Beilage.
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undMlerhaltungzblatt
Wv. 33. AI'Lensterg, ScrmsLcrg den 18. März _ 1893.
Haus- und Landwirtschaftliches.
* Alten steig, 16. März. Die Jahre, in denen unser Land seinen Obstbedarf selbst decken kann, sind zur Ausnahme, diejenigen, in denen es für Millionen an Mark Obst beziehen muß, sind zur Regel ge n orden. Diese unerfreuliche Thatsache bespricht ein süddeutscher Pomologe, Gsell (Hechingen) im praktischen Ratgeber und geht der Ursache derselben nach. Er findet, nach den Obstsorten zu schließen, die aus der Schweiz und Steiermark eingeführt und bei uns willig gekauft werden, die Ursache darin, daß die Mehrzahl unserer Bäume keine Massenträger seien. Jene Länder, die nach Deutschland regelmäßig importieren, haben verhältnismäßig nicht mehr Bäume als wir, aber ste Pflanzen, was am meisten trägt, kümmern sich wenig um die sonstigen Eigenschaften des Obstes. Wir dagegen gehen bei der Sortenwahl für ländlichen Obstbau und rauhe Lage viel zu hoch. Je rauher das Obst, je widerstandsfähiger an Blüte, desto besser für unsere rauhen Obstlagen in Bergen und Höhenlagen mit ihren Frühjahrsfrösten während der Blülen- zeit und desto besser für die Mostbereitung für den Landmann. Für die rauhen Obstlagen zwischen Schwarzwald und Alb und aus denselben empfiehlt er die Goldparmäne, den Luikenapfel, den roten Trierschen Weiuapfel, den roten Eiserapsel, großen Bohnapfel, gelben Stettiner und die Goldgelbe Sommerrciuerte. Die Obstbäume sollten in Faulenzer, Wenigträger, Mittelträger und Massenträger eingeteilt werden. Die elfteren sind zu entfernen, wenn sie alt und umzupfropfen, wenn ste noch jünger, kräftig und gesund sind. So würde die Mehrzahl der Bäume Massen- oder doch Mittelträger und es gelänge, den eigenen Bedarf an Obst im Land zu erzielen. Die Erzielung feinen Tafelobsts in hohen Lagen geschieht am besten für den Hausbedarf an niederen Formen im Garten, an Zäunen und Mauern. Aber auch hier sind hartblühcnde
Sorten zu nehmen. Wenn vereint und mit Energie in dieser Richtung vorgegangen würde, so hofft der genannte Pomologe schon in 10 Jahren das Ziel zu erreichen: Deckung des Bedarfs im eigenen Land. — Bei dem Aufschwung, den der Obstbau auch in unserer Gegend nimmt und unseren hohen Lagen, für welche die Ausführungen speziell geschrieben sind, glauben wir, daß dieselben auch für unsere Leser manches Beherzigenswerte enthalten.
* (Walzen des Winterrogcnes im Frühjahr.) Beim Winterrogen kann man im zeitigen Frühjahr aus stark aufgefrorcnen Bölnn. in welchen die jungen Pflanzen vielfach außer Zusammenhang mit der Erde gekommen sind, durch vorsichtiges Ueberziehen des abgelrockneten Landes mit einer mitlelschwer n Walze die gelockerten Pflanzen wieder in den so notwendigen guten Schluß mit dem Boden bringen.
* (Torfstreu im Pferdestall) Bei Pferden ist es zweckmäßig, Matratzeustrcu anzulegen, indem erst eine etwas 15 Cemimeter starke Torfstreuschichte ausgebreitet und diese mit etwas Stroh bedeckt wird. Auch ohne Strohschichie läßt sich die Matratzenstreu durchführen. Die festen Auswürfe der Pferde und die vom Urin durchfeuchteten Teile der Streu werden dabei jeweils entfernt und durch trockenen Stoff wieder ersetzt. Für Pferde überhaupt eignet sich die Torsstreu am meisten und in sehr vielen Pserdestallungen bildet dieselbe das ausschließliche Streumiltel. Auf ein Pferd rechnet man ca. 4—5 Kilo.
Vermischtes.
* (Ein lieber Kerl.) Richter: „Dem Zeugen haben Ste die Nase blutig gehaut, Ihrem Gefährten drei Zähne ausgeschlagen und die Wirtin haben Sie durchgeprügelt — warum?" — Sepp: „Schau'n S', Herr Richter, 's war mir halt so saufidel zu Mm!"
* (Am Geburtstage.) „Lieber Großpapa, wir wünschen Dir auch viel Glück, und Mama
hat gesagt, wenn Du Jedem von uns einen Thallr schenkst, sollen wir ihn auf dem Rück- wege auch ja nicht verli reu."
Verantwortlicher Redakte»:: W Rieker, Mt »steig.
ÄersickerungsfacHe. Mit dem Februar dieses
Jahres hat das Bankvermögen der LebensverficHe- rungs- und Grspnrnrs-Wcrnk in Stuttgart die Hohe von 100 Millionen Mark erreicht. Darunter befinden sich 17 Millionen Ertrareserven. Dieses Ne- snitai wurde erreicht in 39 Jahren, vor welche» die Bank völlig mittellos ins Leben getreten ist. In dieser Zeit wurden 96 Millionen Mark für fällige Versicherungssummen und an Dividend:» dcn Versichirten ausbezahlt. Das Bankvermögen ist, wie dies bei den deutschen Lebens« vcrficherungsanstalten überhaupt die Regel ist, in der Hauptsache in Hypotheken angelegt. Diese Art der Anlage ist gewiß dem Gebrauch der ausländischen z. B. amerikanischen und österreichischen Gesellschaften, welche ihr Vermögen in dem Kurs unterworfenen Wertpapieren anlegen, vorzuziehen. Die deutsche Lebensversicherung zeichnet sich auch in diesem wichtigen Punkte vor dem Auslande vorteilhaft aus.
Eine neue „Kenerutkurte von Württemberg, Kosten und Elsaß-Lothringen" ist soeben im Verlag von Carl Flemming in Glog au erschienen. Im Maßstabe von 1: 600 000 gehalten, giebt sie ein so detailliertes Bild der Eisenbahnen, Landstraße» und Ortschaften, daß sie fast überladen erscheint. Die Darstellung ist außerordentlich übersichtlich und klar, das politische Kolorit äußerst vorteilhaft gewählt, und wie das Flußnetz charakteristisch ausgestaltet ist, so hebt sich die reiche Bodengiiederung mit greifbarer Deutlichkeit von dem farbenreichen Kartenbilde ab. Alles in allem wie geschaffen zum praktischen Gebrauch, wird diese neue Generalkarte von Württemberg, Baden, Hessen und Elsaß-Lothringen namentlich allen Geschäftsleuten und Beamten, Touristen und Ausflügler» rc. hochwillkommen sein. Durch den erstaunlich billigen Preis von I Mark wird jedermann die Anschaffung ermöglicht.
Wrofessor Ar. Weclarn äußerte sich s. Zt. in folgender Weise über Apotheker Richard Brandt'S Schweizerpillen: „Ihre Schweizerpillen haben sich mir namentlich in der Frauenpraxis bewährt und weiden (2 Stück eine Stunde nach dem Morgengetränt) gerne genommen: weil sie sicher wirken ohne Beschwerde zu veranlassen. Auch bei Männern mit sitzender Lebensweise oder in höherem Alter — kurz bei Trägheit der Darmbewegung — erweisen sie sich als vorteilhaft." Diese Empfehlung macht jede weitere übeiflüssig. Die ächten Apotheker Richard Brandt'schen Schweizerpillen mit dem weißen Kreuz in rotem Grunde sind nur in Schachteln ä I Mk. in den Apotheken erhältlich.
Der zweite Mann. ^^.»ck verböte».)
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung,;
„Ist es denn gänzlich unmöglich, daß man Sie betrügen kann?"
„Nein, aber in dem vorliegenden Falle bin ich meiner Sache ganz sicher."
„Wer weiß! Die Dame ist vielleicht jung und schön, dem Zauber der Jugend und Schönheit kann ein Mann nur schwer widerstehen."
„Dieser Zauber übt auf mich keinen Einfluß mehr, seitdem ich erkannt habe, wie trügerisch er ist. Bleiben wir bei der Sache und lassen Sie meine Person aus dem Spiele. Wenn ich Ihnen sage, daß der Betrug Ihres Mannes vollständig bewiesen ist, so können Sie dieser Versicherung Glauben schenken; ich spreche eine Behauptung erst dann aus, wenn ich mich von ihrer Wahrheit überzeugt habe."
„Und gesetzt, Sie hätten recht, so dürfen Sie noch immer nicht verlangen, daß ich mein Letztes hergeben soll um jene Dame zu befriedigen."
„Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet — der Nachlaß haftet für dre Schulden."
„Die Police ist auf meinen Namen ausgestellt und ich habe sie bereits meinem Bruder zediert."
„Also wußten Sie voraus —"
„Die Schlußfolgerungen, die Sie ziehen wollen, sind falsch, Herr Doktor," unterbrach Elisabeth ihn, das Haupt trotzig erhebend; „ich habe von den Geschäften meines Mannes nie eine Ahnung gehabt und ich übertrug die Police nur deshalb meinem Bruder, um meine eigene Existenz sicher zu stellen. Sie sehen, ich bin Ihnen gegenüber ganz offenherzig in diesem Punkte und eben so offen sage ich Ihnen auch, daß Sie jene Summe nicht antasten werden. Meine Schuld ist es nicht,
daß die Dame sich betrügen ließ, ich fühle mich auch nicht verpflichtet, ihr das Verlorene zu ersetzen."
„Mit dieser Erklärung werdenSie vor dem Richter nicht durchkommen," erwiderte der Advokat, sich erhebend; „die Police bildet einen Teil der Hinterlassenschaft, und da Sie das Erbe ohne Vorbehalt angetreten haben, sind Sie auch verpflichtet, alle Schulden zu decken."
Das Dienstmädchen trat in diesem Augenblick ein und übergab der Witwe einen Brief, dessen Empfang bescheinigt werden mußte.
Gustav Barnay erkannte am Format und der Farbe des Kouverts, daß es ein Telegramm war, er bemerkte auch das Aufleuchten in den Augen Elisabeths, als ihr Blick hastig über die Worte schweifte.
Elisabeth schien zu erschrecken, als sie, von dem Papier aufschauend, seinem Blick begegnete, aber im nächsten Moment hatte sie ihre Fassung wiedergefunden.
„Mein Bruder wird morgen zurückkommen," sagte Elisabeth; „gedulden Sie sich bis dahin, vielleicht ist er besser unterrichtet, als ich, wir werden dann gemeinsam beraten, ob und wie diese Angelegenheit geordnet werden kann."
Der Advokat stand mit dem Hute in der Hand vor ihr, aus jedem Zuge seines Gesichts sprach der Unwille über die Komödie, die er jetzt klar durchschaute.
„Ihrem Wunsche, so lange zu warten, kann ich nur dann Nachkommen, wenn Sie mir die Police übergeben," sagte er; „ich frage Sie zum letzten Mal, ob Sie dies wollen?"
„Nein, ich würde es auch dann nicht thun, wenn ich das Dokument noch besäße, weil ich eine Verpflichtung dazu nicht anerkennen kann!"
„Dann muß ich die weitere Verfolgung dieser Angelegenheit dem Untersuchungsrichter übertragen."