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Donnerstag dm 27. Juli
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1893.
U ebertragen wurde die Volksschulstelle VII, 4 in Stuttgart dem Seminarumerlehrer Carl in Nagold.
Gestorben: Joh. Gottf. Roller, Privatier, Nagold ; Georg Benz, Schultheiß, Oberjettingen; Otto Bernhardt, Freudenstadt; Schullehrer Bolz, Waiblingen; Privatier Hofmann, Cannstadt; Privatier Fuchs, Ravensburg.
L Die Mimsteranklage in Serbien.
Die serbische Volksvertretung hat das frühere liberale Ministerium Avakumowitsch in Anklagezustand versetzt. Am vergangenen Mittwoch ist auch der Antrag auf Verbannung der beiden Regenten Ristitsch und Bclimarkowitsch gestellt worden. Die radikale Kammer hält mit der Zeit der Regentschaft scharfe Abrechnung und auch Garaschanin und Chri- stitsch, obwohl die Ministerwirksamkett beider einer früheren Zeit angehört, sollen sich nicht ganz sicher fühlen.
Die jetzige Verfassung, auf Grund welcher die Ministerar.klage erhoben wird, verdankt dem Exkönig Milan ihre Entstehung. Milan glaubte vor seiner Abdankung sich selbst und seinem Sohne zu nützen, wenn er dem Lande eine Verfassung gab, wie sie von der großen Mehrheit des Volkes gutgeheißen werden würde. Sie ist denn auch ganz in radikalem Sinne ausgefallen. Als Milan abdankte, meinte er die Zukunft seines Sohnes am besten dadurch zu sichern, daß er nicht etwa auch radikal gesinnte Regenten einsetzte — nein, er entnahm die Regenten durchweg der liberalen Partei. Dadurch entstand das, was kommen mußte. Die Kammer nötigte zur Bildung radikaler Ministerien und diese befanden sich mit dem Regenten stets im — wenn auch nur verstecktem — Kriegszustände.
Durch die Gegensätze der beiden Gewalten konnte keine soweit erstarken, um der Krone gefährlich zu werden. Soweit stimmte die Rechnung Milans und der Zustand hätte auch wohl bis zu der von der Verfassung festgesetzten Großjährigkeit des jungen Königs Alexander angehaltcn, wenn nicht inzwischen einer der Regenten, Protitsch, gestorben wäre. Verfassungsgemäß hätte nun die Kammer einen dritten Regenten erwählen müssen; indessen die Herren Ristitsch und Bclimarkowitsch wollten keinen radikalen Kollegen, wie ihnen ein solcher doch zweifellos von der Kammer geboten worden wäre. Darum zögerten
sie und machten Winkelzüge, die das Ministerium Pasttsch, das das Vertrauen der Kammer besaß, mit seinem Rücktrittsgesuch beantwortete.
Zu allgemeinster Ueberrafchung wurde das Gesuch genehmigt, und ein neues und zwar liberales Kabinett unter Avaknmowitsch berufen. Bei den von diesem geleiteten Neuwahlen sollte eine liberale Mehrheit statt der bisherigen radikalen herauskommen und um eine solche zur Zufriedenheit seiner Auftraggeber zu erreichen, ließ das liberale Ministerium kein Mittel unversucht: Ausschreitungen ärgster Art, Wahlfälschungen, Freiheitsentziehungen, Mord und Todschlag bildeten ihr Arsenal. Es ist bekannt, wie der Staatsstreich des jungen Königs den drohenden inneren Unruhen Serbiens schnell ein Ende machte. Die Regenten wurden verhaftet, die liberalen Minister entlassen und der unverfälschte Volkswille schuf eine Skupschtina mit starker radikaler Mehrheit.
Es wäre nun zu wünschen gewesen und war auch anfänglich versprochen worden, daß man das Vergangene vergessen wolle. Denn die politische Rachsucht ist eines reifen Volkes unwürdig; die schlimmsten Leidenschaften werden aufgestachelt und wenn der Tiger einmal Blut geleckt hat, lüstet es ihn auch nach weiteren Opfern. Davon mußte Garaschanin, der Führer der Fortschrittspartei, eine Vorempfindung haben, als er mit allen Mitteln seiner Beredsamkeit sich gegen die Erhebung der Anklage erklärte. Denn Garaschanin trägt die Verantwortung für den Krieg mit Blugarien und die schimpfliche Niederlage der Serben bei Sliwnitza (1885). Aber auch Christitsch, der als Minister 1883 über die damals bei der Wahl unterlegenen Radikalen ein strenges Gericht gehalten, mag gegenwärtig ziemlich unruhig sein.
Wie die Affäre ausläuft, läßt sich noch nicht voraussehen, denn die leidenschaftliche Erregung macht Empfindungen und Anschauungen Luft, die sich sonst still zurückhalten. Bei der Debatte über die Ministeranklage sind sowohl republikanische Tendenzen wie auch eine starke Hinneigung zu dem schwarzen Georg, dem Prinzen Karageorgiewitsch zu Tage gefördert worden, was dem jungen Könige Alexander recht fatal sein mag. Wenn die Wogen höher schlagen kann die Krone des Sohnes Nataliens und Milans leicht in Gefahr kommen.
Man hat in Serbien sehr häufig den Wandel der Volksmeinung erlebt. Fortschrittspartei, Liberalismus und Radikalismus — für unsere deutsche Auffassung nur Abtönungen ein und derselben Farbe, keine verschiedenen Farben — haben abwechselnd die Mehrheit gehabt und haben in der Regierung gesessen. Eine Vergeltung, wie sie jetzt die Radikalen an ihren politischen Gegnern üben, war aber bisher noch nicht da und es steht zu fürchten, daß dadurch die Vergeltungspolitik der jeweilig siegreichen Partei zum System erhoben wird. Dem inneren Frieden des Landes kann das nun und nimmer dienen.
Eine Rede Bismarcks
welche er beim Empfange von 800 Braunschweigern, die am 21. zur Begrüßung des Fürsten nach Friedrichsruhe gekommen waren, gehalten hat, macht gegenwärtig die Runde durch die Blätter. Ihr Hauptinhalt ist folgender: Nachdem der Fürst an die Sprachen- und Stammesgemeinschaft der Braunschweiger und Altmärker erinnert hatte, wies er auf die ihm zu teil gewordenen Kundgebungen des Wohlwollens und der Anerkennung aus den meisten Bundesstaaten des Deutschen Reiches, mit Ausnahme seiner engeren Heimat, Preußen, hin und suchte die Zurückhaltung des letzteren durch die Generationen umfassende ministerielle Schulung zu erklären. Sehr scharfe und rücksichtslose Opposition habe er, der Fürst, ja selbst in Preußen erlebt, eine Opposition, wie sie heute von der Seite kaum jemals versucht worden sei. Zur Zeit des alten Kurses, als das Steuer des Staates in den Händen des Königs Wilhelm I. und seines Ministeriums ruhte, habe man in solcher Opposition keine Gefährdung des Bestandes des Reiches und Preußens erblickt. Dieser Glaube an die Festigkeit der Situation sei jetzt vielleicht nicht in allen Kreisen in derselben Stärke mehr vorhanden, und es komme heutzutage vor, wie es die jüngsten Ereignisse gezeigt, daß reichs- und staatsfreundliche Elemente, wenn sie die Wahl hätten, nach ihrer Ueberzeugung zu stimmen oder die Regierung der Versuchung einer „neuen Auflösung des Reichstages und dessen, was sich daran schließen könnte", auszusetzen, doch das Opfer der eigenen Ueberzeugung als das kleinere Nebel erkannten. Aus diesen Gründen habe auch sein Sohn Herbert
Eine merkwürdige Kandeksveröindung.
Novelle von Heinrich Berthold.
(Fortsetzung.)
Aber die Unglückspropheten behielten diesmal recht. Denn als die Blüten von den Sträuchern abfielen und die Früchte sich nach der gewöhnlichen Reifezeit als unzeitig erwiesen, sich mithin die ganze Ernte als mißraten darstellte, da zeigten sich die weit- tragenden Folgen der anfangs so verlachten oder nicht beachteten Erscheinung. Die Kaffee-Mißernte zog auch sofort ihre weiten Kreise.
Nicht nur die Pflanzer, sondern auch die Kaufleute empfanden gewaltig den Unglücksschlag. Vor allem das Haus „Mc. Pherson u. Co.", das mit seiner mächtigen Einfuhr auf die Ausfuhr der einheimischen Kaffee-Ernte größtenteils angewiesen war. Die schuldnerischen Pflanzer waren unfähig, ihren Verpflichtungen nachzukommen und neu einzukaufen, die Kaffeeware konnte nicht ausgeführt werden. — Barmore war ernstlich in Bedrängnis und Verlegenheit gesetzt. Allerdings stand sein Kredit drüben in den Vereinigten Staaten gut. Aber sein größter Gläubiger war das Haus Lambert u. Barr. Wenn dieses nicht abgehalten werden konnte, dann konnte das Haus „Mc. Pherson u. Co." zu Grunde gehen. Wenigstens schien es so.
Aber die Not machte Edward entschieden. Er prüfte sorgfältig den Stand seines Geschäftes, die Aktiva und Passiva, den Kredit und das Debet und
zog einen kleinen Ueberschlag von seinen Schulden, Verbindlichkeiten und den disponiblen Hilfsmitteln aus. Diesen sandte er mit einem Briese nach New- Aork an Lambert u. Barr, und erklärte, daß es ihm außer Zweifel scheine, daß er mit einjähriger Prolongation in den Stand gesetzt sein würde, all seinen Verpflichtungen nachzukommen und ein günstiges Arrangement zu treffen. Würde ihm die erbetene Frist verweigert, so könnte das Resultat seiner Aktionen sowohl für seine eigenen, sowie für die Interessen seiner Gläubiger nur ein unglückliches sein. — Mit Spannung harrte er der Antwort auf sein Schreiben Es war ihm, als sollte diese nicht gut aus- sallen. ....
Zu eben dieser Zeit war sein Freund Antonio da Cuccha von einer längeren Reise in Portugal zurückgekehrt. Sein erster Besuch galt Edward. An diesem fiel ihm sofort das verstörte, zerfahrene Wesen aus. Die ihn drückenden Sorgen waren deutlich auf Edwards kummervolle Stirne geschrieben, in seinen erregten, blassen Zügen ausgedrückt. Betroffen darüber und gleichfalls besorgt, gab sich der warmherzige Antonio ülle Mühe, die Ursache dieser mächtigen Seelenverstimmung seines Freundes zu ergründen, und durch eindringliches Fragen hatte er es bald heraus, daß der Grund in finanziellen Bedrängnissen fußte. Nun lachte da Euccha.
„Mein teurer Freund," sagte er dann warm, „wenn's nur das ist, dann sei getrost. Du weißt, ich bin bereit, dir zu helfen, soweit meine Kräfte reichen. Es ist mir ein Leichtes, binnen kürzester Zeit
meinen Kredit mit einer halben Million zu belasten und ich glaube dir nicht erst versichern zu müssen, daß das Darlehen ganz zu deiner Verfügung steht."
„Sehr schön, lieber Antonio, und ich bin dir für deine Großmut unendlich verbunden." versetzte Edward kopfschüttelnd. „Aber dein Geld würde verloren se u, wenn es mir nicht gelingt, mir Lambert u. Barr vom Leibe zu halten. Ich habe an die Firma geschrieben und erwarte mit Ungeduld das Resultat."
Er wies da Cuccha aus seinem Kopierbuche die Kopie des Briefes vor, den er an Lambert u. Barr gerichtet hatte, und ebenso den. detaillierten Auszug seiner finanziellen und kommerziellen Angelegenheiten. Noch während sie beide in den Rechnungen vertieft waren, wurden Briefe hereingebracht. Edward nahm sie, ohne zu öffnen, mit auffallender Hast der Reihe nach zur Hand, anscheinend einen bestimmten unter denselben suchend, und endlich hielt er eines der Schreiben mit dem Poststempel „New-Iork" und einer sehr vertrauten Handschrift in der Rechten. Aber es bangte ihm augenscheinlich davor, dasselbe zu öffnen. Er hielt das Schreiben unbeweglich fest und betrachtete unverwandt die Adresse.
„Da ist die Antwort von Lambert u. Barr," preßte er endlich hervor, denn es drängte ihn, seinem gedrückten Herzen Luft zu machen. Wie Hilfe suchend, blickte er dabei auf seinen Freund.
„Oeffne nur und lese ihn," ermunt rte ihn da Cuccha. „Du bist doch ein Mann, ein Geschäftsmann. Du mußt auf alles gefaßt sein."