Opponenten, ein Privatdozent, bemerkte, eine dankenswerte Bereicherung der mathematischen Wissenschaft bildet. Der Dekan der philosophi­schen Fakultät, Prof. Hirschfeld, beglückwünschte nach der üblichen Verteidigung der Thesen den jungen Doktor,der mit Ueberwindung so großer Schwierigkeiten diese akademische Würde er­langt habe.*

* In Rirdori bei Potsdam spielte sich kürzlich bei Hochwasser eine reizende Szene ab, welche die Heiterkeit aller Augenzeugen hervorrief. Ein elegantes Fräulein kam aus einem am Hermannplatz gelegenen Hause und wollte nach der Pferdebahn-Haltestelle gehen. Der Straßenüber­gang stand jedoch völlig unter Wasser und hilflos trippelte die junge Schöne, welche ihre feinen Lackstiefelchen nicht be­schmutzen wollte, hin und her, ohne einen Ausweg zu finden. Da trat ein ehrsamer Arbeitsmann, der die junge Dame einige Zeit lächelnd beobachtet hatte, unbemerkt heran, hob st« im Nu auf seinen Arm und brachte sie glücklich aufs Trockene, wo er iie sanft zu Boden ließ und sich zum Weitergehen anschickte. Kaum aber hatte die junge Dame gesehen, wer ihr Retter aus der Not gewesen, als sie empört rief, wie derselbe sich eine solche Unverschämtheit erlauben könne.Mein Fräulein, ich glaubte Ihnen einen Gefallen zu erweisen", erwiderte der biedere Arbeiter höflich,aber wenn ich Unrecht that, kann ichs ja wieder gut machen!" Und ehe das Dämchen wußte wie ihm geschah, hatte sie der Träger wieder emporgehoben, um sie wieder auf den alten Platz hinzubringen. Dann zog er unter beifälligem Lachen der Zuschauer seine Mütze und verschwand. Purpurrot vor Zorn lief das Fräulein ins Haus zurück.

* Köln, 17. Febr. Heute vormittag um 9 Uhr brach das 15 Meter hohe Gerüst, das zur Ausführung der Bedachung der Gepäckhalle des Hauptbahnhofes errichiet war, zusammen. II Arbeiter stürzten in die Tiefe; 8 Schwer­verletzte, 3 Leichtverletzte kamen ins Krankenhaus.

* Lück (Ostpreußen), 17. Febr. Der Ar­beiter Grusziewski, der den Holzhauermeister Hofer ermordet und ihm 108 M. geraubt hat, wurde heute hier hingerichtet.

* Wien, 17. Febr. Gestern kam es im Parlamente zu dem skandalösesten Auftritte seitdem Bestand des Hauses. Der Jungtscheche Vasath führte Klage darüber, daß der Präsident des obersten Gerichtshofes in einer Verordnung ine nichtdentschen Sprachen als fremde Sprachenbezeichnete. Die Jungtschechen lärmten, und Graf Kaunitz (Jungtscheche) rief aus:Freche Beamtenbagage!" Justizmiruster Schön­born sprang auf und rief Kaunitz zu:Schweigen Sie! Ich verbiete Ihnen, so zu sprechen! In diesem Hause kann man nicht mehr sitzen!" Während der Lärm fort­dauerte, zog sich das Ministerium zu sofortiger Beratung zurück. Man erwartet für heute eine energische Erklärung der Regierung. Ein weiterer Skandal entstand, indem der südslawische Abgeordnete Spincic den Triestiner Statthalter v. Rinaldini einenBanditen" nannte. Schließlich hob der Präsident die Sitzung auf, worauf die Amisemiten ihn umringten und polterten.

"Aus Budweis, 16. Febr. wird der Frkf. Z." gemeldet: Hier ist heute ein schreck­liches Verhrechen entdeckt worden. Der Diener Wenzel Bild hat vor mehreren Jahren seine Gattin in eine dunkle feuchte Kammer einge­sperrt. Sie wurde zum Skelett abgemagert, ln Fetzen gehüllt, auf Stroh liegend, stumpf­sinnig, halb blind und taub, heute aufgefunden. Bild, der den Tod der Gattin beabsichtigte, damit er wieder heiraten könne, ist dem Gericht eingeliefert worden.

* Bern, 17. Febr. Der Bundesrat beschloß heute die vorläufige Freilassung des Sozial­demokraten Köster, dessen Auslieferung von Deutschland gewünscht wird.

* Schweizer Fremdenindustrie. DieSchweiz wird in einem Normaljahre von ungefähr 250000 Fremden besucht. Nach einer Berech­nung des schweizerischen Hotelier-Vereins erzielt die Hotelindustrie aus diesem Fremdenbesuch eine Totaleinnahme von rund 67 Millionen Franken. Rechnet man hiezu noch die verschie­denen anderen Ausgaben der Fremden für Eisenbahnen, Dampfer, Wagen, Führer, Aerzte, Vergnügungen u. s. w., so erwächst der schwei­zerischen Volkswirtschaft aus der Fremden- Jndustrie ein Brutto-Erträgnis von 107 Mil­lionen Franken. Die größten Verhältnisse in der Hotelinduürie hat der Kanton Luzern. Das größte Hotel hat der Kanton Bern mit 650 Gastbetten. Im Frühjahr 1892 besaß die Schweiz R836 Hotel-Etablissements.

* Das Spiel in Monte-Carlo hat schon wieder zwei Opfer gefordert: Einen Deutschen, Walther Petzold aus Dresden, welcher sich auf einem Hügel erschoß und eine junge Witwe, welche 200000 Francs binnen zwei Stunden verlor und aus Scham vor ihren Verwandten in einem Hotel zum Revolver griff.

* AusBrüssel, 17. Febr. wird gemeldet: Die Gräfin von Flandern setzte eine Belohnung von 1000000 Fr. auf Rückgabe der gestohlenen Juwelen. Eine Londoner Privat-Agentur ist mit der Auffindung der Diebe betraut worden.

* Madrid, 17. Febr. In den Gruben von Mazarron (Provinz Murcia) wurden durch Gasausströmung 25 Arbeiter getötet.

* New-Iork. Während eines Taufgelages in St. Louis kam es zwischen den berauschten Gästen zu einem Kampfe mit Messern und Re­volvern. Sechs Personen, unter denen sich auch der Vater des Täuflings befindet, wurden ge­tötet, sechzehn Menschen schwer verletzt.

* Im Weißen Hause zu Washington, der Residenz des amerikanischen Präsidenten, giebt es Ende Februar dengroßen Muß." Der alte Präsident zieht aus, um dem neuen Platz zu machen. Schon einige Tage vor dem 4. März, dem Tage des amerikanischen Re­gierungswechsels, scheidet die Frau Präsidentin aus den prachtvollen Räumen und nur der Präsident bleibt zurück, um in die Hände des vom Volke erkorenen Nachfolgers die Staats­gewalt zu legen. Dieser wichtige Staatsakt vollzieht sich auch jenseits des Wassers nicht ohne Etikette, die durch die Tradition hwaus­gebildet wurde. Am ersten Samstag des März, kurz vor der zwölften Stunde, wird stch Grover Cleveland im Frack nach dem Weißen Hause begebcn, wo thn Harrison, zum Scheiden bereit, erwartet. Vor dem Hause des Präsidenten wird die Equipage Harnson's, Kmscher und Bedienter in Gala, aufgestellt sein, um beide Präsidenten, den gehenden und kommenden, in's Capitol zu gleiten, wo Cleveland mit einer

kurzen Ansprache vor den amerikanischen Gesetz­gebern von der Regierungsgewalt Besitz ergreift. Und wenn beide Präsidenten das HauS ver­lassen, erwartet sie wieder eine Equipag-», dies­mal die des neuen Präsidenten, die sie Beide zum Weißen Hause zurückbringt. Hier verab­schiedet sich Harrtson von Cleveland feierlich; sie tauschen Händedrücke und der gewesene Präsident geht von dannen von den Bück­lingen der Diener devot aus jenem Hause kom­plimentiert, in dem er vier Jahre Herr gewesen, und ein unumschränkter obendrein, wie stch's ein cisatlantisches Gemüt schwerlich träumen läßt.

Landwirtschaftliches.

* Von der Donau, 17. Febr. Die bei­den warmen Tage benützten die Bienen, obwohl noch viel Schnee lag, dem manche zum Opfer fielen, ausgiebig zur Ausführung der so nötigen Reinigungsausflüge. Vielfach war Gefahr, daß die Ruhr unter den Völkern ausbrechen werde, vorhanden, die nun durch diese Ausflüge beseitigt ist. Im allgemeinen haben die Völker gut, ohne große Volksverluste den harten Winter durchgemacht und da es ihnen wohl nirgends an Futter mangelte, so find so ziemlich alle Völker bei uns durch den Winter gekommen. Den Hausfrauen ist sehr zu empfehlen, keine Wäsche in der Nähe eines erstmals fliegenden Bienenstocks zum Trocknen aufzuhängen, da sie von den Bienen ganz entsetzlich verunreinigt werden.

Vermischtes.

* Während der letzten strengen Winterkälte beobachteten auf dem Hohentwiel Natur­freunde, wie der Rabe im Hunger nützliche Sing­vögel tötete, z. B. Drosseln, Finken u. s. w. Aber auch im Frühlinge, wenn unsere Singvögel nisten, sucht der schwarze Geselle die Bäume ab nach Nestern mit jungen Vögeln. Diese benützt er als Azung für die eigenen Jungen, wodurch er ebenso schadet, wie die Häher und Elstern. Diese Beobachtungen lassen den Wunsch berech­tigt erscheinen, der Rabe möchte für vogelfrei erklärt und sein Schieben erlaubt werden.

*Einfache Geschichte." Ein bei einem bayerischen Schwurgericht vernommener Zeuge erwiderte auf die Frage .des Vorsitzen­den, warum er schon sechs Jahre im Zuchthaus war:Ja dös war a einfache G'schtcht; wir Ham halt g'rauft, und am andern Tag ist oaua g'stord'n."

' (Ein Beneidenswerter.) Mutter:Also, dein Bräutigam besteht darauf, daß die Hoch­zeit acht Tage später gefeiert wird: na, höre mal..." Tochter:Ach, laß ihm doch das Vergnügen, es wird ja die letzte Bestimm­ung sein, die er zu treffen hat'"

* (Selbstbewußt.) Geck (eine Statistik durchlesend): 1856 gesegnetes Jahr gewesen. Richtig, bin ja auch tn dem Jahr ge­boren!"

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.

Es bleibt uns in der That nichts anderes übrig, als anknüpfend an das bisher verteidigte Einkammersystem, den aus dem allgemeinen Stimmrecht hervorgegangenen Vertretern auch noch andere Elemente bei- zufügen, welche im Gegensatz zu den nur in der Kopfzahl zur Geltung kommenden Individuen des Landes die lebendigen Interessen vertreten, auf welchen sich der moderne Staat aufbaut, sofern diese Interessen bereits eine selbständige Verkörperung in dauernden, aus dem Volk her­vorgegangenen Instituten gefunden haben. Denn nur dann haben wir eine Garantie, daß unabhängig von den Zufällen des allgemeinen Stimm­rechts diese berechtigten Interessen auch wirklich zur Geltung kommen und soweit dies nach dem oben Bemerkten innerhalb der Grenzen eines Partikularstaats möglich ist, ein Spiegelbild der in unserem Staat zu- sammenwirkenden gesellschaftlichen und rechtlichen Interessen darbieten.

Es wäre hiernach, um nur eine Andeutung zu geben, neben den aus dem allgemeinen Stimmrecht unter Zugrundlegung der bisherigen Bezirke gewählten Abgeordneten den größeren Städten, etwa sämtlichen Städten von mehr als 10000 Einwohnern eine besondere Vertretung zuzuerkennen, welche dann aber wie schon der Entwurf von 1467 wollte nicht durch das allgemeine Stimmrecht, sondern durch die bürgerlichen Kollegien zu wählen wären; womit jedoch nicht ausge­schlossen würde, daß die Einwohner dieser Städte als einzelne nach wie vor an den Wahlen des allgemeinen Stimmrechtes teilnehmen und hie­bei der Stadt Stuttgart eine ihrer Beoölkerungszahl entsprechende Ver­tretung zugebilligt würde. Hieran würden sich dann anschließen als Vertreter des gebundenen Grundbesitzes und damit zugleich als Reprä­sentanten der berechtigten agrarischen Interessen ca. 8 gewählte Mit­glieder der Ritterschaft und diejenigen Häupter der standesherrlichen Familien, welche dem deutschen Reiche angehören und im Lande wohnen. Letztere hätten selbstverständlich wie alle andern ihr Landstandsrecht persön­

lich auszuüben, wobei übrigens kaum anzunehmen wäre, daß sie unter diesen Umständen von ihrer Berechtigung erheblichen Gebrauch machen würden. An diese agrarischen Vertreter würden sich dann weiter anreihen die Vertreter von Handel und Gewerbe, 8 an der Zahl, gewählt durch die 8 Handels- und Gewerbekammern des Landes, oder wenn es künftig­hin auch in Württemberg zu einer Entscheidung dieser Kammern kommen sollte, der einzelnen Gewerbe- und der einzelnen Handelskammern. Eine Verrreiung oer Zentralstelle für Handel und Gewerbe und für die Landwirtschaft wie sie Schäffle will ließe sich nicht rechtfertigen, weil dies in Wirklichkeit staatliche Behörden sind, welchen der selb­ständige korporative Charakter fehlt.

Den beiden Kirchen auch fernerhin eine Vertretung durch zusammen 9 Repräsentanten zu gewähren, läßt sich nicht mehr verteidigen. Viel­mehr dürste es an je einem Vertreter der eoaag. Laudessynode und des Kirchenregiments und einem Vertreter des Domkapitels, im Ganzen also an 3 kirchlichen Abgeordneten genügen.

Dazu kommt dann als Vertreter der Interessen von Wiffenschaft und Kunst ein gewählter Vertreter des akadem. Senats zu Tübingen. Daneben eine gleiche Vertretung auch der technischen Hochschule, der tierärztlichen Hochschule und der Kunstschule etnzuräumen, scheint wir nicht begründet, denn diese Akademien sind nun einmal reine Slaals- institute ohne korporativen Charakter. Reine Organe der Staats- regierustg sind aber nicht berufen, als ständische Repräsentanten derselben Regierung, die sie bestellt hat, gegenüber zu treten, deshalb soll auch der Kanzler durch einen gewählten Vertreter des akademischen Senats ersetzt werden. (Schluß folgt.)

(Lesefru cht.) Das Raubtier zeigt seine Natur, wenn es Blut, der Mensch, wenn er Geld steht.