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Wr. 65.

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Dienstag dm 6. Juni

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1893.

D Amerikanischer Humbug.

Die deutsche Retchsregierung hatte zur Zeit mit Aufgebot aller ihr verfügbaren Kräfte Stimmung zu Gunsten der Weltausstellung in Chicago gemacht, worüber bekanntlich auch der Berliner Weltausstellungs­plan zu Wasser geworden ist. Indessen in Amerika stand viel auf dem Spiel. Dieweiße Stadt" Chicago, dieKönigin des Westens", mußte für ganz Amerika, ja auch für den zivilisierten Teil Ostasiens und für Australien einen starken Anziehungspunkt bieten. Die Amerikaner konnten sich darauf stützen, sie gedachten durch die Ausstellung in Chicago mit einem Schlage ihre Industrie zur weltbeherrschenden zu machen und den Handel Europas möglichst ganz an sich zu reißen.

Die deutsche Industrie halte auf der letzten amerikanischen Weltausstellung ihre Probe schlecht bestanden, ihr eigener Ausstellungskommissar, Professor Rouleaux, stellte ihr das beschämende Zeugnisbillig und schlecht" aus. Diese Scharte mußte wieder aus­gewetzt, der Schaden gutgemacht werden. Hatte Nordamerika durch die europäische Einfuhr fast ausschließende Mac Kinley-Bill den deutschen Handel sehr schwer geschädigt, so mußte verhindert werden, daß Amerika mittels der Chicagoer Ausstellung auch noch die ostafiatischen und australischen Absatzgebiete an sich reiße. Der große Anlauf dazu ist ja in Chicago gemacht worden; denn was Anlage, Pracht und Größe der dortigen Ausstellung betrifft, so waren alle ähnlichen bisherigen Veranstaltungen in Europa fast Zwergunternehmungen dagegen.

Indessen es ist nicht alles Gold, was glänzt. Alle Berichte stimmen darin überein, daß die Ausstellung zwar groß gedacht und angelegt, aber schlecht durch­geführt ist. Selbst jetzt, vier Wochen nach ihrer offiziellen Eröffnung, ist die Ausstellung noch lange nicht vollendet und in vielen Sälen stehen die Aus­stellungsgegenstände noch unausgepackt. Das Riesen­unternehmen verschlingt täglich Unsummen und da sich die Nachricht von der Unfertigkeit des Unter­nehmens schnell verbreitet hat, so bleibt der Besucher­strom noch in sehr bescheidenen Grenzen; er beträgt kaum ein Achtel dessen, was man erwartet hat und was notwendig war, um die Kosten zu decken.

Dafür halten sich nun aber die Chicagoer an den wenigen um so fester. Die Preise für Logis und Lebensmittel, über deren schlechte Beschaffenheit zudem allgemein geklagt wird, sind bereits ins Fabelhafte gestiegen. Das Schlimmste aber ist, daß das Aus­stellungskomitee alles nur Erdenkbare thut, um die europäischen Aussteller auf das allerschwerste zu schädigen. Es herrscht nur eine Stimme darüber, daß die deutsche Ausstellung die beste und vollkommenste ist, worüber die Amerikaner natürlich in Helle Wut geraten. Den Ausstellern wurde verwehrt, die Preise auf ihren Waren anzugeben. Auf diese listige Weise suchte man den Vorzug der europäischen Staaten, billiger zu produzieren, wirkungslos zu machen. Hier­mit noch nicht zufrieden, beging man die ungeheure, allen Anstands- und Rechtsbegriffen widersprechende Perstdie, das Urteil des Preisgerichts zu fälschen. Es ist nie bezweifelt worden, daß auf jeder Welt­ausstellung das Preisgericht aus den Mitgliedern aller beteiligten Nationen gebildet werden muß. Das galt bisher auf allen Weltausstellungen, die Ameri­kaner aber wollen es nicht gelten lassen, sie wollten selber die Auszeichnungen bestimmen.

Die meisten ausländischen Kommissare haben sich dahin verständigt, ihre Aussteller an der Preis­bewerbung überhaupt nicht teilnehmen zu lassen, son­dern unter sich zu konkurrieren; damit ist wenig­stens dem großen amerikanischen Humbug eine Spitze abgebrochen. Aber die elenden Chikanen des Aus- stellungskommitees dauern fort. So ist dieser Tage den Ausstellern plötzlich die ihnen kontraktlich ge­währleistete freie Betriebskraft für ihre Maschinen entzogen worden und wer weiß, welche Ueberraschungen «Bruder Jonathan" noch in Bereitschaft hält.

Es fehlen den Geschädigten alle Mittel, um sich gegen den Riesenschwindel dieser Ausstellung zu schützen. Die amerikanische Gastfreundschaft den europäischen Staaten gegenüber und noch dazu aus Anlaß desfriedlichen Wettbewerbes der Nationen" erscheint hier in bedenklichstem Lichte und mit Ent­rüstung wird sich die deutsche Industrie, die sich an dem Unternehmen beteiligt hat, sagen müssen:Welch großer Aufwand schmählich ist verthan!" Auch die Reichsregierung wird die Berichte mit gemischten Ge­fühlen empfangen. Die europäischen Aussteller aber bereiten, wie man vernimmt, eine Kundgebung vor, die diesen Gefühlen einen unzweifelhaften Ausdruck verleihen soll.

Württembergischer Landtag.

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 31. Mai. (51. Sitzung.) Beratung über die indirekten Steuern. Accise je 1756000 Mk. Reinertrag. Angenommen. Abgabe von Hunden je 199100 Mk. Angenommen. Mathgeb plaidiert für die Steuerfreiheit resp. Herabsetzung der Steuer für Hunde, die zur Sicherheit gehalten werden (Schäfer­hunde rc.) Auch wünscht er, daß die Hundeabgabe den Gemeinden zufällt. Referent Hofacker, daß diese schon früher gegebene Anregung nicht als opportun erachtet wurde. Minister v. Riecke: Die Angelegen­heit hänge mit der Steuerreform zusammen. Man solle sie bis dahin ruhen lassen. Abgabe von Wein und Obstmost. Reinertrag je 2100000 Mk., ge­nehmigt. Hofacker: Nach den Erhebungen stehen derzeit 87°/g sämtlicher Wirte im Akkord und es werden im Wege des Akkords 89°/o des gesamten Umgeldes erhoben. Es läßt sich daher wohl annehmen, daß der Zweck des Gesetzes von 1827, die Abgabe vom Wein in der Regel durch Akkorde zu erheben, derzeit ziemlich erfüllt erscheint. Bayha tritt für die gründliche und grundsätzliche Reform des Gesetzes ein, das höchst ungleich wirke. Auer: Für die billigen Weine müßte man nach diesem Gesetze verhältnismäßig viel mehr Abgaben bezahlen, als für die teureren. Ebner beklagt den Mißstand, daß die württ. Wein­händler nicht unter 20 Liter Wein aus dem Keller abgeben dürfen, was jedem nicht württ. Händler er­laubt ist. Minister v. Riecke: Durch die Zollvereins­verträge seien der Regierung leider die Hände ge­bunden. Die Regierung habe aber schon seit einiger Zeit das ernstliche Bestreben, eine Abänderung dieser Verträge herbeizuführen. Man werde dann die von Auer und Ebner gegebenen Anregungen in Betracht ziehen. Bayha vermag der Minister keine bestimmte Zusage zu geben. Abgabe von Malz zu Bier je 8 070 000 Mk. Angenommen. Vogler bringt mit 17 weiteren Abg. den Antrag ein auf Steuerfreiheit für Malz, welches zum Brauen von Weißbier zum eigenen Gebrauch (Verbrauch unter 4 Ztr. Malz) verwendet wird. Minister v. Riecke: Den Privat­brauern sei schon neuerdings eine gewisse Erleichterung zugestanden worden. Um eine vollständige Steuerbe­freiung werde es sich wohl kaum, sondern nur um eine Ermäßigung handeln können, etwa wie bei den kleinen Branntweinbrennern. Uebergangssteuer je 207000 Mk. Angenommen. Reinertrag der Wirt­schaftsabgaben je 9 330 620 Mk. Angenommen. Sportelnund Gerichtsgebühren. Reinertrag je 2050000 Mark. Minister v. Faber verbreitet sich über die von Betz angeregte Herabsetzung der Notariatssporteln. So humane Beweggründe den Herrn Betz zu seinem Antrag führten, so befinde sich derselbe doch über den Ueberschuß sehr im Irrtum. Der Ertrag ist 843 340 Mk., der Aufwand 687 090 Mk., mithin der Ueberschuß nur 156 250 Mk. Unter diesen Umständen kann der Minister einer Reform des Sportelgesetzcs nicht das Wort reden. Acußerdem wirke das Sportel­gesetz ganz gerecht, sei den kleineren Vermögen gegen­über sehr human (bis 600 Mk. ganz frei). Von der s. Z. behaupteten harten Wirkung könne keine Rede sein. Betz .bleibt dabei, daß die Notariats­

sporteln sehr drückend und hart wirken. Die Finanz­lage habe mit dieser Sportel nichts zu thun. Die Sportel sollte jedenfalls nicht höher sein, als der Aufwand auf das Notariatsinstitut. Haug unter­stützt den Vorredner und tritt ebenfalls für Ermäßigung der Notariatssportelu ein. Erbschafts- und Schenkungs- steuer. Reinertrag je 800000 Mk. Angenommen. Der Ertrag der Reichszölle und Steuern wird mit je 14 388830 Mk. in den Etat eingestellt. Hierauf fand die Beratung eines Staatsvertrags zwischen Württemberg und Baden über die gegenseitige Leistung der Rechtshilfe in Sachen des öffentlichen Rechts statt. Derselbe wurde nach kurzer Debatte einstimmig an­genommen. Es erfolgt die Schlußabstimmung über den durchberatenen Etat. Der Staatsbedarf beträgt pro 1893/95 insgesamt 135 330164 Mk. 25 Pf. Zur Deckung sind bestimmt 40 507310 Mk. Rein­ertrag des Kammerguts, direkte und indirekte Steuern 85 915 928 Mk., Zuschuß aus der Restverwaltung 3906 925 Mk. 41 Pf. Ftnanzminister Riecke erklärt, wenn die Regierung auch sich mit diesen Ziffern einver­standen erkläre, wolle sie dadurch keinen Vorgang schaffen, als ob sie dadurch auf die Initiative ihrer Vorschlags - rechte betr. Verwendung der Restmittel verzichte.

* Stuttgart, 2. Juni. (52. Sitzung.) Vor Eintritt in die Tagesordnung nimmt das Wort Ministerpräsident v. Mittnacht, um über die amtlichen Wahlbeeinflussungen zu sprechen, anschließend an die imBeobachter" vom 31. Januar veröffentlichte Zu­sammenstellung von vertraulichen Wahlausschreiben verschiedener Departements in erster Reihe des Finanzministers a. D. Renner und früheren Eisenbahn- Präsidenten v. Hofacker. Der Minister hat dieselben auf das imBeob." «nausgefüllte Datum geprüft und gefunden, daß eines der Formulare aus den 50er Jahren, ein anderes von 1870 stammt. Gleichviel aber, zu welcher Zeit die Erlasse ergingen, so lehnt der Ministerpräsident jede Verantwortung für seine Person ab. In Württemberg sei die Stellung eines Ministerpräsidenten eine ganze andere, als in Staaten wo der Premierminister das Kabinett bildet, das mit ihm steht und fällt. In Württemberg sei keiner der Minister mehr als der andere und der Präsident nicht der Vorgesetzte oder Aufseher der übrigen Minister, die alle direkt unter dem König stehen. Von einer Gesamtaktion des württ. Ministeriums beim Erlassen der Wahlschreiben könne also keine Rede sein. Die Klagen wegen der Wahlbeeinflussungen dauern so lange, als es überhaupt Wahlen giebt und sie würden auch nicht verstummen, wenn die Herren der Volks­partei die Geschäfte der Regierung zu führen hätten, das schlimmste, was ihnen überhaupt passieren könnte. In welcher Weise man auf demokratischer Seite übrigens über die gegenwärtigen Zustände in Deutsch­land urteile, sei in der letzten Osterbetrachtung der F. 3>" M lesen gewesen, wo über die zunehmende Verwilderung des Volks und die demagogischen Um­triebe, denen kein Mittel zu schlecht erscheine, bitter geklagt werde. Und in solch ernsten Zeiten sollte die Regierung die Hände unthätig in den Schoß legen, und absolutes Stillschweigen beobachten? Das könnte man billigerweise von ihr nicht verlangen, ihre Be­amten haben doch gewiß auch das Recht, ihre Meinung auszutauschen, aber davon könne und dürfe natürlicher­weise keine Rede sein, daß die Regierungsorgane auf ihre Untergebenen bet Wahlen durch Versprechungen oder Drohungen einzuwirken suchen. Jeder Beamte dürfe seine Stimme geben, wem er wolle, auch einem Kandidaten, von dem er wisse, daß er der Regierung nicht oder wenig genehm sei und wenn ein Beamter von seinen Vorgesetzten in Wahlsachen beeinflußt wer­ben wolle, sei er nicht verpflichtet, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Nachahmenswert seien die amtlichen Wahlschreiben nicht, allein es würde wohl auch an­zunehmen sein, daß die Empfänger sie beiseite gelegt und ihnen keine ernste Folge gegeben haben. Von einer oppositionellen Seite könnte indes den Ver»