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Dienstag dm 15. August

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1893.

Amtliches.

Bestätigt wurde die Wahl des Verwaltungsakluars Christof Friedrich Decker in Freudenstadt zum Ortsvorsteher der Gemeinde Pfalzgrafenweiler.

Gestorben: Kaufmann Rottach, Schrozberg; Stabtbau- meister Renz, Pfullingen.

D Der kranke Manu.

Es gilt für den Politiker als ausgemacht, daß das Ende der Türkenherrschaft in Europa nur noch eine Frage der Zeit ist. Vom osmanischen Reich bröckelt ein Stück nach dem andern ab und bei einer passenden Gelegenheit wird das ganze Gebäude in Trümmer sinken und auf der Hagia Sophia in Konstantinopel wieder statt des Halbmondes das Kreuz errichtet werden.

Man muß dem jetzigen Sultan Abdul Hamid nachrühmen, daß er es versteht, die drohende Kata­strophe mit großer Geschicklichkeit zu verzögern, obwohl gerade unter feiner jetzt sechzehnjährigen Herrschaft das Türkentum die empfindlichsten Verluste erlitten hat. Vor fünfzehn Jahren ergänzte der Berliner Kongreß den russisch türkischen Friedensschluß von San Stefano, der die Türkei eine große Gebiets­strecke südwestlich vom Kaukasus (Erzerum) kostete, Serbien der türkischen Oberherrschaft entzog, Bul­garien zu einem suzeränen Staatswesen und Ost- rumelien zur Provinz mit ziemlicher Selbständigkeit machte. Zwei Jahre später räumte der Sultan den Montenegrinern den Hafen von Dulcigno ein, 1881 trat er Thessalien an Griechenland ab und mußte auch die Schutzhcrrschaft über Tunis aufgeben, die durch Waffengewalt au Frankreich gefallen war.

Bald darauf trat unter dem Deckmantel der Okkupation England den thatsächlichen Besitz von Aegypten an, der heute noch fortdauert und den Eng­land auch schwerlich wieder aufgeben wird. Dem schloß sich die käufliche Ueberlassung der großen Insel Cypern an England an und Ostrumelien entzog sich der türkischen Verwaltung völlig, um sich mit Bul­garien zu einem Staatswesen zu verschmelzen. Durch den Berliner Vertrag find auch Bosnien und die Herzegowina unter österreichisch ungarische Verwaltung gekommen und wenngleich beide Länder noch dem Namen nach zur Türkei gehören, so sind sie doch in Wirklichkeit in den Besitz der habsburgischen Monarchie übergegangen und werden es auch bleiben.

Stück um Stück hat sich von dem morschen türkischen Staatskörper abgelöst und die Begehrlich­keit der kleinen und großen Nachbarn ist noch bet weitem nicht gestillt. Die Insel Kreta und das nörd­liche Thessalienwerden dereinst an Griechenland kommen, Bulgarien und Serbien streiten sich jetzt schon um Mazedonien, Oesterreich wünscht einen Handelsweg nach dem ägäischen Meere und den Besitz des Hafens von Salonichi. Rußland und England halten sich die Wage in ihrer Begierde nach Konstantinopel. Dielachenden" und dabet untereinander doch so streit­süchtigen Erben sind also da und selbst Italien, das doch auf türkischem Boden so ganz und gar nichts zu suchen hat, hofft, es werden ihm bei der großen Aufteilung Albanien und Tripolis zufallen.

Und trotz dieser enormen Verluste an Land und Ansehen ist es, des jetzigen Großsultans persönliches Verdienst, den Verfall seines Reiches nicht noch schneller cintreten zu lassen. Er verteidigt seine Stellung mit großer Zähigkeit, mit vielem Geschick und mit ver­hältnismäßigem Erfolg. In der ägyptischen Frage beispielsweise, die durch den Besuch des jungen Vize­königs in Konstantinopel wieder aufgerollt schien, hat er sich als ein vorsichtiger und maßvoller Staatsmann erwiesen und trotz aller offiziellen persönlichen Ehr­ungen, die dem Chedive am goldenen Horn zu teil geworden find und trotzdem er seinen Aufenthalt da­selbst immer und immer wieder verlängert hat, ist er doch sicher mit leeren Händen nach Kairo zurück­gekehrt und muß den Eindruck gewonnen haben, daß

die Hilfe des Sultans gegen die Engländer nicht zu haben ist.

Und das ist sehr erklärlich. Die Engländer sind musterhafte Verwalter und zahlen dem Sultan den ihm von Aegypten vertragsmäßig zustehenden Tribut mit großer Pünktlichkeit, was früher unter Jsmael und auch anfangs unter Tewfik Pascha nie zu er­reichen war. Außerdem besteht die Gefahr, daß der junge Abbas II., sowie er die knochige Hand der Engländer nicht mehr fühlt, seinen Selbständigkeits- gelüstcn die Ziegel schießen läßt und Aegypten für unabhängig erklärt, was wiederum einen großen ma­teriellen Verlust für die Türkei und eine weitere schwere Einbuße an Ansehen bedeuten würde.

Aus diesem Grunde hat es der Großherr abge- gelehnt, den Wünschen des jungen Vizekönigs wegen Aufhebung der Besetzung Aegyptens durch die Eng­länder sein Ohr zu leihen und so mußte Abbas II. bei dem begeisterten Empfang, den ihm bei seiner Rückkehr nach Kairo die ägyptischeNationalgarde" bereitete, die Versammelten vor Fremdenhaß und Glaubensstreit warnen, was ihm den Beifall seines Oberherrn eintrug.

Für England ist diese Haltung des Sultans ein kühlendes Pflaster auf die in Siam empfangenen Wunden. Der Sultan aber hat sich unzweifelhaft selbst genützt, und wenn er auch den Verfall des ehe­mals so mächtigen Türkenreiches nicht aufzuholten vermag, so besitzt er doch in hohem Maße die diplo­matische Kunst, diesen Fall zu verzögern.

LarrdesMchnchtev.

* Alten steig, 13. Aug. Nach einem von dem Präsidium des Württbg. Kriegerbundes an die Vereine und Einzelmttglieder versendeten Zirkulär wird den­jenigen Mitgliedern des Bundes, welche an der heurigen Kaiserparade aus dem Exerzierplatz bei Cann­statt am 14. Sept. offiziell tetlnehmen, 'in wohl­wollendster Weise von dem Kgl. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten Abteilung für die Ver­kehrsanstalten Fahrpreisermäßigung in der Weise ge­währt, daß die Beförderung hin und zurück in 3. Wagenklasse zur einfachen Fahrtaxe erfolgt. Die Vereine werden am Schluffe des Schreibens noch er­sucht, längstens bis zum 25. Aug. diesbezügliche Nach­richt an das Präsidium gelangen zu lassen.

* (Wichtig für Militärpflichtige.) Daß Militärpflichtige wegen ihrer Aushebung zum Militär­dienst brotlos geworden sind, weil sie in nächster Zeit ihre Einstellung in den Militärdienst zu gewärtigen hatten und deshalb auch keine Stellung wieder finden konnten, ist schon öfter vorgekommen. Für diese Fälle bestimmt die Militär-Ersatz Instruktion, daß derjenige, welcher ohne sein Verschulden wegen seiner Aushebung zum Militärdienst brotlos wird, seine sofortige Einstellung zum Dienst beantragen kann.

° Von Seiten des Ministeriums des Innern sind auf Grund der bei der vorjährigen Choleraepidemie im Deutschen Reiche gemachten Erfahrungen, sowie im Hinblick auf die Beschlüsse der internationalen Sanitätskonserenz in Dresden die Bestimmungen über die Bekämpfung der Cholera einer Revision unter­zogen worden. Obwohl zur Zeit Gefahr der Ein­schleppung der Seuche nach Württemberg nicht besteht, so schien es doch angezeigt, die neuen Vorschriften zu veröffentlichen, um Behörden und Aerzten Gelegenheit zu geben, sich mit derselben vertraut zu machen. Die mit Allerhöchster Genehmigung erlassene Ministerial- verfügung vom 1. August d. I. wird in der nächsten Nummer des Regierungsblatts erscheinen.

* Stuttgart, 11. Aug. Im Kgl. Residenzschloß ist schon jetzt mit den Vorbereitungen zur Instand­setzung der Räume begonnen worden, welche dem Kaiser bei seinem diesjährigen Aufenthalt in Stutt­gart zur Wohnung dienen werden.

* Heilbronn, 11. Aug. Vor der Stafkammer des Landgerichts kam gestern und heute die vom

Reichsgericht als Revisionsinstanz an das Landgericht zurückverwiesene Strafsache gegen den suspendierten Oberbürgermeister Hegelmaier, sowie Stadtpfleger Füger wegen falscher Beurkundung im Amt zur noch­maligen Verhandlung. Der Vertreter der Anklage, Staatsanwalt Hartmann, stellte sich in seinem Plai- doyer vollkommen auf den Standpunkt des Gutachtens des Geheimrats Schüle, denselben noch bekräftigend durch den Hinweis aus die Art, wie Hegelmaier in der jetzigen Verhandlung seine Verteidigung wahr­nehme. Er sei demgemäß als zurechnungsfähig zu behandeln und strafrechtlich verantwortlich. Der Strafantrag des Staatsanwalts ging für Hegelmaier auf 4 Monate und für Füger auf 2(-z Monate Ge­fängnis. Das Urteil lautet für Hegelmaier auf 3 Monate, für Füger auf 1 Monat 10 Tage Gefäng­nis. Die Strafkammer nahm an, der geistige Zu­stand Hegelmaiers sei damals und jetzt normal ge­wesen. (Gegen das Urteil soll bereits die Berufung angemeldet worden sein.)

* Aus der Baar, 11. August. Vom 7.10. Sept. dieses Jahres findet in Horb die Hauptver­sammlung des württ. Landes-Vereins für Bienenzucht mit Ausstellung statt und zwar den 7. abends Vor- versammlung der Delegierten der Bezirksvereine, am 8. und 10. 1 Uhr Hauptversammlung. Die Aus­stellung, zu welcher Anmeldungen bis 20. August erfolgen sollen, ist am 8. und 10. Sept. geöffnet. Dieselbe findet in der Turnhalle Aufstellung. Ob­wohl das heurige Jahr der Bienenzucht nicht sehr günstig war, so wird doch mit Rücksicht auf die gün­stige Lage des Versammlungsorts der Besuch nament­lich auch aus unserer Gegend ein ziemlich starker werden.

"(Verschiedenes.) In Ulm wurde in dem Glaciswäldchen ein schon ziemlich stark in Verwesung übergegangener männlicher Leichnam an einem Bäum­chen hängend aufgefuuden. In dem Selbstmörder wurde ein 55 Jahre alter Taglöhner von Ulm agnos­ziert. JnCannstatt scheute am Mittwoch nacht einem Fuhrknecht von Stuttgart bas Pferd aas noch unbekanntem Grunde und sprang zur Seite, wobei der Fuhrmann abgeworfen wurde und solche innere und äußerliche Verletzungen davontrug, daß er tags darauf im Krankenhause starb. Bei Hunder- singen wurde eine uralte, mächtige große Eiche aus der Donau, wo sie vielleicht 1000 Jahre unter dem Boden gelegen sein maA, herausgeschafft. Der ganze Stamm wurde nach seinem ursprünglichen Umfang und Inhalt auf 21 Festmeier berechnet. 6 Festmeter des schönen Stammes wurden schon für 190 Mk. verkauft. InSchorndorf hat sich ein dortiger Bürger unweit seines Baumgutes, wo er noch die abgefollcnen Aepfel zusammengelesen hatte, erhängt. Traurige Familien- und Vermögensverhältntffe scheinen ihn in den Tod getrieben zu haben.

* Aus Baden, 9. Aug. Zur Beleuchtung der Börsenschwindeleien liefert dasMannh. Volksbl." einen neuen Beitrag, indem es schreibt: Der reinste Schwindel wird auf unseren Getreidemärkten mit der Nahrung des Volkes getrieben. Oder ist es kein Schwindel, wenn der Mannheimer Börsenbericht vom 7. August meldet, daßwesentlich höheres Amerika" Anlaß zusehr fester" Haltung des Marktes gab und Weizen bis 2 Mk. 90 Pf. per Tonne stieg, während von Berlin berichtet wurde, daß prachtvolles Wetter undflaues Amerika" drückte! In Berlin:flaues Amerika" hier:wesentlich höheres Amerika", wie reimt sich das zusammen? Wann wird endlich einem so gewissenlosen Treiben der Jobber an der Getreide­börse ein Ende bereitet? Wann werden endlich alle nicht effektiven Termingeschäfte, also das Spiel an der Getreidebörse, verboten oder mit einer Steuer belegt, welche den Börsenjobbern solchen Schwindel vertreiben würde?

* In München tritt seit einigen Tagen ein Ge-