Zentrums in der MMtärfrage wird mit dem Jesuitenantrag und der zu erwartenden Stellungnahme des Bundesrats zu demselben in eine begreiflich nahe Verbindung gebracht. Daran knüpft sich aber auch der wettere Jdeengang, die Entscheidung über die Militärvorlage in die nächste Session zu verlegen, da die preußische Regierung bei Zustimmung zu dem Jesuitenantrag sich für die kommenden preußischen Landtagswahlen die größten Schwierigkeiten schaffen würde. Enstweilen wird freilich noch bezweifelt, daß im preußischen Staatsministerium die Zustimmung zu dem Jesuitenantrag zu erlangen sein werde.
* Die preußische Bergverwaltung soll beauftragt sein, das Vorkommen von Gold auf der ganzen Erde, seine Produktionsverhältnisse und Prodnktionsbedingungen zu studieren und genau zu ermitteln, um so bestimmte und sichere Unterlagen für die Beurteilung der Frage zu gewinnen: ob und inwieweit angenommen wer den darf, daß der Vorrat und die Produktion von Gold den Bedarf für industrielle und Münzzwccke deckt oder ob und in welchem Umfange es für den letzteren Zweck der Heranziehung von Silber bedarf.
* Die Versammlung der deutschen Forstmänner wird in diesem Jahre in Metz vom 22.-25. August tagen. Zur Festsetzung und Vorbereitung der von seiten der Stadt zu treffenden Veranstaltungen ist vom Metzer Gemetnderat ein Sonderausschuß ernannt worden.
Ausländisches.
* Bern, 23. Febr. Das Berner Amtsgericht hat einen neuen Haftpflichtfall aus der Eisenbahnkatastrophe von Zollikofen entschieden. Das Gericht nahm seitens der Jurastmplon- bahn grobe Fahrlässigkeit an und sprach dem geschädigten Metzger Lueth (Biel) jährlich 10000 Fr. Erwerbsentschädigung bis 1895 zu, von da an 1000 Fr. Jahresrente, ferner 15000 Fr. Haftpflichtersatz.
* Basel, 25. Febr. Die franz. Regierung fühlt sich mit der erhaltenen Genugthuung befriedigt und erklärt den Fastnachtsfall als erledigt.
* In Bezug auf einen Vorfall bei der Basler Fastnacht, wo ein als Carnot Maskierter auf dem Rücken einen Riesen-Check von 500 000 Fr. mit der Unterschrift, „kom- aoguit" getragen hat, hat der Chef des Auswärtigen, Bundesrat Lachenal dem französischen Botschafter Arago, der sich über den betreffenden Vorfall bei ihm beklagte, erklärt, der Bundesrat werde über das Vorkommnis eine Untersuchung anordnen. Sollte wirklich eine strafbare Handlung vorliegen, so schreitet der Bundesanwalt nur ein, nachdem die französische Regierung beim Bundesrat unter Zusicherung des Gegenrechts ein förmliches Strafverlangen gestellt und der Bundesrat die Strafuntersuchung beschlossen hat.
*JnErmatingen ertränkte sich eine junge Frau von Salenstein mit ihrem 2^ Jahre
alten Kinde im See. Nachdem sie noch scheinbar ruhig in ihrer Familie mit dem Ehemann und der Schwiegermutter das sogen. »Neueessen" eingenommen hatte, entfernte sie sich heimlich vom Hause, lief mit dem Kinde dem See. zu, band dasselbe mit Riemen an sich und stürzte sich mit demselben in den See. Trotzdem Feldarbeiter und Fischer in der Nähe ihr zuriefen und ihr nachetlten, so konnten sie die Unglückliche an der grausen That leider nicht hindern: sie zogen Mutter und Kind als Leichen aus dem Wasser.
' Eine Kommission des Nationalrats hat dem Vorschlag des Bundesrates zuzustimmen beschlossen, wonach auf den schweizerischen Bahnen, im Post- und Telegraphenwesen die mitteleuropäische Zeit angewendet werden soll. In der Kommission wurde die Ansicht ausgesprochen, die Frage der Einführung der neuen Zeit solle dem Schweizer Volk zur Abstimmung vorgelegt werden.
* Parts, 24. Febr. Im Senat wurden bei der Präsidentenwahl 249 St. abgegeben, davon 20 weiß. Von den 229 gültigen erhielt Jules Ferry 148, Andren de Kerdrel 39, Mag- nin 26. Ferry ist somit gewählt. Ferry soll gesagt haben, das Votum habe ihn für die lange Ungerechtigkeit der öffentlichen Meinung entschädigt.
* Paris, 24. Febr. »Figaro" behauptet, der Empfänger des berüchtigten Checks von 500 000 Frcs. sei der frühere Deputierte Raphael Bischofsheim, der Akademiker ist. Das Blatt fügt hinzu, Bischofsheim habe keinesfalls straffällige Operationen unternommen, sondern Geschäftsverbindungen mit Reinach gehabt. Der Check repräsentiere eine ihm von Reinnch geschuldete Summe. Andrieux hatte somit keinen Grund, den Empfänger zu verschweigen.
* Antwerpen, 24. Febr. Auf dem benachbarten Artillerieschießplatz Brasschaet platzte gestern nachmittag bei einer Hebung eine Granate. Mehrere Unteroffiziere und Soldaten sind schwer verletzt. Zwei Kanonieren wurden die Hände abgerissen und dem Lieutenant Chevalier, der die Uebung leitete, wurde die Kinnlade zerschmettert. Die Verwundeten sind ins hiesige MMärspita! gebracht worden.
* Amsterdam. Eine Feuersbrunst, die am Dienstag in einem Wohnhause zum Ausbruch gekommen war, griff mit so großer Schnelligkeit um sich, daß eine Frau mit ihren vier Kindern aus dem dritten Stockwerk sich nicht mehr zu retten vermochte. In wahnsinniger Angst sprang die Frau aus dem Fenster auf die Straße hinab und erlitt so schwere Verletzungen, daß sie als Leiche vom Platze getragen wurde. Inzwischen unternahm die Feuerwehr vom Dach aus den Versuch, die Kinder in Sicherheit zu bringen; sie fand aber nur einen Knaben lebend vor, der schreiend in einer Dachrinne lag, während seine drei Ge schwister in der Wohnung elend zu Grunde gingen.
* In den offiziellen Kreisen inPeierSL«?F — sagt der Berichterstatter des .Standard' — geht das Gerücht, daß der Emir von Bokhara benachrichtigt wurde, daß es ihm nicht gestattet sei, nach seiner Hauptstadt zurückzukehren. Er soll seinen Wohnsitz in der Krim nehmen. Eine Entschädigung — so heißt es ferner — von 5 Millionen Rubel wird ihm gezahlt und jährliche Pension von 100 000 Rubel gewährt werden. (Das wäre ein echt russisches Stückchen!)
* New-Aork, 24. Februar. Aus dem Staatsschätze wurde heute 1 Million Dollars Gold zum Zwecke der Ausfuhr entnommen.
* Nach einer Meldung des »Leipz. Tagebl." aus Newyork ist über das Vermögen des bekannten MacKinleyder Konkurs erkannt worden. Er hatte für einen guten Freund Wechsel accep- tiert, die nicht honnoriert worden find. Mac Kin- ley hat seinen Posten als Gouverneur des Staates Ohio bereits niedergelegt.
* Wa sh in gto n, 26. Febr. Die bisherigen Wahlen der Demokraten sichern denselben eine Mehrheit im Senate, wodurch das Schicksal des Mac-Kinleytarifs besiegelt erscheint.
* San Francisco, 25. Febr. Gestern schoß ein 73jähriger Manu Namens Ratcliffe den bekannten Millionär John Mackay in den Rücken. Ratcliffe schoß sich sodann in die Brust ; sein Zustand ist gefährlich. Mackays Wunde ist nicht tödlich. Der Beweggrund für das Attentat ist unbekannt.
^vermischtes.
* Eine herrliche Jagdgeschichte wird aus Duttenstedt gemeldet: „Einige Jägersleute aus einem Nachbarorte zogen hinaus, dem vielverfolgten Geschlechte der Lampe nachzustellen. Die Langgelöffelten schienen jedoch ihre Verfolger weniger zu fürchten, wenigstens zog ein Krummer vor, ruhig im Lager zu bleiben, statt das Panier seines Geschlechts zu ergreifen. Der Kühne verfiel seinem Schicksal; ein beherzter Jägersmann ergriff ihn bet seinen Löffeln und gedachte ihn als lebendes Beutestück heimzubringen. Jedoch in dem erbitterten Zweikampfe gelang es dem Hasen, das Gewehr des Jägers in seine Gewalt zu bekommen (!) mit den Läufen nach dem Abzüge zu langen (!!) und der Schuß krachte hart an des Jägers Ohr vorbei. Als Letzterer sich von seinem Schrecken erholt hatte, war er froh, daß bereits eine wette Strecke zwischen ihm und dem boshaften Tiere lag!"
* (Rückkehr zur Solidität.) Arzt: „Ja, Sehen Sie, Verehrtester, Sie müssen anfangen solider zu leben. In ihren Jahren geht das nicht mehr so mit »Wein, Weib und Gesang!" „Meinen Sie? Na, dann werd ich zu- erst auf den Gesang verzichten."
Berantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.
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„Denkst du noch immer an die alte Liebe?" fragte der Bruder ironisch.
„Gustav Varnay war mir stets ein treuer Freund."
„Aber er soll darum doch nicht die Berechtigung erhalten, seine Nase in unsere Verhältnisse zu stecken."
„Die Familie Grüner ist mit der Familie Varnay immer eng befreundet gewesen," sagte Elisabeth; „Gustav war ja auch dein Freund."
„Wenigstens behauptete er, es zu sein," erwiderte Willy achselzuckend; „ich habe den Rechthaber nie leiden mögen, er wußte alles besser und wenn man ihn belehren und seine eigenen Ansichten verteidigen wollte, wurde er ungezogen. Später, als er zur Universität ging, sind wir auseinander gekommen und ich habe mich seitdem nicht mehr um ihn bekümmert."
Die junge Frau stützte das Haupt auf den Arm und ihr sinnender Blick schweifte in die Ferne, an ihrem geistigen Auge mochten wohl Bilder der Vergangenheit vorüberziehen, die ihr vielleicht zeigten, was sie verscherzt hatte.
„Ich hoffe, wir werden den Rechtsverdreher nicht nötig haben," fuhr Willy nach einer kurzen Pause fort; „muß dem Direktor die Hölle heiß gemacht werden, so kann ich s lbst das besorgen. Die Zessionsurkunde, die du ausgestellt hast, bevollmächtigt mich, das Geld in Empfang zu nehmen und darüber zu quittieren; sobald ich es habe, reise ich ab, und was dann auch kommen sollte, dir kann man nichts nehmen, denn wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht verloren."
Er lachte höhnisch und strich mit der Hand über seinen schwarzen Knebelbart, während er am Fenster stehen blieb und auf den verwahrlosten Garten hinunterblickte, in dem das Unkraut üppig wucherte.
„Du wirst natürlich dafür sorgen, daß alles, was sich noch hier -befindet, so rasch als möglich unter der Hand verkauft oder gegen bares
Geld verpfändet wird," nahm Willy wieder das Wort: „sobald du ein Telegramm von mir bekommst, mußt du schon mit dem nächsten Schnellzuge die Reise nach Basel antreten, wir treffen dort im Hotel. »Zu den drei Königen" zusammen und werden dann, je nachdem die Dinge liegen, weiter beschließen."
„Und wenn ich hier zurückgehalten werde?"
„Wer soll es thun? Und wer kann es?"
„Ich weiß es nicht, welche Verpflichtungen Roderich hinterlaffen hat und wie weit ich für dieselben verantwortlich gemacht werden kann."
„Eben deshalb muß alles so rasch als möglich verkauft werden, dann mögen die Gläubiger zusehen, wie sie sich bezahlt machen wollen. Ich reise heute noch ab, um mich den Direktoren der Versicherungsgesellschaft vorzuftellen und das Geld einzukassieren. Du kannst von morgen ab jeden Tag Nachricht von mir erwarten. In a tem übrigen bleibt es bei der Absprache; sieh dich nur vor, daß dir nicht bei irgend einer Gelegenheit ein Wort entschlüpft, durch das Verdacht erweckt werden könnte.
„Unsere eilige Abreise könnte solchen Verdacht erwecken," schaltete Elisabeth ein.
„Nicht doch! Wer kann darin, daß du nach diesem Unglückssall bei deiner Tante in der Schweiz ein Asyl suchen willst, etwas Befremdendes finden? Und gesetzt auch, die Leute würden darüber ihre Glossen machen, was kümmert es uns, wenn wir nich mehr hier siuo? Mache dir darum keine Sorgen und halte dich genau au unsere Verabredung, ich habe dabei alle Eventualitäten ins Auge gefaßt. Und nun adieu auf baldiges Wiedersehen.
Frau Griesheim hielt die Hand des Bruders fest und sah ihm ernst in die tückischen Augen. (Fortsetzung folgt.)