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M. 49.

Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag u. Samstag u. kostet bei der Erped., sowie im OA.- Bezirk Nagold 90^, außerhalb 1 ^ das Quartal.

Donnerstag dw 27. April

> Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig I ! und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8^1 ^ 893.

bei mehrma g>r je K auswärts je 8 s

Gestorben: Oberlehrer Laistner, Stuttgart; Schul­lehrer Schultheiß a. D., Biberach; Lehrer Traub, Stuttgart; Rotgerber Schneider, Kilchberg; Sägmühlebesitzer Lupfer, Roth a. d. R.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 21. April. Der Antrag Stadt­hagen auf Genehmigung zur strafrechtlichen Verfolgung des Abg. Heine wird der Geschäfts- srdnungskommission überwiesen. Darauf wird eine Reihe Petitionen erledigt. Der Gesetzent­wurf betr. Geltung des Gerichts-Verfafsungs- gesetzes in Helgoland wird debattelos in 1. und 2. Lesung angenommen. Es folgt 1. Beratung des Reichsseuchengesetzes. Staatssekr. Bötticher widerlegt die vorgebrachten Bedenken und bittet um schnelle Prüfung der Vorlage, da man nicht jicher sei, daß nicht auch in diesem Jahre die Cholera auftritt. Die Regierungen seien nicht sicher, einer künftigen Epidemie so wirksam wie der vorjährigen, schnell und erfolgreich entgegen­treten zu können, wenn sie nicht die in der Vor­lage verlangten Vollmachten bekommen.

' Berlin, 22. April. Fortsetzung der ersten Lesung des Reichsseuchengesetzes. Langer- haus begrüßt die Vorlage als ersten Schritt znr Schaffung einer einhettlichenMediztnalreform, wünscht aber Erweiterung der Kompetenzen des Rrichsgesundheilsrates und Einführung der obligatorischen Leichenschau. Hoeffelist eben­falls von der Notwendigkeit der Vorlage über­zeugt und hält internationale Abmachungen zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten für notwendig. Molkenbuhr verlangt vor Allem Schaffung besserer Wohnungsverhältnifse, die überall, nicht nur in Hamburg, zu wünschen übrig ließen. Ein Vertagungsantrag wird an­genommen. Zur Geschäftsordnung fragt Man­te uff el an, ob der Abg. Ahlwardt Schritte Leim Präsidenten gethan habe, auf dem Wege eines Antrags seine frühere Behauptungen hier zu beweisen. Präsident v. Levetzow: Ahlwardt hat mir heute einen genügend unterstützten An­trag überreicht auf Einsetzung einer Kommission von 21 Mitgliedern, die prüfen soll, ob und wieweit der Inhalt der von Ahlwardt über­

gebenen Akten die von ihm in den beiden letzten Sitzungen des Reichstags vor den Ferien gegen frühere und jetzige Mitglieder des Reichstags und des Bundesrats erhobenen Anschuldigungen rechtfertigt. Auf die Anfrage, wo denn die Akten seien, antwortete Ahlwardt, er habe sie nicht hier, wolle sie aber sofort holen. Er ver­ließ das Haus und versprach wiederzukommen, ist aber noch nicht erschienen. (Heiterkeit.) Der Präsident schlägt vor, diesen Antrag auf die nächste Tagesordnung (Dienstag) zu setzen, un­ter der Voraussetzung, daß inzwischen die Akten cingegangen sein werden. Das Haus beschließt demgemäß.

* Berlin, 25. April. Der Präsident er­teilt Ahlwardt das Wort zur Darstellung der Dinge, welche er beweisen will. R i ch t e r (d.fr.) bittet, Ahlwardt das Wort zu der ihm not­wendig scheinenden Erklärung, nach keiner Rich­tung zu beschränken. Der Präsident sagt dies zu. Ahlwardt (Antis.): Bezüglich des Jnvaliden- fonds besitze ich keine Akten, welche vorgängige Verhandlungen mit Börsenkreisen erweisen. (Un­ruhe; Zurufe.) Die Presse hat meine Behaup­tungen vielfach verdreht. Ich werde beweisen, daß die Bankiers Bletchröder und Hansemann unter Mithilfe des damaligen Direktors der Diskontogesellschaft Miquel das deutsche Volk um viele hundert Millionen schädigte. Redner gibt zu, die bezüglichen Akten von einem ent­lassenen Angestellten der Diskontogesellschaft erhalten zu haben. Miquel habe als Direktor der Diskontogesellschaft auch für eigene Rechnung Geschäfte gemacht. Redner benennt eine Anzahl bekannter verunglückter Gründungen, womit er Miquel in Verbindung bringt. Es sei ihm nur um das Wohl des deutschen Volkes zu thun, er sei entfernt davon, einen Mann anzu­greifen. (Schallendes Gelächter.) Mein Wille ist nur, Schäden aufzudecken. (Rufe: Jawohl!) Ahlwardt: Herr Rickert ruft Jawohl, obwohl er als Direktor der Judenschutztruppe 20000 Mk. bezieht. (Stürmische Heiterkeit.) Ich werde noch andere Namen nennen. (Rufe: Alles Lüge und Verläumdung! Ein Lügner sind Sie!

(Lärm.) Ich bitte Sie, meinen Antrag anzu­nehmen und auch den Abg. Ptckenbach (Antis.) in die Kommission zur Prüfung meiner Akten zu wählen. Der preuß. Finanzmintster Miquel erklärt: Wenn es sich nur um Ahlwardt handelte, würde er nicht antworten, da aber Ahlwardt die Ehre hat, ein Vertreter der deutschen Nation zu sein, so muß ich im Interesse der öffentlichen Moral seine unwahren Behauptungen entschieden zurückwetsen. (Bravo!) Man werde ja sehen, ob dieser Kato außerhalb des Hauses den Mut hat, Gleiches zu behaupten: dann werde er bald Hrn. Joachin Gehlsen (lebt nach seiner Ver­urteilung in England) Nachfolgen. Der Minister legt die einstigen Verhältnisse der rumänischen Eisenbahnen ausführlich dar. Die Diskonto- gescllschaft und Bleichröder verloren ihr Geld daran, das bedrohte deutsche Kapital wurde aber durch das Eingreifen der Bankhäuser ge­rettet. (Hört!) Schatzsekretär v. Maltzahn erklärt: Ahlwardt nahm heute die Behauptungen betreffend den Jnvalidenfonds zurück. Die Kom­mission wird die übrigen Behauptungen als ebenso unbegründet erweisen. (Beifall.) Bennig­sen erklärt unter allseitigem Beifall: Er habe bet der Mitgliedschaft des Komites für die Hannover-Altenbekener Bahn niemals irgend welchen Vorteil gehabt. E. Richter beweist, daß Ahlwardt sogar das stenographischeProtokoll falsch vorgelesen habe. Ahlwardt habe seine heutige Rede bereits gestern für 20 Pf. Entree gehalten. (Beifall und Gelächter.) Die Kom­mission müsse diesen Menschen abthun und ihm den moralischen Ekel des Reichstags zu erkennen geben. (Lebhafter Beifall.)

Laa-eSuachrichteu.

* Alten steig, 26. April. Ueber die Wirkung der neuen Handelsverträge spricht sich der Jahresbericht der Handels- u. Gewerbekammer Rottweil dahin aus, daß dieselben "wesentl ich en Schaden im Gefolge gehabt haben. Am schlimmsten sei die Lederindustrie getroffen worden; ihr Absatz werde unter der sich ent­wickelnden Konkurrenz immer schwieriger. (Diese

«Nachdruck verboten.)

Der- zweite Mann.

Erzählung von Ewald August König.

(Fortsetzung.)

Schlagen Sie mir einen Ort vor, an dem wir heute abend zusammen kommen können, ohne befürchten zu müssen, daß wir belauscht werden."

Kennen Sie das Hotel St. Gotthardt?"

Ich war noch nie in Luzern."

Es ist leicht zu finden wenn Sie über die Brücke gehen, liegt es vor Ihnen. Dieses Hotel hat ein sehr gemütliches Restaurations­lokal, kort will ich Sie heute abend erwarten."

Abgemacht; ich werde mich einfinden," nickte Gustav.

Eine Viertelstunde später legte das Schiff an.

Im Gedränge sah Gustav den Agenten wieder an seiner Seite; rr wollte eben die Frage an ihn richten, welchen Weg er einschlagen müsse, um bald denSchweizerhof" zu erreichen, als er bemerkte, daß sein Begleiter plötzlich mit sichtbaren Zeichen der Bestürzung stehen blieb.

Roderich Griesheim!" sagte der Agent mit heiserer Stimme;ich kaffe mich köpfen, wenn er es nicht ist!"

Roderich Griesheim!" wiederholte Gustav erstaunt, indes sein Blick starr auf dem Gatten Elisabeths ruhte, der höflich grüßend ihm näher trat.

Verzeihen Sie, mein Herr. Sie nannten den Namen meines verstorbenen Bruders," wandte Griesheim sich zu dem Advokaten,Sie waren wohl mit ihm befreundet?"

Ich muß gestehen, daß diese Aehnlichkeit mich frappiert," erwiderte Gustav. Allerdings kannte ich Ihren Bruder, aber sein Freund bin ich nie gewesen. Ich bin Rechtsanwalt Varnay, vielleicht haben Sie schon früher meinen Namen gehört."

Ich erinnere mich allerdings, wenn auch nur dunkel," entgegnete Griesheim.Wenn ich nicht irre, haben Sie vor einiger Zeit an meine Frau geschrieben. Kommen Sie in dieser Angelegenheit hierher, so sage ich Ihnen im voraus, daß Sie nichts ausrichten werden."

Ich denke nicht daran die Angelegenheit ist längst act». gelegt. Ich werde mir aber dennoch die Ehre geben, Ihrer Frau Ge­mahlin meine Aufwartung zu machen."

Der Agent schritt kopfschüttelnd von dannen; er blickte im Weiter­gehen sich noch einmal nach Griesheim um.

Gehört der Herr zu Ihnen?" fragte der letztere.

Nein," antwortete Gustav in unbefangenem Tone.Ich sah ihn vorhin aus dem Boot und meine freilich, ihm früher schon begegnet zu sein; aber mit Sicherheit kann ich mich dieser Begegnung nicht erinnern und der Mann interessiert mich zu wenig, als daß ich mir seinetwegen den Kopf zerbrechen möchte. Sie gestatten mir wohl, daß ich mich jetzt ins Hotel verfüge, um Toilette zu machen"

Welches Hotel haben Sie gewählt?"

Den Schweizerhof."

Wir stehen bereits vor ihm," sagte Griesheim, auf das stattliche Hotel zeigend, dann entfernte er sich grüßend.

Rasch durchwanderte er die Straßen, bis er seine Wohnung erreicht hatte.

Das Haus, in welches er eintrat, war äußerlich ziemlich unschein­bar, im Innern aber sehr elegant und geschmackvoll eingerichtet, die Ausstattung eines jeden Raumes zeugte von der Wohlhabenheit der Bewohner.

Elisabeth befand sich im Wohnzimmer, das ihr Bruder mit großen Schritten durchmaß.

Jetzt ist er selbst gekommen, er wird sogleich hier sein," sagte