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Wr. 82-
Amtsblatt für
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Samstag dm 15. Juli
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Einrück- ungspreiS lf. Mtensteig und nahe Umgebung bei lmal. Einrückung 8^, bei mehrm^l. je 6
auswärts ' je 8 ^ die Ispalt.Zeile
1893.
Amtliches.
Bestätigt wurde die Wahl des Kirchenpflegers, Gemeinderats Jakob Gchring von Ostelsheim, OA. Calw, zum Schult- heißen dieser Gemeinde.
G e sto rb en : Hauptmann Ritter, Ludwigsburg; Professor Debuysere, Stuttgart; Rechtsanwalt Baur, Reutlingen; Gustav Kieß, Werkmeister, Gemeinderat und Stadtschultheißenamtsver- wcser in Heilbronn, Stuttgart.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 13. Juli. Osann (n.-l.) begründet seine Interpellation wegen der Manöver in Gegenden mit Futternot. Der gegenwärtige Notstand sei dem vorjährigen, durch die Cholera erzeugten, wegen dessen die Manöver abgesagt wurden, gleichwertig. Preuß. Kriegsminister v. Kalt enborn: Es sei ein verfassungsmäßiges Recht des Kaisers, über die Abhaltung von Manövern zu befehlen. Seit die ersten Nachrichten über den Futtermangel aufgetaucht seien, habe die Militärverwaltung die entsprechenden Maßregeln ergriffen. Strohstreu soll durch Torfstreu ersetzt werden, eine andere Futtermischung für Pferde soll cintretcn. Berichte seien cingefordert worden, die ausnahmlos dahin sich äußerten, daß betreffs des Ausfalls oder der Verschiebung oder anderweitigen Gestaltung der Manöver zur Zeit eine Maßregel, die den Interessen der Armee bezüglich der krtegssähigen Ausbildung entgegenlaufen würde, nicht notwendig sei. (Bewegung.) Es sei vielmehr möglich, durch entsprechende Anordnungen einer übermäßigen Belastung der Bevölkerung vorzubeugen. Magazinverpflegung auf Kosten der Militärverwaltung soll ein- treten; Zwischcnmagazine sollen angelegt werden; wo Notstände herrschen, soll das Vieh aus den Monöver- gegenden angetanst werden. Uebrigens ist nicht ausgeschlossen, daß die Futter- und Wasserverhältnisse bis zu den Manövern sich noch günstiger gestalten. Ich wünsche dies im Interesse Aller. Auf Antrag Bachem (Zcntr.) erfolgt eine Besprechung der Interpellation. Vroekmann (Zeutr.) bedauert die ablehnende Haltung der Militärverwaltung, v. Frege (kons.) hofft, daß die Erklärung des Kriegsministers keine definitive sei. Wenigstens wäre das Aussetzen der Kavalleriemanöver zu erwägen. Die Manöver sollten auf die Gegenden beschränkt werden, wo der Notstand nicht so groß ist. Gen.-Lieut. Funk erklärt, den Wün
schen des Vorredners werde Rechnung getragen werden. In einzelnen Gegenden habe eine Verschiebung der Manöver bereits stattgefunden. Die Verwaltung strebe an, dak alles Erforderliche ohne Belastung der Bevölkerung von der Militärverwaltung geliefert werde. Burger (Zenir.), Kröber (Volksp.) und Köhler (Reformp.) unterstützten die Interpellation. Der bayr.Kriegsminister Asch erklärt, auch die bahr. Kriegsverwaltung sei bereit, dem Notstand Rechnung zu tragen. Verhandlungen seien eingeleiret, die Berichte der Generalkommandos stehen noch aus. Schönlank (Soz.) meint, die Futterzölle müßten aufgehoben werden. Osann: Er hätte gewünscht, daß in Preußen auch die Zivilbehörden gehört werden. Kriegsminister v. Kaltenborn erklärt, daß die Berichte der Generalkommandos im Einvernehmen mit den Zivilbehörden erstattet worden seien. Die Oberpräsidenten seien sämtlich gehört worden. — Schnaidt (Volksp.) wünscht zu erfahren, ob der württ. Kriegsminister bereits mit dem preußischen über die Frage sich ins Einvernehmen gesetzt habe. Der würlt. Kiiegsmin. v. Schott legt dar, die württ. Kriegsverwaltung habe bei der Reichsregierung einen Antrag auf Aufhebung der Manöver noch nicht gestellt, weil die Ermittlungen noch nicht abgeschloffen seien. Wenn die Notwendigkeit es erheischt, würden wir nicht zurückschrecken, den Antrag zu stellen. Die InterpellationBebels (Soz.), betr. das Auftreten des Straßburger Polizeipräsidenten, wird auf Wunsch des Staats-Sekr. v. Bötticher auf die morgige Tagesordnung gesetzt.
* Berlin, 13. Juli, 4 Uhr nachm, per § 1 der Militärvorkage wurde mit 198 gegen 187 Stimmen angenommen. (Bewegung, Beifall.) Nach Annahme des Z 1 begründete Prinz Carolath seinen Antrag, betr. Festlegung der 2jähr. Präsenzzeit. Stumm (Reichsp.) sprach sich dagegen aus. Der Reich s- kanzler gab die Erklärung ab, die verbündeten Regierungen würden, falls die zweijährige Dienstzeit sich bewähre, nach Ablauf von fünf Jahren nicht auf die 3jährige Dienstzeit zurückgehen. (Bewegung und Beifall.)
Lasdesmchrichteu.
* Alten steig, 14. Juli. Von Zeit zu Zeit
werden in amerikanischen Blättern Verzeichnisse solcher Personen veröffentlicht, welche in Amerika verstorben und deren Erben angeblich nicht aufzufinden sind. Derartige Veröffentlichungen rühren von irgend einem Geschäftsmanne her, welcher etwaigen europäischen Erbschafts-Interessenten seine Vermittlung zur Erhebung von Geldern anbietet. Dem Vernehmen nach begtebt sich ein solcher Geschäftsmann auch auf Reisen nach Deutschland, um womöglich viele Personen zu veranlassen, ihm ihre Vertretung zu übertragen. Gegenüber allen derartigen Ankündigungen wird die größte Vorsicht empfohlen und der wohlgemeine Rat erteilt, alle etwa in überseeischen Ländern geltend zu machenden Erbschaftsansprüche nur durch die zuständigen kaiserlichen Konsulate weiter zu verfolgen.
x Pfalzgrafenwetler, 13. Juli. Gestern vormittag erhängte sich ein hiesiger Bürger in seiner Scheuer. Derselbe war früher ein fleißiger und sparsamer Mann, litt aber seit einigen Monaten an Verfolgungswahn und Schwermut.
* A usdemOberamtFreudenstadt, 12.Juli Die Heidelbeerernte, die in der westlichen Hälfte des Oberamts eine wichtigere Rolle spielt, als die Getreideernte, hat vor wenigen Tagen ihren Anfang genommen und scharenweise gehen früh morgens Frauen und Kinder oft stundenweit in den Wald, um die schwarzen Beeren zu suchen und abends schleppen sie dann ihre übervollen Körbe nach Hause. Dabei machen sie kein schlechtes Geschäft, denn für den Liter Beeren erhalten sie 15—20 Pf. und fürs Simri durchschnittlich 1 Mk. 50 Pf. Himbeeren und Preiselbeeren, die in den nächsten Wochen reif werden dürsten, werden meist per Liter zu 25 bis 35 Pf. bezahlt. So ist für unbemittelte und fleißige Familien die Beeren- crnte eine nicht zu unterschätzende Verdienstquelle.
* Aus dem Bezirk Sulz, 12. Juli. Wurde im Anfang des Notstandes gegen die Metzger die Klage erhoben, daß sie die Notlage der Landwirtschaft ausbeuten, so wird jetzt mancherorts den Kapitalisten der Vorwurf gemacht, daß sie in ängstlicher Sorge um das Ihrige zum Ruin wenig bemittelter Landwirte beitragen. Wer in solchen Jahren bet seinen Gläubigern den Kredit verliert und wenn diese ohne Berücksichtigung der jetzigen Verhältnisse einfach das Kapital aufkündigen, der ist freilich unrettbar verloren.
Gine merkwürdige Kandelsveröindung.
Novelle von Heinrich Berthold.
(Nachdruck verboten.)
Es war ein kalter und trüber' Februarabend. Bleigrau wölkte sich eine dichte, regenschwangere Wolkendecke über Stadt und Land. Mürrisch, verdrossen, fröst lnd eilten die Fußgänger durch die Straßen, strebten ihre Geschäftsangelegenheiten, so rasch es ging, zu erledigen, um den unerquicklichen Aufenthalt im Freien bald mit dem warmen, behaglichen Heim zu vertauschen.
Warm und behaglich war's auch in der Stube, in der im eifrigen, lebhaften Gespräche ein junges Paar weilte. Obwohl der letzte Schimmer von Eleganz und Komfort von den Möbeln und dem Zimmer längst fehlte, die elfteren vielmehr schon ein gewisses Alter und Spuren von starker Abnutzung trugen, so ließ die ganze Anordnung der Einrichtung der Wohnung doch noch den guten Geschmack erkennen, und der unsichere Lichtschein des prasselnden Feuers im Kamm machte die Stube so anheimelnd und lauschig, daß man die Aermlichkeit der Ausstattung nicht recht gewahr wurde. Die Dunkelheit brach mehr und mehr herein. Jetzt trat in dem Gespräch der beiden im Zimmer eine Pause ein. Um diese auszufüllen, erhob sich die junge Dame und entzündete eine große, alte Lampe, deren mäßiger Schein noch geschwächt durch einen farbigen, dunklen Schirm, den Wohnraum angenehm erhellte. Nachdem dies geschehen, nahm das Mädchen wieder auf dem Sofa Platz — gegenüber
dem jungen Manne, der in einem Fauteuil am Tische saß.
Dieser mochte achtundzwanzig Jahre zählen, seine schöne, kräftige Gestalt ragte über Mittelgröße hinaus, er hatte ein hübsches, offen und freimütig blickendes Gesicht, seine ziemlich scharf ausgeprägten Züge ließen in ihm deutlich den Engländer oder Anglo-Amerikaner erkennen. Sein ganzes Auftreten entbehrte auch nicht der bekannten Eckigkeit, die freilich gemildert wurde durch eine gewisse Schüchternheit, wie auch seine Züge, die — wie bei den jungen Engländern und Anglo-Amerikanern häufig zu treffen, etwas allzu Weiches, Kindliches, ja Weibisches an sich trugen, und seiner ganzen Männlichkeit Eintrag thaten. Sein Aeußeres war gewählt, fast dandyhaft — doch bot er unverkennbar den Typus eines Repräsentanten des Handelsstandes. — Die ihm gegenübersitzende Jungfrau — gleichfalls eine echte Anglo-Amerikanerin — war eine auffallende, svh eben zu voller Weiblichkeit entfaltende Schönheit. Etwa zweiundzwanzig Jahre alt, von Mittelgröße, graziöser, beinahe zarter Erscheinung, drückte sie doch in allem und jedem einen selbständigen, energischen Charakter aus, und, wie beim Durchschnitte der besseren englischen und angloamerikanischen Frauenwelt, schien sie über jenes Maß von Männlichkeit zu verfügen, das den eigentlichen Vertretern des „starken Geschlechtes" sehr oft dort fehlt. Ein Blick auf die Form des Kinnes beider schien das zu bestätigen. Während das Kinn des jungen Mannes von runden, weichen Umrissen war, war das ihre — ohne indes ihrer stolzen Schönheit Einbuße zu thun — stark und
ziemlich eckig — kurz von jener Beschaffenheit, von der man auf große Festigkeit des Charakters und der Willensstärke schließ. Sie war eine lockige Brünette, er ein Blondkopf.
Er ergriff nun w eder das Wort, nachdem er eine Zeitlang schweigend und nachdenklich zu Boden geblickt.
„Danu erkennst also willig," sagte er, wie resigniert und doch noch immer etwas betrübt, „daß du für mich sorgst, und dennoch willst du mich nicht heiraten?"
„Aber Edward," versetzte das Mädchen mit entschiedener Betonung, „ich sehe nicht ein, wie wir es unternehmen können, jetzt zu heiraten, selbst wenn wir — oder wenigstens ich allein — frei und ungebunden wären. Du hast nur 1000 Dollar jährlich Gehalt und — sagen wir etwa 300 — nebenbei. Und 1300 Dollar im Jahr sind nicht viel."
„Warum? Können wir von meinem Gehalt nicht ganz gut leben? Es müßte denn sein, daß du ein großes Haus zu führen und eine Schar Diener zu befehligen wünschtest."
„Das will ich nicht. Du weißt es. Aber wie, wenn du deine Anstellung verlierest?"
Er wurde beinahe unwillig.
„Wenn das keine unnütze Sorge ist. dann weiß ich nicht, was sonst eine solche ist. Es ist dir doch bekannt, daß ich ein Liebling Mr. Morris bin, ebenso weißt du, daß mein Vater sein guter vertrauter Freund ist. Und mein Chef würde eher den alten Peakins, unseren vieljährigen Geschäftsführer entlassen, als mich."