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Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag u. Samstag u. kostet bei der Erped., sowie im OA.- Beürk Nagold 90 außerhalb I^L das Quartal.
EtnrückungspretS der Ispalt. Zerle für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8 ^
Donnerstag den 16. Ieör.
Gestorben: Kaufmann Schäberle, Calw; Lehrge- hilse Schmätzer, Amrichshausen. Amtsanwalt Dr. Hückel, Mergentheim; Oberamtssparkassier Bantle, Kirchheim u. T.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 11. Febr. Zweite Beratung des Etats des Reichsamts des Innern. Stumm ist überzeugt, daß die Ausführung der Sonntagsruhe befriedigend ausgefallen sei. Die Vorwürfe der Sozialdemokraten über einzelne Arbeitsordnungen seien unberechtigt. Wenn einige Arbeitgeber, zu denen er nicht gehöre, die geheime Abstimmung der Arbeiter kontrolieren, so üben die Sozialdemokraten ihrerseits eine viel schärfere Kontrole. Diese müssen auch unbedingt von den Staatswerkstätten ausgeschlossen werden. Vollmar betont, daß der ganze Lärm gegen die Sonntagsruhe in seltsamem Widerspruch zu den Begriffen vom christlichen Staat stehe. Im Reichstag möchte das Zentrum das alleinige Verdienst für die Sonntagsruhe haben, in Bayern jammern dagegen die Ultramontaven am lautesten darüber und schieben uns alle Schuld zu. Die Regierung, die sonst auf die Volksstimmung nichts giebt, ist viel zu nachgiebig gewesen, namentlich in Bayern, wo vielfach eine zwölfstündige Sonntagsarbeitszelt gestattet worden ist. Redner protestiert gegen die parteiische Behandlung, die die sozialdemokratischen Arbeiter von staatlichen und privaten Arbeitgebern erfahren. Der bayerische Bevollmächtigte Landmann rechtfertigt die Haltung der bayerischen Behörden in der Frage der Sonntagsruhe, Nach längerer Debatte wird die Sitzung um 5 Uhr auf Dienstag vertagt.
* Berlin, 11. Febr. Die Militärkommisston des Reichstags setzte heute die finanzpolitische Debatte fort. Der Reichskanzler, der in den Kommissionsverhandlungen nicht den Kriegsminister vertritt, war heute erschienen, um an Stelle des Marinesekretärs zu erklären, daß amtlich von Marincplänen, die über das hinausgehen, was dem Reichstage bereits bekannt ist und vorliegt, nichts existiert. Der Umbau und die Vergrößerung Wilhelmshaven
sei nicht beabsichtigt. Der Vertreter des Reichsschatzamts teilt mit, daß in den nächsten 5 Jahren die Zolleinnahmen von selbst jährlich etwa 13 Millionen, insgesamt etwa 70 Millionen mehr ergeben werden. Er deutete wiederum an, daß das Reich einen größeren Teil der Zolleinnahmen als bisher für sich behalten würde. Richter kündigte eine Resolution an, die das Resultat der ganzen finanzpolitischen Debatte zusammenfaßt. Von Bennigsen ist ein Antrag auf gesetzliche Festlegung der zweijährigen Dienstzeit und eine entsprechende Verlängerung der Reservezeit um ein Jahr angekündtgt. Bennigsen's Antrag bezweckt die Festlegung der zweijährigen Dienstzeit für die Dauer der Militärvorlage. Ein Ricker t'scher Antrag will die Festlegung der zweijährigen Dienstzeit mit einer Verfassungs- Liderung. Beide wollen sie nur für die Fuß- Mppen. Die Sozialdemokraten beantragen die zweijährige Dienstzeit für alle Truppen.
LasdeSaachrichtea.
* Vom oberen Murgthal, 11. Febr. Nachdem der Etsenbahnbau Gernsbach—Wetßen- bach, wodurch ein größerer Teil vom Verkehr des oberen Murgthals noch weiter dahin abgeleitet werden dürste, fest beschlossene Sache ist, ist di«*Murgbahnfrage wieder außerordentlich rege geworden und fand von den Interessenten des oberen Murgthals im „Hirsch" in Baiersbronn eine Versammlung statt, um die schon mehr als 30 Jahre schwebende Murgthaleisenbahnfrage eingehend zu besprechen. Es war denn auch die Beteiligung trotz des stürmischen Wetters, sowohl von den Murgthälern als auch Freudenstädtern eine außerordentlich lebhafte. Darüber, daß das Bedürfnis einer Eisenbahn im Murgthal vorhanden und daß der große Verkehr dadurch noch bedeutend gehoben werden könne, gab es nur eine Stimme und es wurde beschlossen alle Schritte zu thun um von seiten der K. Regierung zu erreichen, daß diesem so überaus dringenden Bedürfnis entsprochen werde. Es wurde eine Kommission
von etwa 12 Mitgliedern gewählt, die die Auf
gabe hat, diese Frage weiter zu verfolgen.
* (Aus der Residenz.) Sonntag früh 7 Uhr starb infolge von Lungenlähmung im Alter von 68 Jahren der Präsident der Oberregierung, und der Landgestütskommifsär Wilhelm v. Bätzner. Der Entschlafene war Mitglied des Kompetenzgerichtshofes, außerordentliches Mitglied des Geheimen Rates, aus Lebenszeit ernanntes Mitglied der Standesherren, Vorstand der Kommission für die Adelsmatrikel, Vorsitzender des Landesversicherungsamtes. Mit Präsident v. Bätzner ist einer der hochverdientesten älteren Beamten des Ministerums deS Innern verschieden.
* Stuttgart, 10. Febr. (Landgericht.) Wegen Vergehen des einfachen Bankerotts saßen gestern abend die Gebrüder Kahn, Viehhändler in Ludwigsburg, auf der Anklagebank. Dieselben kamen am 2l. März 1892 in Konkurs, wobei sich eine Ueberschuldung von je 16 000 Mark herausstellte, und es sich zeigte, daß weder Bücher geführt noch je eine Bilanz gezogen worden war. Das Geschäft war als Kahn u. Co. ins Handelsregister eingetragen ; doch hat der Konkursverwalter sich dahin ausgesprochen, daß diese Handelsgesellschaft eine höchst eigentümliche gewesen sei- Da gab es weder einen AssociationS- vertrag, noch ein Inventar, noch Bilanzen, weder Kasse noch Bücher. Jeder hatte ein Rechenbuch über seine eigene Kasse und nur ein Hauptbuch wurde von Herm. Kahn geführt, das aber nur die Ausstände, nicht aber die Schulden der Firma enthielt. — Die Angeklagten machten geltend, sie seien nur Hausierer, nicht Kaufleute, hätten Wandergewerbescheine, aber keinen Stall und ihr Geschäftsumfang sei «in sehr unbedeutender, also seien, sie auch nicht verpflichtet gewesen, Bücher zu führen, Bilanzen zu ziehen. Staatsanwalt Fromann räumt ein, daß, wenn dies alles zuträfe, die Angeklagten straflos wären, allein dies sei eben nicht der Fall. Sie hatten laut der wenigen Aufschriebe einen großen Geschäftsumfang, und bei der K. Hosbank einen Kredit von 25—30 000 M., in dar Geschäft aber hätten sie 16—18000 M. bar gesteckt. Maßgebend erscheine hier auch die Entscheidung des Reichsgerichts, welches den Viehhandel nicht unter den Begriff des Hausierhandels stellt. Die Rechtsanwälte Löwenstein l und Elsaß hier verteidigten die vier Angeklagten sehr warm und wiesen namentlich auf die württembergische Gewerbeordnung und das Steuergesetz hin, welches für dieselben von Vorteil sei. Allein das Gericht erkannte auf Schuldig und verurteilte die Angeklagten zu je einer Woche Gefängnisstrafe.
* Stuttgart, 12. Febr. Die Strafkammer verurteilte den wegen Sittlich kettsver-
Ueber die Württ. Verfassungsrevision.
(Fortsetzung.)
Dennoch möchte ich die Verfassungsreform als das allerdringendste Bedürfnis der Gegenwart bezeichnen, sofern man überhaupt noch ein Interesse an der Zukunft des Staates W. hat. Denn wer dieses Interesse hat, dem kann es nicht gleichgtltig sein, wenn der ganze Staatsorganis« mus an waiÄSMns Wallis — an Altersschwäche dahinsiecht — weil Inhalt und Form sich nicht mehr decken, und wenn die parlamentarischen Körperschaften mehr und mehr die öffentliche Achtung verlieren, so daß dieser ganze Apparat schließlich nur noch als ein Kartenhaus erscheint, welches der nächste Windstoß der Politik zusammenwerfen kann. Gewisse Herren mögen ja denken, wenn es nur uns noch aushält; nach uns die Sintflut! Wir, das württ. Volk in seiner großen Majorität sind anderer Ansicht! Was wir vor Allem wünschen und sichern müssen, das ist — auch im neuen Reich — die Erhaltung lebenskräftiger Einzelstaaten. Die Aufsaugung der letzteren durch das Reich muß ganz außerhalb unserer politischen Rechnung liegen. Der Rechrshistoriker könnte allerdings sagen, es sei dies eine ganz natürliche Entwicklung der Dinge, wenn durch all- Mähliges Absterben der Einzelstaaten das deutsche Reich — gleichsam gedüngt durch die Verwesungsstoffe dieser Staaten um so kräftiger heranblühe. Der praktische Staatsmann wird diese Auffassung nicht teilen. Es wird noch lange Zeit brauchen, bis die deutschen Staaten so gleichartig sind, um zum Einheitsstaat zusammen zu wachsen. Die sozialen Verhältnisse des führenden Staats insbesondere sind solche, daß ohne Ke größte Vergewaltigung berechtigter Kulturtntereffen ein Uebergang zum Einheitsstaat nicht denkbar wäre.
Deshalb eben muß es unser Bestreben sein, die Lebenskraft unserer staatl. Einrichtungen durch entsprechende Verfaffungsformen zu erhalten, m. a. W.: die ganze Staatsorganisation muß der jetzigen Bedeutung
des Landes entsprechen, es bedarf einer Rückbildung des bisherigen Organismus, der den vollen Besitz einer in sich selbst ruhenden Staats- souveränität mit großmächtlichen Prätensionen zur Voraussetzung hatte. Fahren wir tu der bisherigen Weise fort, so ist die notwendige Folge, daß die auf einen Großstaat berechneten Einrichtungen immer mehr zu einem bloßen Scheinleben verurteilt werden, daß die Gleichgiltigkeit gegen die Wohlfahrt und die Interessen des Einzelstaats auf immer weitere Kreise sich erstreckt, und damit im Zusammenhang eine finanzielle Mißwirtschaft eintritt, welche nicht mehr mit einer zweifelhaften Zukunft, sondern nur noch mit der Gegenwart rechnet, wofür die letzten Jahre der verflossenen württ. Finanzverwaltung leider schon Beweise genug an die Hand geben.
Beides führt zum Ruin und müßte bei der nächsten politischen Katastrophe das Ende unserer bisherigen Selbständigkeit herbeiführeu. Denn die Bildung größerer Staatskörper ist angesichts der mannigfaltigen nnd kostspieligen Ausgaben des modernen Staats eine notwendige Folge der geschichtlichen Entwicklung und der kleine Staat kann sich heutzutage nur noch erhalten, wenn er die erforderliche Lebenskraft und geordnete Finanzen besitzt. Es handelt sich also darum, für den jetzigen Inhalt unseres etnzelstaatlichen Lebens die entsprechende Form, die entsprechenden Verfaffungseinrichtungen zu finden. Da stellt sich nun zunächst heraus, daß unsere Kammer der Standesherrn ein ganz lebensunfähiges, abgestorbenes Institut ist, welchem nach den heutigen staatsrechtlichen Verhältnissen jede innere Berechtigung fehlt, welches die natürliche Entwicklung unseres Landes hindert; und dessen Beseitigung als ersten Schritt einer jeder Verfaffungsreform die Ehre unseres Landes fordert: denn ein ähnliches Institut besteht zur Zeit im ganzen deutschen Reiche nicht.
Als eine Schutzwehr berechtigter konservativer Interessen gegen überstürzende Beschlüsse der Abgeordnetenkammer kann die Kammer der