-oder Nichtjude, geleistet wurde, als unauflöslich unverbrüchlich treu zu halten, Nächstenliebe gegen jedermann ohne Unterschied der Abstam­mung und des Glaubens zu üben, die Gesetze des Vaterlands in treuer Hingebung zu be­folgen, das Wohl des Vaterlands mit allen Kräften zu fördern und an der geistlichen und sittlichen Vervollkommnung der Menschheit mit­zuarbeiten.

* In betreff der deutsch-russischen Handelsvertrags-Verhandlungen verlautet, daß die Gegen-Anträge, die man deutscherseits auf die russischen Vorschläge ausgearbeitet hat, nunmehr formuliert und mit ausführlichen, be­gründeten Erörterungen versehen, nach Peters­burg übermittelt worden sind. Nach dem Ein­treffen dieser Gegenvorschläge in Petersburg und nach ihrer Prüfung daselbst werden die russischen Kommissarien nach Berlin kommen.

* DerAllg. Ztg." zufolge ist denschwarzen Vätern" in Ostafrika die Errichtung eines Missions-Mutterhauses in Deutschland gestattet worden.Dies scheint, fügt das Blatt hinzu, der Preis zu sein, um welchen das Zentrum der Erhöhung des Etats für Ostafrika zuge­stimmt hat. (Wenn das Handelsgeschäft so weiter geht, kann's das Zentrum noch weit bringen!!)

* Wilhelmshaven, 16. Februar. Der Kaiser und Prinz Heinrich sind um 10 Uhr hier eingetroffen und begaben sich durch die festlich geschmückten Straßen unter enthusiasti­schen Zurufen der Bevölkerung nach dem Exer- ziqkhause der zweiten Malrosendivision zur Re­krutenvereidigung, die Truppen bildeten Spalier.

Ausländisches.

* Wien, 16. Febr. DasWiener Tgbl." erfährt aus Berlin über eine Annäherung zwi­schen den Freisinnigen und dem Grafen Ca- privi: Caprivi ließ dem Abgeordneten Bam- Lerger vertraulich Mitteilen, falls die Militär­vorlage mit Hilfe der Freisinnigen zu stände gebracht werde, würde die gesetzliche 2jährtge Dienstzeit, sowie die Oeffenilichkeit des Militär- gerichtsverfahrens zugestanden und auch das Ministerium durch den Eintritt liberaler oder freisinniger Minister reorganisiert. Kaiser Wilheim soll gesagt haben: Ich will die Mili­tärvorlage für ein Menschenalter aus der Welt schaffen und eine große, starke Regierung in­augurieren; ob dieselbe konservativ oder liberal ist, ist mir ganz gleichgültig. Ich will nichts mehr von der Existenz der Milttärfrage wissen; wer mir diese aus der Welt schaffen hilft, ist mir willkommen, mit dem regiere ich.

* Paris, 13. Febr. Heute begann vor dem hiesigen Schwurgericht der Prozeß wegen Verschleuderung der Gelder der Dynamitgesell­schaft. Angeklagt sind der ehemalige Senator Le Guay, Vorsitzender des Verwaltungsrats der Gesellschaft, der Kassierer Prevost, die sich beide aufgestellt hatten, und der flüchtige Aaron, genannt Alton, der Generalagent der Gesell­

schaft war. Sie werden beschuldigt, zusammen 3 Millionen unterschlagen zu haben. Die beiden Angestellten der Gesellschaft schieben alle Schuld auf Arton.

* Paris, 15. Februar. Die Deputierten­kammer nahm einen Antrag, eine Klavtersteuer von 10 Fr. einzuführen, mit 307 gegen 135 Stimmen an.

* In der französischen Deputierten­kammer wurde bei der Budgetberatung die Ein­heitssteuer von 10 Frank auf alle Fahrräder mit 300 gegen 176 Stimmen angenommen.

* Der Tugendbold Cavaignac, der sich jetzt als Bewerber um die Nachfolge Carnots auf spielt, scheint nichts Wetter als ein Reklame­held zu sein, der aus seinem historischen Namen Kapital schlagen möchte. DieLaterne" gibt Auszüge aus einer seit Monaten massenhaft unter der Landbevölkerung verbreiteten Bro­schüre, betitelt:Die Cavaignac und die Car- nots", worin nach einigen kühlen Lobsprüchen an die Carnots die Cavaignacs als die erste und vornehmste Familie des republikanischen Hochadels bezeichnet sind und Cavaignac aufs feurigste gepriesen wird.

* London, 15. Febr. Im Unterhaus wurde gestern über die Homerule-Bill beraten. Balfour bekämpfte dieselbe sehr energisch als ganz unannehmbar. Der Parnellitenführer Red- mond erklärte es als unmöglich, eine definitive Ansicht über die Vorlage abzugeben, bis sie im Wortlaute vorliege; sie habe aber große Mängel, die beseitigt werden müssen. Erst bei der drit­ten Lesung lasse sich ein endgültiges Urteil darüber fällen. Mit dem Prinzip der Bill sympathisiere er völlig und stimme damit überein.

* Helsingfors, 15. Febr. Die Direktion der hiesigen Volksbank teilt mit, daß der flüch­tige Direktor Lindroth sich 90 000 Mk. aus der Bankkaffe aneignete. Aus der bisherigen Bücherinventur gehe hervor, daß kein Gläubiger der Bank in Mitleidenschaft gezogen sei.

"Petersburg, 14. Febr. Die heutige Nummer desGesetzblattes" veröffentlicht einen kaiserlichen Befehl zur Uebergabe sämtlicher katholischer Kirchenschulen an das Ministerium der Volksaufklärung, wobei der katholischen Geistlichkeit die Berechtigung gelassen wird, den Religionsunterricht in den genannten Schulen zu beaufsichtigen.

* Die Braut des Fürsten Ferdinand von Bulgarien ist die älteste Tochter des Her­zogs Robert von Parma, der durch die italieni­schen Befreiungskämpfe aus seinem Lande vertrieben wurde. Er heiratete 1869 die Prin­zessin Maria Pia von Sizilien und nach deren Tode 1884 die Prinzessin Maria Antonie von Braganza. Aus der ersten Ehe stammt die Braut, die in Rom 1870 geboren wurde. Sie hat 13 Geschwister. Auch die Mutter des Fürsten Ferdinand ist bekanntlich eine Bourbon und die verwandtschaftlichen Beziehungen haben gewiß bei der Verlobung eine Rolle gespielt.

Die Braut soll einen sehr regen Geist besitzen, schlagfertig und witzig in der Konversation sein, alle schöne Künste ausüben und sehr reich sein.

Handel «nd Verkehr.

-r. Altensteig, 16. Febr. Der gestrige Viehmarkt war nicht nur gut befahren, er war sogar überfahren. Wohl 1000 Stück Bich waren aufgestellt, ca. 400 Paar Ochsen und Stiere, 100 Kühe und Kalbelu, 100 Stück Rinder. Der Handel ging recht flau bei ge­drückten Preisen. Es waren zu wenig Händler am Platze und das Zugvieh für die Jrüh- jahrsarbeiten wurde des Heumangels wegen noch nicht eingekauft. Mastochsen und anderes Fettvieh waren nur wenig da. Für Ochsen wurde erlöst bis 1000 M., bei 34jährtg. Stieren 400700 M., jähr. Stiere kosteten bis 200 M., eine Kuh bis 300 M., eine Kalbel bis 320 M., Jungvieh galt 50130 M. Ver­kauft wurden ca. 100 Paar Ochsen und Stiere, 50 Kühe und Kalbeln und 50 Stück Rinder und Jungvieh. Manchen Verkäufer reute es, daß er nicht schon vor 814 Tagen im Stalle verkauft hatte; beim Hausierhandel wurden bessere Preise erzielt als heute. Der Zentner lebend Gewicht hat um 24 M. abgeschlagen. Der Schweinemarkt war ebenfalls gut beschickt und mit schöner Ware. Mit Lust wurde da ge­handelt, und rasch waren die meisten Tiere verkauft. Es waren 40 Körbe voll Läufer­schweine und 20 Körbe voll Saugschweine auf­gestellt. Erstere wurden pro Paar zu 50 dis 117,5 M., letztere zu 24-36 M. verkauft.

* Vahingen a. E., 15. Febr. Der Vieh­markt, welcher heute hier gehalten wurde, war stark besucht. Es hatte sich eine große Anzahl Händler ungesunden. Der meiste Handel ent­wickelte sich bei großer Nachfrage nach Zug­ochsen und Zugtieren. Auch Milchkühe waren gesucht. Es wurden, indem sämtliche Vieh- gatiungen im Preise stiegen, viele Käufe abge­schlossen. Die selten Ochsen wurden zu hohen Preisen gekauft. Zuqetrieben wurden 348 St. Ochsen und 1289 Stück Kühe, Zugtiere, Rinder. Für ein Paar fette Ochsen wurden 8001000 Mark, für ein Paar Zugochsen 600800 M., für eine Milchkuh 250460 M. bezahlt.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Alteusteig.

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Staat nicht als eine Verkörperung der verschiedensten sich kreuzenden -Interessen, sondern gleich einem Haufen Sandes als eine Summe völlig gleichartiger Einzelwesen auffaßt. Es wird auch den wirklichen Ver­hältnissen niemals gerecht, indem es vom reinen Zufall abhängt, ob die berechtigsten Interessen, ich begreife darunter auch diejenigen des Arbeiterstandes und verweise auf die Zusammensetzung unserer Abg.- Kammer, wo es trotz des allg. Stimmrechts und der vielen Arbeiter­stimmen an jeder Vertretung derselben fehlt überhaupt zur Geltung gelangen. Da aber die thatsächlichen Verhältnisse immer stärker sind als alle Theorien, und die größtenteils urteilslose Masse, wenn sie durch das allgemeine Stimmrecht zur Mitwirkung bei den Staatsfunktionen berufen wird, in Folge des Mangels an geistiger und wirtschaftlicher Selbständigkeit notwendig und überall das Werkzeug derjenigen wird, welche von rechts oder links darauf angewiesen sind, sich dieser Masse zur Erlangung oder Erhaltung ihres politischen Einflusses zu bedienen, so kann es nicht anders sein, als daß das allgemeine Stimmrecht soweit es sich nicht um unentwickelte Agrikulturstaaten handelt, entweder zur Pöbel-Herrschaft und zum Cäsarismus oder aber in ruhigen Zeiten zu einem politischen System der Wahlkorruption führt. Denn bei dem allg. Stimmrecht handelt es sich nicht sowohl darum, ans die vernünftige Ueberzeugung der Massen einzuwirken, dazu fehlt es schon an der Zeit als vielmehr die vorhandene Thorheit und Beschränktheit möglichst zu benutzen durch den Appell an die Leidenschaften und den religiösen H-anatismus den Antisemitismus nicht ausgenommen. Wenn man sich bei Beginn jeder Wahl nur fragt, welche Mittel sind am besten ge­eignet, auf die Leidenschaften und Vorurteile der Masse einzuwirken, so ist gewiß die Judenhetze ein ganz ausgezeichnetes Agitationsmittel in emem großen Teile Deutschlands und es ist geradezu komisch, wenn die­jenigen, welche für die Verherrlichung des allgemeinen Stimmrechtes ein­

treten, die ureigensten Erzeugnisse desselben, den religiösen Fanatismus und den Rassenhaß, bekämpfen zu dürfen glauben.

Ebendeshalb führt aber auch das allg. Stimmrecht als ausschließ­liche Grundlage der ständischen Vertretung in friedlichen Zeiten notwendig zu der schlimmsten Wahlkorruption. Es beruht ja auf dem Prinzip, daß auch der geistig unselbständige und in sozialer Abhängigkeit befind­liche Mann dieselben Wahlbefugmsse hat, wie derjenige, welcher im Besitz der Intelligenz und der gesellschaftlichen Machtmittel sich befindet, um andere seinem Willen dienstbar zu machen.

Wenn Demagogie, kirchlicher Zelotismus und Antisemitismus das Recht haben, durch Aufrührung der Leidenschaften die Massen zum Werk­zeug ihrer Bestrebungen zu macken, warum soll denjenigen, welchen Ein- wirknngsmittel anderer Art seien sie nun wirtschaftlicher oder autoritärer Natur besitzen, nicht dasselbe Recht zustehen? Mag die eine wie die andere Art der Wahlbeeinfluffung noch so verwerflich sein, keine hat ein Vorrecht vor der andern und die sittliche Entrüstung über Wahl­korruption steht nur denjenigen zu, welche der Ansicht sind, daß überhaupt nur sittliche Mittel, nicht Lüge und Täuschung der Massen im Wahl­kamps berechtigt sind, und welche es deshalb als die Ausgabe des Gesetzgebers betrachten, die Wahl der ständischen Vertretung womöglich denjenigen in die Hand zu geben, welche solchen Einwirkungen nicht zu­gänglich sind, weil sie so viel Einsicht in ihre eignen Interessen haben, daß sie selbst den paffenden Vertreter derselben zu finden wissen.

Was wäie hiernach schließlich die Folge, wenn die sog. Privilegierten in die 1. Kammer versetzt würden, um diese lebensfähig zu machen? und in der II. Kammer nur Vertreter des A. St. R. znrückblieben? Wir würden im wesentlichen eine aus Bauern, Schreibern und lebenslänglichen Dorfschulzen zusammengesetzte, von der Regierung gänzlich abhängige und nur durch einige klerikale Elemente durchsetzte Abgeordnetenkammer erhalten. (Forts, folgt»)