Räumlichkeiten, wie solches in der Reichshauptstadt noch nie zu verzeichnen gewesen ist. Neben den jetzt fertig gestellten und zum Oktober d. beziehbaren Neu­bauten ist durch eine ungewöhnlich große Anzahl von Wohnungskündigungen ein solches Angebot hervor« gerufen worden.

* Berlin, 6. Juli. Prinz Eitel Friedrich ist heute mit vollendetem zehnten Lebensjahre als Sekonde- lieutenant feierlich in das erste Garderegiment ein­gestellt worden. Die Kaiserin sah diesem festlichen Akte von den Fenstern des Stadtschlosses aus zu.

* Aus Berlin, 7. Juli, wird «ns geschrieben: Am nächstenSchwerinstage", Mittwoch den 12. ds., will das Zentrum seinen Antrag auf Wiederzulassung der Jesuiten endlich zur Entscheidung bringen. Die Beratung fällt zwischen die zweite und dritte Lesung der Milttärvorlage, und es fehlt in der Presse nicht an Bemerkungen, daß das Zentrum von der Stellung­nahme der Regierung zu dem Antrag sein Votum für oder gegen die Heeresreform abhängig zu machen ge­denke. Sollte dies der Fall sein, so wird wohl das Zentrum mit Nein stimmen; denn die Regierung rech­net derart zuversichtlich mit der Annahme der Mili­tärvorlage ohne Hilfe des Zentrums, daß Konzessionen an diese Partei nicht in Betracht kommen. Auch hat sich im Bundesrat in Bezug auf die Auffassung der Jesuitenfrage nichts geändert.

* Berlin, 7. Juli. Gutem Vernehmen nach ist die Kaiserreise nach Norwegen endgültig aufgegeben, hingegen für die zweite Julihälfte eine Reise in die Ostsee beabsichtigt, wobei ein Besuch der schwedischen Schären in Aussicht genommen ist.

* Im Reichstag hat sich aus Mitgliedern der beiden konservativen Fraktionen, der Nationalliberalen und den zu Liebermann v. Sonnenberg haltenden Antisemiten einewirtschaftliche Vereinigung" gebildet, zu der man auch das Zentrum hinzuzuziehen hofft.

"Berlin, 8. Juli. Man hofft neuestms auf den Schluß des Reichstags Ende nächster Woche und auf eine Mehrheit von 30 bis 40 Stimmen für die Vorlage.

'Berlin, 8. Juli. Vorbereitungen zu einer Neuwahl für den Reichstag werden, wie in parlamen­tarischen Kreisen verlautet, von der Regierung bereits getroffen für den Fall einer abermaligen Ablehnung der Militärvorlage.

* Berlin, 8. Juli. Wie hiesige Blätter melden, kam dem Bundesrat heute der Nachtragsetat und ein Anleihegesetz zur Durchführung der Militärvorlage zu.

* Aachen. Der Heiratsschwindler Davernotd, der im Juli v. von hier aus seiner Braut mit deren Gcsamtvermögen von 30 000 Mk. durchging und erst vor einigen Monaten in Wien verhaftet wurde, hatte sich am 3. d. wegen dieses Falles vor der hiesigen Strafkammer zu verantworten. Davernold, der das ganze Vermögen seiner Auserkorenen <n der kurzen Zeit durchgebracht hat (er hatte bei seiner Verhaftung nur noch 160 Frank), wurde wegen Betrugs zu 4 Jahr Gefängnis und 5 Jahr Ehrverlust verurteilt.

* Dresden, 6. Juli. Heute abend stürzte ein durch die Baupolizei wegen Baufälligkeit geräumtes vierstöckiges Haus beim Abträgen ein. Vier Arbeiter wurden hiebet getötet und zwei schwer verletzt.

* Bremen, 8. Juli. Aus Manila wird gemeldet, daß der brennend verlassene Dampfer Don Juan dort

eingeschleppt worden ist. Ein Teil der Mannschaft und Passagiere wurde gerettet; 145 Chinesen sind umgekommen.

* Der Biß eines wütenden Menschen hat dem 44jährigen Gastwirt Moesenthin aus Stendal das Leben gekostet. Derselbe entfernte kürzlich aus seinem Lokal einen Cigarrenarbeiter, der in trunkenem Zu­stande allerhand Unfug getrieben. Dabei wurde der Mensch so wütend, daß ihm Schaum vor den Mund trat; er biß den ihn führenden Wirt in den Daumen der rechten Hand. Der Arm schwoll alsbald an, und ärztlicherseits wurde in Anbetracht der hohen Gefahr die Ueberführung des Verletzten nach der königlichen Klinik in Berlin angeordnet. Als Moesenthin dort anlangte, war sein Zustand so bedenklich, daß der Arm amputiert werden mußte. Trotzdem starb der Patient vor einigen Tagen. Die Leiche wurde von der Staatsanwaltschaft zu Stendal behufs Ob­duktion beschlagnahmt.

* Die Vossische Zeitung meldet aus Witebsk: Bei einer Feuersbrunst in Kraslaw find 20 Personen umgekommen; 300 Wohnhäuser wurden eingeäschert. Der Schaden beträgt 5 Millionen Rubel.

Ausländisches.

* Wien, 5. Juli. In Graz bereiteten anläßlich der Relegierung zweier Techniker heute um Mitternacht 200 Studenten dem Rektor eine Katzenmusik, wobei ein Zusammenstoß mit der Polizei erfolgte. Zehn Studenten wurden verhaftet; ein Student ist ver­wundet.

* Paris, 6. Juli. Gestern (Mittwoch) abend mußte Militär den Magentaboulevard räumen, wobei 30 Personen verwundet wurden. In der Schulstraße machten Kürassiere eine Attake; 25 Schwerverwundete. Das Militär wurde mit Revolvern beschoffen. Die Menge tränkte die Pferdebahnwagen mit Petroleum und suchte sie anzuzünden.

* Paris, 7. Juli. Gestern (Donnerstag) wur­den wieder Barrikaden errichtet. Auf die Polizisten, welche die Ruhestörer vertrieben, wurden aus Hotel­fenstern Revolver- und Gewehrschüsse abgefeuert und Eisenstücke geworfen; einige wurden verwundet. Auf dem Boulevard Voltaire wurden Pferdebahnwagen mit Petroleum begossen und angezündet.

* Paris, 7. Juli. Gestern (Donnerstag) abend beschloß eine große Versammlung unter dem Vorsitze von Andrieux im Volkshause nach heftigen Reden dm allgemeinen Ausstand sämtlicher Arbeiter als Antwort auf die Gewaltakte der Regierungspolitik und auf die Schließung der Arbeitsbörse. Die Arbeiter sollen sich am Nationalfest (14. Juli) nicht beteiligen. Der Gemeinderat erließ gleichfalls einen heftigen Protest gegen die Schließung der Arbeitsbörse und gab kund, daß man die Volksrechte selbst mit revolu­tionären Mitteln verteidigen werde.

' Paris, 8. Juli. Der Verwaltungsrat der Suezkanal-Gesellschaft hat Ferdinand Lesseps zum Präsidenten wiedergewählt.

* Paris, 8. Juli. Nach 10 Uhr abends fand gestern eine zahlreiche erregte Menschenansammlung auf dem Place de 1a Republique und in dessen Um­gegend statt. Die Polizei und berittene republikanische Garde machten vielfach Angriffe und nahmen jedesmal

Nicht nur das, an diesem Funde zerschellen auch alle boshaften Verleumdungen, deren jene Frau sich bedient hat, um uns zu trennen."

Und dieser Verleumdungen wegen darfst du keine Nachsicht üben!" erwiderte Friedrich.

Im Prinzip hast du recht, aber könntest du eine Frau, die du vor Jahren geliebt hast, in den Abgrund Hinunterstoßen, in dem sie rettungslos ver­loren ist?"

Ist es deine Schuld, daß dieser Abgrund vor Ihren Füßen liegt? Ist sie nicht mit sehenden Augen auf ihn zugeschritten? Und kann man dir den Vor­wurf machen, daß du sie hinuntergestoßen habest?"

Ich bestreite das alles nicht"

So laß denn die Dinge ihren Gang gehen; der Anteil, den du daran hast, bestand nur in der gewissenhaften Erfüllung deiner Pflichten."

Noch eins, der Zwillingsbruder Griesheims ist bereits vor einem Jahre in Amerika gestorben, eine amtliche Urkunde seines Todes fand man ebenfalls in den hinterlassenen Papieren."

Dann war's kein Kunststück, die Rolle eines Bruders zu spielen," spottete Friedrich,man brauchte ja nicht zu fürchten, daß dieser Bruder plötzlich auf­tauchen und den Betrug enthüllen würde. Ist deine Arbeit wirklich so eilig, daß sie nicht bis zum Nach­mittag liegen bleiben könnte?"

Ich möchte sie gern so bald wie möglich er­ledigen."

Meine Braut erwartet mich in meinem Zimmer."

Dann werde ich sie freilich begrüßen müssen,"

sagte Gustav scherzend;so komm denn, ich bin be­reit, die Pflichten des Freundes zu erfüllen."

Sie gingen hinaus, draußen im Korridor blieb Friedrich an der Treppe stehen.

Ich will doch lieber persönlich mit dem Ober­kellner wegen des Frühstücks sprechen," versetzte er, geh' du voraus, ich komme sogleich nach."

Ohne ein Wort abzuwarten, stieg er rasch die Treppe hinunter. Einigermaßen befremdet setzte Gustav Varnay seinen Weg fort.

Er klopfte an, keine Antwort erfolgte, Md als er nun die Thür öffnete, hielten zwei Arme ihn plötz­lich umschlungen. Er wußte nicht, wie ihm geschah, als er so unerwartet in die tiefblauen Augen der Geliebten blickte und ihre Lippen sich auf die seinigen preßten; er glaubte zu träumen, es war ihm unfaß­bar, daß dieses Glück Wirklichkeit sein sollte.

Vergib, wenn ein Wort in meinen Briefen dicht betrübt hat," sagte sie,ich will dir fortan ver­trauen und nichts soll dieses Vertrauen erschüttern können."

Er hielt ihre beiden Hände in den seinigen und sah ihr tief in die Augen.

Konntest du denn wirklich an mir zweifeln?" fragte er.

Nein, aber du hattest mir deine frühere Ver­lobung verschwiegen und dann die Behauptungen jener Frau ich weiß nicht, wie ich mich rechtfer­tigen soll, aber ich meine, ohne Eifersucht gäbe es keine Liebe. Ich hatte auf die -Verfolgung der Betrüger verzichtet. Du aber wolltest davon nichts

Verhaftungen vor. Einige Droschken wurden umge­worfen, ein Kiosk angezündet. Arbeiter unterstützten die Polizei bei Verhaftung der Wagen umwerfenden Individuen.

* Marseille, 7. Juli. Der hiesige Gesundheits­zustand hat sich in den letzten Tagen verschlimmert; bei stark vermehrter Gesamtsterbeziffer sind sowohl die Erkrankungen als die Todesfälle an Cholera hef­tiger und häufiger geworden. Gleichwohl kann man nicht von einer Epidemie reden.

' Washington, 8. Juli. Nach einer Reuter- meldung nahm das Schatzamt die Silberankäufe wieder auf und kaufte 100000 Unzen zu 72 Dollars. Angeboten wurden 278 000 Unzen. Das Schatzamt nimmt an, daß der Silberpreis am Montag an der Londoner Börse infolge Ntchtankaufs der gesamten Menge sich noch niedriger stellen werde.

* Ein Gemütsmensch scheint, derNat. Ztg." zufolge der in der letzten Zeit vielgenannte Präsident der Dominikanischen Republik (St. Domingo) zu sein. Gen. Heureaux, so heißt dieser Musterprästdent, arg­wöhnte, daß sein Schwager seiner Politik feindlich gegenüberstehe; er lud ihn daher eines Tages unter vielen Freundschastsbezeugungen zum Frühstück ein und richtete kurz vor Beginn desselben folgende liebens­würdige Worteanihn: und trink, lieber Schwager, so viel Du willst, denn nach dem Frühstück lasse ich Dich niederschießen, aber sei nur ganz unbesorgt, ich werde für Dein Weib und Deine Kinder sorgen!" Der Gast des Präsidenten lachte natürlich über den gelungenen Scherz" und ließ sich das Essen gut schmeckeri. Heureaux hielt aber Wort, und nach dem Frühstück wurde sein Schwager in der That erschossen. Im April begab sich der Präsident nach Manzanillo, einem Hafenplatze im mexikanischen Staate Colima, wo er an Bord seines KriegsschiffsDer Präsident" eine Zusammenkunft mit dem Präsidenten der Republik Haiti haben sollte. Bevor er St. Domingo verließ, ließ er seinen Mitbewerber um die Präsidentschaft, den General Marchena, an Bord seines Schiffes schaffen und in den Ballastraum schleppen; hier kettete er ihn eigenhändig an und führte ihn während eines ganzen Monats als Gefangener mit sich herum. Das ist entschieden eine ganz neue Methode, politische Geg­ner unschädlich zu machen.

Handel «nd Berkehr.

* Sulz a. N., 6. Juli. (Viehmarkt.) Der gestrige Viehmarkt war sehr stark befahren. Es wurde aber auch selten so lebhaft gehandelt wie heute. Die an­wesenden Händler kauften das in Menge von der Umgebung Sulz zugeführte Vieh, deren Besitzer um jeden Preis abzusetzen wünschten, rasch auf. Obwohl zu den niedersten Preisen abgesetzt worden ist, wurde der lebhafte Handel doch mit Freuden begrüßt. Es galten schwere Ochsen bis höchstens 700 Mk., Stiere von 200450 Mk. das Paar, fette Kalbeln höchstens IM Mk., dagegen weniger fette auch blos 6080 Mk., Kühe von 2580 Mk. das Stück; Schmalvieh erzielte die denkbar niedersten Preise: Volljährige Tiere von 1530 Mk., Jährlinge 3550 Mk. So haben die Viehpreise sich zwar behauptet, sind aber fast großenteils um die Hälfte gVunken,

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Mensteig.

wissen; ich bat dich, die Reise zu unterlassen, du unternahmst sie dennoch. Ich glaubte daraus schlie­ßen zu müssen, daß weine Wünsche keinen Wert für dich hatten."

Lächelnd wiegte Gustav das Haupt, noch einmal zog er die Geliebte an sich und wieder umschlangen ihn ihre Arme.

Ich gedachte meiner Pflicht," sagte er;ich mußte sie erfüllen, mein Gewissen forderte es, und so schmerzlich es mir auch war, sah ich mich dennoch gezwungen, dir die Erfüllung dieses Wunsches zu verweigern."

Wie die Dinge jetzt hier liegen, wirst du wissen", fuhr Gustav fort,und was du noch nicht weißt, ist rasch erzählt. Griesheim ist damals nicht gestorben, man hat das Grab geöffnet und in dem Sarge nur eine mit Sand gefüllte Puppe gefunden. Es ist ferner durch amtliche Urkunde bewiesen, daß der Bru­der Griesheims schon vor einem Jahre drüben ge­storben ist, also war die zweite Trauung ebenfalls eine ruchlose Komödie, und somit ist das Schicksal der Frau Griesheim besiegelt. Sodann hat man deine sämtlichen Wertpapiere im Nachlaß Griesheims vor- gefundeu; sie sind in den Händen des Gerichts und ich habe in deinem Namen Arrest darauf gelegt."

Der Verlust dieses Vermögens würde mir jetzt keinen Seufzer mehr entlocken," erwiderte Paula, ge­dankenvoll vor sich hinschauend,derjenige, der mich darum betrog, ist tot, und seine Frau soll nun dafür büßen!"

(Schluß folgt.)