bereits mehr zuröckerholten, als er in 40 Jahren nach und nach gezahlt hat.

Wenn der Versicherte die Versicherung in einer höheren Lohnklasse wünscht, wird in vielen Fällen der Arbeitgeber ihn nicht allein die Mehrkosten tragen lassen, sondern freiwillig mit ihm sich in dieselben teilen und ihm auf diese Weise es er­leichtern. sich den Anspruch auf eine möglichst Hobe Rente für seinen Lebensabend oder für den Fall, daß er invalide wird, zu erwerben. Jedenfalls lohnt sich für den Versicherten das kleine Opfer der Höher- verstcherung aber auch dann, wenn er allein die Mehrkosten zu tragen hat.

Wenn also ein Handlungsgehülfe, der bisher in der 3. Lohnklasse versichert ist, in der 5. Lohn­klasse versichert sein will, um sich für später eine höhere Rente zu sichern, und der Prinzipal damit nicht einverstanden ist, so kann er gleichwohl ver­langen, daß für ihn künftig 48-Pfennigmarken ver­klebt werden, indem er gleichzeitig erklärt, daß sein Prinzipal auch fernerhin nur 16 Pfennig beizu­tragen hat, während die verbleibenden 32 Pfennige von ihm selbst dem Versicherten ge­tragen werden.

Bei freiwilliger Versicherung (Selbstver­sicherung" wieWeiterversicherung") ist jedeLohn- klasse zulässig.

Znr Erhebung der Beitrage gibt jede Ver­sicherungsanstalt Marke« aus mit der Bezeichnung der Lohnklasse und des Geldwerts. Die Marken werden von den Postanstalten und besonderen Ver­kaufsstellen für den Nennwert verkauft. Die Bei­träge werden durch Einkleben von Marken in die OntttnngSkarte des Versicherten entrichtet.

Im allgemeinen sind die Marken bei den Lohn­zahlungen der Reihe nach in die Felder der Quit­tungskarte einzukleben, doch kann einzelnen Arbeit­gebern auf Antrag gestattet werden, andere Ein- klebungstermtne einzuhalten. Die Ver­sicherten sind verpflichtet, zu den Beiträgen die Hälfte sich einbehalten zu lassen, die andere Hälfte haben die Arbeitgeber zu tragen.

Die Beiträge werden für jede Beitragswoche entrichtet. Verpflichtet zur Entrichtung ist der Ar­beitgeber, welcher den Versicherten während der Bei­tragswoche beschäftigt hat. Findet die Beschäftig­ung nicht während der ganzen Beitragswoche bei demselben Arbeitgeber statt, so ist von demjenigen Arbeitgeber, welcher den Versicherten zuerst be­schäftigt hat, der volle Wochenbeitrag zu entrichten. Die Entrichtung erfolgt in der Weise, daß der Ar­beitgeber bei der Lohnzahlung für die Dauer der Beschäftigung Marken derjenigen Art in die Quit­tungskarte einklebt, welche für die Lohnklasse, die

für den Versicherten in Anwendung kommt, von der für den Beschäftigungsart zuständigen Ver­sicherungsanstalt ausgegeben find.

Das Einzugsverfahren, das verschiedentlich eiu- geführt ist, nimmt dem Arbeitgeber das Einkleben der Marken ab. indem die Versicherungsbeiträge bar von ihm eingezogen werden, und zwar, soweit die Versicherten auch der Krankenkasse angehören, und diese die Einziehung besorgt, zusammen mit den Beiträgen zu dieser.

Bezüglich der Verfichernngspflicht der in soge­nannte« mittelbare» Arveitsoerhältniffen be­schäftigten Personen machen wir auf Folgendes aufmerksam: Als mittelbare ArbeitSverhältniffe find solche anzusehen, in denen ein Arbeitnehmer sich zur Ausführung der ganzen oder eines Teils der ihm obliegenden Arbeiten der Hülfe dritter Per­sonen namentlich der Ehefrauen oder sonstiger Familienangehöriger bedient, ohne daß seitens deS Arbeitgebers mit diesen Personen eine unmittel­bare Abmachung bezüglich der Vergütung für ihre Leistungen getroffen ist. Besonders häufig werden solche mittelbaren Arbeitsverhältnisse zwecks Rein­haltung und Bewachung der von Behörden, Schulen, größerrn kaufmännischen Betrieben usw. benutzten Räume geschlossen, indem diese Arbeiten zwar dem betreffenden Hausmann, Kastellan, Schuldiener, Portier usw. allein übertragen, die Mtwirkung weiterer Hilfskräfte dabei aber als selbstverständlich vorausgesetzt wird. Dementsprechend ist dann regel­mäßig auch die Vergütung für die formell mit den Arbeiten bettaute Person derart festgesetzt, daß ste davon wettere HilfSk äste bezahlen kann und soll. Aehnlich liegen die Verhältnisse auch in den zahl­reichen Fällen, in denen die Reinhaltung von Privat- bäusern von dem Hauseigentümer einem Hausmann, Po-tier usw übertragen ist, tatsächlich aber nicht von diesem, sonder mit dem ausdrücklichen oder still­schweigenden Einverständnis des Hauseigentümers ganz oder teilweise von der Ehefrau oder einem anderen Angehörigen des HauSmannS usw. aus- aeführt wird. In allen diesen Fällen find die zur Unterstützung des vertragsmäßigen Arbeitnehmers von diesem beschäftigten Hilfskräfte nicht Arbeit­nehmer von ihm, sondern von seinem Arbeitgeber und daher von letzterem zu versichern.

Die Marken kann auch der Arbeiter selbst kleben; dann muß der Arbeitgeber ihm bei der nächsten Lohnzahlung die Hälfte des gesetzlichen Be­trages zurückerstatten, sobald die Marke ent­wertet ist.

Die eingeklebten Marlen müssen stets sofort nach der Einklcbung entwertet werden dadurch, daß auf der einzelnen Marke handschriftlich oder durch Stempel der Entwertungstag in Ziffern deutlich an­gegeben w rd. Als Tag der Entwertung soll der letzte Tag desjenigen Zeitraums angegeben werden, für welchen die Marke gilt, z B. für das 1. Viertel­jahr 1912 31./3. 12. auf allen 13 Marken oder auf einer 13 Wochen Marke, wie sie vom 1. Januar 1912ab gelten. Die fr üheren Marken dürfen für Beitragszeiten nach dem 1. Januar 1912 nicht mehr verwendet werden. Aus­gegeben werden Marken für 1 Woche, für 2 Wochen und für 13 Wochen. Marken für 1 Woche können, alle anderen Marken müssen von dem, der sie ein­geklebt hat, entwertet werden. Die Entwertung muß mit Tinte oder einem ähnlichen festhaltenden Farbstoff erfolgen und darf die Marken nicht un­kenntlich machen, insbesondere müssen der Geldwert, die Lohnklosse und der Name der Versicherungsan­stalt ersichtlich bleiben.

Die Q»ttt»«gSkarte muß der Versicherte be­schaffen und vorlegen. Wenn der Versicherte sich weigert, so kann der Arbeitgeber ein Quittungskarte auf Kosten des Versicherten ausstellen lassen oder auch die Bestrafung durch die Ortspolizeibehörde beantragen.

Die Quit1««g»Iarteu müssen, damit sie nicht ungiltig werden, stets innerhalb zweier Jahre nach dem auf der Karte verzetchneten Ausstellungs­tage zum Umtansch eingereicht werden, gleichgiltig, ob sie vollgeklebt sind oder nicht. Der Versicherte erhält dann sofort eine neue Karte, sowie die Be­scheinigung über den Inhalt (Zahl der Marken in den einzelnen Lohnklassen, u. a.) der alten Karte. Die Versicherten müssen daher in ihrem eigenen Interesse darauf achten, daß ihre Karten rechtzeitig, das ist spätestens zwei Jahre nach dem Tage der Ausstellung, umgetauscht werden. Verlorene, unbrauchbar gewordene oder gestohlene Qaittungs- karten werden durch neue ersetzt.

Die Ausstellung, Berichtigung, Erneuerung und der Umtausch von Quittungskarten erfolgt durch die Ausgabestelle (Polizei, Amtsvorstand, Ortsbehörde), in deren Bezirk die Arbeitsstätte deS Versicherten zur Zeit der Stellung seines Antrages liegt. Die Ausgabestelle, in deren Bezirk die Wohnung der Versicherten liegt, ist nur dann zuständig, wenn der Versicherte zur Zeit keine Beschäftigung hat. M.