Beilage.
Amtsblatt für
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Wv. 36.
Mtensteig, SamsLerg den 25. März
1893.
Das erste Quartal pro 1893 geht seinem Ende zu, weshalb wir an den freundlichen Leser das höfliche Ersuchen richten im eigenen Interesse möglichst rechtzeitig die Bestellung bei der seitherigen Bezugsquelle erneuern zu wollen.
Wie seither wollen wir uns bestreben — und unser Bestreben findet mehr und mehr Anklang — alles Wissenswerte in gedrängter und leicht verständlicher Fassung zu berichten, entgegen mancher größeren weitausholenden Zeitung, deren Leien zu viele Zeit beansprucht, namentlich in einer Periode, wo die Geschäfte sich drängen. Zeit ist Geld und folgerichtig ist zwecklos verwendete Zeit weggeworfenes Geld. Jedem Manne unserer Gegend, geradezu auch dem thätigsten, ist das Lesen einer Zeitung, die ihn in den politischen Begebenheiten auf dem Laufenden erhält und manche für seinen Berus wichtige Notiz bringt, ein Bedürfnis, er rechnet aber mit der Zeit und darum befreundet er sich mit dem Blatte „Aus den Tannen". Wir heißen alle, insbesondere auch die neuen Besteller bestens willkommen.
Auch der Inseratenteil erfreut sich des wachsenden Vertrauens, wir bitten um ferneres gütiges Wohlwollen.
Hochachtungsvoll!
Die Exp. des Blattes
'(Verschiedenes.) Mittelst Einbruchs wurden einem Friseur in Cannstatt 500 M. und zwei wertvolle Uhren gestohlen. — In Weilderstadt wurde ein 40jähr. Bauer aus Malmsheim beim Abladen eines Sägklotzes von letzterem getroffen und fast augenblicklich getötet. — In der Seilerei von L. Enßlin in Aalen brannte das Maschinenhaus und ein Teil der Seilerbahn ab. Große Vorräte von Kleesamen und Oelkuchen gingen dabei zu Grunde. — Von dem Schwurgericht Hall wurde ein Mädchen wegen Tötung ihres Kindes in erschwerter Art (sie faßte es an den Schenkeln und schlug den Kopf zu Boden, daß die beiden Seitenwandbeine des Schädels zersprangen), zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt. — Schon wieder ist ein Kind wegen Hintenanhängens an einen Wagen verunglückt. Das 3jähr. Söhnchen des Schuhmachers O. in Winnenden wollte sich an einen vorüberfahrenden Wagen anhängen und kam zu Fall, wobei ihm das Hintere Rad über den Kopf ging, so daß es tot vom Platze getragen werden mußte. — InVaih in gen a. E. erschoß sich ein von seiner Frau getrennt lebender Bauer. Er hinterläßt 7 Kinder, von denen noch keines der Schule entwachsen ist. — In Ulm erschoß sich ein im 2. Jahr dienender Soldat des Gren.-Regts. Nr. 123. Furcht vor einer 7tägigen Arreststrafe wegen Schwänzens der Osterbetchte, zu welcher er sich angemeldet hatte, soll die Ursache des Selbstmords sein.
* (Postkarten mit Zahlungsaufforderung.) Zu der Frage, ob der Inhalt einer Postkarte, in welcher Jemand wegen Bezahlung einer Schuld gemahnt wird, als beleidigend anzusehen, die Postkarte daher von der Besörderung auszuschließen ist, ist bemerkenswert zu erfahren, daßnach einer Entscheidung des Berliner Kammergerichts eine solche Mahnung an sich noch keine Beleidigung ist. Sie wird erst eine Beleidigung, wenn die Form, in der die Mahnung abgefaßt ist, einen beleidigenden Charakter trägt. So wett daher diese Voraussetzung nicht unzweifelhaft zutrtfft, werden Postkarten, welche eine Zahlungsaufforderung enthalten, bei der Postbeförderung nicht zu beanstanden sein.
* Nach dem „Ulmer Tageblatt" sind auch
dort mit der Erfindung des Schneiders Dowe in Mannheim Versuche von Seiten des Militärs angestellt worden. Das Blatt schreibt: Die letzten von der 10. Kompagnie des diesigen Grenadier-Regiments Nr. 110 unter Leitung des Hauptmanns Ziegler in den Schteßständen des Käferthaler Waldes gestern vorgenommenen Schießversuche haben selbst bei ganz nahen Entfernungen von 100 bis 400 Meter die Widerstandsfähigkeit des Schutzmittels ergeben. Dasselbe wiegt zwar 10 bis 12 Pf., das Gewicht dürfte sich aber noch wesentlich vermindern lassen. Die Befestigung (an den Schulterklappen) ist sehr 'einfach und die felddienstmäßige Verwendbarkeit steht außer allem Zweifel. Die Erfindung ist beim Patentamt angemeldet.
' Der mehrfach erwähnte antisemitische Antrag, der im preuß. Herrenhause am 22. angenommen worden ist, stützt sich auf gleichlautende Petitionen des Vorstandes des deutsch- sozialen Reformvereins zu Strehlen in Schlesien und anderer Reformvereine, um staatliche Prüfung der jüdischen Geheimgesetze. Die Petitionskommifsion beantragte Ueber- weisung an die Negierung zur Prüfung und Berücksichtigung. Berichterstatter war Graf v. Pfeil-Hausdors. Er führte aus: Die Petitionen weisen darauf hin, daß im Talmud und drei anderen jüdischen Gesetzbüchern nach den Gutachten sachkundiger und hervorragender Gelehrter sittengefährliche und staatsfeindliche Lehren enthalten seien. Den Juden werde ansdrücklich geboten, den „Fremdling" nicht als Bruder zu behandeln; Betrug, Diebstahl und ähnliche Verbrechen gegen diesen seien für erlaubt erklärt. (Die alte, neulich von den Rabbinern ausdrücklich widerlegte Sage! > Es handle sich also um eine staatsfeindliche Verschwörung und geschlossene Sondergemeinschaft gegen das Wohl der übrigen Menschheit. Die gekennzeichneten Lehren der jüdischen Gesetzbücher seien geeignet, die Oberherrschaft des Judentums zu begründen. Redner fährt fort: „Um aber gerecht zu sein, muß ich auch der hervorragenden guten Eigenschaft des Juden gedenken, welche ihm aber auch einen großen Vorsprung vor den Christen gewährt. Ich meine die große Einigkeit in der jüdischen Völkerherr- schait in allen Dingen, die ihr Interesse betreffen. In einem jüdischem Reichstage würde, wo es sich um Sein oder Nichtsein handelt, keine solche Zerfahrenheit herrschen, wie in unserem Reichstage. Diese Einigkeit des jüdischen Volkes aber bedroht uns offenbar mit großen Gefahren, denen entgegengetreten werden muß." — Die Petitionen wurden, wie erwähnt, der Regierung zur Prüfung und Berücksichtigung überwiesen.
* Mannheim, 21. März. Spurlos ist verschwunden mit ihren drei Kindern im Alter von 3, 5 und 6 Jahren die Frau eines hiesigen Versicherungsagenten, nachdem ihr Gatte seine Familie vor einigen Tagen treulos verlassen hatte. Der Ehemann lebte auf großem Fuße und spielte den Lebemann, während seine arme Familie in Not und Elend sich befand. In den letzten zwei Jahren verlobte sich derselbe, trotzdem er verheiratet war, nicht weniger als viermal, bis er schließlich vor einigen Tagen mit einer Kellnerin auf und davon ging. Man vermutet, daß die verlassene unglückliche Frau, welche die Tochter eines angesehenen Beamten in Trier ist und einst bessere Tage gesehen hat, den Tod gesucht hat.
* Dresden, 19. März. Großes Aufsehen erregt die Verhaftung einer Reihe von Personen, angesehener und begüterter Leute, wegen Wuchers und Wechselfälschungen. Die Verhaftungen erstrecken sich auch auf die Umgegend, auf Pirna, Döbeln u. s. w. Der Hauptschuldige, der Getreidehändler Nagel, hat bald nach seiner Verhaftung seinem Leben durch Erhängen im Gefängnisse ein Ende gemacht, nachdem er vorher ein umfassendes Geständnis abgelegt Hütte. Entdeckt wurde die ganze Gesellschaft dadurch, daß einer der Wucherer einen seiner Genossen wegen Betrugs anzeigte.
* Berlin, 20. März. Eis ist eine „Frucht!" In einem dieser Tage vor dem Kammergericht verhandelien Prozeß zwischen dem Fiskus und einem Privatmanne, welcher ohne Genehmigung des elfteren aus einem der Havelseen Eis entnommen hatte, handelt es sich um die allgemein interessante Frage, ob aus öffentlichen Strömen ohne Weiteres von jedermann Eis entnommen werden kann. Der erste Richter bejahte diese Frage mit Rücksicht darauf, daß Wasser aus solchen Strömen ungehindert von jedermann entnommen werden könne, und Eis eben auch nur gefrorenes Wasser sei. Das Kammergericht hob indes auf die Berufung des Fiskus die Vorentscheidung auf, da Eis eine Frucht des Wassers sei und also unter einen wesentlich anderen Begriff des letzteren falle, sonach auch ohne Genehmigung des Fiskus nicht jedermann zugänglich sei.
* Kleve. Die Strafkammer des hiesigen Landgerichts verurteilte Den Lehrer Busch wegen Überschreitung des Züchtigungsrechtes durch Mißhandlung eines Schülers, die den Tod desselben zur Folge gehabt, zu zweijähriger Gefängnisstrafe. Die Staatsanwaltschaft hatte zwei Monate beantragt. Der Nachweis einer tadelfreien siebenjährigen Amtsführung und die guten Zeugnisse seiner Vorgesetzten konnten den Angeklagten gegenüber der bestimmten Erklärung der beiden Gutachter, der Kreisphysiker von Kleve und Geldern, daß die von einigen Schulkindern bezeugten Schläge gegen den Kopf des Kindes das bei der Obduktion Vorgefundene Blutgerinsel im Gehirn und hierdurch den Tod herbeigeführt haben, vor der scharfen Bestrafung nicht schützen.
* Wolfenbüttel. Ein sehr bedeutender Münzenfund ist vor kurzem in der Nähe eines Dorfes in der Gegend von Wolfenbüttel gemacht worden. Bet der Urbarmachung eines wüsten Terrains stießen die Arbeiter auf einen verrosteten Kasten, der gegen 900 große und kleine Silbermünzen enthielt. Da alle aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammen, ist anzunehmen, daß die Vergrabung des Schatzes zur Zeit des 30jährigen Krieges stattgefunden hat. Reich ist der Fund besonders an alten seltenen Thalern und Schaukästen, darunter ein sogen. Dickthaler des Grafen Ernst von Hohenstein vom Jahre 1539.
* Basel. Eine Bärenjagd im Weichbild einer Fabrtkstadt ist gewiß eine Seltenheit, hat aber am Donnerstag in Basel doch stattgefunden, und endigte leider damit, daß eine mächtige Bärin, der Stolz des Zoologischen Gartens und die Freude des Publikums, zugleich Mutter zweier noch unerzogener Kinder, tot niedergestreckt wurde. Das Tier hatte, eine Nachlässigkeit der den Zwinger ausbessernden Handwerker benützend, m t seiner Jugend die düstere Behausung verlassen und sich den Garten etwas besehen, ohne auch nur einem einzigen Tierchen etwas zu leide zu thun; dann erkletterte das schwere Geschöpf einen Baum, und wurde dort von einer Kugel ereilt. Die trauernden Hinter- lassenen wurden ohne große Mühe in ihr altes Kastell zurückgesührt.
* Nizza. Nach so vielen Selbstmorden, die durch die Spielhölle in Monte Carlo verursacht worden sind, ist ausnahmsweise auch wieder einmal über einen außerordentlichen Glücksfall zu berichten, der sich in der jüngsten