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Amtsblatt für

Mr.12.

Erscheint niöchentl. 3rnal: Dienstag, Donnerstag u. Samstag u. kostet bei der Erped., sowie im OA.- Bezirk Nagold 90^. außerhalb 1 das Quartal.

Samstag den 28. Januar

Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

1893.

Jum 27. Januar. .

Ein harter Winter, schwer und lang,

Hält noch die Welt in seinen Banden,

Und doch schallt heut' ein Feiersang Voll Kraft in allen deutschen Landen;

Doch jubelt heute voller Lust

Her von den Alpen bis zum Norden

Das Herz in jedes Deutschen Brust,

Da wir ein einig Volk geworden.

Wem gelten herzlich, voll Gemüt Des ganzen Volkes Wünsche beste?

Dem Kaiser gilt das deutsche Lied Zu seinem frohen Wiegenfeste,

Und warum fühlen heute gleich Die Millionen deutscher Brüder?

Der Kaiser ist für uns das Reich,

Wir fühlen alle uns als Glieder!

Umringt von treuer Fürsten Schar,

Die eng und herzlich ihm verbunden,

Hält an des Vaterlands Altar Er treue Wacht zu allen Stunden.

Und auf dem Altar stetig brennt Des Völkerfliedens milde Flamme;

Kein kriegerisch Gelüste kennt

Der Sproß aus altem Heldenstamme.

Dem Kaiser Heil! Das hohe Lied Schwillt mächtig zu gewalt'gem Rauschen, Gelöbnisweis klingt's im Gemüt:

Wir wollen Treu' und Treue tauschen.

Dann wiid uns schöner Lohn zu teil.

Wenn wir durch Einigkeit uns stärken;

Drum noch einmal: Dem Kaiser Heil!

Und Gottes Segen seinen Werken!

Gestorben: Buchhändler Teubner, Tübingen; Albert Göller, Teilhaber der Firma Gutbrod und Cie., Stuttgart: Kaufmann Schütz, Rudersberg; Privatier Schmidt, Stuttgart.

Deutscher Reichstag.

* Am Montag nahm der Reichstag zunächst den Gesetzentwurf, welcher die Einführung der Einheitszeit aus I. April 1893 bestimmt, an. Es machten sich v elfache Bedenken gegen die Vorlage geltend, ^ie Annahme des Gesetzes erfolgte gegen die Stimmen oc-- größten Teils des Zentrums. E ne in Verbindung mit der Vorlage beantragte Resolution, worin die Re­gierungen oufgefordert werden, baldigst Vor­

schläge behufs Beseitigung der Uebelstände zu machen, die sich mach Einführung der Einheits- zeit im Gewerbebetriebe Herausstellen könnten, da in der Gewerbeordnungs-Novelle noch mit der Ortszeit gerechnet werde, wurde abgelehnt, nachdem Minister Bötticher erklärt, daß wenn wirklich Mißstände entstehen, sie die ersten sein werden, welche denselben entgegentreten. Das Haus begann darauf die erste Beratung der Wuchergesetz Novelle, für welche von den Konser­vativen Abgeordneter Dr. Giese und vom Zentrum Freiherr von Buol eintroten. Dr. Giese verlangte sogar die Zuerkennung einer Buße an den Bewucherten. Den freisinnigen Standpunkt vertrat Abgeordneter Dr. Horwitz, der ausführte, daß man mit Gesetzcsparagraphen den Wucher, welchen die Freisinnigen ebenso wie jede andere Partei verdammten, nicht aus der Welt schaffen könne. Der Redner machte auf das Bedenkliche der Elastizität gewisser Bestimmungen der Novelle aufmerksam, die unter anderem dahin führen könne, daß jeder Kaufmann, der eine Ware etwas teuer verkauft, von seinen Kunden wegen Wuchers denunziert würde. Für den Richter ergeben sich große Schwierigkeiten, festzustellen, in welchen Fällen der Gewinn über das Maß des Erlaubten hinaus­ginge. Staatssekretär Dr. Hanauer ver­teidigte die Vorlage unter Hinweis darauf, daß dieselbe einem von vielen Seiten geäußerten Be­dürfnisse entspreche. Sie solle nur eine Er­gänzung, keine Abänderung des bestehenden Rechtes herbeiführen.

* Berlin, 23. Jan. Der Reichstag nahm in zweiter Beratung die Vorlage, betreffend die Einführung der Einheitszeit mit großer Majori­tät gegen die Stimmen einiger Zentrumsmit­glieder an. Staatssekretär Bötticher führte aus, an die Einheitszeit werde man sich bald gewöhnen, wie die in Süddeutschland gemachten Erfahrungen beweisen. Der Reichstag lehnte sodann eine Resolution, betreffend die Beseitigung von Uebelständen der Einheitszeit für das ge­werbliche Leben ab. Staatssekretär Bötticher betonte, die Regierungen würden bei hervor­

tretenden Uebelständen aus eigener Initiative Abhilfe schaffen. Es folgt die erste Beratung der Wuchergesetzenovelle. Giese (kons.) billigt die Vorlage und wünscht, daß den Bewucherten freigestellt werde, eine Buße für den erlittenen Schaden zu verlangen. Horwitz (freisinnig) hebt die Schwierigkeit hervor, die Ausbeutung der Bewucherten gerichtlich festzustellen. Die Vorlage gefährde das Kreditgeschäft. Staats­sekretär Hanauer erklärt, offenbaren Miß­ständen gegenüber habe Abhilfe gesucht werden müssen, v. Buol (Zentr.) begrüßt die Vor­lage aufs freudigste.

Laadesuachrichteu.

* Altensteig, 26. Jan. Elektrische Beleuchtung,elektrischerMaschinen- betrieb im Kleingewerbe, das sind wirklich hier die Thema, über die allgemein gesprochen wird. Der eine bezweifelt, daß es so weit kommen wird, der andere weiß es ganz gewiß, daß das bestehende Projekt zur Ausführung kommt. Nun, so viel steht fest, daß man zuständigerseits ein ernstliches Be­streben zeigt, dem zeitgemäßen Fortschritt hier auf die Beine zu helfen. Und daß das Projekt auch allgemeinem Beifall begegnet, das beweist das hohe Interesse, welches dem Vortrag des Herrn Cox, Oberingenieurs der elektrischen Abteilung der Maschinenfabrik Eßlingen, ent­gegengebracht wurde, den derselbe speziell für die Altensteiger am Dienstag abend im Gasthof zumHirsch" in Nagold gab. Mehr denn 100 Teilnehmer hatten sich hiezu einge­funden und es war ein guter Gedanke, daß der Gewerbeverein Aitensteig sich einen aparten Vortrag sicherte, denn der Vortrag am Abend zuvor war von Nagolder Interessenten wie man zum Voraus vermutete-, so zahlreich be­sucht worden, daß die geräumigen Gelaffe kaum alle Teilnehmer aufnehmen konnten. Nachdem Herr Gewerbevereinsoorstand Maier dem Hrn. Ingenieur das Wort erteilt hatte, führte der­selbe im wesentlichen folgendes aus: Das Ge­biet der Elektrizität sei ein zu ausgedehntes

Ate Tochter des Gauklers.

Original-Roman von Gebh. Schätzler-Perasini.

(Fortsetzung.)

18 .

Kurt hatte eine schlaflose Nacht verbracht; die Angst warf ihn hin und her; er konnte kein Auge schließen.

Nicht viel anders war es der Gräfin ergangen. Sabine war ihrem Herzen so nahe gerückt wie ein eigenes Kind. Sie beschloß am kommenden Morgen, wenn Sabine sich immer noch weigern sollte, zu öffnen, selbst gegen ihren Willen einzudringen; sie wollte ihr Kind mit eigenen Augen sehen.

Auch der Doktor fand es jetzt sehr bedenklich. Er hatte sich in der rosigsten Laune befunden, da er sah, wie alles so friedlich verlief. Nun aber kam das fatale Unwohlsein und verursachte ein Mißbehagen Lei ihm, das ihn tiefer packte.

Er hatte nur wenige Stunden geschlafen, war dann aufgestanden und durchmaß jetzt unruhig sein Zimmer. Er befand sich in recht trüber Stimmung, trotzdem draußen das herrlichste Wetter herrschte.

Früh schon war die Sonne aufgegangen; wie ein Feuerball stieg sie empor mit glutrotem Scheine; herrlich breitete sich die Landschaft unter ihr aus.

Manchmal überlief es den Doktor wie plötzlicher Schrecken. Er beschloß, selbst gegen jeden Willen, heute die Behandlung Sabinens in die Hand zu nehmen.

Mittlerweile war die Zeit vorgeschritten; er verließ seine Zimmer und ging nach denen der gräflichen Herrschaften.

Aber kaum war er unten angekommen, so trat ihm auch schon die Gräfin mit erschrockenem Antlitz entgegen.

Doktor," rief sie heftig,Sabine giebt aus unser Klopfen keine Antwort. Was ist das?"

Er fuhr merklich zusammen und wechselte die Farbe.

Sie wird noch schlafen," sagte er unsicher.

Nein, nein," antwortete Franziska;das ist gar nicht möglich nach diesem Pocheü!"

Weiß es Kurt schon?'" fragte er vorsichtig, als fürchte er gehört zu werden.

Es ließ sich nicht vermeiden; er war mir auf dem Fuße gefolgt, als ich hinüberging."

Das ist sehr schlimm!" sagte Bronnig, und ein unangenehmes Gefühl faßte ihn.Er ist drüben?"

Ja; er befragt das Kammermädchen. Ich wollte Sie eben rufen lassen; vielleicht ist ein Unglück Doktor, mir zittert das Herz!"

Behalten Sie um Gotteswillen ruhiges Blut, Gräfin!" mahnte er betroffen.Wir haben um Kurts willen jede Aufregung zu ver­meiden. Kommen Sie jetzt!"

Sie gingen nach Sabinens Zimmer.

Im Vorzimmer war Kurt, der totenbleich vor dem jammernden Kammermädchen stand.

Doktor! Doktor!" ries er dem Eintretenden entgegen, mit einer Stimme, die Bronnig erschreckte.Es ist ein Unglück geschehen!"

Nur Ruhe Ruhe; ich bitte!" bat Bronnig und wendete sich nach der Thür.

Die Kammerzofe hatte, wie jeden Morgen, auf das Klingeln ihrer jungen Herrin gewartet, heute jedoch immer vergeblich. Sie ging dann zur Gräfin, nachdem sie längere Zeit gewartet, und meldete den sonder­baren Umstand. Sie konnte nichts weiter sagen, als daß Sabine sie gestern abend schon zeitig wegschickte; ihr Zimmer lag zwar in der Nähr