Gründe der Sparsamkeit geltend, sofern durch die Vermehrung der definitiven Richterstellen erhebliche Mehrausgaben entstehen würden. Was die Entschädigung unschuldig Verurteilter an­langt, so teilte der Minister mit, daß diese Frage ihrer baldigen reichsgesetzlichen Regelung harre, wie auch die Frage der Einführung der Berufung gegen die Urteile der Landgerichte den Bundesrat demnächst beschäftigen werde. Znm Hilfsrtchterwescn bemerkte sodann von Abel unter dem Beifall des Hauses, wenn es sich darum handle, einen unabhängigen Richter­stand zu schaffen, so könne dis Geldfrage nicht in Betracht kommen. Nach kurzen weiteren Bemerkungen wurde die Sitzung abgebrochen.

LaudeSuachrichtell.

* Alten steig, 27. März. In den näch­sten Tagen verläßt unsere Stadt Hr. Collw borator Rau, um die ihm übertragene Colla- boraturstelle an der Lateinschule in Schorndorf anzutreten. Am Freitag abend fand im Gast­hof zum grünen Baum die Abschiedsfeier statt, welche sich durch die zahlreiche Beteiligung zu einer sehr ehrenvollen Kundgebung für die scheidende Familie gestaltete. Tiefempfundene Ansprachen hielten hiebei Hr. Stadtpfarrer Hetterich und Hr. Präzeptor Knödel. Beide Redner hoben den geraden leutseligen Charakter des Beamten hervor, der seine berufliche Auf­gabe mit wirklichem Ernst erfaßt und unermüd­lich und segensreich an der hiesigen Lateinschule gewirkt habe. Das mit den besten Glück- und Segenswünschen von Hrn. Präzeptor Knödel auf Hrn. Rau ausgebrachte 3malige Hoch fand die begeistertste Aufnahme. Hr. Collaborator Rau erwiderte in längerer Rede und dankte in verbindlichster Form für die erwiesene Ehre mit dem Ansitzen, daß ec Altensteig niemals vergessen werde; sein inniger Wunsch sei, die möge Stadt auch fernerhin dem Fortschritt hul­digen, blühen und gedeihen. Einige Klavier­vorträge und verschiedene Gesangssolis trugen wesentlich zu guter Unterhaltung bei und es wurden dieselben dankbar ausgenommen. Die Versammlung löste sich erst in später Stunde auf und man trennte sich auf ein frohes Wie­dersehen. Möge der verehrten Famlilie im schönen Remsthal das Glück stets hold sein!

* Bericht über den Vortrag des Herrn Prä­zeptor Knödel folgt in nächster Nr.

* Freuden st adt, 24. März. Die Hoff­nungen unserer Murgthäler betreffs Erbauung einer Murgthalbahn find ihrer Verwirklichung wieder einen bedeutenden Schritt näher gerückt, denn der Herr Ministerpräsident v. Mitlnacht hat eine Deputation aus dem oberen Murgthal in Audienz empfangen. Diese legte betreffs der Erbauung einer Eisenbahnlinie Freudenstadt Murgthal dem Herrn Minister die Wünsche der Bevölkerung des Murgthals vor, welcher an­gesichts des dortigen großen Handelsverkehrs die Notwendigkeit des Baues einer Bahnlinie einsehend, die Deputation des wohlwollenden

Entgegenkommens, von seiten der Regierung versicherte und die Möglichkeit der Errichtung einer Vollbahn wenigstens von Freudenstadt bis Baiersbronn schon im Laufe der nächsten Etats­periode in Aussicht stellte. Auch bei der Kgl. Forstdirektton und der Kgl. Direktion für Ver- kehrsanstalten fand die Deputation freundliches Gehör.

'(Verschiedenes.) In der Gegend von Betzingen und Wannwetl wurden in des letzten Tagen größere Scharen Kiebitze, die sonst in der Gegend sehr selten sind, angetroffen. In Finsterroth wurde am Donnerstag vor­mittag der Gemeindepfleger Silier tot aus dem Mühlsee gezogen. Wie der solide, allgemein geachtete Mann, Vater von 8 Kindern, in das Wasser geriet, ist bis jetzt nicht ermittelt. In Ebingen hat sich die Frau eines dortigen braven Bürgers in einem Anfall von Geistes­störung in den Schmiechbach gestürzt; obgleich sofort Hilfe zur Hand war, konnte die Frau nicht mehr gerettet werden. In Wangen i. A. erschoß sich am Donnerstag ein Knecht, welcher längere Zeit in einer Bauernfamilie in Sechshöf, Gemeinde Ratzenried, gedient hatte, mit einem Revolver in den Unterleib und brachte sich eine lebensgefährliche Verletzung bei. Er wollte eine der Töchter des Bauern heiraten, die ihn aber verschmähte. Hierauf ging er weg, kaufte sich einen Revolver, zündete lags darauf den Hof seines Brotherrn an, welcher ganz ab­brannte und beging 24 Stunden später die be­sagte unglückselige That.

* Mannheim, 23. März. Die wichtige Erfindung des hiesigen Schneidermeisters Dowe schußfester Brustpanzer ist von einem Ber- liner Konsortium um eine Summe von unbe­kannter Höhe angekauft worden, und zwar unter Beteiligung des hiesigen Bankgeschäfts Alfred Hsinemann u. Cie. Dem Erfinder waren sehr viele Angebote gemacht worden.

* Die deutsche Elektricitätsgesellschaft, welche von der Stadt Triberg das Recht er­worben hat, die Kraft des Wasserfalles auszu­nützen, beabsichtigt nunmehr, da dieser Ort mit dem elektrischen Strome versorgt ist, die Leit­ung auch noch in weitere industrielle Gegenden des Schwarzwaldes zu erstellen. So sollen die Städte Furtwangen, Hornberg, sogar Freiburg und zunächst St. Georgen mit Licht und Kraft versorgt werden.

* Berlin, 23. März. Eine interessante Entscheidung bringt die letzie Nummer derAmt­lichen Nachrichten" des Reichsverstcherungsamts über dis Frage, ob ein durch Unfall Verletzter verpflichtet ist, sich einer im Interesse der Wieder­herstellung dringend erforderlichen Operation zu unterwerfen. Nach dem Ausspruchs des Gerichts­hofes ist die Einwilligung des Verletzten hierzu unbedingt erforderlich. Zur Begründung wird folgendes ausgeführt:Die Erteilung dieser Einwilligung zu der Operation ist ein freies Recht des Verletzten, auf welches die Gesetze

Privatanliegen. Auch die regelmäßigen Ge- sandtschaftsberichte seien wertvoll für die Regierung und können durch Zeitungsberichte nimmermehr ersetzt werden. Seit 1877 habe sich überhaupt gar nichts geändert, wodurch die Frage in eine andere Beleuchtung gerückt worden wäre. Die Ausführungen des Ministers fanden jedoch wenig Unterstützung im Haus; nur v. Schab sprach für Beibehaltung der dreiGesandtschaften, während Stälin gegen den Münchener und Wiener, Ebner und Sachs gegen den Wiener Posten sich aussprachen, wobei sie in erster Linie Gründe der Sparsamkeit geltend machten. Auch Kanzler v. Weizsäcker betonte, daß man im Volke allgemein der Meinung sei, daß unsere Ge­sandten die Interessen unserer Landsleute nicht in der Weise wahrnehmen können, wie dies wünschenswert sei. Das Ergebnis der Debatte war die Annahme des Münchener Postens, die mit großer Mehrheit erfolgte; dagegen wurde gemäß dem in der Kommission abgelehnten, jetzt aber wieder aufgenommenen Antrag Schnaidt die Exigenz für den Wiener Posten nur für 1893/94 bewilligt und für 1894/95 mit 45 gegen 37 Stimmen ab gelehnt. Der Rest des Etats des Ministeriums der auswärtigen An­gelegenheiten wurde darauf vollends ohne Debatte erledigt.

* Stuttgart, 25. März. (17. Sitzung.) Beratung des Gesetzentwurfs, betr. die Steuerbe­freiung neubestockter Weinberge. Es wurde den ab­weichenden Beschlüssen der Kammer der Standes­herren beigetreten, so daß also völlige Einigung erzielt ist. Hierauf Fortsetzung der Etatsberatung des Justizdepartements, wobei mancherleiWünsche , vor gebracht wurden. Betz rügte u. a. das zu strenge Vorgehen gegen die Militärwiderspen­stigen, die schließlich als naturalisierte Ameri­kaner wieder zurückkommen, wodurch dann das ganze gegen sie etngeschlagene Verfahren un- .giltig wird. Justizminister v. Fab er betonte dem gegenüber, daß diese Strenge ganz am Platze sei; mit dem Vertrag, der naturalisier­ten Amerikanern bei ihrer Rückkehr Straflosig­keit zustchert, sei er selbst keineswegs einver­standen, auch haben nur politische Erwägungen zu demselben geführt. Haußmann (Gera- bronn) brachte die Frage der Entschädigung unschuldig Verurteilter, ferner das Hilfsrichtec- wesen zur Sprache und führte aus, wie die Rechtsprechung darunter leiden müsse, wenn einem Kollegium Richter betgegeben werden, die, wenn sie dem Vorsitzenden nicht beipflichten, eine Zurücksetzung im Avancement 2 c. befürchten müssen. Auch Ebner und Sachs, sowie Frhr. v. Gültlingen erkannten das Be­rechtigte dieser Ausführungen Haußmanns an, und der Justizminister selbst mußte zugeben, daß ein H'.lfsrichter nicht die volle richterliche Selbständigkeit gegenüber einem Kollegialmit­glied habe; er hielt jedoch dem entgegen, daß die Einberufung von Amtsrichtern zu den Land­gerichten eine ausgezeichnete Schule für die jungen Leute sei und machte schließlich auch

Frau Griesheim war wohl nicht mit Ihnen zufrieden?"

Wer kann das behaupten? Eine andere Frage ist es, ob ich mit ihr zufrieden gewesen bin?"

Ich schließe dies daraus, daß Frau Griesheim Sie nicht mitge­nommen hat."

Ich wäre gar nicht mitgegangen," antwortete das Mädchen.In meinem jetzigen Dienst habe ich es bedeutend besser, die Herrschaft lebte in Saus und Braus und in der Küche gab es nur trockenes Brot und Kartoffeln mit der Schale, und bezahlt wurde das alles mit gestoh­lenem Gelde."

Woher wissen Sie das?" fragte der Advokat.

Na, ich werd' mir den Mund nicht verbrennen

Sie dürfen mir getrost alles sagen, Karoline, Unannehmlichkeiten sollen Ihnen daraus nicht erwachsen. Im Gegenteil, wenn ich durch Sie erfahre, was ich zu wissen wünsche, dann können Sie auf eine glänzende Belohnung rechnen."

Und was wollen Sie wissen?" forschte das Mädchen.

Nur Geduld. Ich frage noch einmal, woher wissen Sie, daß die Leute von gestohlenem Gelde lebten?"

Ich habe manches Wort gehört, ohne daß ich es wollte"

Sagen Sie nur gerade heraus: wenn Sie dann und wann ein­mal gehorcht haben, ich werde Ihnen das nicht verargen, im Gegen­teil, es wäre mir lieb, wenn Sie mir ganz bestimmte Angaben machen könnten."

Das kann ich nicht; ich weiß nur, daß die dummen Leute, die allen Versprechungen glaubten, um ihr Geld betrogen wurden. Lange Zeit ging das gut, dann aber kamen einige Personen und forderten ihr Geld zurück, und von dieser Zeit ab gab's täglich Zank im Hause."

Erhielten viese Personen ihr Geld?"

In der Regel waren die Herren nicht zu Hause, oder sie ließen sich verleugnen; Madame saß den ganzen Tag im Salon, um die Leute zu empfangen."

Also war sie über diese Geschäfte unterrichtet?"

Natürlich, sie wußte ja alles ganz genau, aber den Leuten gegen­über stellte sie sich ganz unwissend, und sie hatte es heraus, mit der scheinheiligsten Miene das Blaue vom Himmel herunterzulügen."

Gustav Varnay nickte, er fand durch diese Behauptung nur seine Vermutung bestätigt.

Und wie lebten die Eheleute miteinander?" fragte er.

O, ganz vortrefflich, eine solche Zärtlichkeit habe ich bei Ehe­leuten selten gefunden."

Und der Bruder der Frau?"

Na, der war vielleicht der größte Spitzbube von allen. Mit seiner Schwester und d m Herrn stand er auf dem besten Fuße, aber gegen andere Leute konnte er grob werden wie Bohnenstroh."

War Herr Griesheim oft krank?"

Im Gegenteil, so gesund wie ein Fisch im Wasser."

Haben Sie nie gehört, daß er hustete oder über Schmerzen in der Brust klagte?"

Niemals I"

Dann ist mir der plötzliche Blutsturz nicht recht erklärlich," sagte der Advokat, indes sein Blick durchdringend auf dem Mädchen ruhte, dessen Lippen ein bedeutungsvolles Lächeln umspielte.

Darüber ließe sich vieles sagen," erwiderte sie,mit rechten Dingen ist es dabei nicht zugegangen."

(Fortsetzung folgt.)

Auflösung deS Rätsels in Nr. 36: Letter Retter Vetter Wetter.