Aber ruhmvoll ist ein solches Vorgehen gewiß nicht «nd christlich ebensowenig, darum verdient es auch, öffentlich gekennzeichnet zu werden. Wenn dasselbe in weiteren Kreisen Nachahmung finden würde, wie solches noch aus den fünfziger Notjahren in Erinnerung ist, so würde es sich bet nicht wenigen Landwirten um die Existenz handeln, da manche in guten Jahren kaum forlkommen, weil fie doppelt besteuert find, durch Grundsteuer und Zins; auch hieße das der Sozialdemokratie in die Hände arbeiten.
" Schramberg, 12. Juli. (Zur Nachahmung.) Heute fand auf der bet Sulgen gelegenen „Heuwiese", welche der Gräfl. v. Bissingen'schen Standesherrschaft gehört, der Grasverkauf statt, wobei ziemlich gute Preise erzielt wurden. Angesichts der herrschenden Futternot gewährte Graf v. Btsfingen nach abgeschlossenem Verkauf sämtlichen Käufern einen Nachlaß von 25 Prozent des Kaufpreises. Es wäre zu wünschen, daß auch andere auf solche Weise die Not lindern helfen möchten. Die Käufer werden gewiß dankbar sein.
* Stuttgart, 13. Juli. Der kgl. Zentralstelle für Landwirtschaft gingen in der letzten Zeit mehrfach auf Kartoffelfeldern gefundene Larven zur Untersuchung zu, da befürchtet wurde, man habe es mit dem Koloradokäfer (Kartoffelkäfer) zu thun. Die Untersuchung ergab jedoch, daß die Larven von dem sogen. Herrgottskäferchen herrühren, dem Feinde der Blattlaus. Da sich die letztere in diesem Jahre massenhaft aus dem Kartoffelkraut einfand, hatte auch ihr Feind sich daselbst in großer Zahl niedergelassen.
* U l m, 12. Juli. Längs der Schillerstraße von der Donaubastion bis zur Ehingerstraße wird ein größerer Wagen- und Gefchützschuppen erbaut; das nötige Areal ist schon seit längerer Zeit erworben. Nach Annahme der Militärvorlage werden weitere Baulichkeiten für 3 Feldbatterien in Angriff genommen; über den Platz, wohin sie zu stehen kommen, ist noch nichts bestimmt.
* (Verschiedenes.) Bei dem Bau des Gefängnisses am neuen Justizgebäude in Ulm brach ein Gerüst wegen Ueberbelastung durch Cementsäcke zusammen. Die aufgestellten Rollwagen kamen in Bewegung «nd töteten einen Arbeiter und verletzten 4 andere sehr schwer. Unter den Verunglückten befindet sich auch der Baumeister Werkmeister Vogel; er erlitt am Kopfe eine schwere Verletzung. Sein Zustand ist bedenklich. — In Triensbach ist eine Familie, (6 Personen) infolge Genusses verdorbener Leberwürste erkrankt. — In M und erkingen ist ein lljähr. Knabe beim Baden in der Donau ertrunken. — In Stuttgart hat ein Metzgermeister aus Anlaß einer Wette eine Riesenschtnkenwurst von 2 Meter Länge angefertigt. — In dem Orte Michelbach a. W. sind an einer Kammerz reife Muskatellertrauben zu sehen.
* Karlsruhe, 12. Juli. Der unlängst verstorbene Vermögensverwalter des Grafen Douglas, Direktor Stetter, soll, wie man dem Fr. G. A. von hier meldet, nach einer jetzt vorgekommenen Revision Unterschlagungen von über 1 Mill. begangen haben.
* Bruchsal, 11. Juli. Durch einen Blitzschlag wurde ein mit Heu angesülltes Magazin der Reichs- Militärverwaltung in Brand gesetzt und wurde dasselbe gänzlich vernichtet.
* In einem Münchener Pfandhause wird seit mehr als zehn Jahren regelmäßig jeden Montag eine Uhr mit goldener Kette versetzt und am Samstag wieder ausgelöst. 50 Mark werden darauf geliehen; rechnet man 20 Pfg. fürs Versetzen, 20 Pfg. fürs Auslösen, 10 Pfg. für den Zettel und 50 Pfg. Zins so macht dies jede Woche 1 Mark, also insgesamt mehr als 500 Mk.!
* Berlin, 12. Juli. Nach der Kreuzzeitung unternehmen das Kaiserpaar und ein zahlreiches Gefolge auf der Jacht Hohenzollern eine Seereise in der Ostsee, wobei voraussichtlich Bornholm und Gothland berührt werden. Da der Kaiser in der ersten Woche des August der Regatta in Cowes beiwohnt, verbleibt die Kaiserin in Kiel. Das Gefolge begleitet den Kaiser nach England.
" Berlin, 12. Juli. Ein hiesiges Blatt, das zuweilen zur Lancierung von „Fühlern" dient, erhält die Mitteilung, dem Reichstage werde im Herbst eine unsere Schutzgebiete betreffende Vorlage zugehen. Die verfügbar gewesenen Mittel seien verbraucht. Auf vier Millionen Mark belaufe sich die neue Forderung.
* Berlin, 12. Juli. Eine gestern Abend anläßlich des Jahrestags der Hinrichtung Ravachols hier gehaltene Anarchistmoersammlung von etwa 800 Besuchern wurde von der Polizei aufgelöst. Die Auflösung erfolgte, als Fräulein Wabnitz über die Armee sprach.
* Posen, 12. Juli. Bet dem hier garnisonieren- den zweiten Leibhusarenregiment sind plötzlich 75 Husaren erkrankt, 24 hievon wurden ins Garnisons- lazaret eingeliefert. Die Ursache der Erkrankung wurde noch nicht festgestellt.
* Essen, 8. Juli. Gestern ging vor der Strafkammer der Prozeß gegen 59 wegen Landfriedensbruchs angeklagte Bergleute zu Ende; die Sache rührt noch aus der letzten Streikezeit her. Der Land- friedensbruch wurde als nicht erwiesen erachtet, dagegen wurden 13 der Angeklagten wegen widerrechtlicher Gefangenenbefreiung zu Gefängnisstrafen von je 6 Monaten verurteilt, die Uebrigen aber freigesprochen.
Ausländisches.
* Wien, 11. Juli. Nach einer offiziösen Meldung steht der Erlaß eines Ausfuhrverbots für alle Gattungen von Viehfutter bevor. Die Regierung wurde hierzu durch den stärker auftretenden Futtermangel in Böhmen und Mähren bestimmt. Die ungarische Regierung drang energisch auf Erlassung des Ausfuhrverbots.
Bern, 12. Juli. Die bernische Regierung beschloß heute, morgen mehrere Deutsche auszuweisen. Das Dekret wird dem Bundesrat überwiesen, damit die Ausweisung auf das ganze Schweizer Territorium ausgedehnt werde.
* Rom, 11. Juli. Infolge der „Entdeckung" einer angeblich wunderthätigen Madonna im Mailänder Dom fanden dort gestern und vorgestern wüste antiklerikale Tumulte statt. Eine die Straße durchziehende große Prozession wurde von Antiklerikalen beschimpft und zersprengt; darauf zerschlug die Menge sämtliche Fenster der Redaktion des klerikalen Blattes „Lega Lombarda" und des katholischen Klubs und verübte wetteren Unfug, ohne daß die Polizei einschritt.
* Paris, 11. Juli. Durch den Beschluß des Gemeinderats, die Pariser aufzufordern, am Nationalfest nicht teilzunehmen, wird die Kleinindustrte schwer geschädigt. Viele Industriellen haben die Arbeit sofort eingestellt, wodurch zahlreiche Arbeiter beschäftigungslos werden.
* Paris, 12. Juli. In der Deputirtenkammer beantragte Beauquier, daß die Hälfte der Militärpflichtigen der Jahresklasse 1890 vom 1. Oktober an auf 6 Monate beurlaubt und die Reservemannschaft des Jahres 1893 zu einer nur 21tägigen Uebung statt der 28tägigen einberufen werden solle. Die hierdurch erzielten Ersparnisse im Betrage von 19 Mill. Fr. sollten an die durch die Trockenheit in Not geratenen Landwirte verteilt werden. Der Antrag wurde den Bureaux überwiesen.
* Toulon, 12. Juli. Im Arrondissement Toulon sind gestern 5 Erkrankungen und 4 Todesfälle in Folge der Cholera vorgekommen.
* Besantzon, 13. Juli. Die Anarchisten schlugen eine Kundgebung an, in der fie drohen, das Stadthaus, die Präfektur, die Kasinos, die Badehotels und die Seiden- und Papierfabriken am 14. ds. in die Luft zu sprengen. Die Anarchisten besitzen thatsäch- lich große Massen von Dynamit, wonach die Polizei Haussuchungen veranstaltete; sie nahm eine Anzahl von Verhaftungen vor, die jedoch kein Ergebnis hatten.
* London, 12. Juli. In Derby erhielten 25 000 Bergarbeiter die Benachrichtigung, daß ihr Lohn um 25 Prozent herabgesetzt werden solle.
Handel «ad Berkehr.
* Stuttgart, 11. Juli. (Kartoffelmarkt.) Zufuhr 150 Zentner. Preis per Zentner 5—6 Mk.
' Tuttlingen. l2. Juli. Der gestrige Markt war stark besucht und befahren. Bor allem gilt dies vom Biehmarkt, dem ca. 330 Stück Vieh aller Gattungen zugetrieben waren. Fremde Händler waren in großer Zahl am Platz und kauften viel; namentlich Jungvieh ging rasch ab. Die Preise zogen daher etwas an, waren aber immerhin noch niedrig. Halbjährige bis zweijährige Tiere wurden zu allen Preisen, je nach Qualität zu 40—180 Mk., letztere für recht schöne Tiere, gehandelt, für die vor einem Jahr 80 Mk. mehr erzielt 'worden wäre. Etwa Vr der Zufuhr wurde verkauft. Trächtige Kalbinnen erzielten auch gegen 200 Mk. Von den zugeführten über 100 Stück Milchschweine» wurde fast alles zum Preise von 14—26 Mk. per Paar abgesetzt, Läufer galten je nach Qualität 26—35 Mk. per Stück.
Vermischtes.
* Die Tochter Emin Paschas, die etwa 9j4hr. Ferida, ist auf der Reife nach Deutschland begriffen. Sie ist der Krankenpflegerin Lies Bader, die wegen Erkrankung zurückkehren muß, übergeben worden.
* Eine Französin (Witwe), welche in Monte Carlo 200000 Mk. verspielt hatte, hat zuerst ihre beiden Kinder und darauf sich selbst getötet.
* (Unverbesserlich.) A.: „Hast Du schon gehört, der alte Oberförster L. ist gestern gestorben. Schade um den Mann. Er log unübertrefflich." B.: „Da wird er doch nicht am Ende — scheintot sein."
* (Nicht eifersüchtig.) Anna: „Als Deine Freundin, Olga, fühle ich mich verpflichtet, Dir mitzuteilen, daß mich Dein Verlobter gestern in dem dunklen Treppengang geküßt hat!" Olga: „So? Dann muß aber der Gang sehr dunkel gewesen sein!"
Verantwortlicher Redakteur: W. Kieker, Mensteig.
„Zugegeben. Aber wenn es auch vernünftig wäre, jetzt zu heiraten, lieber Edward, ich könnte doch nicht! Ich muß vorläufig noch auf meine Mutter schauen, welche, wie du weißt, nichts besitzt,- und auch nicht im stände ist, für sich selbst zu sorgen."
„Sie könnte ja ganz gut bei uns leben, Delta!"
„Sie würde nicht wollen — ich weiß es. Und verließt ich sie jetzt, so würde sie sich sehr unglücklich fühlen. Und ihre kleine Rente reicht bei weitem nicht hin, an meiner Statt eine Wärterin, wie ein Dienstmädchen zu bestellen. Auch könnte eine bezahlte Wärterin mich nicht ersetzen."
„Aber du hättest, auch verheiratet, genug Zeit, sie zu pflegen und für sie zu sorgen. Ich selbst würde dir darin beistehen. Und so schlimm steht es ja keineswegs mit deiner Mutter, daß du, wie bei einer Schwerkranken, unablässig um sie sein mußt. . . ."
„Lieber Edward, es ist unnütz, davon zu reden. Glaube nicht, daß meine Gefühle für dich sich gewechselt haben. Ich bedaure blos, daß ich schwach genug war, dich dieselben erkennen zu lassen," sagte fie lebhaft und erregt. „Aber wir sind beide jung und können es uns gewähren, noch einige Zeit zu warten."
„Ich sage dir, was es ist!" platzte Edward heraus, der seine Mäßigung zu verlieren begann. „Du sorgst dich in Wirklichkeit nicht um mich. Ja, wenn ich hunderttausend Dollar jährlich hätte, würdest du gewiß einwilligen."
„Du thust mir unrecht," sagte das Mädchen kalt, „jedoch will ich dich diesmal berichtigen. Wenn du
tausend Dollar hast" — „immer vorausgesetzt, Mut- ters Gesundheit sei so, daß sie mich entbehren kann — ich würde nicht nein sagen. Aber wenn du wirklich 100 000 Dollar hast, setzte Delta lächelnd hinzu, so laß michs wissen. . . . Aber jetzt, um ernst zu sein: ich kann die Mutter nicht der Sorge Fremder überlassen und du solltest mich verachten, wenn ich's könnte oder thäte."
„Delta Trescott!" rief Edward Barmore in seinem Schmerze aus, „ich liebe dich — ich werde nie aufhören, dich zu lieben; ich werde nie eine andere ehelichen, so lange du ledig bleibst. Aber ich werde auch nicht mein Leben zerstören für eine fruchtlose Liebe. Darum thäten wir bester, voneinander zu scheiden, uns zu trennen — für immer."
Thränen stoffen über die Wangen Deltas und impulsiv erfaßte fie heftig die Hand ihres Geliebten. Sein Herz schmolz und er sagte weich:
„Gieb mir Hoffnung, Delta. Bestimme irgend eine Zeit, sogar wenn es ein Jahr und noch länger sein möge-
„Wenn meine Mutter gesund sein wird —" begann Delta aufs neue, aber fie konnte nicht zu Ende sprechen, denn der sonst so schüchterne, gemäßigte junge Mann wurde heftig, erhob sich rasch, nahm Hut und Stock und stürzte davon. Betroffen blickte das schöne Mädchen dem stürmischen Werber nach, dann zuckte sie die Achseln, schüttelte sehnsüchtig das Haupt und begab sich tn das anstoßende Gemach, in welchem ihre leidende Mutter ihrer bereits harrte.
(Fortsetzung folgt.)
Waldrveve».
Des Waldes Wipfel wallen im Wind,
Im Laube säuselt und rauscht es lind In einigem Takte und Tone.
Die Bäume halten von Ast zu Ast,
Von Zweig zu Zweig sich liebend umfaßt.
Und Krone schmiegt sich an Krone.
Sie flüstern vom Jugend-Morgenrot,
Von Sommergluten, von Wintersnot,
Von lieblichem Waldesweben,
Sie plaudern von Allem, was Jahr für Jahr Im Walde ihr gleiches Schicksal war,
Von gleichem gen Himmel Streben.
Wo Menschen so nahe beisammen stehen,
Da ist es um Frieden und Ruh' geschehen.
Da toben lästernde Zungen.
Doch Waldesbäume, viel tausend an Zahl, Stehn freundlich beisammen in Berg und Thal Und halten sich innig umschlungen.
Horch! wie das lispelt und säuselt und rauscht Und süße Worte der Treu« tauscht!
Dazwischen die Drosseln schlagen.
Mild senkt sich in meine Seele auch De» Waldesfriedens göttlicher Hauch:
Ich möchte der Welt entsagen.
K h a r a d e.
Es ruft das Erste freudig aus Das Kind gewiß beim leckern Schmaus. Auch brütet draus der Sonne Strahl Viel zarte Wesen ohne Zahl.
Die andre nennt dir eins Frau,
In fremder Tracht ich sie erschau..- Das Ganze ist mit dir verwandt:
So wird ja doch dein — Sohn genannt. Auflösung folgt in nächster Nummer.