Erscheint Dienstag Donners-' tag und SamStag.

vestellpreis ! pr. Quartal! im Bezirk Nagold S0^, außerhalb

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Wr. 92.

Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei I den Postämtern und Postboten.

Dienstag dw 8. August

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

Einrück- ungSpreiS ff. Altensteig und nahe ürg Umgebung bei Imal. ^ Einrückung 8^, bei mehrmal. je 6

auswärts je 8 ^ die »1spalt.Zeile

1893.

Amtliches.

Bestäti g t wurde die Wahl des Gemeindepflegers Gottlieb Wurster in Huzenbach zum Schultheißen dieser Gemeinde.

Gestor ben: Pauline Gschwindt, Postmeisters Ww., Nagold; Bäckermeister Sirk, Stuttgart; Privatier Stiefel, Stuttgart; Werk- weister Geister, Weingarten; Zustellungsbeamter Schwab, Stuttaart.

L Der deutsch-russische Zollkrieg

wird beiderseits mit voller Kraft geführt. Hier 50 Prozent Zuschlag, dort 50 Prozent Zollzuschlag; das ist die völlige Grenzsperre und die Schmuggler würden ein ausgezeichnetes Erschüft machen, wenn ihnen das­selbe nicht nur über alle Maßen erschwert würde.

Zur Verschärfung der Grcnzüberwachung beab­sichtigt die russische Regierung noch, an die Spitze sämtlicher Zollstationen an der Westgrenze militärische Leiter zu stellen. Bekanntlich ist die ganze Grenze auch in zollpolitischen Friedenszeitcn von einer fast undurchdringlichen Kette von Grenzsoldaten umgeben. Wenn man gerade jetzt auch die Zollämter unter die Leitung von Offizieren stellt, so trägt dazu wohl die sehr gerechtfertigte Besorgnis vor der Bestechlichkeit der Zwtlbeamten viel bei. Vielleicht sind die Offiziere den blauen Scheinen weniger zugänglich. Was aber Rußland jetzt auch noch für Zollmaßregeln ergreifen mag, uns kann es kalt lassen, denn mehr, als der deutschen Einfuhr die Grenze verschließen, kann es nicht; das erreichte aber schon der Moximaltarif, so daß die weiteren 50 Prozent Zuschlag zu diesem nur eine Dekoration ohne praktischen Zweck bilden.

Es ist undenkbar, daß zwei Länder Zollkrieg mit einander führen und dennoch politisch gut mit einander stehen sollten. Jnsofernjbringt vergegenwärtige Zustand das wahre Verhältnis, das politisch zwischen Deutschland und Rußland schon seit Jahren besteht, zum offenen Ausdruck. Wenn nun Rußland durch starkes Entgegenkommen von Oesterreich-Ungarn mit diesem Reiche zu einem Handels-und Zollvertrag kommt und daran ist nicht zu zweifeln so geschieht dies selbstredend mit dem Hintergedanken, auch die politischen Freundschaftsbande zu lockern, die durch gemeinsame Interessen entstanden, zwischen dem deuts ch en Reiche und der habsburgischen Monarchie existieren. Mehrere Berliner Blätter lassen deshalb ihrem Un­mut die Zügel schießen, weil Oesterreich-Ungarn mit Rußland Wetter verhandelt, statt mit uns in den Zoll­krieg gegen den östlichen Nachbar einzutreten. Diese Forderung ist natürlich ganz unberechtiflt. Oesterreich- Ungarn finde! in einem Handelsvertrag mit Rußland seinen Vorteil und andere Motive, als die des Staats­vorteils, sind in der Politik nie maßgebend; mit pla­tonischen Gefühlen kann keine große Politik getrieben werden.

Der offiziöse,Pester Lloyd" meint, es müsse sich irgend etwas hinter den diplomatischen Kulissen zu­getragen haben, was die schlummernden Gegensätze zwischen Deutschland und Rußland geweckt habe. Wir haben es hier vielleicht mit einem Mysterium der Diplomatie zu thun, mit einem Geheimnis, dessen Schleier wohl erst eine spätere Zukunft zu lüften ver­mögen wird. Das psychologische Moment, daß Ruß­land in seiner leidenschaftlichen Verbitterung an Maß­regeln denkt, die keinen wirtschaftlich praktischen Wert haben, wohl aber den vorhandenen Jnteressengegen satz vor aller Welt Augen jn der drastischsten Weise beleuchten, dieses selbstvergessene Sichgehenlaffen der sonst so vorsichtigen und wohldisziplinierten russischen Doplomatie läßt vermuten, daß es sich hier um eine Spannung handelt, die lediglich aus dem ökonomischen Konflikt heraus schlechterdings nicht erklärlich ist." Wenn das ungarische Blatt die Auslassungen der russischen Presse über die neuerliche Berücksichtigung des polnischen Elementes in Preußen gelesen hätte, so würde es nicht von einemMysterium" sprechen.Der Polen Freund, der Russen Feind!" sagt ein Mosko­witer Sprichwort.

Daß bei uns Diejenigen, die unter dem Zoll­kriege leiden, klagen und unzufrieden sind, wird ihnen

niemand verübeln. Bei unbefangener Prüfung wird aber der Regierung niemand einen Vorwurf machen können. Wer die Denkschrift gelesen hat, kann aber loch nicht zweifelhaft sein, daß ein Abkommen ohne dauernde schwere Schädigung vieler deutscher Interessen nicht zu erreichen war. Ta ist doch eine vorüber­gehende Schädigung einzelner Interessen durch einen Zollkrieg, als dessen Ende wir uns günstigere Be­dingungen und einen Nutzen für die Gesamtheit ver­sprechen können, vorzuziehen. Ein Handelsvertrag, wie er allein möglich war, hätte voraussichtlich auch gar nicht die Zustimmung des Reichstags gefunden. Die russische Presse soll noch auf eine friedliche Bei legung des Zollkrieges hoffen und das von demselben ausgeschlossene Finnland als ein offenes Thor ansehen. das eine friedlichere Gestaltung ermögliche. Vorläufig möchten wir darauf nicht viel geben. Man hat eine Kraftprobe beliebt und wird schwerlich nachgeben, be­vor man merkt, daß man der Schwächere sei.

In das bisherige deutsche Absatzgebiet in Ruß­land teilen sich jetzt schleunigst die Nachbarliche. In Frankreich sucht man den Zollkrieg zwischen Deutsch­land und Rußland schleunigst auszubeuten. Eine Dampf- schifffahrtsgescllschast, die ihren Sitz in Dünkürchen hat, läßt ankündigen, ihre erste Reise finde am 12. August statt; sie werde während der ersten drei Monate die Handelsreisenden französischer Häuser, die sich mit ihr verständigen wollen, unentgeldlich mit 1000 Kilogramm Gepäck hin und her befördern. Auch die österreichische Ausfuhr bemüht sich, so schnell wie möglich den russischen Markt zu erobern. Nach einer Meldung aus Wien beschloß der Vorstand des dortigen österreichisch-ungarischen Exportvereins, die durch den deutsch-russischen Zollkrieg für die öster­reichischen Ausfuhr-Interessen geschaffene günstigere Lage in Erwägung zu ziehen, behufs Ausnützung der­selben eine dem Wirkungskreise des Vereins ent­sprechende Aktion zu unternehmen und mit der Vor­bereitung derselben einen Ausschuß zu betrauen.

Laudesaachrichteu.

* Altensteig, 7. August. Das Nagoldgau- Turnfest, welches gestern hier abgehalten wurde, fand unter der Gunst der Witterung statt. Der An­drang der auswärtigen Teilnehmer war ohne Ueber- treibung ein großartiger. Turner waren nahezu 400 erschienen. Ein Teil war auf bekränzten Wagen, die Mehrzahl aber mit dem ersten Zug um 9 Uhr 38 er­schienen, wo sie auf dem Bahnhof von der Stadt- musik empfangen und in Begleitung des hiesigen Turn- Vereins auf den Festplatz unter den Eichen geleitet wurden. Alsbald nach Ankunft daselbst begann das Preisturnen, das den Preisrichtern keine kleine Auf­gabe bot, denn cs wurde im allgemeinen mit großer Präcision geturnt. Uebungen waren obligatorisch vor­geschrieben am Reck und Barren, sodann Weitsprung und Steinstoßen. Um 12 Uhr wurde das Mittagessen in den verschiedenen Gasthäusern eingenommen und um 2 Uhr ordnete sich beim Steigerturm der Festzug. Vom Gau waren im Zug folgende Vereine vertreten: Altensteig, Birkenfeld, Calw, Calmbach, Hirsau,Nagold, Neuenbürg, Wildberg, Wildbad und Waldrennach. Von Vereinen außer dem Gau: Baiersbronn» Cann­statt, Freudenstadt, Heilbronn, Horb, Oberndorf, Rottenburg, Schwenningen, Schramberg und Urach. Ferner beteiligten sich an dem Festzug eine stattliche Anzahl Festdamen und der Liederkranz und ürieger- verein von hier. Nachdem der Festzug unter den Eichen angekommen war, fanden zunächst turnerische Spiele statt, worauf Hr. Schullehrer Krößler die Festrede hielt. Er hieß zunächst die werten Gäste auis beste willkommen, gab dann einen geschichtlichen Rückblick auf das Turnwesen, betonte, wie das Turnen geeignet ist, dasgetstige > ndkörperlicheBefinden des Einzelnen zu heben und zu kräftigen und empfahl eine nachhaltige Pflege der Turnerei. Sein 3faches Hoch galt der Turnerschaft. Hierauf wurde das Preisturnen zu Ende geführt.

Preise erhielten: 1) Friedrich Rueff, Neuenbürg mit 32 P.; 2XWilh. Oelschläger, Birkenfeld 31; 3) Fried­rich Karcher, Neuenbürg 30,83; 4) Oscar Wendel, Calw 30,33; 3 fünfte Preise erhielten: Karl Titelius, Neuenbürg, Karl Hanselmann, Neuenbürg, Jmanuel Baumgärtner, Wildberg je mit 28,50 P. Die Nächst» folgenden in der Punktzahl sind: Buyer, Hirsau, Fritz Lutz, Altcnsteig. Eine so große Konkurrenz wie diesmal, kam im Gau noch nicht vor und es mußten deswegen an die Pflichtübungen erhöhte Anforderungen gestellt werden. Von Zöglingen erhielten Diplome: 1) Aug. Stricker,Neuenbürg mit 34,17 Punkten; 2) Emil Förschler, Birkenfcld29,82;3)EmilMold,Calw28,66; 4) Rudolf Eberle, Neuenbürg 27,66; 5) Fritz Rath, Calw 27,88; Jul. Strehle, Nagold 27. Belobungen erhielten: Georg Wackenhut, Calw, Paul Beck, Alten- stcig je mit 26,83 P. Sieger außer Gau waren: 1) Gust. Wartmanv, Heilbronn 32,58; 2) Friedrich Schösser, T.-G. Schwenningen 31,83; 3) Willi. Schnell, Häslach 29,58; 4) Wilh. Hauser. Urach 28,83; 5) Wandadschcck, T.-G. Cannstatt 28,50; 6) Carl Schwaderer, T.-V. Oberndorf 28,34; 7) Carl Kilgus, Oberndorf 28,08. Auch hier war die Konkurrenz eine große, indem 10 Vereine am Wettturnen teilgenom­men haben. Am VereinSwettturnen haben 3 Vereine teilgenommen: Neuenbürg, Birkenfeld und Calw, welche sämtliche Preise erhielten und zwar: 1) Neuenbürg mit 36 Punkten; 2) Birkenfeld 35,75; 3) Calw 35,50. Musterriegen traten zum erstenmal auf. Den Festdamen war die schöne Aufgabe zugefallen, den preis­gekrönten Turnern die Kränze zu überreichen, lauter Jubel und Hochs begleitete jede einzelne Preisüber­gabe. Der Festplatz war mit Schaulustigen überfüllt und es machten die Wirte und Metzger, wie auch die ungewohnte Zahl von Schaubuden-, Schiffsschaukeln-, Karruffel- und Schießbudenbesitzer keine schlechten Ge­schäfte. Während deS Nachmittags spielte die Musik und es entwickelte sich eine gemütliche Unterhaltung, welche die wenigen Stunden rasch verstreichen ließ. Mit dem Zug 6 Uhr 18 zog schon wieder ein großer Teil der Turner, wenn auch ungern, heimwärts. Das Fest beschloß abends ein Ball im Gasthos zur Traube, der einen schönen Verlauf nahm. Anläßlich des Festes prangte die Stadt wieder im Flaggenschmuck, fast jedes Haus war mit Kränzen und Guirlanden geschmückt und es wird das Fest, das eine so zahl­reiche Beteiligung fand, wohl jedem Teilnehmer eine dauernde Erinnerung bleiben.

* Aus der deutschen Jahnstiftung, welche über ein Vermögen von 14 654M. verfügt, wurden im letzten Jahre 7 Turnlehrer, 11 Witwen und 3 Waisen mit 1037 Mk. unterstützt.

* Ueber das richtige Verhalten bei einem Gewitter herrschen noch die verschiedensten Anschauungen. Das Wichtigste bei einem Gewitter ist, Zugluft in den Wohnungen abzuschneidrn, also die Klappen in den Schornsteinen und die Thüren zu schließen und nur in jedem Zimmer einen oberen Fensterflügel offen zu lassen. Zugluft hat schon in nicht seltenen Fällen den Blitz, sogar am Blitzableiter vorbei, in Gebäude hineingelenkt. In jedem bewohnten Raume ist der Zutritt der freien Luft nicht nur der Nebenregierung der Atmosphäre wegen, sondern auch darum anzuraten, weil ein in ein geschloffenes Zimmer hineinfahrender Blitzstrahl den betäubten Bewohnern leicht Erstickungs­gefahr bringen kann. In der Regel hinterläßt der Blitz in den Orten wo er einschlägt, einen starken schwefeligen Qualm, und Leute, die vor Schreck oder Betäubung ohnmächtig geworden sind, können dann leicht ersticken, wenn nicht irgend eine Stelle zum Abzug offen gelassen ist.

* Stuttgarts. August. Die Einnahmen der württembcrgischen Staatseisenbahnen im 1. Quartal laufenden Etatsjahres (April bis Juni) belaufen sich auf 9 886 532 Mk. gegen 9 384 229 Mk. im Vorjahr; sie weisen also ein Mehr von 302 303 Mk. auf. Die Einnahmen der Posten und Telegraphen belaufen

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