198.

Amts- »«r> Aiyeigeblatt für de« wberamtsbeürk Calw.

86. Zahrgm,

Lrscheinungrtage: M»nta». Dirnrta«. Mitt»»ch, s»nn«rttag, Freitag und Samrtag. Jnsertianlprei« L> Pfg. pr, -eile für Stadt u. Be,irk«orte; außer Be,iri 1» Psg.

Dreitag, den 25. August 1911.

BezugSpr. i. b. Stadt >/^LHrl. m. TrSgerl. Mk. 1.25. PostbezugSpr. f.d.OrtS-u.Nachbarortsverk. '/.jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Beftellg.tn Württ.S0Pfg., in Bayern u. Reich 42Pfg.

Amtliche VekannttnachUNge«

Bekanntmachung,

betr. Straßensperre im Bezirk Pforzheim.

Vom badischen Bezirksamt Pforzheim werden wegen Vornahme von Walzarbeiten die nach­stehenden Wegstrecken für die bezeichnten Zeitpunkte für den Verkehr gesperrt.

1. Landstraße Nr. 138 PforzheimWildbad zwischen Brötzingen und Birkenfeld vom 28. August bis 2. September.

2. Landstraße Nr. 158 PforzheimCalw Irm 1,6612,800 d. i. vom Kupferhammer bis gegen den OrtsauSgang von Dillstein vom 4. bis 12. September.

Calw, 23. August 1911.

K. Oberamt.

Amtmann Rtppmann.

Tages«euigkeiterr.

* Calw 25. Aug. Einen schönen Erfolg hatte gestern der herbeigerufene Polizeihund Max" mit seinem Führer, Landjäger Knaus aus Stuttgart zu verzeichnen. Schon seit dreiviertel Jahren wurde wiederholt das Dach de» dem Landwirt W. Dingler in der Bahnhofstraße gehörigen FruchtspeicherS an der Pforzheimer Eisenbahnlinie stark demoliert. Die Tat geschah gewöhnlich nacht« zwischen 12 und 1 Uhr. Dem Besitzer entstand durch da« Naßwerden der Frucht öfter» ein empfindlicher Schaden, da der Täter immer die Zeit eine« eintretende» Regenwetter» zu seinem Tun benutzte. Interessant war e» nun, wie gestern der Polizeihund Witterung an einem auf da» Dach geschleuderten Steine nahm, die Fährte de» Täter» verfolgte und mit beispiel­loser Sicherheit sich den aus der Zentralweiche de» hiesigen Bahnhof» angestellten Täter Heraur­suchte und stark verbellte. Dem in der Sache

schon längere Zeit tätigen Stationskommandanten Sanier, dessen Eifer und Energie große Anerkennung verdient, gelang e» auch, ein um­fassende» Geständnis de» Täter» zu erreichen, der nun seiner wohlverdienten Strafe nicht ent­gehen wird.

* Calw 25.Aug. Die Schwalbe» rüsten sich zum Abzug. Täglich sieht man Hunderte von Schwalben sich scharen und Flugübungen machen. Die Telegraphendrähte sind so dicht besetzt mit den munteren Vögeln und lebhafte» Gezwitscher erschallt durch die Luft. Bald werden die Vögel un» verlassen haben und ihr Abschied erinnert uns schon jetzt an den kommenden Herbst.

Nagold 24. Aug. (Heimatschutz.) Da« sog. alte Schulhau» in der Hinteren Straße, ein Fachwerkbau au» dem Jahre 1706, ist von dessen Besitzer, Hafnermeister Essig in den letzten Wochen im Sinne der Bestrebungen de» Bunde» für Heimatschutz renoviert worden. E» bildet nun eine schöne Ansicht und eine Sehenswürdig­keit der Stadt. Der Besitzer erhielt von dem Bund einen Kostenbeitrag von 50

Stuttgart 24. Aug. (Da» Manöver und die Maul- und Klauenseuche.) Gutem Vernehmen «ach ist die Nachricht, daß mit Rücksicht auf die Maul- und Klauenseuche da» Manöver abgesagt werde, unzutreffend. E« wird, wie seiner Zeit der Kriegsminister in der Zweiten Kammer zugesagt hat, alle» aufgeboten werde», um eine Verbreitung der Seuche durch die Mannschaften und Pferde zu verhindern, aber die Uebungen finden planmäßig statt. Die Vor­bereitungen sind nicht, wie e» hieß, noch im Gange, sondern schon lange beendet.

Stuttgart 24.Aug. (Schwabenflug.) Auch heute sind wieder zwei Nennungen gemacht

worden. Herr Nölle, der an dem Ueberharz- flug teilgenommea hat, wird ein Gardeflugzeug bringen. E» ist ausgeschlossen, daß auf dem Gardeflugzeug Fluggäste mitgenommen werden. Bei den letzten Flugveranstaltungen auf dem Wasen war Gelegenheit, die leichte Beweglichkeit dieses Flugzeuges zu bewundern. Ob e» mit seinem schwachen Motor imstande sein 'wird, mit den Flugzeuge», in die starke Motore ^eingebaut sind, zu konkurriere«, wird die Zeit lehren. Hier wäre e» angebracht gewesen, daß, wie beim Motorboot und Automobilrrnnrn, klassifiziert worden wäre. Von dem Berater de» technischen Ausschusses war eine Nährrungsformel aufgestellt worden, nach der e» möglich gewesen wäre, da» Flugzeug, da» mit schwächstem Motor und kleinster Spannweite eine möglichst große Belastung in möglichst kurzer Zeit an» Ziel bringt, mit einem Preis auszuzeichven, aber die Mittel haben nicht gereicht, diese Neuerung einzuführen.

Heilbron« 24. Aug. (Zum Mprd- prozeß SchluchterBauer.) Die Vor­untersuchung gegen den Unterhändler Georg Bauer von Heilbronn wurde abgeschloffen, nach­dem der ZuchthauSgefaugene Schluchter zu einer Gegenüberstellung mit dem Angeschuldigten Bauer hierher verbracht worden war, auch der durch öffentliche» Aulschreiben gesuchte Zeuge Schlaffer Nagler genannt Bayerseppel der früher hier in Arbeit stand, in Frankfurt a. M. er­mittelt worden und seine gerichtliche Vernehmung erfolgt ist. Mit Sicherheit wird, lautNeckar­zeitung", damit zu rechnen sein, daß, nachdem die Akten der Staatsanwaltschaft zugegangen sind, in der nächsten Schwurgerichtsperiode der Mord an der Fra« Schluchter erneut eine Aufrollung erfahre» wird. Bei allem Leugnen de« Bauer wird seine mehr als zweifelhafte

Frau Lores Lebenswerk.

21) Roman von Erich Ebenstein.

«Fortsetzung.)

Mein lieber, lieber Sohn", sagte sie schüchtern voll verhaltener Zärtlichkeit,ich bin Dir ja so dankbar-Assunta ist ja so glücklich."

Ja dieser Nacht gelobte sie sich fest, daß niemand je erfahren sollte, wa» ihr Jonathan Schwalbing verraten hatte.

9. Kapitel.

Ei» heißer Sommer war vorüber, dem ein gesegneter Herbst gefolgt war. Nun standen die Bäume schon kahl in der feuchtkühlen Luft, und die Wiesen färbten sich bräunlicher mit jedem Tag.

Nur in der Villa Retiro herrschte immer noch Frühling. Dort brachte Fern- seinem jungen Weibe täglich so viel Blumen au» der Stadt mit, daß alle Gläser vollstanden, und man den Herbst draußen ganz vergaß.

Und sie mußte in den wohlig durchwärmten Zimmern die Helle», duftigen Gewänder de» Sommer» beibehalte«, die er mit so großer Sorg­falt und Fachkenntni» eigenhändig für sie gewählt hatte. Denn die Trauer hatte Lanzendorf, wenigsten» für da» Hau», bald abgeschafft.

Es wäre Sünde wider die Natur, diesen blühenden Leib in Trauerfahnen zu wickeln," sagte er entschuldigend zu Mama.Auch ist da» doch nur eine Sache der Konvenienz, in Wahrheit hängt Pietät nicht an den Kleidern."

Mama war, wie immer, mit allem einverstanden, wa» er für gut fand, obwohl sie manchmal im Stillen dachte, daß da» WortPietät" ihm doch wohl ei« fremder Begriff sei« müsse.

Wie hätte er sonst auch auf die Idee kommen können, de« schöne«

alten Opalring, welchen sie Assunta am Hochzeitstag angesteckt hatte, in eine moderne Fasson umfassen zu lasse«?

Mutter und Tochter hatten diese barbarische Idee entsetzt zurückgewiese» und ihm begreiflich zu machen versucht, daß da» Aparte de» Ring» eben in der zierlichen antiken Fassung läge. Aber es machte keinerlei Eindruck und schließlich ließ er den Ring einfach ohne Assunta» Zustimmung heimlich umfassen.

Jetzt ist er schön," sagte er dann befriedigt.Ich konnte e» nicht sehen, daß Du den altmodischen Krimskram« trägst. Wir sind Kinder unserer Zeit und sie allein soll geben, wa» wir brauchen."

Frau Lore sagte nicht». Im Stillen tat e» ihr weh und sie fand da» sezessionistische Gebild abscheulich. Dann dachte sie mit einem kleine« Seufzer:Ach ja, er ist ein Kind seiner Zeit. Ganz, bi» in die Fingerspitzen." Und diese Zeit wurde ihr immer fremder. ES war etwa» Brutale» in ihr, da» sie nie begreifen würde.

Uebrigen» standen sie sich sehr gut miteinander, sie und Lanzrndorf. Frau Lore vermied e» mit feinem Takt, ihre Tochter zu einer Zeit aufzusuche«, wo Ferry daheim war. Sie kam meist nachmittag«, wenn Ferry in der Fabrik weilte, und entfernte sich pünktlich wenn die Zeit nahte, in welcher Assunta ihren Mann von dort abholen ging.

Einmal in der Woche kamen Lanzendorf» abend» zu Tisch «ach der Villa Fabriziu». Da» waren Festtage für Mama. Sie wußte gar nicht, wa» sie alle» anrichten sollte und war selig, wenn Ferry sich alle die Delikatesten gnädig schmecken ließ und sie ihm die Taschen voll feiner Zigarren stopfen durfte.

Im übrige« gehörte ihre Zeit jetzt zum größte« Teil Eva, die ihren Rat bei aller Anschaffung wünschte und sich überhaupt herzlicher an sie schloß, als zu Anfang.

Rudi kam so oft al» möglich von Schlohstädt »ach G., Mutter und Braut zu besuchen, aber Fra« Lore hatte jedesmal deutlicher da» Gefühl,