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auswärts je 8 ^ die Ispalt.Zeilr
Wr. 69.
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Donnerstag dm 15. Juni
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1893.
Amtliches.
Uebertragen wurde die neuerrichtete vierte Schulstelle in Neckargartach, Bez. Heilbroi n. dem Schullehrer Sinn in Hutzeu- bach, Bez. Freudenstadt.
Gestorben: Revisor Hauck, Ludwigsburg; Prof. Maurer, Kirchheim u. T.; Schullehrer Stadelmann, Stuttgart-Berg; Kaufmann Orth, Heilbronn; Inspektor a. D. Fistmann, Cannstatt.
D Wir stehe» vor der Wahl.
Seit der Einführung der Neichsverfassung hat noch keine Wahl so viele Kandidaten auf den Plan gerufen, wie die diesmalige. Man übertreibt nicht, wenn man die Zahl der diesmaligen Kandidaturen in Deutschland auf annähernd 2000 veranschlagt, in welche Zahl allerdings die Doppel- und Zählkandidaturen eingeschlofsen sind. Die einzelnen Parteien wollen gleichzeitig eine große Heerschau halten und ihre Anhänger auch in denjen gen Wahlkreisen zusammenrufen, in denen ste keine Aussicht haben, die Mehrheit zu erlangen.
Die Sozialdemokraten waren in der Aufstellung von Kandidalen am eifrigsten; in etwa 340 Kreisen haben sie eine rührige Agitation entfaltet und auch in den wenigen noch übrigen sind bekannte Führer wie Bebel, Auer, Singer, Liebknecht rc. als Zählkandidaten ausgestellt. Doch auch andere Parteien haben sich die Heerschau-Taktik zu eigen gemacht. Bei jüngeren Partet- bildungen, wie es der Antisemitismus, der Bund der Landwtite und die Bodenbesitzresormer sind, ist das auch insofern angezeigt, als sie damit eine Probe auf ihre nummerische Stärke machen können. So kandi- datieren die Antisemiten in 70 Kreisen, während sich zu den Bestrebungen des Bundes der Landwirte rund 60 Mandatsbewerber bekennen.
Die Zersplitterung der Parteien ist das charakteristische Merkmal der diesmaligen Wahlen. Anscheinend am wenigsten berührt davon sind die Sozialdemokraten geblieben, denn die Bewegung der „Unabhängigen", von der sich die bürgerlichen Parteien eine starke Einbuße der sozialdemokratischen Propaganda versprachen, ist ein Sturm im Glase Wasser gebl.eben. Da die Unabhängigen zudem Wahlenthaltung proklamiert haben, so bleibt ihr Einfluß auf die Wahlen gleich Null.
Bei den Freisinnigen ist eine Spaltung unmittelbar nach Auflösung des Reichstags vor sich gegangen.
Immerhin ist es gelungen, in den meisten Fällen freisinnige Gcgenkandidaturen zu vermeiden, und wenn auch der Ton zwischen den feindlichen Brüdern während des Wahlkampfes ein herber und bitterer geworden ist, so erscheint die Einigkeit doch im großen und ganzen gewahrt. Zusammen werden die freisinnigen Flügel sowie die süddeutsche Volkspartei vielleicht 130 ernsthaft zu nehmende Kandidaturen ausgestellt haben, und sich vielleicht in 10 bis 12 Wahlkreisen gegenseitig das Mandat streitig machen.
Gespannt ist man allseitig auf den Erfolg des Zentrums, das seinen Besitzstand gegen die Anhänger derer um Huene und Schorlemer-Alst verteidigen muß. Ein nennenswerter Abbruch wird der Gesamtpartei schwerlich geschehen.
Konservative und Nattonalliberale haben unter den Kandidaturen der Antisemiten und des Bundes der Landwirte zu leiden. Unbekümmert um das Wehgeschrei der „Kreuz-Ztg." dringen diese Parteien in die gut konservativen Wahlkreise ein und suchen den „Kreuz-Zeitungs"-Männern die Butter vom Brote zu nehmen.
Niemand ist im stände, jetzt schon zu sagen, wie die schwere Entscheidung fallen wird; daß die Wahlen indessen der am meisten oppositionellen Partei, der Sozialdemokratie, einen erheblichen Zuwachs an Mandaten und Stimmen bringen werden, darüber ist niemand im Zweifel.
LavdeSsachrichteu.
* Altensteig, 14. Juni. Die neueste Nummer des „Regierungsblattes" enthält das Gesetz betr. die Entschädigung für an Maul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh vom 31. Mat 1893. Nach demselben wird für an Maul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh eine Entschädigung gewährt im Betrag von Vs des gemeinen Wertes der Tiere. An dieser Entschädigung werden die aus den Privatverträgen zahlbaren Versicherungssummen zu Vs und der Wert der dem Besitzer zur Verfügung bleibenden Teile des Tieres abgerechnet. Für Kälber im Alter von weniger als 6 Wochen wird eine auf 20 Mk. festgesetzte Entschädigung gewährt. Die Entschädigung fällt weg u. a. 1) für Tiere, welche mit der Seuche behaftet in das Landesgebiet eingeführt worden sind, 2) wenn
der Besitzer der Tiere den Vorschriften des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 betrffd. die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen zuwider, die Anzeige vom Ausbruch der Seuche oder von Seuchenverdacht unterläßt oder länger als 24 Stunden nach erlangter Kenntnis verzögert. Der Entschädigungsanspruch ist bei dem Ortsvorsteher anzumelden. Die Bestreitung der zu Entschädigungen erforderlichen Beträge sind von den Besitzern der Tiere oufzubringen und werden nach den Vorschriften des Gesetzes vom 20. März 1881 erhoben.
* Alt ensteig, 14. Juni. Dem „Gebwetler Kreisblatt" ist zu entnehmen, daß der Vorstand des landw. Kreisvereins Gebweiler beschlossen hat, um seine Mitglieder in dieser schweren Futtervot nach Kräften zu unterstützen, einen Rabatt von 50 Prozent bis zu einer Summe von 300 Mk. zum Ankauf von schnellwachsenden Futterpflanzen, wie Pferdezahnmais, gelber Mais, Senf, zu gewähren. Gerade dem kleinen Bauern wird durch diese Maßregel eine große Wohlthat erwiesen und es wäre sehr wünschenswert, daß auch bei uns rasch vorgegangen würde. Wohl soll vom landw. Bezirksverein Nagold der Bezug eines größeren Quantums Heu beabsichtigt sein, Hand in Hand damit sollte aber das Vorgehen des Gebweiler Vereins gehen. Die Not ist groß und eine rasche entschlossene Hilfe ist ganz und gar angezeigt. Soeben ließen einige Metzger das Pfund Ochsenfleisch zu 30 Pfg. ausrufen. Manche Viehbesttzer ziehen vor, ihr Vieh selbst schlachten zu lassen und das Fleisch auf der Freibank zu verkaufen. Heute ist Kuhfleisch zu 26 Pfg. erhältlich. Wenn man bedenkt, daß im Frühjahr für das Heu ein enorm hoher Preis bezahlt werden mußte und daß jetzt das Vieh zu Schandpreisen losgrschlagen werden muß, dann kann man sich einen Begriff machen, wie großen Schaden die Viehbesitzer durch die herrschende Futternot erleiden.
* (Notiz.) Das König!. Postamt dahier wird am Tage der Retchstagswahl — Donnerstag de« 15. Inni — behufs Empfangnahme von Wahltelegrammen bis abends 10 Ahr dienstbereit sein.
* Neuweiler, 12. Juni. Kaum sind 14 Tage seit dem letzten Brandfall verflossen, wurden wir heute schon wieder durch ein großes Brandunglück heimgesucht. Um halb 10 Uhr heute vormittag entdeckte
Der zweite Mcrnn.
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
Und dieser Fall trat ein, als ein Zufall die Gauner mit Herrn Hallstädt und dessen Tochter zu- sammenführte. Madame Griesheim wollte diese neue Bekanntschaft benutzen, um ihre Gegner in der Heimat zu verleumden und unschädlich zn machen. Griesheim beabsichtigte, den neuen reichen Freund im Hazard- spiel zu plündern, und Grüner gedachte mit der Hand des Fräuleins sich die eigene Zukunft in glänzender Weise zu sichern. Aber eins paßte nicht zum andern, und da Madame Griesheim auf der Seite ihres Bruders stand, so sollte Griesheim aus seine Pläne verzichten. Das wollte er nicht, er benutzte sogar die erste Gelegenheit, um feinen Plan auszuführen, und da er bei dem Betrug ertappt wurde, so waren für Grüner die Folgen um so schlimmer. Es kam zu Vorwürfen, diese führten zu einem heftigen Wortwechsel und Griesheim faßte dm Entschluß, fortan den Schwager seinem Schicksal zu überlaffen. Hatte er den ganzen Plan mit seiner Frau abgekartet oder stand diese noch immer auf der Seite ihres Bruders — genug, ste blieb zurück und Griesheim rüstete sich zur Abreise. Daß ein Mann wie Griesheim in einem solchen Falle rücksichtslos auftrat und sein Geld nicht zurückließ liegt aus der Hand, und daß alle Proteste, die Grüner dagegen erhob, unbeachtet blieben oder nur verletzenden Hohn herausforderten, kann ebenfalls nicht bezweifelt werden. Was sollte Grüner thun? Haß, Wut und
Habsucht tobten in seinem Innern und es stand nun unwiderruflich fest bei ihm, daß Griesheim nicht mit dem ganzen Raube abreisen sollte. An diesem Raube hatten alle ihren Anteil, Grüner mußte wütend da rüber geworden sein, daß ihm sein Anteil vorenthalten werden sollte. Und Griesheim mußte sich aus dem Staube machen, weil Herr Hallstädt ihm gedroht hatte, von den in seinen Händen befindlichen Beweisen Gebrauch zu machen."
„Das hatte ich gesagt und würde es auch ge- than haben, wenn ich nicht mit Ihnen in Brunnen zusammengetroffen wäre," nickte Hallstädt. „Der Mann hätte sofort verhaftet werden müssen, dann lebte er heute noch."
„Bitte, fahren Sie fort, Herr Doktor," sagte der Beamte, „bis jetzt haben Sie nur Vermutungen geäußert."
Madame Griesheim sagte mir, ihr Mann sei, als er sich auf den Weg zum Bahnhose begeben hatte, stark berauscht gewesen, und sie selbst habe ihren Bruder gebeten, ihn zu begleiten. Durch diese Begleitung aber habe Griesheim sich beleidigt gefühlt und schon an der alten Brücke sei Grüner von ihm geschieden. Es steht also fest, daß Grüner ihn auf diesem letzten Gange begleitet hat, nur fragt es sich, wie weit diese Begleitung ging. Soweit ich die Kapellbrücke kenne, ist es nicht wohl denkbar, daß von ihr ein Mensch htnunterstürzen kann, zu einem Verbrechen dagegen kann man kaum einen geeigneteren Ort wählen. Und einen Berauschten mit einem wuchtigen Schlage zu betäuben, ist kinderleicht und das Werk einiger Sekun
den. Man müßte nun festzustellen suchen, wie lange Grüner an jenem Abend ausgeblieben ist und welche Geldsumme Griesheim mitgenommen hat. Wie Madame Griesheim behauptet, hat sie in den Taschen des Toten nur Uhr und Börse gefunden; es ist begreiflich, daß der Mörder diese Gegenstände seinem Opfer ließ, damit der Verdacht des Raubmordes nicht sofort geweckt wurde."
Der Beamte war in Nachdenken versunken, die ruhige Zuversicht, mit der Varnay diese schwere Anklage erhob, hatte ihren Eindruck auf ihn nicht verfehlt.
„Grüner ist bisher unbescholten," sagte er nach einer Weile; es ist eine heikle Sache, gegen einen solchen Mann vorzugehen."
„Griesheim war ebenfalls unbescholten," erwiderte Varnay, „dennoch betrog er im Spiel. Die Leiche soll morgen beerdigt werden, es läßt sich mit Sicherheit erwarten, daß Grüner sofort nach der Beerdigung abreisen wird, wenn er es nicht schon vorher thut."
„Ich werde eine nochmalige gerichtliche Besichtigung der Leiche beantragen," unterbrach der Beamte ihn, wird aber auch diesmal nichts Verdächtiges gefunden, dann kann ich Ihrem Verdacht keine Folge geben."
„Verhören Sie das Dienstmädchen."
„Das soll geschehen, sobald eben der Verdacht einen Haltepunkt findet."
„Und wenn Grüner inzwischen die Flucht ergreift s"
„lieber diesen Punkt dürfen Sie sich beruhigen.
„Ich werde sofort Antrag geben, ihn zu beob-
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