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M. 39.
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Samstag dw i. April
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Astern.
Des Winters starre Bande sind gesprengt,
Ein Frühlingsahnen strömt durch Wald und Auen, Vergangen ist, was uns das Herz beengt,
Die eis'ge Rinde und des Nebels Grauen.
Vom Kirchturm laut die Glocke zu uns spricht Und kündet frohe Botschaft allen Landen:
Das Grab behielt den Welterlösei nicht,
Er ist zu ew'gem Leben auferstanden!
Welch' banger Zweifel faßt dich, armes Herz?
Die Engelsbotschaft ist an dich ergangen!
Nun blicke um dich, blicke himmelwärts,
Dann weicht der Zweifel, der dich hielt umfangen. Hörst du, wie jubelnd dich die Lerche grüßt?
Sie preist den Schöpfer für das neue Leben.
Sieh um dich, wie es treibt und grünt und sprießt, Wie alle Knospen nach dem Lichte streben.
Zum Lichte, zu dem Hellen Gotteslicht,
Das mild durchflute unsrer aller Herzen,
Das siegreich unsres Zweifels Wahn durchbricht,
Und lindert alle Erdennot und Schmerzen.
Das als ein Strahlenglanz um Jesu Haupt Die Wahrheit leuchtend weit umher verbreitet!
Heil allen, die ihr fromm und ehrlich glaubt,
Euch ist das Los der Seligen bereitet!
Hienieden reifet keine Seligkeit;
Vergebens unser Hoffen, unser Trachten!
Hier herrscht der Bruderzwist, der Meinungsstreit,
Hier liefern Neid und Bosheit ihre Schlachten. Vergeblich tönt das Auferstehungslied,
Man hört im Lärm die frohe Botschaft nimmer,
Der Mensch zwar fühlt's im innersten Gemüt,
Die Menschheit aber wird nur schlimm und schlimmer.
Und dennoch ist uns dieses Fest geweiht,
Das Osterfest mit seinem vollen Segen.
Als Mahnruf in der traurig-ernsten Zeit,
In der sich alle schlimmen Geister regen.
Vergebens töne nicht der Gnodenruf,
Der uns verheißt das Sprengen harter Banden,
Des Osterfestes hoher Weiheruf:
Auch uns ist heut' der Heiland auserstanden!
* Gestorben: Stadtpsarrerswitws Bertha Lessing, geb. Majer, Tübingen; Bautechniker Moriz Sailer, Stuttgart-Pilsen; Georg Bauer, früher Kunstmühlebesitzer in Pfullingen, Eningen.
D Frankreichs Thronanwärter.
Als vor einigen Jahren der Wilson- Skandal mit allen seinen Anhängseln das Ansehen der französischen Republik erschütterte, rüsteten sich die Prätendenten. Der dicke Prinz Plon-Plon von der Schweiz aus, sein rebellischer Sohn Prinz Viktor in Brüssel und der Graf von Paris in England. Alle warteten nur des Rufes, um Frankreich zu retten. Der Ruf erfolgte damals so wenig wie heute; inzwischen ist der „rote Prinz" Jerome Napoleon zu fernen Vätern versammelt worden — ein Thronanwärter ist heute weniger vorhanden, aber das französische Volk scheint sich wiederum die Wahl zwischen beiden ersparen zu wollen. Die Nachwahlen, die am Sonntag stattgefunden hoben, sind sämtlich republikanisch ausgefallen und zwar auch zwei in solchen Wahlkreisen, die bisher monarchistisch gewählt hatten.
Wenn jemals der eine oder der andere Thronanwärter Frankreichs Aussicht auf Erfolg für seine Bestrebungen hätte haben können, so wäre dies jetzt der Fall gewesen, da viele der angkschendsten Männer der Republik durch den Pünamakoih beschmutzt dastchen. Das französische Volk ist aber offenbar nicht der Mein
ung, daß man dem System die Schuld für Dinge aufbürden soll, die den einzelnen Personen zur Last fällt. Dann kommt aber die Prüfung hinzu, denen die Franzosen die Thronanwärter unterziehen, und diese Prüfung fällt nicht zu Gunsten der Prätendenten aus.
Das legitime Herrscherhaus ist mit dem Grafen Chambord ausgestorben. Die Legiti- misten können sich nicht aus vollem Herzen für den Grafen von Paris, das Haupt der Nebenlinie Orleans, erklären, weil ein Orleans es war, der 1792 für den Tod Ludwigs des Sechzehnten gestimmt hatte, jener Philipp Egalite, der wohl den Hintergedanken hatte, selbst einmal die Königskrone zu tragen, während Untreue den eigenen Herrn schlug: auch Philipp Egalites Haupt fiel unter der Guillotine.
Den schnöden Familtenverrat setzte vierzig Jahre später sein Sohn Louis Philipp fort. Er sollte nur als Vormund des minderjährigen Herzogs von Chambord und als „Reichsverweser" fungieren, ließ sich aber — kaum im Besitze der Macht — die Königskrone „auf- drängen". Die Revolution, der er seine Krone verdankte, schlug auch achtzehn Jahre später seinen Thron wieder in Stücke. Der Fluch der Lächerlichkeit folgte ihm in die Verbannung. Auch sein Enkel, der jetzige Graf von Paris, ist in den Augen der großen Mehrzahl der Franzosen verurteilt. Unmittelbar nach dem Frankfurter Friedensschluß, als sein Vaterland aus tausend Wunden blutete, ließ er sich von diesem Frankreich 40 Millionen auszahlen. Den Eindruck, den diese Finanzoperation hinterließ, wird er nie verwischen, auch wenn er das Zehnfache zurückgäbe. Er gibt aber nur selten, wenig und ungeschickt. Jüngst spendete er dem Gemeinderat des Städtchens Eu, wo er ein Schloß besitzt, zu gemeinnützigem Zweck die Kleinigkeit von 500 Frank und diesen Beweis seiner Großmut kommentierte er in einem pom pösen Begleitschreiben, in dem von seiner „auch im Exil nicht erkaltenden Huld und Fürsorge die Rede war. Unwillkürlich dachte jeder Leser sofort an das Gegenstück zu diesem „königlichen" Wohlthätigkeitsakt, an das Opfer von anderthalb Millionen, das eine Pariser Bankier familie im Verlaufe dieses Winters den Pariser Armen darbrachte, ohne Begleitbrief, ohne Eigen lob, ohne Reklame. Kurzum, der Graf von Paris ist ein Mann mit zugeknöpften Taschen, dem niemand etwas zuliebe thun wird, und für dessen Thronansprüche heutzutage in der dunkelsten Vendee, im hintersten Morbihan kein Bauer die Hand rühren möchte.
Prinz Viktor in Brüssel muß fast als verschollen zelten. Vor allem fehlt ihm Geld und ohne Geld oder einen historischen Nimbus kann man keine Kronen erringen. Indessen: der Panamaskandal wird dadurch nicht aus der Welt geschafft und immerhin kann derselbe demnächst bei den allgemeinen Wahlen seine Wirkungen äußern. Es ist keineswegs ganz ausgeschlossen, daß die Verfassung Frankreichs geändert, daß dieRepublikaus einerparlamentarischen in eine konsularische verwandelt werden könnte. Die Vorliebe für persönliche Autorität, das Verlangen nach einer demokratischen Diktatur sind unausrottbar im galltjchen Temperament begründet. Das französische Königtum war fränkischen Ursprungs und hat mit der allmählichen Ausscheidung der die Nation einst beherrschenden germanisch-aristokratischen Elemente seine Stütze verloren. Die Revolution half dem urwüchsigen Galliertum zum Siege und bereitete so die D'k-
Wegen -er Osterfeiertage erscheint nächsten Dten-tag kein Blatt.
tatur vor, die zweimal ihren Ausdruck in der Herrschaft der Bonapartes fand, in dem Abenteurer Boulanger einen neuen Anlauf nahm, und in naher Zukunft irgend einen anderen volkstümlichen Heerführer an die Gewalt bringen kann.
Lasdesuachrichtea.
* Alten steig, 1. April. Vom Württ. Schutzverein für Gewerbe und Handel erhalten wir folgendes: Unsere lieben Hausfrauen, „die leider die Gewohnheit haben, dahin zu laufen, wo es scheinbar etwas billiger ist", haben im Stadtverordneten-Kollegium der Residenz Dresden eine sehr ernste Mahnung erhalten — und zwar gelegentlich eines Antrags an den Stadtrat, gegen die Dresdener Filiale des „Görlitzer Waren-Einkaufs-Vereins" vorzugehen. Dieser Moloch, der frühere Konsum-Verein in Görlitz, jetzt Aktiengesellschaft, droht durch seine Filiale auch in Dresden die kleineren Geschäfte zu verschlingen und die guten Frauen bieten durch falsche Billigkeitssucht die Hand dazu. Davon abzulafsen, wurden sie in einer längeren Sitzung des Kollegiums dringend gemahnt. Auch der „Verein Dresdener Kauflcute" wendet sich in einer sehr würdig gehaltenenBitte an das Publikum, ganz besonders an die „Dresdener Hausfrauen" und sagt ihnen u. a., daß sie bei den ca. 400 Kolonialwaren- re. Handlungen für gleiches Geld mindestens Waren von gleicher Güte erhalten. Mögen die Frauen wie das gesamte Publikum bei Zeiten etnsehen, welcheFolgen der Ruin Tausender von Geschäftsleuten nach sich zieht, mögen sie an ihre Kinder denken, die auch nach einer Existenz suchen! Den Stadtbehörden von Dresden, wie den wackeren Bürgermeistern von Spandau und Ulm für ihr mannhaftes Auftreten gegen den gefährlichen „Zug der Zeit" wohlverdienten Dank, den bedrohten Geschäftsleuten aber Mut und Ausdauer im Kampf gegen falsches Genossenschaftswesen und Kapitalismus!
* Der Altreichskanzler Fürst Bismarck begeht beute seinen 78. Geburtstag. In ganz Deutschland finden Festversammlungen und Huldigungen statt, um den Mann zu feiern, welcher einst der Bahnbrecher des Gedankens eines einigen deutschen Reiches gewesen ist. Die Vertreter der Nation stehen vor einer folgenschweren Entscheidung und so erhält im gegenwärtigen Zeitpunkt die innige Teilnahme der ganzen Nation an dem Geburtsfeste Bismarcks, die Bedeutung einer förmlichen Kundgebung, welche bar jedes parteipolitischen Beigeschmacks, in unzweideutiger Weise aller Welt zeigt, daß wir das Errungene festzuhalten und allezeit hochzuhalten entschlossen und stets bereit sind, das unverwelkltche Verdienst des eisernen Kanzlers in Dankbarkeit anzuerkennen. Unter den aufrichtigen und herzlichen Glück- und Segenswünschen, welche ihm zu seinem Geburtsfeste aus allen Teilen des Reiches zugehen, sind nicht die letzten diejenigen aus Württemberg, wo man in schwäbischer Treue den Begründer der nationalen Einheit Deutschlands allezeit ehrt und hochhält.
* (Ständische Druckschriften.) Erschienen ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Beschaffung von Geldmitteln für den Elsenbahnbau, fowie für außerordentliche Bedürfnisse der Verkehrsanstaltenverwaltung in der Finanzperiode 1893/95. Es werden u. a. verlangt: Für den Bau de,. Eisenbahn von Schramberg nach Sckiltach 550000 Mk., von Nagold nach