* Frankfurt a. M., 21. Juni. In der gest­rigen nat.-lib. Wählerversammlung erklärte der bekannte Katholikenführer vr. Steinle, jetnerzeit Führer und Sprecher der kath. Rompilger, er habe durch 20 Jahre hier als Führer der Zentrumspartet gegolten, jetzt aber solle man nicht länger mit seinem Namen hau- firen denn in dem jetzigen Kampfe, bei den roten Unterströmungen in allen Parteien, auch im Zent­rum, «nd bet dem Kriege gegen die Sozialdemokraten könne ein guter Katholik nicht anders als für die Re­gierung stimmen. Für den Sozialdemokraten stimmen wäre ein Verbrechen an der Religion und Monarchie, den einzigen Rettungsmitteln.

* Bei der Reichstagswahl sind im Reichslande 233137 Stimmen abgegeben worden. Davon waren 113521protestlerisch-klerikal, 46011 sozialdemokratisch, 73,605 deutsch. Hinter den Sozialdemokraten stehen bekanntlich viele Protestler.

* Teilt man die bereits gewählten Abgeordneten in Gegner und Freunde der Militärvorlage, so er­geben sich einstweilen 115 gegen, 95 für das Projekt. In den Stichwahlen stehen 173 Gegner und 193 Freunde der Vorlage, lieber den Ausfall der Stich­wahlen aber !affen sich keine Vermutungen anstellen, Ueberraschungen sind dabei ebenso wenig ausgeschlossen, wie bei der Hauptwahl. Bemerkenswert ist, daß die Welfen keinen ihrer Kandidaten durchgebracht haben, während die Polen schon 13 Mandate besitzen und noch llmal in Stichwahl kommen. In einem Wahlkreise der Provinz Posen wo sonst bei jeder Hauptwahl zwei bis drei Deutsche gewählt worden waren hat diesmal ein deutscher Kandidat gesiegt.

* Koblenz, 20. Juni. In der verflossenen Nacht ist im benachbarten Dorfe Wallersheim ein Raubmord an der alleinstehenden Witwe des Gastwirtes Müller verübt worden und zwar unter denselben Umständen, wie in der Neujahrsnacht im Dorfe Hüls. Der Thäter ist unbekannt.

Ausländisches.

* Wien, 21. Juni. Heute fand die Vermählung des Erbgroßherzogs von Luxemburg mit der Prin­zessin von Braganza in Schloß Fieschhoru bei Zell am See statt. In den Ehepakten wurde festgesetzt, daß die etwaigen Nachkommen in der katholischen Religion erzogen werden sollen.

* Paris. Die Kammer lehnte mit 323 gegen 214 Stimmen den von der Regierung bekämpften Antrag auf teilweise Erneuerung der Kammer ab. Dabei kam es zu einem großen Skandal, indem die Abg. Deroulede und Mtllevoye den Abg. Clemenceau fortwährend beim Reden unterbrachen, ihn der Mit­schuld am Panamaprozeß bezichtigten und ihn einen Erpresser und Feigling, sowie einen Menschen nann­ten, auf dem die Verachtung des ganzen Landes ruhe. Clemenceau sandte Beiden seine Zeugen. Beide jedoch lehnten es ab, sich mit Clemenceau zu schlagen.

* Paris, 21. Juni. Der Deputierte Millevoye, welcher vormittags mit dem Minister des Auswärtigen Develle, konferierte, erklärte in den Wandelgängen der Kammer vor zahlreichen Deputierten und Jour­nalisten, er sei im Besitze von Staatsgeheimnissen, welche zahlreiche Personen in Mitleidenschaft ziehen

könnten; er sei jedoch entschlossen, im Einvernehmen mit der Regierung vorzugehen und nur dasjenige auf der Tribüne vorzubringen, was daselbst vorgebracht werden könne. Er würde eventuell auf seine Inter­pellation verzichten; falls jedoch Clemenceau Erklär­ungen verlange, würde er sie geben. Nach einer anderen Version, hätte Millevoye hinzugefügt, er klage Clemenceau an, ein Pensionär der englischen Botschaft zu sein.

* Paris, 21. Juni. Der Letter derCocarde", Ducret, erklärt in seinem Blatte folgendes: Wir haben durch die Mittel, oie wir, wenn nötig, vor einem Schwurgericht oder einem Untersuchungsausschuß angeben werden, aus einem Schranke der englischen Botschaft in Paris außerordentlich wichtige diplo­matische Schriftstücke gestohlen. Aus ihnen ergiebt sich, daß der französischen Negierung sehr bedeutsame Akten entwendet, abgeschrieben und der englischen Regierung ausgeliefert wurden durch einen französischen Politiker, der von England Geld erhielt. In den entwendeten Papieren befinden sich sehr viele andere äußerst schmerzliche Dinge.

* Paris, 21. Juni. Aus Dijon meldet man demTemps": Sechs deutsche Soldaten in Uniform, darunter ein Unteroffizier und ein Sergeant find heute nacht mit dem Zug angekommen. Sie gaben an, daß sie desertiert seien wegen Mißhandlung seitens ihrer Offiziere. Sie ließen sich für die Fremdenlegion anwerben und wurden sofort nach Marseille befördert. (Die Franzosen können für Tonkin und Dahomey immer solche Gimpel brauchen).

* Paris, 21. Juni. Der Erfinder des Melinit, Turpin, hat wieder eine Erfindung gemacht. Er erklärt in derAutorite", sein neues Kriegsgeschütz werde eine von mehreren Armeekorps besetzteEbene inner­halb weniger Minuten wie durch einen Windstoß reinfcgen. Wenige Ladungen genügten dazu. Fe­stungen und Kriegsschiffe würden durch eine einzige Ladung in Trümmer verwandelt. Zur Ausrüstung der gesamten Armee Frankreichs mit der neuen Waffe bedürfe man nur einen Monat.

* Verdun. Inmitten des Doubs, etwas unter­halb St. Ursanne, ist jetzt infolge der langen Trocken­heit ein Felsblock zu sehen, auf dem die Worte etn- gemeißelt sind:Wenn ihr mich Wiedersehen werdet, werdet ihr weinen." Man nimmt an, daß seit zwei­hundert Jahren niemals eine Trockenheit eingetreteu sei, wie gegenwärtig.

* An der Cholera sind am 17. d. in Cette 3 Per­sonen, in Montpellier am Sonntag zwei Personen ge­storben. Die Auftritte, die sich bei dem letzten Auf­treten der Cholera in Nußland zutrugen, wiederholen sich in geringerem Maßstabe in Frankreich. Im Gard-Departement, wo mehrere Seuchefälle bemerkt worden sind, widersetzen sich die Bauern den hygienischen Maßregeln, die von der Behörde angemeldet werten. Sie empfangen die Aerzte mit Steinwürfen und be­schuldigen sie der Quellenvergiftung.

* Amsterdam, 21. Juni. Der Justizminister ordnete angesichts der Furcht vor ansteckenden Krank­heiten und der zunehmenden Zahl russischer Ein­wanderer und Auswanderer über die holländische Grenze an, nur solche Personen passieren zu lassen, welche mit Ueberfahrtbillets nach Amerika von der

holländisch amerikanischen Dampfschiffahrtsgesellschaft versehen und im Besitze hinreichender Mittel sind, um den Unterhalt während des kurzen Aufenthalts in Holland bestreiten zu können. Dem Minister ist ge­meldet, daß in den nächsten Wochen noch 50000 Auswanderer an der holländischen Grenze eintreffen.

* Petersburg, 22. Juni. Die Oberpreßbehörde untersagte den Zeitungen alle verletzenden Ausfüh­rungen gegen Deutschland bet Besprechung des mit Frankreich abgeschlossenen Zollvertrags.

* Wie man aus Petersburg meldet, wird im Justizministerium eine Kommission eingesetzt, der die Ausgabe der rascheren Durchführung der Kolonissierung der westlichen Provinzen des Reichs mit Ansiedlern aus dem Innern anvertraut werden soll. Die Kom­misston wird hierbei in erster Linie auf Littauen Bedacht zu nehmen haben.

* Madrid, 21. Juni. Eine vor dem Hause von Canovas del Casttllo gelegte Bombe explodierte, tötete den Attentäter und verwundete dessen Com- plieen, welcher verhaftet wurde. Im Hause wurde kein Schaden angerichtet.

* Madrid, 21. Juni. Die Untersuchung über das gestrige Attentat im Garten Canovas ergab, daß der Letter des Anarchistenblattes Ernesto Alvarcz der Verbrecher ist. In den Taschen des Getöteten wurden Briefe von Anarchisten aus Barcelona gefunden, welche Alvarez zu Attentaten gegen die Sicherheit Madrids auffordern. Der Explostonskörper, welchen Alvarez in der Hand hielt, platzte unvermutet, tötete Alvarez sofort und verwundete seine Mitthäter schwer.

Handel «nd Berkehr.

* Ktrchheim u. T., 21. Juni. (1. Wollmarkt- tag.) Zufuhr andauernd. Gelagert zirka 7000 Ztr. Wenige Käufe zu 108118 Mk., feine Wolle 170 Mk.

* Ktrchhetm u. T., 22. Juni, 9 Uhr. (Zweiter WollMarkttag.) Gelagert ca. 6500 Ztr. Vs ver­kauft. Bastard 108-118 Mk., fein 120121 Mk. hochfein 170 Mk.

Oeffentlicher Tprechsaal.

Einsender erlaubt sich die Anfrage an die bürgerl. Kollegien zu richten, ob es nicht angezeigt wäre, ein Opfer für die kleineren Grundbesitzer zu bringen, in dem Sinn wie im Tannenblatt Nr. 72 von Straß­burg berichtet wurde. Es ist dringend notwendig, daß auch hier Geld zu 2°/g ausgeliehen wird, um der größten Futternot für das hungernde Vieh zu steuern, daß es nicht vollends massenhaft geschlachtet, oder um Schleuderpreise verkauft werden muß, und damit der Viehbesttzer nicht ganz dem Juden in die Hände fällt. Wie wird es erst auf das Frühjahr gehen, wenu der Viehstand auch nur notdürftig wieder er­setzt werden soll, da muß mancher 15 bis 30°/o dem Händler bezahlen, oder ganz Leibeigener des Händlers werden. Ist doch erwiesen, daß dieser Tage auf dem Markt in Pfalzgrasenwetler ein Händler einer Wit­frau drohte, wenn ste ihm ihre Kuh nicht abgebe selbstverständlich zu einem Spottpreis so gehe es an ihr Hänsle. Darum sollte man jetzt schnell ein- gretfen, es ist ja Gelegenheit genug geboten, um Heu und Kraftfutter zu bekommen, aber es fehlt an Hilfe und an Geld.

Verantwortlicher Redakteur: W. Ricker, Altensteig.

Tpielberg.

Danksagung.

Wir fühlen uns gedrungen allen denjenigen, welche sich so teilnahmsvoll bet dem Leichenbegängnis unserer lieben Mutter und Schwiegermutter

Rößleswirts Witwe

gezeigt haben, besonders Hrn. Pfarrer Heinrich für seine trostreichen Worte am Grabe, sowie dem verehrlichen Lieder­kranz hier für seinen erhebenden Gesang unfern tief­gefühltesten Dank auszusprechen.

Im Namen der Trauernden:

K. Wueff.

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finden bei hohem Lohn im

Akkord oder Hcrgl'ohn

Beschäftigung im I. Loos des oberen Nagoldtyal Straßenbaues. Rindelteich bet Erzgrube, 17. Juni 1893.

Banunternehmer.

I MI» WMlM^MW «UM Küste«,Keiserkeit, Aerschkeirrmug ^ M.M^LUM.RvLL «LIL s. V. und glauben, daß diese Uebel

wie sie gekommen, von selbst wieder vergehen. Doch hat mancher dieses Abwarten mit einer nachher unheilbaren Krankheit und Siechtum bezahlen müssen. Ein ein­faches Mittel, Sak«s-Wo»vo»s genannt, zur rechten Zeit angewendet, bewahrt vor solchen schweren Leiden und sollte es Niemand versäumen, der an hartnäckigem Katarrh leidet, diese unschädlichen diättschen Bonbons anzuwenden. Zu haben in Packeten L 25 Pf. und 50 Pf., sowie in Schachteln L Mk. 1. in Altenfteia bei M. Naschold, Conditor.

Landwirtschaftlicher Mezirks-Dercin

Wagold.

Der Verein bestellte außer Heu und Mais noch 2 Waggons getrocknete Biertreber von Louis Steinharter in München, per Ctr. zu 5 80 lieferbar

von jetzt ab bis nächsten Winter. Malzkeime sind nirgends mehr erhältlich, da­gegen ist der Verein noch im Besitz von billigen Oelkuchenofferten und zwar von Mohnkuchen zu 4 75 L, Sesamkuchen zu 6 Erdnußkuchen zu 7 50

Leinkuchen zu 8 50 ^ per Zentner.

Bestellungen auf genannte Futtermittel sind zu richten an den Vereinssekretär «nd an den Vereinskassier.

Bemerkt wird, daß obige Preise noch normalen Verhältnissen entsprechen und bei der herrschenden Futteraot täglich mehr una mehr in die Höhe schnellen, weshalb für spätere Bestellungen voraussichtlich höhere Preise bezahlt werden müssen.

Den 23. Juni 1893.

Vereinsvorstand.

In Vertretung: Walkraff.