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1893.

Gestorben: Karl Oppenländer, Schaffner, Freudenstadt; Bierbrauerbesitzcr Bräuchle, Metzingen; Kunstmaler Schaumann, Stuttgart; August Scheurlen, Stuttgarts

D Deutschland und der Silbersturz.

Am Golde hängt, nach Golde drängt doch alles!" fingt schon Gretchen imFaust" und man könnte das auch auf die Finanzpolitik der Neuzeit übertragen, die das mehrtausendjährige Reich des Silbergeldes zu Grunde gehen läßt, um der Goldwährung allgemeine Anerkennung zu verschaffen.

Für denkleinen Mann" ist die Währungsfrage ein Buch mit sieben Siegeln. Ob er ein Zehnmark­stück, 10 einzelne Markstücke oder 2 Fünfmarkscheine sein eigen nennt er besitzt zehn Mark. Für den Welthandel und den Verkehr im großen gestaltet sich die Sache indessen in ganz anderer Weise und für den Einsichtigen, der den Gang der Dinge aufmerk­sam verfolgt, war die jetzt eingetretene Silberkrists ein Ereignis, das nicht überraschend gekommen ist, wenngleich ein äußerlicher Anlaß sein Eintreten be­schleunigte. Die indische Regierung hat nämlich vor wenigen Wochen die bis dahin freigegebene Auspräg­ung des Silbers für private Rechnung verboten. Und das war notwendig, wenn Indien, das reichste Land der Welt, nicht dem finanziellen Ruin entgegengeführt werden sollte.

Sehen wir erst einmal zu, wodurch das Silber in neuerer Zeit so bedeutend an Wert verloren hat. Zunächst dadurch, daß mehrere Welthandelsmächte die Goldwährung einführten, wodurch eine stärkere Nach­frage nach Gold entstand, Silber aber dem Verkehr entzogen wurde. Sodann nahm auch die Silberge- wtnnung einen gewaltigen Umfang an (in den letzten sieben Jahren stieg dieselbe jährlich von 2V§, auf 4 V» Million Kilogramm jährlich); es kam also weit mehr Silber aus den Weltmarkt, als dieser aufnehmen mochte. Diese Produktionsvermehrung hatte aber ihren Grund in der Verbesserung der Technik; das Silber wird fast niemals in gediegenem Zustande gefunden; eS muß immer erstgewonnen" werden und darin hat die Technik gewaltige Fortschritte gemacht, denen die erwähnte Mehrerzeugung zu danken ist.

Anders verhält es sich mit dem Golde. Werden neue Goldgruben aufgefunden, so steigt natürlich auch die Goldproduktion und der Goldwert finkt. Das dauert aber nur so lange, bis die höher gelegenen Goldadern erschöpft sind. Dann tritt wieder der regelmäßige und für Goldbergwerke besonders charak­teristische, äußerst langsame Abbau in sein Recht.

Deutschland, das Goldwährung hat, wird von der gegenwärtigen Silberkrtsis so gut wie gar nicht berührt. Die Lage aber auch jetzt durchaus un­geeignet, eine Aenderung unseres Währungssystems vorzunehmen.

Zur Zeit kostet die Standard-Unze Silber in London etwa 34 Pence. Vor einigen Tagen war sie bereits auf 30 Pence herabgesunken. Sie kann und wird wahrscheinlich künftig ebenso tief oder noch tiefer finken. Dieser Preisstand des Silbers bedeutet, daß der thatsächliche Wert unserer silbernen Reichsmark etwa 50 Pfennige Gold beträgt. Unsere Silbermark gilt eben eine Mark Gold nur deshalb, weil unser Staat verpflichtet und jederzeit in der Lage ist, die Silbermark in Gold vollwertig einzulösen, d. h. weil wir eben Goldwährung haben. Führen wir die Silber­währung wenn auch nur in der abgeschwächtrn Form der Doppelwährung ein, so hätten wir nur noch die Silbermar! als gesetzliches Zahlungsmittel. Dann müßte, alle übrigen Verhältnisse gletchgesetzt, die Va­luta gegenüber den Waren, den Immobilien und den Arbeitslöhnen im Preise allmählich um die Hälfte sinken. Es würden sich also die Arbeitslöhne ver­doppeln. Doch hätten die Arbeiter nichts davon, da sich auch die Preise der Nahrungsmittel und Ver- brauchsgegenßäude verdoppeln würden.

Die Aussichten für eine Aenderung unseres Wäh­rungssystems sind zur Zeit geringe, selbst der frei­konservative Abg. Dr. Arendt hat erklärt, daß jetzt eine Aenderung desselben gänzlich aussichtslos sei.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 7. Juli. Am Bundesratstifche: Graf v. Coprivi, v. Kaltenborn, v. Bötticher, v. Mmschall, v. Maltzahn, Hollmann, v. Berlepsch, Graf Hohenthal, Graf Lerchenfeld, Ritter vom Haag. Die Tribünen sind überfüllt. Ohne Debatte genehmigt das Haus die schleunigen Anträge: 1) der Abg. Anker und Ge­nossen wegen Einstellung des Strafverfahrens gegen den Abg. Müller-Sagan, und 2) der Abg. Auer und Genossen wegen Einstellung der Strafverfahren gegen die Abg. Schmidt-Frankfurt, Schultze-Königsberg, Bueb und Metzger-Hamburg. Darauf folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfes betreffend die Friedens­präsenzstärke des Deutschen Heeres. Reichskanzler Graf Caprivi hebt in der Begründung derselben hervor, daß die Regierung in ihren Ansprüchen auf den Umfang des Antrags Huene zurückgegangen sei, um der wirtschaftlichen Lage und der allgemeinen Lage die gebührende Rücksicht angedeihen zu lassen. Auch wolle sie die Debatte beschränken, die im Aus­lande die Annahme erwecken mußte, als ob im Reiche nicht mehr der Sinn vorhanden sei, der Alles an die Sicherheit, Ehre und Zukunft Deutschlands setzt. (Un­ruhe links.) Die neue Vorlage verzichtet, so fährt der Reichskanzler Graf Caprivi fort, auf ungefähr 1 Sechstel der früheren und glaubt auch so, das Ge­wicht der militärischen Kraft in die Wagschale werfen zu können und zu erreichen, was nötig ist. Die ver­bündeten Regierungen könnten nicht länger warten, ohne das Reichsinteresse zu schädigen. Der Ruf Deutsch­lands sei ohnehin im Auslande nicht gewachsen. Was nun die zweijährige Dienstzeit anbelange, so lege sie die neue Vorlage bestimmt auf 5 Jahre fest. Dies habe vorerst einen rein theoretischen Wert. Bewähre sie sich, so werde keine Regierung den Versuch machen, sie wieder abzulehnen, wie aber auch keine Volksver­tretung sie im gegenteiligen Falle mehr bewilligen werde. Für so vaterlandslos halte er keine Fraktion. (Sehr richtig.) Der Reichskanzler wendet sich nun zu der Deckungsfrage und teilt mit: die Reichsregierung habe eine Reihe von neuen Steuergesuchen vordereitei. Vor Allem beabsichtige man, die Börsensteuer heran- zuztehen und ertragsfälliger zu machen; ferner wird beabsichtigt, die Lasten den leistungsfähigsten Schultern aufzuerlegen (Beifall) und die schwächer« zu schonen nnd endlich wird beabsichtigt, die wirtschaftlichen In­teressen der landwirtschaftlichen Gewerbebetriebe zu schonen. (Beifall rechts. Rufe links:Natürlich, das gefällt Ihnen.") Bei der verwickelten Materie und der Schwierigkeit derselben sei es der Regierung noch nicht möglich, bestimmte Vorlagen zu machen. Andrer­seits könne sie aber auch mit der Milttärvorlage nicht bis dahin warten. Wenn wir nicht bald zu Ende kommen, verlieren wir den ersten Jahrgang, d. h. 50000 Rekruten. Die Kadres werden nach Annahme der Vorlage sofort gebildet. Schon in 14 Tagen würde unsere Wehrkraft erheblich verstärkt sein. Außer­dem ist eine schnelle Erledigung der Vorlage auch des­halb nötig, weil durch die über ihr Schicksal herr­schende Unsicherheit dem deutschen Erwerbsleben schon mehr Millionen Verluste erwachsen sind, als auf 1 Jahr für die Militärvorlage gefordert würde. (Unruhe und Widerspruch.) Der Reichskanzler gab zum Schluß seiner Ausführungen der Hoffnung Ausdruck, daß der Reichstag der Vorlage seine Zustimmung geben werde. (Beifall.) Payer (südd. Volksp.): Bet der Reichs­tagswahl haben die Hauptgegner der Militärvorlage und die Vertreter der einseitigsten Jnterefsenpolitik, die Sozialdemokraten, die besten Geschäfte gemacht. Das wird der Regierung die Frage nahe legen, ob die Reichstagsauflösung eine kluge politische That

war. Die Annahme der Milttärvorlage sei noch nicht gesichert. Viele Abgeordnete hätten ihren Wählern bindende Erklärungen bezüglich gesetzlicher Festlegung der zweijährigen Dienstzeit und der Deckungsfrage ge­macht. Wenn auch der Reichskanzler bezüglich der zweijährigen Dienstpflicht persönliche Versprechungen gemacht habe, so genügen dieselben nicht. Der Mensch ist sterblich. Wenn wir jetzt noch die Mittel bewilligen, so geben wir der Regierung einen Blankowechsel. Wenn der Reichskanzler sagte, daß wir noch 90000 bis 100000 Mann mehr haben, als nötig, so liegt darin eine große Versuchung für die Militärverwaltung. Man sagt jetzt, wir haben in Preußen einen Finanz­minister, einen Mann, der ein Liebling der Götter ist, aber leider ist er auch Agrarier. Wenn es mit der Erschließung neuer Steuerquellen der Reichsregierung nur nicht geht, wie mit dem artesischen Brunnen in Schneidemühl. Er spricht schließlich gegen die Be­ratung der Vorlage in einer Kommission. Frhr. v. Manteuffel (kons.): Payer's Ausführungen seien der Ausdruck der Angst vor der Annahme der Militär­vorlage. Seine Fraktion hätte es lieber gesehen, wenn die Regierung statt der Annahme des Antrags Huene ihre Vorlage aufrecht erhalten hätte. Die Be­denken gegen die zweijährige Dienstzeit seien auch jetzt noch nicht verschwunden. Trotzdem stimmen sie für den Antrag Huene, weil ihnen die Sicherheit des deutschen Vaterlandes und der Friede höher steht und sie cin starkes vaterländisches Gefühl besitzen. Was den Blankowechsel für die Regierung betreffe, so könne derselbe allerdings ein Ausdruck des Vertrauens für die Regierung sein. Aber wir wollen den nicht so ohne Weiteres geben. (Hört! Hört!) Die Wähler würden das auch nicht verstehen. Seine Partei sei unabhängig von der Regierung. (Ruf: Beweise!) Ja, das werden wir beweisen und vielleicht sehr bald. Caprivi's Erklärung über die Deckungsfrage sei er­freulich. Auch begrüßen sie die enge Fühlung mit dem preußischen Finanzminister und hoffen, daß Miquel auch hier die Militärvorlage vertreten werde. Wir nehmen die Vorlage an trotz unserer Bedenken im Interesse des Vaterlandes und des europäischen Friedens. Abg. Liebknecht (soz.) sieht in den Militärlasten eine Schraube ohne Ende. Auf unsere Militärvorlage folgt eine französische, dann wieder eine deutsche, das Machtverhältnis bleibt dabei immer das gleiche. Richtiger wäre es, unsere finanzielle Kraft nicht zu schwächen. Man sagt nun, die Vorlage solle uns den Frieden sichern. Diesen Zweck wird sie nicht erreichen. So lange es eine kapitalistische Wirtschaft gibt, wird es auch nicht gelingen, den Krieg aus der Welt zu schaffen. Den Frieden zu sichern gibt es nur einen Weg, das ist die Abrüstung. Die Sozialdemokraten werden gegen die Vorlage stimmen, die nur zur Be­förderung des Maffenmenschenmordes beitragen würde. Abg. v. Stumm (Reichsp.) hält aus militärischen, politischen und wirtschaftlichen Gründen die Vorlage für notwendig und hegt nur den Wunsch, daß die Landwirtschaft von neuen Steuern thunlichst freige­lassen werde.

LarrdeSaachrichteu.

* Alten steig, 10. Juli. Das Wasserleitungs- Projekt, welches seit einiger Zeit zu ruhen schien, ist auf's neue aufgetaucht und verspricht diesmal eine greifbarere Gestalt anzunehmen. Letzten Freitag war Hr. Wafserbautechniker Eh mann von Stuttgart hier und untersuchte in Begleitung unseres Hrn. Stadt­vorstands und des Hrn. Stadtbaumeisters die Quelle im Schnaitbach (oberhalb der Hochdorfer Sägmühle) in Bezug auf ihre Ergiebigkeit und auf die Möglich­keit hin, ob sie mit natürlichem Gefäll in die obere Stadt geleitet werden kann. Wie wir vernehmen, war der Befund in beiden Punkten ein günstiger, weshalb man der Ausführung näher treten will. Obwohl die projektierte Anlage einen bedeutenden