* (Verschiedenes.) In Neckarthail- fingen war der Sohn des Fuhrmanns Meier mit der Abfuhr von Mühlsteinen aus dem Bernhard'schen Steinbruch beschäftigt. Auf der steilen, engen Steige bei Neuenrieth kam er unter einen vom Wagen fallen­den Stein, der ihn sofort tötete. Eine freudige Ueberraschung erfuhr in Wangen ein Reisender aus einer für ihn postlagernden Briefschaft, nämlich daß er in der Freiburger Lotterie 10000 Mk. ge­wonnen habe. Sofortige telegraphische Anfrage be­stätigte die Richtigkeit. JnRiedltngen herrscht unter den Kindern wieder ziemlich stark die Diph- theritis. Leider fordert die böse Seuche manches teure Opfer. So wurde Hrn. Stadtschultheiß Mayer ein 5jähriger, blühender Knabe durch den Tod ent­rissen, obwohl vorher noch der letzte Versuch der Lebenserhaltung, der Luftröhrenschnitt, gemacht wor­den war. Am Dienstag nachmittag wurde bei einem Bauern in Frankenweiler eingebrochen und ca. 500 Mk. an Geld und sonstige Wertsachen gestohlen. Am Mittwoch früh wurde inGmünd ein Branntweinhändler tot in der Rems aufgefunden. Wahrscheinlich ist derselbe durch irgend einen unglück­lichen Zufall in das Master geraten und konnte sich nicht mehr herausarbeiten. In Kümmeraz- hofen hat sich ein älterer Mann und Familien­vater in seinem Bett, von welchem aus er über sich einen Strick zu befestigen wußte, erhängt, und am folgenden Tag erhängte sich in Redisweiler bei Schwarzach ein lediger, erst 29 Jahre alter Mann. Bei beiden Selbstmördern ist die Ursache zu der un­seligen That bis jetzt unbekannt. In Giengen brach am Dienstag ein Schadenfeuer aus, das sich so schnell verbreitete, daß in kurzer Zeit 5 Wohn­häuser in Flammen standen und auch vollständig niederbrannten.

* Germersheim, 13. Juni. Ein Arbeiter Reiß, der wegen eines geringen Vergehens verhaftet wegen sollte, tötete den Gendarmen Schoch durch einen Schuß in den Kopf.

* Von der bayerischen Grenze, 14. Juni. Bei einem Brande in der Aichelesmühle (Säge) in Stein bei Jmmenstadt sind vier junge Menschenleben in den Flammen umgekommen, die vier Kinder des Pächters Lingenhöf, im Alter von 14, 16, 19 und 21 Jahren. Der Vater, der noch einen Versuch machte, sie zu retten, mußte zurückkehren, da er selbst in größter Lebensgefahr war.

* (Durstige Kehlen.) Während der fünf Tage der landwirtschaftlichen Ausstellung in München war der Andrang im k. Hofbräuhause ein riesiger. Es wurden in dieser Zeit über 650 Hektoliter Bier ver­zapft.

* Berlin, 12. Juni. August Sternberg, Direk­tor der Weimarschen Bank, bekannt durch viele frühere Gründungen, ist flüchtig. Gegen ihn wurde ein Steckbrief wegen eines Sittlichkeits-Verbrechens er­lassen.

* Berlin, 15. Juni. DemVorwärts" zufolge erfolgte die Verhaftung des sozialdemokratischen Retchs- tagskandidaten Kunert in Halle wegen Diebstahls.

Ausländisches.

* Wien, 15. Juni. In der österreichischen Dele­gation führte Kalnocky über das Verhältnis zu Ruß­land folgendes aus: Oesterreich-Ungarn habe bei seinen langsamen Rüstungen stets die Finanzlage im Auge; allein die Einstellung der Rüstungen hänge nicht von Oesterreich-Ungarn ab. Bezüglich Rußlands liegen keine Thatsachen vor, welche eine Wendung oder Schwenkung bedeuten könnten. Das Vorhanden­sein ungelöster Einzelfragen verhindere keineswegs den Bestand guter, ja sehr guter Beziehungen zwischen den Kabinetten. Die allgemeine Lage begründe kein Bedürfnis über die äußere Politik zu debattieren.

' DieVossische Ztg." meldet aus Pest:Pestt Naplo" berichtet angeblich aus verläßlicher Quelle, König Humbert werde gleichzeitig mit dem Kaiser Wilhelm bei den Herbstmanövern in Ungarn der Gast des Kaisers Franz Joseph sein.

* (Adlerhorst.) Unlängst gelang cs dem kühnen Schweizer Jäger Johannes Tresch von Gurtnellen, in einer hohen Fluh einem Steinadlerhorst beizukommen. Nachdem das Weibchen, von einer wohlgezielten Kugel getroffen, in den Abgrund gefallen, verzichtete das Männchen auf den Kampf und überließ die beiden Jungen ihrem Schicksal. Das eine derselben kollerte ebenfalls in die Tiefe, das andere aber konnte im Horst lebend heruniergebracht werden und wurde in Altdorfgesund und gefräßig" vorgewiesen. Die Mutter und das andere Junge wurden erst nach drei Tagen aufgefunden. Im Horst befanden sich nebst verschiedenen Speiseresten zwei große Murmeltiere, ein Laubhuhn und ein Helmli.

* Paris, 13. Juni. Großen Lärm erregt die Entdeckung einer Betrügerei in großem Maßstabe, deren sich eines der größten französischen Transport­geschäfte schuldig gemacht haben soll. Das Haus Flageollet und Ko. hat seinen Sitz in Boulogne, aber es besitzt bedeutende Kontors in Paris, London u. s. w. Es wird angeklagt, durch falsche Er­klärungen bei der Verzollung seiner Sendungen die Zollbehörde seit mehreren Jahren um einige Millionen betrogen zu haben. Der Chef des Hauses, Flageollet, ein 30jähriger Mann, und der Direktor des Pariser Kontors Duhamel, sowie mehrere andere Beamte die­ses Kontors sind verhaftet worden; desgleichen zwei höhere Zollbeamte, in - Bastgnolles, Lnard und Delangle, die zu dem Betrüge die Hand geboten haben sollen.

* Paris, 14. Juni. Der Präsident der Armee­kommisston, Meziöres, beabsichtigt unter Berufung auf patriotische Erwägungen, an die Kammer das Ver­langen zu stellen, dasCadresgesetz in einer einzigen Sitzung zu genehmigen. Es sind dringende Schritte gethan worden, um alle Depu­tierten, welche Amendements zu dem Cadresgesetz ein­gebracht haben, zur Zurücknahme ihrer Amendements zu bewegen. In der Deputtertenkammer wurde heute ein Ergänzungsbericht der Armeekommission über das Cadresgesetz verteilt. In demselben heißt es:Unser einziges Ziel ist, dem Kriegsminister zu ermöglichen unverzüglich unsere Reserve zu enkadrieren (einreihen). Der Mannschaftsstand unserer Lienientruppen ist ver­doppelt, aber wir würden die schwerste Verantwortung

auf uns laden, wenn wir die neuen Formationen noch ein Jahr länger ohne Cadres ließen."

* Paris, 15. Juni. Der Kafsationshof hat das Urteil des Appellhofes, wodurch Charles Lesseps, Fontane und Eiffel wegen Betrugs in Sachen des Panamakanals verurteilt worden sind, aufgehoben.

* DerFigaro" enthält die Gutachten zweier el-> säsfischen Redakteure über den Ausfall der Wahlen. Der eine, Gustav Fischbach vomElf. Journal," sagt die Annahme des Milttärgesetzes im neuen Reichstag voraus, schon um dem Reiche neue Wahlen und einen Konflikt zu ersparen. Vielleicht werde die Regierung noch einige kleine Konzessionen machen. Aus die Frage, ob die Vorlage notwendig sei, ant­wortete Ftschbach: gerade so notwendig, wie die Vor­lage sein wird, welche die französische Regierung dann sofort ihrem Parlament machen wird; worauf dann die deutsche Regierung eine neue Vorlage einbringen wird, um die französische zu übertrumpfen. Und so weiter bis zum Schreckeustag der Katastrophe, oder bis zu dem Tage, wo die Mittel beider Völker er­schöpft sein werden, welche, wenn fie sich verständigen wollten, die Schiedsrichter über Europa wären und durch ihre Begabung und ihr Wissen über die Welt regieren würden. Die Frage, ob durch die Rüstungen die Sozialdemokratie zunimmt, will Fischbach nicht geradezu bejahen. Der Militärdienst sei auch anderer­seits wieder eine Schule des Gehorsams, und somit ein Korrektiv des Geistes der Unbotmäßigkeit, welche von den Sozialisten gegenüber dem Staat und ser Gesellschaft bewiesen wird. Aber die Reihen der Unzufriedenen sind durch die Militärlasten verstärkt worden. Nun sind zwar alle Sozialdemokraten un­zufrieden, aber nicht alle Unzufriedenen sind Sozial­demokraten, es giebt auch noch manche andere in Deutschland, in Europa und den anliegenden Welt­teilen.

* London, 15. Juni. Die englischen Behörden beschäftigen sich eingehend mit dem allmählichen Fort- schretten der Cholera in Frankreich. Nach Berichten der englischen Konsuln an das Lokalgouvernement kamen innerhalb der letzten Wochen in Lorient 500 Erkrankungen und 178 Todesfälle vor, aus dem De­partement Morbihan werden heute zwei neue Fälle gemeldet.

* DieCorrespondencia de Espana* schreibt aus Chicago: In dem prächtigen und riesigen Industrie- Palast zeigt Deutschland ein wahres Wunderwerk. Seine glänzende Einrichtung, die weiten Bogengänge, mit Porzellan und reichen Stoffen bedeckt, die vollendet schönen eisernen Thore, die hübsche und originelle Darstellung der Tuch- und Gewebe-Industrie, die kostbaren Brunnen aus weißem Marmor, olles ge­krönt und so zu sagen beschirmt durch eine monumen­tale Gruppe aus imitierter Bronze: die Germania als stolze Reiterin von der Göttin des Ruhmes und einem Krieger begleitet; diese glänzende Ausstellung, sage ich, übertrifft alles, was in der Wunderwelt dieser endlosen Halle, dreimal größer als Sankt Peter, zu sehen ist. Die deutsche Abteilung im J idustrie- palast erscheint als ein originelles und köstliches Werk der Dekorationskunst von einer Eleganz und Pracht ohne gleichen.

Die Möglichkeit muß doch vorhanden sein, sonst würde das Gericht sich nicht die Mühe geben."

Und daß wir dabei dem Gerede böser Zungen preisgegeben werden, berücksichtigt man nicht," sagte Grüner.Ich werde dafür Rechenschaft fordern."

Wenn nicht von dir Rechenschaft gesordert wird!" warf Elisabeth ein.

Von mir?" fuhr Grüner auf.Was willst du damit sagen? Du hast schon vorhin von meinem bösen Gewissen gesprochen, und was soll das alles heißen?"

Warten wir das Resultat der Untersuchung ab !"

Ich kenne es bereits man wird um Ent­schuldigung bitten und sich zu rechtfertigen suchen, so gut es eben gehr. Ich aber werde mich nicht damit begnügen, ich weiß sehr genau, wem wir das alles zu verdanken haben."

Wem?" fragte die Witwe erwartungsvoll.

Dem Advokaten Varnay!"

Kein Gedanke daran! Er war hier, um mir seine Freundschaft anzubieten!"

Und da hat er sich gewiß gründlich nach allen Einzelnheiten erkundigt!" höhnte Grüner.Ich be­greife nicht, wie du so blind sein kannst! Glaubst du denn, er werde dir jemals vergessen, daß du ihm dein Wort gebrochen hast?"

Er steht auf dem Punkte, seine Verlobung zu lösen"

Komödie! Theodore Hallstädt hat's verstanden, dich zu überlisten; es ist alles gelogen, man hat uns in der niederträchtigsten Weise hinters Licht geführt."

Varnay gab sich hier den Anschein, als kenne er Hallstädts nicht," fuhr Grüner in aufgeregtem Tone fort,er schien ihre Bekanntschaft gar nicht ein­mal zu wünschen und doch war er heimlich mit ihnen verbündet, er war ihr Berater und in seinem Hirn ist die Komödie ausgearbeitet worden, mit der wir ge­täuscht werden sollten."

Du gehst zu weit"

Ich weiß, wie weit ich gehen darf! Wir haben uns von diesem schlauen Advokaten betrügen lassen und du willst das noch immer nicht einsehen?"

Elisabeth schüttelte ärgerlich das Haupt.

Ich kann das nicht glauben," sagte sie.Gustav Varnay war immer eine offenherzige Natur, die Kunst der Verstellung und der Heuchelei hat er nie gekannt. Und mir darfst du doch auch einen scharfen Blick Zu­trauen"

Ich hab's gethan, jetzt aber thue ich es nicht mehr, seitdem Fräulein Hallstädt"

Wie hier die Dinge liegen, weiß ich auch nicht," unterbrach ihn die junge Frau ärgerlich ;man macht dir den Vorwurf, du habest dich roh benommen und das Mädchen insultiert. Hagen habe es"

Das hat auch der Advokat dir erzählt?"

Jawohl. Hallstädt und Hagen sind hier; bist du mit ihnen nicht zusammengetroffen?"

Nein; ich werde sie nicht aufsuchen."

Das beweist, daß du dich schuldig fühlst."

Das beweist nur, daß ich kein Raufbold bin und daß mir die Sache überhaupt gleichgültig ist," sagte Grüner achselzuckend.Und treffe ich Varnay

noch einmal in diesem Hause, dann werde ich ihm mit dürren Worten die Thür zeigen."

Das wirst du nicht thun."

Ich werde es thun, denn ich dulde keinen Spion in meiner Nähe. Uebrigens hat's auch keine große Gefahr mehr, morgen Mittag reise ich ab."

Der Eintritt des Beamten unterbrach das Ge­spräch, er beschied Elisabeth vor den Richter.

Die Besichtigung der Leiche war beendet, in einem anderen Zimmer erwarteten die Gerichtsherren die junge Witwe.

Es ist immer noch nicht ganz aufgeklärt, ob Ihr Gatte durch ein Verbrechen oder einen Unglücks­fall sein Leben verloren hat," sagte der Richter; ich sehe mich deshalb genötigt, einige Fragen an Sie zu richten, deren Beantwortung vielleicht geeignet wäre, das Dunkel zu lichten.Wann faßte der Ver­storbene den Entschluß, die Reise anzutreten?"

Vorgestern nachmittag," erwiderte Elisabeth,er faßte ihn plötzlich und selbst meine Bitten konnten ihn nicht bewegen, die Ausführung zu verschieben."

Es mußte Sie doch befremden, daß er mit dem Nachtzuge reisen wollte?"

Befremden? das doch nicht! Er reiste oft in der Nacht, schon deshalb, weil er Zeit dadurch ersparte."

Und wohin wollte er reisen?"

Nach Bern."

Hatte er dort Geschäfte?"

Ich weiß das nicht; in seine Privat-Angelegen- heiten ließ er mich nie Hineinblicken."

(Fortsetzung folgt.)