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1893.
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Amtliches.
> ^ Nagold.
Verhaltungs- uud Borsichtsmatzregel« gegen d e Maul- und Klauenseuche.
Die Nachstehenden von dem Vertreter des Kgl. Medizinalkotlegiums, Tierärztliche Abteilung, im vorigen Herbst bet seiner Anwesenheit im Bezirk dringend empfohlenen Verhaltungs- und Vorsichtsmaßregeln gegen die Maul- und Klauenseuche werden htemit wiederholt zur öffentlichen Kenntnis gebracht.
1) Die Stallungen find täglich mehrmals zu lüften und überhaupt für einen mäßig kühlen Stall zu sorgen. Wenn die Tiere Schüttelfrost zeigen, so kommt dies in der Regel nicht von der Lüftung, sondern von dem mit der Krankheit verbundenen Fieber. In solchem Falle sind die Tiere auf der Ham mit Branntwein einzuspritzen, mit Strohwischen gut abzureiben und nachher mit wollenen Decken gut zuzudecken.
2) Im Stall soll die größte Reinlichkeit herrschen. Der Dünger muß täglich mehrmals entfernt jwerden und der Stallboden ist möglichst trocken zu halten. Es empfiehlt sich zuerst eine Schichte Sägmehl einzustreuen und dann Stroh oder Moos darauf zu geben.
3) Alles Rauhfutter ist zu vermeiden und den ^Tieren nurweiches Futter zu geben: feines Wiesenheu oder weiches trockenes Gras, Kteientrank, gekochte oder angebrühte Rüben, Angersen, Kartoffeln, 'Leinsamen u. s. w. auch wird den Tieren mehrmals ^täglich frisches Wasser geboten. Wenn die Tiere in den ersten Tagen dieses Futter verschmähen, so darf es ihnen nicht aufgezwungen werden, namentlich sind ihnen diese Futtermittel nicht einzuschütten, da durch das erschwerte Schlucken diese Flüssigkeiten oftmals anstatt in den Schlund in die Luftröhre gelangen und hier eine tätliche Lungenentzündung verursachen. Das vielfach geübte Ausreiben des Maules der Tiere ist ebenfalls zu unterlassen.
4) Als Heilmittel ist vom K. Medizinalkollegium, Tierärztliche Abteilung, das Pyokianin emp sohlen, welches nach der gemachten Erfahrung sich bis jetzt am besten bewährt habe. Von diesem Mittel werden 2 Gramm in 1 Liter Wasser gelöst und morgens und abends je Vs Liter dieser Lösung mit einer
Spritze von der Seite, nicht von vorn in das Maul gespritzt, bis die ganze Maulschleimhaut von der Lösung blau gefärbt ist. Mit der gleichen Lösung sind die Klauen zu benetzen, namentlich ist dieselbe in die entstandenen Klüfte und Fisteln gut einzuspritzen. Das losgetrennte Horn an der Fußsohle ist vorher wegzuschneiden, damit sich kein Eiter oder sonstiger Unrat ansammeln kann. Ueberhaupt ist die größte Reinlichkeit an den Klauen anzustreden.
5) Zur Verhütung der Verschleppung der Seuche find Dunglegen und die Gülle zu desinfizieren. Es ist zu diesem Zweck Eisenvitriol, welches auf Gemeindekosten beschafft werden kaün, zu lösen (Vi Pfund aus 3 Liter Wasser) und täglich der frische, auf die Dunglege gebrachte Mist zu übergießen. Namentlich ist dafür zu sorgen, daß keine Mtstjauche in den Ortsstraßen herumläuft und die Hofplätze immer gereinigt sind, damit von fremden Personen, welche die Orte durchreisen, die Seuche nicht verschleppt wird.
Die Schultheißenämter werden angewiesen, Vorstehendes in den Gemeinden sofort wiederholt allgemein bekannt zu machen.
Da durch den Hausierhandel mit Vieh im v. I. die Seuche in den Bezirk etngeschleppt worden ist, so erscheint diesem Handel gegenüber besondere Vorsicht geboten.
Den Gemeindebehörden wird anheimgegeben, zum Schutz der Vtehbesttzer hiewegen das Erforderliche vorzukehren.
Den 3. Mai 1893.
K. Oberamt: Vogt.
Die von der Freih. v. Gültlingenschen Patronatsherrschaft dem Untertehrer Dinketmann in Hohnwetier, Bez. Backnang, erteilte patronatische Nomination auf die Schulstelle zu Gaugenwald, Bez, Calw, ist bestätigt worden.
Die K. Zentralstelle für die Landwirtschaft erläßt eine Bekanntmachung, betreffend die Aufstellung und Verbreitung von Witterungsaussichlen. Der Abonnementspreis ist der seitherige. Bestellungen sind an das Sekretariat des K. Statistischen Landes- amts zu richten.
Gestorben: Luise Rehfuß, geb. Haas, Freudenstadt; Pfandkontrolleur a. D. Schaible, Cannstatt; Privatier Kolb, Stuttgart.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 3. Mat. Zweite Beratung der Militärvorlage. Gröber spricht als Berichterstatter über
die Kommisstonsbeschlüsse. Er erklärt bezüglich der ablehnenden Haltung der Mehrheit der Kommission, das Ausland werde das deutsche Volk geeignet finden, wenn es gelte, für die Verteidigung des Vaterlands Opfer zu bringen. (Allsetiiger Beifall.) Unterschiede der Parteien bestehen nur bezüglich der Frage, ob es nicht besser sei, die Kräfte des Volkes im Frieden möglichst zu schonen. (Beifall links und im Zentrum.) — Reichskanzler Graf Caprivi: Die Frage, worauf es ankommt, ist vielfach in den Hintergrund getreten; den breitesten Raum nahm die Frage der 2jährigen Dienstzeit ein. Ich danke Namens der Verb. Regierungen den Konservativen, daß sie auf Seiten der Regierungen gestanden sind und das Etnzel- interesse dem Dienste des Vaterlands untergeordnet haben. (Lebh. Beifall rechts.) Wir haben dieUeber- zeugung gewonnen, daß die jetzige Wehrkraft nicht ausreicht. Man sucht uns durch Zahlen zu widerlegen; diese Methode kann uns nicht überzeugen. Wir müssen beanspruchen, daß den Männern, die nicht allein in Frieden die Fragen zu erörtern haben, sondern auch im Kriege mit Ehren für die ihnen zufallenden Aufgaben eintreten müssen, ein höheres Gewicht beigelegt wird, als den anderen. (Beifall.) Wenn Moltke und Roon noch hier ständen, so würden sie unsere Forderungen noch besser vertreten, als wir es vermögen. Ich habe keinen General gesehen, der meinte, unsere Strettkräfte seien so stark, daß wir auch nur annähernd mit der Sicherheit von 1870 in den Krieg gehen könnten. Es handelt sich hier um eine Frage von solcher Bedeutung, von solchem Ernst, wie für den Reichstag wohl noch nie eine Vorgelegen hat. Es handelt sich um Ehre, Dasein und Zukunft Deutschlands. (Widerspruch links). Wir brauchen eine Verstärkung, um den Frieden zu erhalten. Auch mein Amtsvorgänger hat eine Heeresverstärkung für nötig gehalten, und ihn wird doch Jeder für ein diplomatisches Genie halten, wie es in Jahrhunderten einmal vorkommt. (Beifall). Man kann doch aber nicht erwarten, daß derartige diplomatische Phänomene immer an unserer Spitze stehen werden. (Beifall.) Wir wollen also den Frieden erhalten; wenn uns das aber nicht gelingt, so wollen wir siegen. (Beifall.) Das ganze deutsche Volk, sagt man, fürchtet nur Gott! Schön, wundervoll; aber auch die Furchtlostg«
Zer zweite Mann.
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
„Wir haben uns über ganz andere Dinge unterhalten," sagte er: „auf der Reise findet man ja so manchen Anknüpfungspunkt, da hat man keine Zeit, an vergangene Dinge zu denken."
Grüner gab sich den Anschein, als ob er durch diese Antwort befriedigt sei. Er führte jetzt den Agenten durch die Stabt, deren Sehenswürdigkeiten er ihm zeigte, obgleich es nicht das erste Mat war, daß Schüller sich in Luzern befand.
Er wich ihm nicht von der Seite, er wollte jede Zusammenkunft mit dem Abvokaden verhindern und ihn so lange überwachen, bis Schüller Luzern wieder verlassen hatte.
Gegen Abend brachte er ihn in die Restauration, in der er täglich mit seinem Schwager zusammentraf. ! „Ich werde Sie oorstellen," sagte Grüner in warnendem Tone. „Sie können über alle möglichen Dinge mit ihm reden, nur verraten Sie mit keiner Silbe Ihr Mißtrauen, sein Jähzorn kennt keine Schranken."
Sie fanden Griesheim im Gastzimmer. Der Agem wurde oorgestellt; Griesheim erzeigte ihm den Gefallen, sich einige Miauten lang mit ihm zu unterhalten, bann entfernte er sich unter dem Vorwände, daß ein leichtes Unwohlsein seiner Frau ihn nötige, heimzugehen.
Der Agent blickte ihm starr nach, sein Mißtrauen schien eher zu als abgenommen zu haben.
„Was sagen Sie jetzt?" fragte Grüner, spöttisch lachend, „hegen Sie noch immer Zweifel?"
„Glauben Sie, daß diese Zweifel so rasch schwinden?" erwiderte der korpulente Herr. „Ihr verstorbener Schwager war oft in meinem Büreau, ich habe ihn zu genau gekannt —"
„So werde ich Sie wohl in anderer Weise überzeugen müssen," sagte Grüner achselzuckend, während er ein Portefeuille aus der Tasche holte, aus dem er zwei Photographien nahm. „Betrachten Sie diese Bilder genau, dann sagen Sie mir, welches von ihnen das Porträt meines verstorbenen Schwagers ist. Nur muß ich bitten, nicht auf die Rückseite zu sehen."
Der Agent ließ den Blick lange auf den Bildern ruhen; war auch der Anzug auf beiden verschieden, das Gesicht war ganz dasselbe.
„Ich denke mir, es ist der Verstorbene in zwei verschiedenen Toiletten," urteilte er endlich.
„Werfen Sie jetzt einen Blick auf die Rückseite, dann werden Sie finden, daß eines der Bilder in Amerika angefertigt worden ist."
Der Agent schüttelte den Kopf; dieser Beweis war freilich überzeugend, aber die Zweifel wollten noch immer nicht schwinden.
„Ich versiehe das nicht," sagte er. „Ich kann nicht glauben, daß —"
„Dann werden Sie überhaupt nicht zu überzeugen sein," sagte Grüner. „Es liegt mir wenig daran, zu erforschen, welche Vermutungen Sie hegen, sicher ist es tolles Zeug, das Ihnen unnütz zu schaffen macht. Wollen Sie meinen Schwager besuchen, so
steht Ihnen das frei, jetzt aber bitte ich, das Thema fallen zu lassen, es wird immer unerquicklicher."
Schüller schwieg, was wollte er auch jetzt noch antworten.
Es half ihm nichts, die Behauptungen Gruners anzufechten, das hatte er bereits eingesehen; er konnte sie ja nicht widerlegen, da ihm die erforderlichen Beweise fehlten.
Der Advokat Varnay erwartete ihn wahrscheinlich schon, mit ihm wollte er beraten, ob und welche Schritte nun noch gethan werden konnten.
Als er sich erhob, stand auch Grüner, der ihn scharf beobachtet hatte, von seinem Sitze aus.
„Sie werden entschuldigen, wenn ich Sie jetzt verlasse," sagte der Agent; „ich habe wichtige Briefe, die ich heute morgen hier vorfand, zu beantworten, und Geschäfssachen darf man nicht aufschieben."
„Ich will Sie nicht stören," erwiderte Grüner, „aber wenn Sie erlauben, begleite ich Sie bis zu Ihrem Hotel."
Schüller nickte zustimmend, schweigend traten sie ihren Weg an.
„Werde ich morgen das Vergnügen haben, Sie wiederzusehen?" fragte Grüner nach einer Pause.
„Ich weiß es noch nicht; wahrscheinlich schlage ich mir die ärgerliche Geschichte aus dem Kopfe und reise ab."
„Sie wollen von hier nach Bern?"
„Jawohl."
„Ich werde mir das Vergnügen machen, Sie zur Bahn zu begleiten." ^