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Mr. 38

Erscheint wöchentl. 3nial: Dienstag, Donnerstag u. Samstag u. kostet bei der Erpeb., sowie im OA.- Bezirk Nagold 90 außerhalb 1 das Quartal.

Donnerstag dm 30. März

Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

1893.

Nagold.

Dm

welche die auf dir Hebung der Rindviehzucht im Bezirk gerichteten Bestrebungen des landwirt­schaftlichen Bezirksvereins anläßlich des Ver­kaufs von Ortginal-Simmenthaler Farren durch Ankauf solcher Farren für Rechnung der Ge­meinde wirksam unterstützt haben, wird hiemit die Anerkennung des Oberamts ausgesprochen.

Die betreffenden Gemeindebehörden werden hiemit aufgefordert, ihre Gesuche um Beiträge des Staats, der Amrskorporation und des land­wirtschaftlichen Vereins zu den Kosten der Er­werbung der Farren für Rechnung der Gemeinde, je abgesondert,

auf IS. April d. Js. dem Oberamt vorzulegen.

Den 27. März 1893.

K. Hveramt:

Vogt.

Gestorben: Karoline Weber, geb. Nestle, Freuden­stadt; Kommerzienrat Dr- Adam, München>Ulm; Buch­händler Beckh, Nürtingen; res. Posthalter Fest, Wilhelms« höhe bei Voll; Dr. med. Hettich, Stuttgart.

Laudesvachrichteu.

* Altensteig, 28. März. Im Gewerbe­verein hielt am Samstag abend Hr. Präzeptor F Metzger Knödel den in diesem Blatte angekündigten Vortrag über dieBerufswahl unserer Söhne mit besonderer Berücksichtigung der gewerblichen Verhältnisse." In der Einleitung betonte Red­ner, daß es für denMnzelnen eine Pflicht sei, sich einen bestimmten Lebensberuf zu wählen, durch welchen er zunächst seine eigene Existenz sichere, dann aber dem Nächsten und im weiteren Sinne dem Staat diene. Die Arbeit sei nicht mehr entehrend, wie im Altertum, heute gelte das Dichterwort:Arbeit ist des Bürgers Zierde". Bet der heutigen großartigen Arbeits­teilung, der Masse der Berufszwetge, sei es äußerst schwer, einen geeigneten den Verhält­nissen und Wünschen des Einzelnen entsprechen­den Beruf zu wählen (bei der Organisation des Schulwesens sei auch die Wahl der geeigneten Schule schwierig), und doch bestimme die ge­troffene Wahl des Berufs das ganze Schicksal der Person. .Vor Mißgriffen könne nicht ge­nug gewarnt werden, denn jeder Beruf erfordere eine doppelte Befähigung, eine körperliche und eine geistige, und nie sollte ein Beruf gewählt werden, der in dieser Beziehung zu hohe An­sprüche an die Söhne stelle. Eltern und Erzieher sollten niemals das Kind in ihnen beliebte beruf­liche Bahnenlenken. Als Vorbedingung in der Wahl des Berufs habe zu gelten, eine tüchtige Ju­gend-Erziehung in Haus u. Schule.

Man solle sich im Elternhause befleißigen, bei dm Kindern die geistige Veranlagung zu wecken »nd zu heben, durch geeignete Mittel den Körper zu stählen, Arbeitsamkeit, Schönheits- u. Spar­sinn, Gehorsam und Charakterfestigkeit einzu- prägev, sowie die religiös-sittliche Bildung zu pflegen, doch darf die Kraft des Kindes nicht zu sehr in Anspruch genommen werden; die Anlagen und Neigungen desselben sind möglichst frühzeitig zu beachten. Der Erziehung im Eltern- house habe sich eine tüchtige geistige Aus­bildung durch die Schule anzuschließen.

Eine solche Vorbildung sei das beste Rezept in der Wahl eines Berufs. Nicht umgangen sollte werden, des Lehrers Rat einzuholen. Den Vor­wurf entkräftete Redner, als Verschlüße sich die Lateinschule den Bedürfnissen des praktischen Lebens. Vor dem Bestreben vieler, die Berech­

tigung zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst zu er­langen, müsse gewarnt werden. Der einjähr.Dienst sei nur für die ein Vorteil, welche die zur Er­langung desselben nötigen Kenntnisse auch in ihrem künftigen Beruf verwerten können. Junge Männer, bei welchen dies nicht zutreffe, könnten ihr Geld durch den Besuch einer Fachschule bester verwerten. Die Eltern sollten sich hüten vor zu kühner Hoffnung bei begabten und vor zu bangen Befürchtungen bei schwach begabten Kin­dern. Ein großer Fehler sei noch immer, daß die geeignetsten Kräfte aus verwerflicher Eitel­keit-dem Handwerk ferngehalten würden. In demselben finde ja auch heute noch der intelli­gente Kopf ein gutes Auskommen, eine gesicherte und geachtete Existenz. Dann sprach Redner über die Volksschule, welche die Grundlage der geistigen Bildung sei, über die Gymnasien, die Realschule und die so notwendige Fortbildungsschule. Hieran schloß sich der Vortrag wichtiger statistischer Notizen über die Zahl der in den verschiedenen Berufs­zweigen Deutschlands beschäftigten selbständigen und unselbständigen Personen. Von den hier so zahlreich vertretenen Gerbern gibt es 42,442, dar­unter selbständ.24pCt., Kleinbetriebvorherrschend, viel Kapital erforderlich, Schuhmacher gibt es 419,802, selbst. 57, Schneider 249 046, selbst. 59, 50 pCt., Bäcker 173098 s. 40, Bier­brauer 60,237, s. 21, Uebergang zum Groß­betrieb, Unbemittelten abzuraten, Färbereien und Druckereien 50113, s. 18, obwohl Mittel er­forderlich, kann doch der unbem. tüchtige Mann ein schönes Auskommen finden. Hutmacher und Kürschner 82,060, 39, Hafner 35,539, 31, Kupferschmiede 10,883, 33, Konkurrenz der Eisen­industrie, Flaschner 49,341, 36, Grobschmiede 157,175, 45, Schlosser 127,231, 19; sonst ist der Prozentsatz der selbständigen Personen: Wagner 52, Uhrmacher 51, Mechaniker 30, Buch­binder 33, Sattler 47, Schreiner 41, Korbmacher 66, Drechsler 45, Seiler 51, Seifensieder 39, Buch-, Stein- und Metaüdrucker 10, Photo­graphen 49, Friseure 55. In den meisten Be­rufen fänden die Arbeiter auskömmlichen Lohn, namentlich seien dieGeschäftsleiterundVorarbeiter sehr gut bezahlt. Wer die Mittel habe, sollte den Besuch einer Fachschule sich nicht entgehen lassen. Mit der nachdrücklichen Empfehlung, daß die Ausbildung des Handwerkers nur bei tüch­tigen Lehrmeistern und in kleineren Werkstätten, wo der Lehrling Gelegenheit hat, sich in allen Zweigen des Berufs auszubilden, geschehen sollte, ferner mit dem Hinweis, daß auf der Jugend die Zukunft unseres Handwerks beruhe und mit dem Wunsche, daß das Streben und die Arbeit von Lehrherr und Lehrling das Hand­werk in seiner Blüte erhalten und fördern möge und daß ihm Erfolg und Segen zuteil werde, schloß Redner seinen lehrreichen Vortrag. Der­selbe fand die beifälligste Aufnahme von der zahlreichen Zuhörerschaft. Den gebührenden Dank brachte Hr. Gewerbevereinsvorstand Maier in einem 3fachen Hoch auf den Hrn. Präzeptor zum Ausdruck. Auf's begeistertste wurde in den Toast eivgestimmt.

* Alten steig, 29. März.Zwei Fliegen auf einen Schlag" sollen durch die Ausnützung der Wasserkraft der Kunstmühlr getroffen werden. Da das Projekt der elektrischen Beleuchtung und Kraft­übertragung (es sind 500 Lampen und 10 Mo- so günstige Aufnahme ge- auch gleich die Wafferver- und ebenfalls die Wasser- (im Besitz der Bruderhaus

tore gezeichnet) eine funden hat, soll nun sorgung durchgefühlt kraft der Kunstmühle

Verwaltung) hiezu benützt werden. Da die

Mehrzahl der hiesigen Einwohner einem zeit­gemäßen und vernünftigen Fortschritt zugethan ist, so hat auch dos zweite Projekt Aussicht auf Verwirklichung. Verfügbare Moneten dürs­ten also in nächster Zeit nicht Aussicht haben zu verschimmeln.

* Nagold, 27. März. Bei großem An­drang von Zuhörern wurde gestern im Seminar­festsaal unter der berühmten Leitung von Mustk­oberlehrer Hegele das OratoriumPaulus" von Mendelssohn aufgeführt. Die Sopran- gesängehatteFrl. Weber ausWildberg, die Tenor­partien E. Müller aus Heilbronn übernommen; statt unseres durch Heiserkeit verhinderten Baritons Müller war noch in letzter Stunde Stadtpfarrer Weber aus Wildberg eingetreten, und bei zwei Duetten wirkte Musikunterlehrer Glück mit E. Müller zusammen. Auch die Chöre sind gegen­wärtig in Männer- und Frauenstimmen gut be­setzt. Das Ganze war so pünktlich vorbereitet und tüchtig durchgearbeitet, daß nur eine Stimme des Lobes und der dankbaren Anerkennung zu hören war.

* Aus Nagold wird folgendes Jnfluenza- Geschichtchen berichtet:Hurrah,derSieg ist unser," schrieb ein Nagolder Seminarist auf einer Postkarte an einen Zögling des- linger Seminars. Da aber wie sich unsere Leser erinnern werden dieses Seminar, wie auch das Nagolder, wegen heftigen Auftretens der Influenza geschloffen worden war, fiel die Karte in des Rektors Hände. Nichts Gutes ahnend, schickte er sie seinem Kollegen nach Na­gold und jetzt kam die ganze Geschichte heraus. . . . Der Oberamtsarzt von Nagold hatte viel zu schaffen im Seminar, ein Zögling nach dem andern wurde krank, schwer krank. Das Er­brechen mehrte sich angsterregend.Herr Dok­tor, der Schwindel wird immer größer," klagt einer der Patienten, und der würdige Anstalts­arzt wiegt bedenklich sein fachmännisches Haupt. Ja, er wird immer ärger; man muß die An­stalt schließen." Und so geschah's; die Jungen hatten ihre Ferien mitten im angestrengtesten Semester und waren kaum in die heimat­liche Luft versetzt so gesund wie die Fische im Wasser; denn sie tranken daheim kein Seifenwasser mehr. Was kein Verstand der Verständigen sah, war den Nagolder Seminari­sten gelungen; sie hatten den Krankheitserreger im Seifenwaffer entdeckt und gläser- und literwets dasselbe getrunken, auch in brüderlicher Liebe das unfehlbare Rezept an dieGefangenen" zu Eßlingen versandt. Als sie aber wieder einge­zogen waren in die Seminarhallen, kamen die Strafen hageldicht über die jugendlichen Sünder, welche dem Phystkus und den Anstaltsvätern dergestalt eine Nase gedreht hatten. Einige wurden ausgestoßen, wieder andern wurden je 20 Mk. von ihren Staatsstipendien entzogen, ebenso wurden 6700 Stunden Karzer ver» hängt.

* (Verschiedenes.) In Münsingen ist am Sonntag nacht das Wohnhaus und die Scheuer des Christian Krehl vollständig abge­brannt. Man vermutet Brandstiftung. In Mergentheim hat ein Buchdruckergehilfe zu­erst seine Verlobte und dann sich selbst erschaffen.

"Augsburg, 27. März. Gestern nacht wurden zwei Infanterie-Unteroffiziere von Ar­beitern insultiert, von denen einer thätlich wurde. Der eine Unteroffizier, in Notwehr, stach mit dem Seitengewehr zu und traf den Angreifer mitten ins Herz. Er war sofort eine Leiche.