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Wr. 55.

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Donnerstag dm 11. Mai

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1893.

Amtliches.

Nachdem durch kaiserliche Verordnung vom 6. ds. Mts. die Vornahme der neuen Wahlen zum Reichstag auf Donners­tag den lb. Juni 1893 anberaumt worden ist, wurde verfügt, daß die öffentliche Auslegung der Wählerlisten in sämtlichen Ge­meinden des Königreichs am Sonntag den 14. ds. Mts: zu be­ginnen hat. Zum Wahlkommissär für den VII. Wahlkreis (Calw, Herrenberg, Nagold, Neuenburg) wurde Oberamtmann Völter in Herrenberg, für den VIII. Wahlkreis (Freudenstadt, Horb, Obern­dorf, Sulz) Oberamtmonn Bamcs in Freudenstodt, bestellt.

Die Präparondenprüfung haben u. o. mit Erfolg bestanden und wurdin in das Seminar Nagold ausgenommen: Gotthilf Brucklachec von Freudei stodt, Johannes Dürr von Gaugenwald, Wilhelm Harr von Nagold, Gotthold Häußler von Nagold, Heinrich Löffelhaidt von Nagold, Albert Sattler von Decken- pfronn, Wilhelm Schwarz von Gechingen, Samuel Stockmayer von Haiterbach, Heinrich Weiß von Gechingen.

Versetzt wurde, seinem Ansuchen entsprechend, auf eine Eisenbahnsekretärstelle bei der Generaldirektion der Staatseisen­bahnen der Bvhnhosverwalter 2. Klasse Walther in Sulz (früher Stadtschultheiß hier).

Gestorben: Bortenwacher Graner, Nürtingen; Gerichts­diener Asch, Marbach; Landgerichtsrat Lämmert, Stuttgart; Gott­lieb Beutter zur Traube, Brackenheim; Distriktstierarzt Stöckle, Langenau; pens. Oberlehrer Kautter, Heslach ; Pfarrer a. D. Amthor, Degerloch.

Zur Reichstagsmiflösung

sind folgende Mitteilungen der Presse und Kundgebun­gen der Parteien von Interesse:

Der jetzt aufgelöste Reichstag hat genau drei Jahre gedauert; am 6. Mai 1890 trat er zum erstenmale zusammen, am 6. Mai 1893 wurde er aufgelöst. Die neue fünfjährige Legislatur-Periode ist also bet ihrem ersten Versuch nicht über die drei­jährige hinausgekommen. Es ist jetzt das drittemal, daß der Reichstag aufgelöst wird. Die erste Auf­lösung erfolgte 1878 nach den Attentaten, die zweite 1887 nach Ablehnung des Septennats. Beidemale hat die Regierung mit dem aus den Neuwahlen her­vorgegangenen Reichstag ihren Willen durchgesetzt, das erstemal das Sozialistengesetz, das zweitemal das Septennat. Wird sie auch zum drittenmal Sieger bleiben?

Die Auflösung des Reichstags hat eine unmittel­bare Folge gehabt, die auch für unser württembergi- sches Parteileben von Bedeutung ist: Die bisherige freisinnige Partei ist in einen demokratischen und einen liberalen Teil auseinander gegangen und der elftere trifft Anstalten, wenn nicht zu einer förmlichen Fusion,

so doch zu einer engen-Fühlung mit der süddeutschen Volkspartei. Den Anlaß zum Bruch gab Richter durch einen Antrag, den er am Samstag abend in der Frak­tionssitzung stellte und welcher dahin ging, auszuspre- chen, daß die sechs Abgeordneten, welche für den An­trag Hucne stimmten, sich zur Partei in einen unlös­lichen Widerspruch gestellt haben. Virchow versuchte, die Einheit der Partei zu retten, indem er vorschlug, man möge es wenigstens erst einmal versuchen, ob nicht doch ein Wahlaufruf zu formulieren wäre, der einen Ausgleich zwischen den beiden Flügeln der Partei darstelle. Es wurde aber der Antrag Richter mit 27 gegen 22 Stimmen angenommen. Die 22, die sich somit von Richter trennten, sind folgende: Hänel, Bombergcr, Barth, Brömel, Rickert, Schräder, Dohrn, Hinze, Gutfleisch, Wildbrandt, Funck, Pachnicke, Alt- Haus, Scellg, Horwitz, Eoldschmtdt, Macger, Alexan­der Meyer, Siemens, Koch, Berling, Lorenzen.

DieNordd. Allg. Zig." schreibt zur Auflösung des Reichstags: Durch die gestern erfolgte Auflösung des Reichstages haben der Kaiser und die verbündeten deutschen Regierungen sich an die Nation selbst um Entscheidung in einer Sache gewendet, zu deren erfolg­reicher Lösung sich deren parlamentarische Vertretung unbefähigt erwiesen hat. Gewählt in einer Periode kritischer Gährungen hat dieser Reichstag angesichts der ersten großen nationalen Angelegenheit versagt, für welche seine Mitwirkung in Aussicht genommen wurde. Es wird jetzt die Aufgabe aller, die dazu berufen sind, sein, dafür zu sorgen, daß den weitesten Kreisen der Wähler das richtige Verständnis und Be­wußtsein von dem Gewicht ihrer Aufgabe nicht fehle, wenn sie berufen sein werden, durch die Abgabe ihrer Wahlstimme über die Geschicke des Vaterlands mit zu entscheiden. Je ernster es die intelligenteren und gebildeteren Teile der Nation mit ihrer Pflicht, dieses Verständnis in das Voik zu tragen, nehmen, desto besser werden sie sich um das Vaterland verdient machen.

In dem veröffentlichten Wahlaufruf der Reichs­partei wird energisch für die Militärvorlage im all­gemeinen eingetreten. Sodann heißt es wörtlich: Die gedeihliche wirtschaftliche Entwicklung Deutsch­lands beruht auf dem von dem Fürsten Bismarck in unftre Wirtschaftspolitik ein geführten Grundgedanken des gleichen Schutzes aller Zweige der nationalen

Arbeit und der gleichmäßigen Förderung der Interessen von Landwirtschaft, Industrie und Handwerk, welche schwer um die Existenz ringen."

E. Richter und Payer erlassen vereinigtimAuf- trag" (wessen ist nicht gesagt) folgenden Wahlaufruf: Die Reichsregierung hat dem Reichstag die Annahme eines Gesetzes angesonnen, welches eine Steigerung der Militärlasten in sich schließt, größer als in allen Vorlagen seit 1872 zusammengenommen. Der Reichs­tag prüfte und seine Mehrheit fand, daß bet der Stärke unseres Heeres und unserer Rüstung, bei der wirtschaftlichen Bedrängnis großer Volkskreise, bei den Fehlbeträgen im öff. Haushalt, dem bedrohlichen Anwachsen der Steuerlast und der Reichsschuld die Annahme der Vorlage eine schwere Gefahr für die gedeihliche Entwicklung unseres Staats- und Erwerbs­lebens bedeutet. Diejenige Vermehrung der Kriegs­stärke, welche innerhalb der gegenwärtigen Friedens­präsenz durch die dauernde Einführung der zweijährigen Dienstzeit erreichbar ist, waren auch wir Gegner der Vorlage zu sichern bereit. Aber die Regierung be­stand, ohne in einem wesentlichen Punkt nachzugeben, auf ihren hohen Forderungen; dazu sollte die zwei­jährige Dienstzeit nach 5 Jahren widerruflich sein. Nach Zurückweisung solcher Forderung ist der Reichs­tag aufgelöst worden. Neuwahlen sind zum 15. Juni ausgeschrieben. So hat die Wählerschaft nun selbst die Entscheidung zu treffen. Scharf und klar muß sie erkennen, worauf es ankommt, und den Blick sich nicht trüben lassen durch trügerische Vorspiegelungen, wie sie bei der Auflösung des Jahres 1887 mit Er­folg versucht worden find. Geht aus den Wahlen eine gefügige Mehrheit hervor, so ist rücksichtsloser Steigerung der Militärlasten auch in anderer Rich­tung keine Grenze mehr gesetzt. Mit der fortgesetzten Erhöhung der Verbrauchsabgaben treibt die Finanz­not des Reiches der Einführung von Monopolen ent­gegen. Die Neuwahlen gelten für die lange Dauer von 5 Jahren. Schroff in der Abweisung volkstüm­licher Reformen, erweist sich die Regierung schwach gegenüber den Planen des Rückschritts. Das Recht der Freizügigkeit, die Solidität der deutschen Währung, die Erweiterung des Absatzes im Auslande durch Handelsverträge sind bedroht. Der Bund der Sonder­bestrebungen fordert Preisgabe allgemeiner Interessen

Aer zweite Mann.

Erzählu.ng von Ewald August König.

(Fortsetzung.)

Elisabeth erwiderte darauf nichts, sie warf ihrem Bruder einen warnenden Blick zu, dann erhob sie sich, um ihre Gäste in das Speisezimmer zu führen, wo die gedeckte Tafel ihrer schon harrte. Nach Tisch kehrten die Damen in den Salon zurück. Grüner begleitete sie. HaWädt und Griesheim gingen in ein anderes Zimmer, das der letztere als seine Bib­liothek und sein Rauchkabinett bezeichnete.

Auch dieser Raum war mit Komfort und Ele­ganz ausgestattet; ein Schrank mit Glasthüren ent­hielt prächtig gebundene Bücher, auf dem Tisch lagen Zeitungen und Broschüren und auch für den Raucher war alles, was er nur wünschen konnte, vorhanden.

Sie dürfen wählen," sagte Griesheim in hei­terem Tone, nachdem der alte Herr sich in einen Sessel niedergelassen hatte;wünschen Sie eine tür­kische Wasserpfeife, ein deutsches Weichselrohr, eine kräftige Zigarre oder eine italienische Zigarrette."

Ich bitte um eine Zigarre."

Sie sollen eine echte Havanneserin haben; ich für meine Person ziehe mir eine Wasserpfeife vor."

Hallstädt zündete die Zigarre an und lehnte sich in den Sessel zurück, der Dinge wartend, die nach seiner Vermutung nun kommen mußten.

Drüben pflegten wir in der Stunde der Siesta ein Spielchen zu machen," nahm Griesheim nach einer Pause das Wort;die Zeit wurde damit an­genehm vertrieben."

Aber die damit verbundene Aufregung schadet der Verdauung."

Im Gegenteil, sie befördert sie."

Das kann ich nicht glauben."

Und ich stütze mich bei dieser Behauptung auf das Urteil einiger Aerzte, mit denen ich mich darüber unterhalten habe. Im übrigen weiß ich von solcher Aufregung nichts, mir ist es ziemlich gleichgültig, ob ich gewinne oder verliere; der Gewinn bereichert mich nicht und ein Verlust kann mich nicht ruinieren."

Er hatte sich erhoben und aus seinem Schrank ein kleines elegantes Kästchen geholt, das er jetzt vor sich auf den Tisch stellte und öffnete.

Kennen Sie Pharao?" fragte er, während er einige Kartenspiele auf den Tisch legte, die sich noch in Originalverpackung befanden.

Hallstädt nickte zustimmend, es war ihm, als lege sich ein Schleier vor seine Angen, er konnte das nur der Wirkung des schweren, feurigen Weines zu­schreiben, den er bei Tisch getrunken hatte.

Wohlan, hier haben Sie ein Buch Karten; ist es Ihnen angenehm, wenn wir den niedrigsten Satz auf fünf Franken feststellen?"

Ich habe nichts dagegen, aber Pharao zu Zweien"

Bietet dem Bankier allerdings geringe Chaneen, aber wir spielen ja nicht, um zu gewinnen, sondern nur zum Zeitvertreib."

Der alte Herr nickte wieder und legte seine Karten vor sich, um zu pointieren.

Er wußte, daß er verlieren würde, aber er

wollte diesmal scharf aufpassen und bei der ersten Gelegenheit den Betrüger entlarven.

Seine Vermutungen schienen sich nicht verwirk­lichen zu wollen; er gewann, dann traf ihn ein kleiner Verlust, aber die nächste Taille brachte ihm dafür wieder reichen Gewinn.

Und was er nicht gewollt hatte, das geschah, der Gewinn entfesselte die Leidenschaft und bald achtete Hallstädt nicht mehr daraus, wie die Karten abgezogen wurden, sondern wie sie fielen. Er wurde immer erregter, und als nun langsam der Umschwung eintrat und ein Satz nach dem andern in die Kasse des Bankiers wanderte, war die Erregung so groß, daß er dem Spiel überhaupt keine Aufmerksamkeit mehr schenken konnte.

Griesheim bot ihm eine neue Zigarre an; nach­dem sie angezündet war, nahm das unterbrochene Spiel seinen Fortgang.

Der alte Herr holte seine Portefeuille aus der Tasche und legte einige Tausendfrank-Billets auf den Tisch, die Griesheim sofort in Gold umwechselte.

Und auch diese Goldrollen schwanden, sie flössen wieder zurück in die Kasse, aus der sie gekommen waren.

Hallstädt fühlte einen stechenden, brennenden Schmerz im Kopfe; wohin er nur blicken mochte, alles tanzte vor seinen Augen es war ein Rausch, der immer stärker wurde und den er sich nicht erklären konnte.

Gewaltsam raffte er sich auf, mit einer heftigen Geberde schob er die Karten zurück.