kosten, Schutz des Wahlgeheimnisses, Einführung des öffentlichen MilitSrstrafverfahrens, Abänderung des Alters- und JnvalideyverstchWungsgesetzes, das ganz verwerflich sei, allein die Verwaltungslosten dieses Instituts hätten seit seinem Bestehen schon 11 Will, erfordert. Dabei hätten die meisten Mädchen und Söhne von Bauern und Handwerkern keinen Nutzen, denn durch Verheiratung und Selbständigmachung falle die Versicherung weg und seien dann die von den Arbeitgebern geleisteten Beiträge umsonst gezahlt. Redner sagte dann, er überlaffe jetzt den Wählern ob sie ihn wählen wollen oder nicht, eine etwa auf ihn fallende Wahl nehme er mit Dank an. Herr Präzeptor Knödel und Hr. Stadtpfarrer Hetterich entkräfteten die Ausführungen des Vorredners mit dem Hinweis, daß die Gewinnung der 2jähr. Dienstzeit schon ein Opfer wert sei und daß eben die Rachelust Frankreichs und die Aussicht, daß wir nach 2 Seiten schlagen müßten, die Heeresvermehrung dringend bedingen. Die Ablehnung Her Militärvorlage habe in Gewerbe und Handel jetzt schon schweren Schaden verursacht und nur durch sichere Verhältnisse werde das Erwerbsleben begünstigt. Nur durch die Annahme der Militärvorlage bekämen wir wieder sichere Zustände. Im übrigen seien die Ausführungen des Hrn. Cleß die gleichen, wie diejenigen des seitherigen Reichslagsabgeordneten. Wirksam unterstützt wurde Hr. Cleß durch den Redakteur des Beobachters, Hrn. Schmidt, dessen kritische Beleuchtung mancher Zustände mehrmals Beifall fand. Getadelt. wurde von ihm namentlich das Offizierspenstonswesen, der ausgedehnte Nachtdienst, der Burschendienst, das Einjahrig-Freiwilligen - Institut und das indirekte Steuersystem. Gegen die Militärvorlage führte der gewandte Redner besonders an, wie denn eine solch' große Heeresmasse im Kriege verproviantiert werden könne, namentlich wenn Rußland seine Grenzen verschließe; jeder ansmarschiert gewesene Soldat vermöge hierüber sich ein Urteil zu bilden. Auch sei eine so große Zahl schwer zu leiten. Fürst Bismarcks Einwendungen gegen die Vorlage wurden mit Nachdruck betont; der Fürst sei eben auch für die Qualität und nicht für die Quantität eingenommen. Nach seinem (Redners) Dafürhalten sei die Militärvorlage blos einer persönlichen Politik entsprungen. (Es wurde lebhaft debattiert; auffallend ist nur, daß die Handelspolitik der Demokratie nicht zur Erörterung kam.)
-r. Alten steig, 5. Juni. Gestern machte der Mustkverein Pfalzgrafenweiler dem hies. Familienkranz einen Gegenbesuch. Auf 5 Gefährten kamen die Gäste zwischen 3 und 4 Uhr hier an. Nach kurzer Rast in der Linde zog die Gesellschaft in unsere neue Bahnhofrestauration. Von 6 Uhr ab hatten die aktiven Mitglieder des Mufikvereins die Freundlichkeit in der Linde uns ein förmliches Konzert zu bieten. Das Programm zählte in 2 Ableilungen 14 Nummern, wovon hier genannt sein sollen: Friedrichs- marsch von Hünn, Puppenwalzer von Neumayer, Potpouri aus Freischütz. Alle von der guteingeschulten Streichkapelle vorgetragenen Stücke wurden mit großem Beifall ausgenommen, namentlich gefielen auch die unter Begleitung der Stretchkapellelle weich und rein gespielten Waldhornsolis: „Heimatlied" und „Verlassen". Während der Pause wurden von Mit
gliedern beider Vereine hpmoristische Stücke (Duetts) aufgeführt, so „die Witwe Strudel-" ».„Nudelmüllerin", „der verspätete Urlauber", „das Blaserohr", .die. beiden Waschweiber". Fräulein Bauer von Pfatz- grafenweiler und Frl. Müller von hier trugen aych mit schöner Stimme einige Soligesänge vor. Der' ganze Abend bot nicht nur den Musikfreunden herrlichen Genuß, sondern zeichnete sich auch durch fröhliche Geselligkeit und Gemütlichkeit aus. Wie der Familienkranzvorstand, Herr Vogel, bet Beginn des Konzerts den Mustkverein mit warmen Wörtm begrüßt hatte, so dankte gegen Schluß Hr. Buchhalter Lang für die herrlichen Leistungen desselben und. wünschte, daß die Freundschaft, welche beide Vereine verbinde, lange andauem möge. Auf diese Freundschaft und auf das Gedeihen des Mustkverems,brachte er ein Hoch aus. Der Vorstand des WusHeresttzS Pfalzgrafenweiler, Hr. Sägewerkbesitzer Fetzer, dankte für die freundliche Aufnahme hier und brachte dem Familienkranz ein Hoch. Am Schlüsse des Konzerts gestaltete sich der gesellige Abend noch zu einer kleinen Abschiedsfeier für den Waldhornisten Gollay, welcher am Mittwoch in seine Heimat (Schweiz) abreist. Sein auf dem Waldhorn vorgetragenes „Behüt dich Gott, es wär' so schön gewesen," schlpß den vergnügten Abend.
* Gestern nachmittag machte der Liederkranz einen Ausflug nach Schernbach. In der WÄschaft! des Herrn Koch wurde Einkehr gehalten und Mucher frohe mit Beifall aufgenommene Gesang erscholl. Das günstige Wetter trug seinen guten Teil zum Gelingen des Ausflugs bei und sehr befriedigt kehrten die Sänger abends wieder heim.
* Rotten bürg, 1. Juni. Der Bischof Hefele ist gestern Nacht von einem Schlaganfall getroffen worden. Sein Zustand ist bei seinem hohen Alter sehr bedenklich.
* Stuttgart, 30. Mai. Gestern tagte hier die Generalversammlung des Verbands landwirtschaftlicher Kredit-Genossenschaften Württembergs. Herr Professor Dr. Leemann aus Tübingen eröffnete als Vorsitzender die Versammlung und hieß diese, wie die Vertreter des Ministeriums des Innern und der Zentralstelle für Landwirtschaft willkommen. Dem Jahresbericht entnehmen wir, daß der Verband nun 569 Vereine zählt; im vorigen Jahr wurden allein 92 Vereine gegründet. Im Jahre 1892 wurden 356 Vereine revidiert mit einem Aufwand von 8162 Mk., wozu der Staat 4500 Mk. Beitrag leistete. Im Jahr 1893 sind 476 Vereine zur Revision reif und wurde neben den unständigen, noch ein zweiter, ständiger Revisor mit 1400 Mk. Gehalt angeßellt. Das Verbandsvermögen beträgt 17000 Mark.
* Berlin, 2. Juni. Der Antisemit Böckcl erklärt, er und seine Anhänger würden nur dann die Militärvorlage bewilligen, wenn die zweijährige Dienstzeit gesetzlich festgelcgt und die Kosten der Vorlage von der Börse und dem Großkapital getragen werden.
* Wie die Volks;, von angeblich gut unterrichteter Seite hört, wird auf Betreiben eines höheren Beamten zurzeit eine Petition an den Kaiser vorbereitet, in der die Abschaffung des allgemeinen, gleichen, direkten, geheimen Wahlrechts für den Reichstag gefordert
werden soll. Es werde beabsichtigt, die Unterschktsien derartig zü sammeln, daß als Unterzeichner lediglich
unabhängige", den Burger- und Arbeiterklassen an- chöri ' ' - - ^ '
gehörige Wsonen (nicht Beamte) zugelassen werden, damit die Petition den Anschein einer „freiwilligen" Kundgebung „aus dem Volke" gewinnt.
Ausländisches.
* Wien, 3. Juni. In Preßburg wurden mehrere Personen, welche an der Fürstin Ahrenberg, der Tante des Exkönigs Milan, auf Schloß Jvanka einen Erpreffungsversuch verübten, verhaftet. Einer derselben ist ein preußischer Ingenieur, ein anderer ein Hotelier. Die Behörden halten die Einzelheiten des sensationellen Falles, der sehr mysteriös erscheint, geheim.
* Budapest, 3. Juni. Der Strafsenat der königlichen Kurie verurteilte den Pfarrer von Komorn, Abt Johann Molnar, der in fünf Fällen Kinder aus gemischten Ehen katholisch getauft hat, wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt und Uebertretnng der Regierungsverordnungen für jeden Fall zu einer Geldstrafe vg» 50 Gulden.
* P a,r i s. Der in der BMetkommisfion gewählte Deputierte Horteur gab die Absicht kund, aus Er- spärriisrpcksichten, sowie wegen der Notlage der Landwirtschaft die Aufhebung der diesjährigen Waffen- übllnaen zu beantragen. Die überwiegende Mehrzahl der Deputierten" ist einem sülchen Anträge durchaus abgeneigt. Clemenceau erklärte, man dürfe an der Militär-Organisation nicht rühren, es wäre denn, um sie zu kräftigen.
* Kopenhagen, 31. Mai. König Christian wird auf der Rückreise von Wiesbaden den Kaiser Wilhelpr besuchen und ihfl-etnladen, nach Fredensborg während des Aufenthalts des Zaren zu kommen.
* Sofia. Die Sobranje nahm sämtliche Artikel des Gesetzentwurfes, betreffend die Abänderung der Verfassung, in dritter Lesung einstimmig an. Schluß der Session findet am 31. Mai statt.
* Nach einer aus Panama etngetroffenen Reuter- Meldung ist die Revolution in Nicaragua vollständig gelungen. Präsident Sacaza ergab sich und nahm die durch die Insurgenten ihm auferlegten Bedingungen an. Das Staatsdepartement in Washington empfing von Sacaza die Nachricht, er habe gestern nach erfolgter Unterzeichnung des Friedens seinen Rücktritt erklärt.
Handel «nd Berkehr.
* Cannstatt, 2. Juni. Unsere Metzger haben heute nochmals (zum drittenmal) einen Fleischabschlag eintreten lassen, so daß jetzt V« Kilo Kalb- und Rindfleisch 50 Pfennig, Schweinefleisch 56 Pf. kostet.
Verantwortlicher Redakteur: W. Kieker, Mensteig.
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mir, daß Sie des Schutzes und Beistandes eines Freundes bedürfen könnten."
„Ich wäre auch allein mit ihm fertig geworden," spottete Theodore, „aber nichtsdestoweniger danke ich Ihnen von ganzem Herzen. Wann trafen Sie in Brunnen ein?"
„Sie waren kaum abgefahren. Ich habe nur kurzen Urlaub und muß d'rum meine Reise rasch machen, um so viel wie möglich zu sehen, und dies um so mehr, als der eigentliche Zweck meiner Reise mich einige Tage in Luzern zurückhalten könnte. Ich kam heute morgen vom Rigi und fuhr mit dem Dampfer zuerst nach Fluelen, um dort den Vierwaldstätter See kennen zu lernen, und von dort nach Brunnen, wo ich Sie sofort in Ihrem Hotel aufsuchte."
„Paula hat Sie zu mir geschickt?"
„Ja und nein. Ich wußte, daß Sie und Ihr Herr Vater in Brunnen waren und würde schon aus alter Freundschaft Ihnen meine Aufwartung gemacht haben; nun aber hatte ich doppelten Grund dazu."
Theocore blickte fragend zu ihrem Begleiter auf; er strich mit der Hand über den blonden Vollbart, als ob er seine Verlegenheit verbergen wolle.
„Welchen Zweck hat Ihre Reise?" forschte sie.
„Ich werde Ihnen das sogleich sagen, ein angenehmer Zweck ist es nicht."
Sie befanden sich im Garten des Hotels und schritten auf den Tisch zu, an dein Hallstadt saß. Mit wenigen Worten berichtete Theodore das Vor- gefallene; der alte Herr konnte nicht verhehlen, daß der Haß Gruners ihm ernste Besorgnisse einflöße, er
drängte zum Aufbruch; unten in Brunnen ließ sich alles ruhiger und ungestörter besprechen.
Der Abend brach schon an, als die kleine Gesellschaft in der Hotelwohnung Hallstädts anlangte; unterwegs war Friedrich über die früheren Ereignisse näher unterrichtet worden. Er saß dem Mädchen gegenüber ; voll ängstlicher Erwartung ruhten ihre fieberhaft glühenden Augen auf ihm.
„Was werden Sie nun thun ?" fragte sie. „Werden Sie ihn wirklich empfangen, wenn er morgen zu Ihnen kommt ? Und welches Resultat wird der Besuch haben ?"
„Deshalb beunruhige dich nicht," sagte ihr Vater, als Friedrich mit der Antwort zögerte; „mit einem solchen Schurken macht ein Ehrenmann kurzen Prozeß, Grüner gehört nicht zu den Leuten, die Genugthuung fordern dürfen."
„Ist das auch Ihre Meinung?" wandte sich Theodore wieder zu Friedrich, der in Nachdenken versunken, an den Spitzen seines Bartes drehte.
„Gewiß," nickteer, „aber eine bestimmte Antwort kann ich Ihnen auf Ihre Frage jetzt noch nicht gyüen. In solchen Fällen ist oft der Augenblick entscheidend; Sie dürfen indes die feste Ueberzeugung hege», daß nur die Gebote der Ehre mein Handeln bestimmen werden."
„Ich war eine Thörin, daß ich diesen Mann, durch eine Maske täuschen wollte, die mir selbst ge-! fährlich werden mußte."
„Sagte ich es dir nicht im voraus?" erwiderte Hallstädt achselzuckend.
„Und war es Thorheit, so lag ihr doch ein guter
Zweck zu Grunde," sagte Friedrich; „in keinem Falle aber ist es zu entschuldigen, daß Grüner die Dame insultierte."
„Ich werde ihn verhaften lassen," fuhr der alte Herr aus, in dessen Innern der Zorn wieder jäh aufloderte. „Rücksichten habe ich nun kerne mehr zu nehmen!"
„Und welche Anklage wollen Sie gegen ihn erheben?" fragte der Premierleutnant. „Aus Ihren Mitteilungen entnehme ich, daß Sie allerdings eine Waffe gegen Griesheim besitzen, aber Sie können schwerlich beweisen, daß Grüner der Mitschuldige seines Schwagers ist. Griesheim ist geflüchtet und seine Angehörigen werden nicht verraten, wo man ilm finden kann."
Hallstädt mußte alles zugeben, dennoch wollte er auf sein Vorhaben nicht verzichten, er war entschlossen, am nächsten Morgen mit Friedrich gemeinschaftlich nach Luzern zu reisen, um dort nach vorheriger Rücksprache mit Varnay weitere Schritte zu thun.
Dringen Sie jetzt nicht weiter in ihn," sagte Theodore leise, während ihr Vater in das an- statzende Zimmer ging, morgen wird er ruhiger darüber denken und von dem verständigen Rat des Doktors dürfen wir ja auch das Beste erwarten. Darf ich nun fragen, welcher Zweck Ihrer Reise zu Grunde' liegt? Sie sagten bereits, er sei nicht angenehm, und fast glaube ich, ihn erraten zu können."
„So raten Sie!" erwiderte er lächelnd.
(Fortsetzung solat.)
Äusloiung des Rcniew IN Nr. V4:
.Schatzmeister".