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AMblalt für
Mr.
Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag u. Samstag u. kostet bei der Expeb., sowie im OA.- Bezirk Nagold 90^, außerhalb 1das Quartal.
Dienstag dm 7. März
Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig I und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 I 1893 bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8 >
Amtliches.
Die zweite Lehrerdiensiprüsuug haben u. a. mit Erfolg bestanden: Jakob Binder, Anstaltslehrer in Göttelfingen; Georg Danner, Unterlehrer in Wildbad: Jakob Haas, Unterlehrer in Freudenstadt.
Ernannt wurde der Amtsnotar Löckle von Oßweil zum Gerichtsnotar in Freudenstadt.
Gestorben: Apotheker Reiiter, Oberndorf; Ober-
aintstierarzt Mozer, Sulz; Kaufman Schmidt, Ravensburg; res. Schultheiß Bollm, Schwieberdingen.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 1. März. (Kolomaletat.) Der Dirigent der Kolonialabteilung Kayser widerlegte den Vorwurf des Abg. Samhammer (frs.), daß das System der Kolonialpolitik zu bureau- kratisch sei; er wies weiterhin die Angriffe des Afrikareisenden Z int graff gegen den Gouverneur von Kamerun Zimmerer als gelogen zurück und schloß: Die Zeit der Expeditionen sei überhaupt vorüber. Jetzt müsse in den Kolonien selbst gearbeitet werden. Die Kolonien würden jetzt ertragreicher werden und damit nützlicher fürs Vaterland. Reichskanzler Graf Caprivi trat den Angriffen gegen die Damara- konzesston entgegen, welche abgeschlossen werden mußte, um nach lOjährigem vergeblichem Warten etwas zu schaffen, was allmählig die Kosten Deutschland wieder eintragen könnte. Die Unsicherheit der Verhältnisse in Südwestafrika und das Verhalten der Hereros zwang die Regierung, die Truppe auf 200 Mann zu verstärken. Es sei gelungen, eine andere Stelle für die Landung aufzufinden, als die Walfischbai, welche zu versanden drohe. Gegen die angebotene Ansiedelung von Boren aus Südafrika müsse er sich aufs entschiedenste erklären. Dem Unabhängigkeitssinn der Bören wären die 200 deutschen Soldaten kaum gewachsen. Nachdem der Dir'gent der Kolonialabteilung Kayser noch die Damarakonzession verteidigt, wird der Kolonialctat angenommen.
* Berlin, 2. März. (Kolonialetat.) Oechel- häuser schildert die Verhältnisse Ostafrikas, die zu guten Hoffnungen berechtigten; doch müsse Tabora gegen feindliche Negerstämme geschützt werden. Caprivi: Letztere Frage hänge mit
der Frage der Erhöhung der Schutztruppe zusammen. Wir müssen sie aber in möglichst niedriger Stärke erhallen, denn mit der Stärke wächst die Lust zu kriegerischen Unternehmungen, und wir müssen uns bestreben, friedlich vorzugehen. Wir sind zufrieden, wenn es bei den Schwierigkeiten der Rekrutierung gelingt, die Schutztruppe auf der bisherigen Höhe zu erhalten. Soden sei zur Zeit noch Gouverneur und genieße einen wohlverdienten Urlaub. Wie sich die Verhältnisse und Südens weitere Verwindung gestalten werden, lasse sich noch nicht übersehen. Er habe unter schwierigen Verhältnissen Dienste geleistet, das werde ihm das Vaterland nicht vergessen. Mit dem Bau von Bahnen nach dem Tanganyka-See könne man nur langsam Vorgehen, so wünschenswert das auch sei, denn der Karavanenverkehr verwüste das Land und sei schlimmer als der Sklavenhandel. Es bestehe die Absicht, die Einfuhr aus den Kolonien als meistbegünstigt zu behandeln. Auf die Einbringung eines Teiles der Verwaltungskosten durch die Kolonien könne man nicht verzichten. Bamberg er kann die sanguinischen Hoffnungen Oechelhäusers in Bezug auf Ostafrika nicht teilen. Bis jetzt lasse sich nicht absehen, wie das Reich wieder zu dem Gclde kommen solle, das es in Ostafrika gesteckt habe. Hönsbröch schildert die Thättgkeit der dortigen Missionen, und bittet um deren Förderung. Graf Arnim hätte gewünscht, daß entsprechend den in der Denkschrift niedergelegten Erfahrungen die Etatspositionen für Ostafrika vermehrt worden wären. Nach weiteren Bemerkungen Oechelhäusers und Samhammers werden die Forderungen für Ostafrika bewilligt. Morgen: Postetat.
LaadeSaachrichtea.
' Alten steig, 6. März. Diese Woche verläßt unsere Stadt Herr Kameralverwalter Bühler, welcher auf das Kameralamt Maulbronn befördert wurde. Am Samstag abend fand die Abschiedsfeter statt im Gasthof zur Traube; die Beteiligung an derselben war eine
sehr zahlreiche. Herr Oberförster Stock, welcher die Einladung hatte ergehen lassen, nahm zuerst das Wort zu einer sinnigen von sprudelndem Humor getragenen Ansprache, welcher er zuerst vorausschickte, daß er mit der Veranstaltung einem vielfach ausgesprochenen Wunsche nachgekommen sei. Sein 3faches Hoch, in das begeistert eingestimmt wurde, galt der scheidenden liebenswürdigen Familie. Hr. Kameralverwalter erwiderte dankend mit der Versicherung, daß er die Stadt Altensteig, deren Aufblühen er von Herzen wünsche, in stetem gutem Andenken behalten werde. Sein Hoch gelte Altensteig. Hr. Präceptor Knödel feierte Hrn. Kameralverwalter als seinen guten Freund und Gesellschafter, dessen offenen ehrenwerten Charakter er kennen gelernt habe. Hr. Apotheker Schtler wünschte namens der Lesegesellschaft der scheidenden Familie das beste Wohlergehen. Die wenigen Stunden des Beisammenseins verliefen in ungezwungenster Unterhaltung auf's schönste. Hr. Kameralverwalter begleitete sein hiesiges schwieriges Amt 6 Jahre lang und er hat während der Zeit seines Hierseins ein reges Interesse für unsere städtischen Angelegenheiten bekundet. Wir erinnern uns noch gut, wie entschlossen er s. Z. in Ebhausen für die Abhaltung der projektierten Beztrksge- werbeausstellung in Altensteig eintrat, wie er mit seiner poetischen Gabe die städtischen Feste, namentlich unsere Eisenbahneröffnungsfeier in gebundener Sprache verherrlichte und an der Arrangierung des Festes thätigen Anteil nahm, namentlich hat er sich aber durch sein bereitwilliges Entgegenkommen gegenüber den kirchlichen Behörden betr. unserer Stadtkirche, welche im Besitze der Staatsverwaltung ist, sehr verdient gemacht. Die besten Wünsche begleiten Hrn. Kameralverwalter und seine Familie in den neuen Wirkungskreis.
* Altenstetg, 6. März. Im Gasthaus zu den 3 Königen hielt gestern nachmittag der Liederkranz sein 55. Stiftungsfest durch eine öffentliche Produktion, mit welcher Feier er zugleich die jährliche Hauptversammlung verband. Die Sänger ließen manches sehr dankbar auf-
Aer zweite Mccnn. «Nachdruckverboten.)
Erzählung von Ewald August König.
(Fortsetzung.)
„Die alten Leute kann kein Vorwurf treffen," erwiderte der Medizinalrat, der sich in einen Stssel niedergelassen und eine Zigarre ange- züiidet hatte, „sie sind von Sorgen nie verschont geblieben und wenn der Herr Sohn ihnen später über den Kopf wuchs, was wollten sie dagegen machen? Du könntest Elisabeth nun an ihr damaliges Versprechen erinnern, Gustav, aber ich rate dir nicht dazu und du weißt, es ist nicht nur ein väterlicher Rat, sondern der Rat eines Freundes."
„Sie hat derzeit zu schändlich an dir gehandelt," fügte die Mutter hinzu; das kann man nicht vergessen.
„Sie war noch ein halbes Kind, als sie jenes Versprechen mir gab," sagte Gustav, und in dem Tone, den er jetzt anschlug, lag das Bestreben, sie zu verteidigen. „Ich baute freilich darauf und war glücklich, bei der Abreise zur Universität das süße Geheimnis einer heimlichen Verlobung mitnehmen zu dürfen —"
„Ein Kind war sie nicht mehr," unterbrach ihn die Mutter; „sie zählte achtzehn oder neunzehn Jahre und in solchem Alter denkt ein Mädchen schon recht ernst an seine Zukunft. Ich hätte gegen diese Verbindung nichts einzuwenden gehabt — dich glücklich zu wissen, ist ja für mich die Hauptsache — drum war das Geheimhalten der Verlobung sehr unnötig, dadurch wurde der spätere Bruch erleichtert. Und welche Gründe konnten sie zu diesem Bruch veranlassen? Ich sehe keinen andern, als den, daß Roderich Griesheim ihr besser gefiel; wenn sie dich ihm opferte, so kam sie rascher unter die Haube."
„Das war's," nickte der Medizinalrat, „und wir sowohl wie die Eltern Elisabeths hatten keine Ahnung von Eurer Verlobung, wir- konn
ten somit keinen Einspruch erheben. Griesheim war ein feiner Herr, er besaß die eleganten Manieren eines Weltmannes, er verstand es, sich bei den Damen beliebt zu machen und den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Er ist nach meiner Ueberzeugung sein ganzes Leben lang ein großer Schwindler gewesen, indessen: äs mortuis nit nisi bsus!
Die alte Dame wiegte sinnend das Haupt, ihr Blick ruhte voll herzlicher Teilnahme auf dem Sohne, der in Nachdenken versunken am Fenster stand.
„Wenn diese Vermutung begründet ist, dann wird der Witwe wohl mancher Prozeß drohen," sagte sie. „Die betrogenen Gläubiger streiten sich um den Nachlaß und der armen Frau wird nichts übrig bleiben."
„Ihr Mann hatte sich in eine Lebensversicherung eingekauft," erwiderte der Medizinalrat; diese Summe wird der Witwe wohl verbleiben."
„Wie groß ist sie?" fragte Gustav.
„Ich kann's dir nicht sagen. Die junge Frau fürchtet, zu einem Prozeß genötigt zu werden —"
„In diesem Falle würde ich für sie eintreten!" meinte Gustav.
„Ich habe ihr das auch gesagt," nahm der Medizinalrat das Wort, „und ich denke, die Summe wird groß genug sein, um ein kleines Geschäft damit zu gründen; im anderen Falle wäre freilich die Witwe darauf angewiesen, irgend eine Stelle anzunehmen, oder durch Handarbeit sich zu ernähren."
„Das wäre dann auch ein trauriges Los," sagte die Mutter, „namentlich für eine Dame, die bessere Tage gesehen hat."
„Ja, ja, aber man muß es nehmen, wie es kommt," erwiderte der Medizinalrat achselzuckend, „man kann nicht steten Sonnenschein im Leben verlangen."