* Berlin, 16. Jan. Der neueste Kommentar der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung zu den Aeußerungen des Grafen Caprivt über unsere auswärtige Politik wird als sehr auf die Schrauben gestellt bezeichnet. Die Teilnehmer der Militärkommisston hätten wohl überwiegend aus den Darlegungen des Reichskanzlers thatsächlich den Eindruck gewonnen, daß die auswärtige Politik mehr als früher die Interessen Oesterreichs unterstütze. Man hält eine Klarstellung entweder durch Veröffentlichung des Wortlauts der Rede oder durch die Ausführungen des Kanzlers im Plenum des Reichstags für notwendig.
* Der „Vosfischen Zeitung" zufolge enthält der in Ausarbeitung befind! che Gesetzentwurf detr. den Hausierhandel die Bestimmung, daß Handelsreisende Bestellungen nur bei Gewerbetreibenden, in deren Gewerbebetrieb die angebotenen Waren Verwendung finden, nicht bei Privatkunden suchen dürfen.
» Gegen die Wahl Ahlwardts zum Reichstage ist eine große Zahl von Protesten eingelaufen, die Akten sind von der betreffenden Abteilung des Reichstags an die Wahlprü'ungs- kommisston zur Prüfung und Berichterstattung Lberwiesen worden.
* Gelsenktrchen, 16. Jan. Im hiesigen Bezirk ist alles angefahren. Der Ausstand ist als beendet anzusehen.
* Essen, 15. Jan. Der „Rhcin.-Westfäl. Zeitung" zufolge wurde die heutige Bergarbeiter- Versammlung, welche über die Fortsetzung des Streiks beschließen sollte, bald nach der Eröffnung wegen Verhöhnung der obrigkeitlichen Anordnungen polizeilich aufgelöst.
* Dresden, 16, Jan. Die Prinzessin Friedrich August wurde heute Nacht von einem Prinzen entbunden. Anläßlich der Geburt des Prinzen, ersten Sohnes des mutmaßlichen Thronfolgers, wurden heute früh 101 Salutschüsse abgegeben.
* Aus Metz wird berichtet: Vor einigen Wochen stürzte der Schaffner Marx von einem Zug der Strecke Metz Trier herab, erlitt einen Schädelbruch und mußte bewußtlos ins Spital zu Grevenmachern verbracht werden. Seine erst vom Wochenbett aufgestandene Frau wurde vor Schreck trank und starb nach wenigen Tagen, so daß ihre zehn unmündigen Kinder verwaist dastanden. Marx hat nun, nach seiner Genesung über den Unfall befragt, die Aussage gemacht, daß ein Individuum, welches er ohne Fahrkarte angetroffen und mit Anzeige bedroht habe, ihm einen Fußtritt in den Rücken versetzt und ihn auf diese Weise jvon dem Zuge herabgestoßen habe. Leider konnte der Niederträchiige, der auf eine cberffo leichtsinnige als gemeine Weise das Glück einer ganzen Familie zerstört hat, bis jetzt noch nicht ermittelt werden und wird wohl überhaupt schwer ausfindig zu machen sein.
* Meilenwette Eisfelder schwimmen, wie man der „Danz. Z." schreibt, in der Ostsee. So hat der in Ptllau cingetroffene belgische Dam
pfer „Riga" nach Aussage des Kapitäns 45 Seemeilen durch zwei Zoll starkes, festes Eis sich durcharbeiten müssen. Auch der Pillauer Hafen ist voll von Eis, so daß die Schleppdampfer, die das Verholen und Begleiten der Schiffe besorgen, mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Selbst diese mit starken Maschinen ausgerüsteten Schiffe rücken bei ihren Arbeiten durch das Eis manchmal nur zoll weise vor, dabei müssen sie die größte Vorsicht anwenden, um sich nicht die Schraube zu beschädigen.
Ausländisches.
* Paris, 14. Jan. Magnard führt im „Figaro" aus, man beginne zu glauben, daß Carnot die Namen der Kompromittierten und die Handlungsweise der Minister in Sachen der geheimen Fonds gekannt haben müsse. Wenige Leute seien genegt, ihn warm zu verteidigen. Magnard rät darum Carnot, das Elysee zu verlassen, ehe man ihn zu empfindlich treffe. Er möge sich durch eine Botschait einen schönen Abgang sichern. Nach seinem Abgang möge man einen Monn des Degens wählen, der die Auf lösung der Kammer vornehme.
* Paris, 15. Jan. Baihaut hat ein volles Geständnis abgelegt. Der Untersuchungsrichter las ihm die Aussage von Lesieps vor dem Appellhofe vor. Baihallt war im ersten Augenblicke wie zerschmettert, er bekannte endlich seine Schuld ein, sagte aber, wenn er seine Ehre und Reputation in dieser Sache einbüße, so wolle er dafür sorgen, daß gewisse Personen, welche die Justiz bis jetzt schonen zu wollen scheine, auch zur Rechenschaft gezogen werden. Er machte dann dem Herrn Tiburcius de Franqueville wichtige Eröffnungen, wodurch mehrere bekannte Männer auf die Anklagebank geführt werden dürften.
* Paris, 16. Jan. Der Polizeikommissär übermittelte heute Vormittag dem italienischen Korrespondenten Richard Alt den Ausweisungsbefehl. Demselben und dem deutschen Korrespondenten v. Wedel! wurde eine achtundvierzig- stündige Frist zur Abreise bewilligt.
* Paris, 16. Jan. Eine Versammlung von Aktionären und Obltgationsinhadern der Panamagesellschaft, dre in Vauxball tagte, beschloß die Bildung einer neuen Gesellschaft mit einem Kapital von 140 Millionen (!) zur Wiederaufnahme der Kanalarbeiten.
* Perersburg, 17. Jan. Der Regierungs- bote veröffentlicht die Antwort des Kaisers auf die Neujahrsglückwünsche der Stadt Moskau. Darin heißt es: Möge Gott unser Gebet erhören, daß dieses Jahr ein Jahr des Friedens und Wohlergehens für Rußland werde.
Haus und Landwirtschaftliches.
* Vom Lande, 13. Jan. Bei dem gegenwärtigen riesigen Verbrauch von Brennmaterial dürfte es wohl angezcigt sein, hinzuweisen auf die Verwendung der Kohlenasche. Bet der Aus
dehnung der Industrie ist der Verdrasch der Steinkohle sehr gestiegen, daher die großen Rückstände der Asche, welche bisher noch wenig verwendet, ja ofr verschleudert wurden «ad dennoch hat diese einen bedeutenden Wert. Im nassen und schweren Getreideboden bringt die durch ein Drahtgitter geworfene Steinkohlen- asche einen unberechenbaren Vorteil, wie „die Landwirtschaft und Industrie" hervorhebt. Ein Aufträgen von 5—7 Centimeter Steinkohlenasche im Herbste und gehörige Unterbringung mit dem Spaten lockert die Erde bedeutend, bewirkt ein besseres Eindringen der Atmosphäre und befördert die darauf gebauten Gewächse in ihrem Wachslam. Alle Gattungen gedeihen in dieser Erde vortrefflich, besonders die Hülsenfrüchte. Ein zweiter Nutzen ist die Vertilgung der nackten Gartenschnecke und der Regeuwürmer durch das Aufstreuen der Asche auf die Beete. In der Oekonomie bietet die Stetnkohlenasche gleichfalls große Vorteile. Nicht nur als Beimischung zur Komposterde, sondern jeder tiefe und undurchlässige saure Boden wird beim Aufträgen von 8—10 Centimeter gelockert und kulturfähiger gemacht, und je nach Beschaffenheit des Ackers kann man dies 2—3 Jahre nach einander wiederholen. Ein gleiches gilt bet nassen und sauren Wiesen, welche 5 Centimeter hoch mit Steinkohlenasche überzogen werden. Schon im ersten Jahr find die schönen Resultat« wahrnehmbar; das Moos und die sauren Gräser verschwinden nach und nach und an ihre Stelle tritt der weiße Wiesenklee, welcher eine dichte Narbe bildet und ein gutes und reichliches Futter giebt.
Vögleins Bitte.
Gekommen ist die Winterszeit,
Und Feld und Wald liegt tief beschneit,
Ihr lieben Kinder groß und klein Bei euch wird das wohl Freude feint
Bei uns bringt dies nur Sorg und Not,
Uns fehlet jetzt das täglich Brot;
Kein Blättchen und kein grünes Reis Verschonet für unS Schnee und Eis.
Drum bitten wir euch Kinderlein,
Barmherzig gegen uns zu sein,
Streut vor das Fenster etwas Brot,
So sind wir sicher vor dem Tod.
Und herrscht die Kälte «och so sehr.
Wir kommen an das Fenster her,
Und holen unser Mahlzeit dort.
Und fliegen husch husch wieder fort.
Ist dann der schöne Frühling nah,
So sind wir Voglern auch noch da.
Und singen spät und singen früh Die allerschönste Melodie.
r.».
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Mensteig.
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Als die Bauern den Grafen erreichten, hatte er sich eine Kugel durch den Kopf geschossen. Sie stürzten seinen Leichnam über den Turm in den Schlvßgraben.
Felsberg ward ausgeraubt und geplündert, brannte aber nur teilweise nieder. So blieb auch die in dem wilden Park beinahe versteckte Gruftkapelle unversehrt. Zwar sagt man, die Thür war offen, und auf den Stufen vor dem Christusbilde lag die Pistole, mit der sich Kunz den Tod gab; die Sage spricht davon, daß jener Bursche sie hineinwarf, ehe er weiterzog. Thatsache ist es, daß sie heute noch unten hängt."
„Und das Kind? Wo blieb denn das?" fragte Bronnig.
„Ein treuer Knecht hatte es an sich genommen, als die Burg fiel ; im ärgsten Kampfgewühle verließ er das Schloß damit," versetzte Friedrich. „Jener Bursche soll es wohl bemerkt haben; auch die mn- herlagernden Bauern ließen den verkleideten Knecht mit dem Kinde sich retten. So hatten sie wahrscheinlich den Auftrag von ihrem Anführer. Der Knecht floh mit dem Kinde nach Oesterreich, zu mächtigen Verwandten ver Felsberg. Als der Krieg teilweise beendet war, wurde der Nachkomme in seine Rechte wiederum eingesetzt. Mit dem jungen Grafen hatte auch jener treue Diener seine Heimkehr bewerkstelligt. Seine Nachkommen widmeten fortan ihr Leben dem Dienste der Grafen; es war mein Ahnherr."
Dr. Bronnig schaute fragend den stockenden Alten an.
„Und weiter?" fragte er.
„Weiter!" seufzte Friedrich. „Die Sage ist zu Ende! Von da ab beginnen Thatsachen. Der Sohn des irrsinnigen Kunz von Felsberg hatte die Krankheit im Blute liegen; aber sie kam erst völlig zum Ausbruch, als der Gras längst glücklicher Vater war. Mein Ahnherr legte -die Chronik an; von Hans von Felsberg dem Milden schrieb er: „Ge
fallen durch eigene Hand, von Irrsinn umnachtet." Aber auch er hatte einen Sohn — und auch dieser setzte den kranken Stamm fort. Die Felsberg hatten den Fluch getragen — sie tragen ihn heute noch!"
„Heute nicht mehr, Alter," lachte Bronnig gewaltsam; „dessen seid versichert! Und sie hätten ihn längst abschütteln können, wenn sie die Energie dazu gehabt hätten. Wißt Ihr, was sie alle wahnsinnig machte ? Die Furcht vor dem Wahnsinn! Sie wußten, daß ihre Väter alle dem Wahnsinne verfielen und der Gedanke bohrte sich glühend in ihr Gehirrp bis er's zersetzte."
„Freilich kannten sie das Los ihrer Vater," nickte Friedrich; „wenn auch gegen die Welt stets der Schein gewahrt blieb, als wären sie rechtlich gestorben. Meinem letzten Herrn wollte ich diese Kenntnis vorenthalten ; er wußte nichts davon, bis er eines Tages das Buch fand. Ich konnte es ihm nicht mehr entreißen — und das Unglück kam wie immer."
„Das war Waldemar, der Vater Kurts; ich weiß. Aber seht, ich habe mit vielen alten Anschauungen gebrochen, die unerschütterlich standen; ich stürze auch den alten Fluch der Felsberg; die Liebe ist meine Macht. Kurt weiß nichts von dem traurigen Geschicke seiner Ahnen; er soll auch nie etwas erfahren. Für ihn sind sie gefallen in der Schlacht, oder friedlich gestorben auf ihrem Schlosse. Und sagt doch, hat meine Medizin ihn nicht voll und ganz hergestellt? Dem einmal noch anhaftenden Trübsinn den Uebermut und Scherz an die Seite und diese beiden unzertrennbar mit ihm durchs Leben gehend — dazu die Leie, nicht eine düstere, sondern sonnenhelle Liebe voll Lust uns Frohsinn, das in mein Mittel, meine Wissenschaft. Das wird aus dem jungen Sprossen eine starke Eiche machen, die allen Stürmen trotzt, und will's Gott, auch neue, gesunde Knospen treibt." Mit dieser festen Hoffnung verscheucht doch die Erinnerung an die alte Sage, mag sie nun wahr oder erdichtet sein, und freut Euch mit uns allen der frohen Zukunft." <Kortft ft-