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Uns ist sie ein Vorbild geworden für die deutsche Mutter, indem sie sechs Söhne zu ernsten kräftige« Männern herangezogen hat, die nicht gewillt find, die bequemen Seiten ihrer Titel und Stellungen auszunützen, um, wie so viele Leute der Jetztzeit dem Genuß zu leben, sondern in harter strenger Dieusterfüllung ihre Kraft dem Vaterland, und. wenn es ernst werden sollte, freudig bereit find, ihr Leben auf dem Altar des Vaterlandes zum Opfer zu bringen. Deswegen greife ich gern die Gelegenheit, den Dank an Ihre Majestät auszusprechen für den Segen, den sie meinem Hause gebracht hat. Bei den vielen Besuchen, die ich in ihrer Heimat gemacht habe, zu Wasser und zu Land, habe ich mich mit Freude davon überzeugen können, daß Schleswig-Holstein vorwärts strebend sich weiter entwickelt, zumal t er landwirtschaftliche Teil seiner Bevölkerung. Wie in anderen Landesteilen sehen auch die Landwirte dieser Provinz der Entwicklung dieses Jahres mit Sorge entgegen. Was der Staat leisten kann, um ihnen zu helfen, das ist geschehen und wird geschehen. Ich meine aber bei der religiösen christlichen Gesinnung meiner Landsleute, und zumal der Schleswig-Holsteiner, werden sie nicht übersehen, daß die Dürre dieses abnormen Jahres eine Prüfung ist, die uns der Himmel geschickt hat und der wir uns zu beugen haben. Möge Schleswig-Holstein sich auch fernerhin fortschreitender Entwicklung erfreuen, und möge dieses schöne Vaterland Ihrer Majestät, das Land zwischen Königsau und Elbe, als ein ewig unauSlösbarer Teil meines Königreiches und des deutschen Vaterlandes von einer Bevölkerung bewohnt sein, die von Fleiß, hingebender Treue und Anhänglichkeit an mein Haus von keinem Teil meiner angestammten Länder sich übertreffen läßt. So trinke ich dieses Glas, gefüllt mit deutschem Wein, auf das Wohl von Schleswig- Holstein, das auf ewig „ungedeckt* mit unserem Vaterland verbunden sei. Die P.ovinz Schleswig- Holstein Hurra!"
Bregenz 27. Aug. Der Flieger Fiedler, der heute nachmittag einen Flug über den Bodensee unternahm, stürzte aus einer Höhe von 200 m ab. Der Flieger wurde gerettet. Sein Apparat liegt im See.
Vermischtes.
— Das höchste Gebäude der Erde ist in Newyork seit November v. Js. im Bau begriffen und zurzeit etwa zur halbe» Höhe gediehen. Das am Broadway zwischen der Barkelry- Straße uud dem Park Platz liegende Haus hat 55 Geschosse. ES hat eine Straßenlänge von über 47 w, eine Breite von 61 m und ist von der Straßenoberfläche bis zur Turmspitze rund 236 m hoch. ES überragt damit die biilher höchsten Wolkenkratzer erheblich und wird nur noch vom Eiffelturm übertroffen. Besonder» bemerkenswert sind, wie dis „Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure" mitteilt, die für die gewaltige» Gewichte erforderlichen Gründungen, um so mehr, als die oberen Bodenschichten am Standort au» Triebsand bestehen. Dadurch war man gezwungen, mit den Gründung»Pfeilern bis auf den gewachsenen Fels, 33,5 w unter die Straße zu gehen, wodurch sich die ganze Höhe de» Bauwerks noch auf 270 m vergrößert. Die Außenmauern werden bi» zum fünften Geschoß au» Granit, darüber aus Terrakotta aufgrbaut. Die Schächte der 26 Aufzüge werden feuersicher angelegt und noch durch vier breite, weit auseinanderliegende Hoftreppen in gleichfalls feuersicher« Treppenhäusern ergänzt. Jede Verwendung vou Holz oder brennbaren Baustoffen wird grundsätzlich vermieden, und selbst die Tür- und Fenstrrumrahmungen, ja die Verzierungen solle» au» gepreßtem Stahl, der Fußbodenbelag au» Mosaik hergestellt werden.
6. Die Invaliden- und Hinter- bliebenenversicherung nach den vestimmungen
der Reichsverficherungsordnung.
(Nachdruck »erboten.)
2. Versicherung-recht. (Selbstversichernug, Weiterverfichernng.)
Neben der VcrficherungSpflicht besteht für die Invaliden- und Hinterbliebenenvrrsicherung ein Versicherung-recht.
Die Wohltaten der Invaliden- und Hinter- bliebenenverstcherung können nach Vollendung des 16. Lebensjahres genießen durch freiwilligen Eintritt in die Versicherung (Selbstverstcheruug), so lange sie das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben:
a) Betriebsbeamte, Werkmeister, Handlungsgehilfen, Bühnen- und Orchestermttglteder, Lehrer, Erzieher und Schiffer, wenn ihr regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst mehr als 2000 aber nicht über 3000 beträgt;
b) Personen, die nicht verstcherungspflichtig sind, weil sie für ihre Tätigkeit nur freien Unterhalt erhalten;
c) Personen, die wegen nur vorübergehender Dienstleistungen nicht versicherungspflichtig find. Das Gesetz sorgt aber nicht nur für die Arbeiter, die Personen in abhängiger Stellung.
Zum freiwilligen Eintritt in die Versicherung (Selbverstcherung) sind bis zum vollendeten 40. Lebensjahre außer den vorgenannten Personen auch berechtigt:
a) Gewerbetreibende und andere Betriebsunternehmer, die in ihren Betrieben regelmäßig keine oder höchstens zwei Verficherungspflich- t>ge beschäftigen, also insbesondere kleine Kaufleute, Krämer, Hausierer, Gast- und Schankwirte, Landwirte, selbständige Handwerker, selbständige Schneiderinnen, Näherinnen Wäscherinnen, Plätterinnen, Hebammen, Krankenpflegerinnen, ferner selbständige Dtenstmänner, Kofferträger, Lohndiener, Besitzer von Lohnfuhrwerken, Kutscher u. a.;
b) Hausgewerbetreibende, d. h. solche selbständige Gewerbetreibende, welche in eigenen Betriebsstätten allein o d er mit Lohnarbeitern im Aufträge und für Rechnung anderer Gewerbetreibenden mit der Herstellung oder Be- arbciiung gewerblicher Erzeugnisse beschäftigt werden. Und zwar auch dann, wenn sie die Roh- und Hilfsstoffe selbst beschaffen, und auch für die Zeit, während welcher sie vorübergehend für eigene Rechnung arbeiten, sofern sie nicht bereits dauernd erwerbsunfähig sind
Die Berechtigten können die Selbstverstcherung beim Ausscheiden aus dem Verhältnis, das die Berechtigung begründet hat, sowohl nach wie vor ihrem 40. Lebensjahre fortsetze« oder später erneuern, z. B. diejenigen Handwerker oder G - werbetretbenden, die nach ihrem Eintritt in die freiwillige Versicherung mehr als zwei versicherungspflichtige Lohnarbeiter beschäftigen. Wohl gemerkt, verficherungspflichtige Lohnarbeiter! Lohnarbeiter, die nicht verstcherungspflichtig sind, z. B. gegen freien Unterhalt tätige Angehörige oder Lehrlinge, können in unbeschränkter Zahl beschäftigt werden, ohne daß dadurch das Recht zur Selbstverstcherung verloren geht. Es ist also z. B. ein Handwerker, der zwei Gesellen und außerdem mehrere Lehrlinge, diese aber nur gegen freien Unterhalt beschäftigt, zur Selbstverstcherung berechtigt.
Verkauft der Kaufmann oder Handwerker sein Geschäft, der Landwirt sein Gut, so sind die für die Selbstversicherung gezahlten Beiträge für ihn nicht nutzlos und die Wohltaten der Invaliden-und Hinterbliebenenverstcherung für ihn nicht ausgeschlossen, weil er das Recht hat, die Selbstver- ficherung fortzusetzen.
Auch wer aus einem versicherungspflichtigen Verhältnis ausscheidet kann die Versicherung freiwillig fortsetzen oder späier erneuern (Writerverficherung), z. B. Dienstmädchen oder Arbeiterinnen, die sich verheiraten und nicht weiter arbeiten, Arbeiter, Gesellen, Gehilfen, Werkmeister, Haudlungsgehilfen u. a. die sich selbständig machen.
Die Weiterversicherung unterliegt keiner Beschränkung hinsichtlich des Leben-alter»; es gilt für sie nicht die für die Selbstverstcherung vorgesehene Altersgrenze des 40. Lebensjahres.
Man ist also imstande, in jedem Lebensalter die einmal auf Grund der Versicherung-Pflicht begonnene Versicherung fortzusetzen oder zu erneuern, ohne Rücksicht auf den seit Beendigung der VerstcherungS- pflicht verstrichenen Zeitraum.
Weiter versichern kann auch, wer regelmäßig mehr als zwei verficherungspflichtige Arbeiter beschäftigt.
Selbstverständlich ist derjenige, welcher sich schon in einem erwerbsunfähige« Zustande befindet, in gleicher Weise wie von der Selbstverstcherung auch vou der Writerverficheruug ausgeschlossen.
Die Bedeutung, die Vorteile und die wohltätigen Folgen der Selbstverstcheruug oder der
Weiterverfichernng find weiteren Schichten der Bevölkerung noch recht fremd. Es sind fast ausschließlich nur diejenigen Personen versichert, für welche ein gesetzlicher Zwang besteht. Außer allem Zweifel ist jedoch die Notwendigkeit einer Versicherung für viele selbständige Gewerbetreibende vorhanden, da sie sich in wenig günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen befinden und deshalb nicht in der Lage find, soviel zu ersparen, um sich einen sorgenfreien Lebensabend zu sichern. Recht schade ist es deshalb, daß so viele Versicherungsberechtigte schon viele Jahre vorübergehen ließen, ohne sich gegen mäßige Beiträge für den Fall dauernder oder vorübergehender Invalidität oder für das Alter zu versichern.
Viele selbständige Handwerker, welche durchaus keinen höheren Verdienst als die unselbständigen Versicherten haben, viele selbständige Landwirte und vor allem viele Arbeiterfrauen haben infolgedessen keinen Rückhalt an den Wohltaten des Gesetzes, namentlich der darauf beruhenden Heilstättenfürsorge. Schon mancher Geselle, Handlungsgehilfe, Landwirt, der sich selbständig machte, hat später seine Selbständigkeit wieder aufgeben müssen. Manche Dienstmagd, Arbeiterin, die heiratete und nun ihre Zukunft gesichert glaubte, hat vielleicht schon bald infolge von Krankheit oder Tod ihres Mannes, oder wegen geringen Verdienstes wieder zur Lohnarbeit ihre Zuflucht nehmen müssen. Und wer garantiert den Betriebsbeamten oder Handlungsgehilfen das Gehalt von mehr als 2000 für die Dauer?
Allen diesen beschränkt leistungsfähigen Kreise« des Mittelstandes kann nicht dringend genug an- empfohlen werden, sich die großen Vorteile, welche ihnen die Invaliden- und Hinterbltebenenoersicher- ung bietet, nicht entgehen, sondern sich rechtzeitig, das ist noch vor Vollendung ihres vierzigsten Lebensjahres, eine Quittungskarte ausstellen zu lassen und mit der Verwendung von Beitragsmarken zu beginnen, damit sie in den höheren Lebensjahren, wo ihre Arbeitskraft nachläßt, in den Genuß einer sicheren Rente treten oder im Falle ihres Todes ihre Hinterbliebenen die Wohltaten der Hinterbliebenenfürsorge genießen können.
Vielfach ist in den beteiligten Kreisen die Ansicht verbreitet, daß es zwecklos sei, sich zu versichern, weil «an das siebzigste Lebensjahr nicht erreichen werde und deshalb keinen Vorteil aus der Versicherung ziehen könne. Die gezahlten Beiträge seien weggeworfen. Diese Auffassung ist durchaus irrig, denn die Leistungen der Versicherungsanstalten, auf welche die Anwartschaft und zum Teil ein rechtlicher Anspruch durch die Versicherung gewonnen wird, sind außer der Gewährung von Altersrente:
1. Invalidenrente ohne Rücksicht auf das Lebensalter, wenn die Erwerbsfähigkett des Versicherten dauernd auf weniger als ein Drittel herabgesetzt ist, und wenn der Versicherte während 26 Wochen ununterbrochen erwerbsunfähig gewesen ist, für die fernere Dauer der Erwerbsunfähigkeit (sogenannte Krankenrente);
2. He lfüisorge in Erkrankungsfällen;
3. Jnvalidenh auspflege an Stelle gewährter Renten;
4 Hiuterbliebenenfürsorge.
Die Wohltat der Heilfürsorge genießen jährlich Tausende von Versicherten; sie werden vou der Versicherungsanstalt in Krankenanstalten, Lungenheilstätten, Erholungsheimen und anderen Anstalten untergebracht, das Heilverfahren kostet den Versicherten keinen Pfennig und außerdem zahlt die Versicherungsanstalt den Angehörigen des Versicherten, deren Unterhalt dieser bisher aus seinem Arbeitsverdienst bestritten hat, eine Unterstützung; dieselbe beträgt, sofern der Versicherte der reichs- oder landesgesetzlichen Krankenfürsorge bis zum Eingreifen der Versicherungsanstalt unterlag, die Hälfte des für ihn während der gesetzlichen Dauer der Kraakenunterstützung maßgebend gewesenen Krankengeldes im übrigen ff» des ortsüblichen Tagelohnes gewöhnlicher Tagesarbeiter. Der Wert dieses Heilverfahrens mit seinen Nebenleistungen lieg auf der Hand. Wie viele kleine Unternehmer können, wenn sie sich krank fühlen, einfach den Betrieb nicht verlassen, sie müssen weiter arbeiten, weil sie das Geld für den Besuch eines Bades, einer Heilanstalt nicht aufbringen können, und weil in ihrer Abwesenheit die Angehörigen m ttellos Zurückbleiben würden. Die Krankheit, die bei sofortigem Einschreiten heilbar gewesen wäre, wird schlimmer, der Kranke wird endlich ganz erwerbsunfähig und er und die Familie geraten vielleicht in Armut und Elend. Wie anders, wenn der Unternehmer versichert ist. Selbst wenn dann das Heilverfahren nicht helfen sollte, so besteht doch Aussicht auf Invalidenrente und Htnterbltebenenfürsorge. Es sollte daher niemand versäumen, von der Selbstversicherung oder Weiterversicherung Gebrauch zu machen. M.