Amtsblatt für

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Donnerstag den 12. Januar

Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

1893.

Gestorben: Barbara Blicklen, geb. Dudenhöfer,

Freudenstadt; Gemeiodewaldschütz Rapp, Baiersbron»; Präsident v. Schneider, Stuttgart.

DerReichsauzeiger" über die Welfeu-

fondsquittunaen.

DerReichsanzeiger" erklält bezüglich der vomVorwärts" veröffentlichtenHundert Quittungen des Welttnfouds", daß die Reichs­regierung bereits im Frühjahre des Vorjahrs mit der Angelegenheit befaßt gewesen sei, aber von Anfang an die Ueberzeugung gehabt habe, daß es sich um eine Täuschung handelte. Die Gewißheit, daß eine Fälschung vorlicge, sei schon aus dem Umstande hervorgegangen, daß bezüglich der Verwendung von Welfenfonds- geldern zu geheimen polnischen Zwecken die Empfangsbescheinigungen des Reichskanzlers be­ziehungsweise der von ihm dazu bevollmächtig­ten Beamten die ausschließlichen kassenmäßigen Belege bildeten und daß diese Bescheinigungen jeweils nach erteilter Decharge verbrannt wur­den, und dasür bestimmte Quittungsformulare niemals existiert haben.

Anschließend daran pupliziert derReichs- anzeiger" eine amtliche Korrespondenz des deut­schen Gesandten in Bern mit dem Auswärtigen Amte in Berlin, die einen Zeitraum vom 6. bis 27. April 1892 umfaßt und woraus hervor- gcht, daß der vormalige württcmb. Hauptmann Miller dem Gesandten Bülow von der beabsichtig­ten Veröffentlichung der Welfenfondsguittungcn, für welche der Zeitungskorrcspondent Lunge aus Zürich thätig war, Mitteilung machte. Miller und Lunge erklärten, die Publikation unter­lassen und die Quittungen verbrennen zu wollen, nachdem inzwischen die Aufhebung des Welfen- sonds erfolgt war. Miller erklärte protokollarisch, er sei im August des Vorjahrs von einer in hoher Stellung befindlichen Persönlichkeit, die er aber wegen eines gegebenen Ehrenwortes nicht nennen könne, veranlaßt worden, auf Grund hundert uuverbramiter Belege des Wel- fenfonds eine Broschüre zu schreiben, habe aber das Anerbieten sofort abgelehnt und sei bereit, die Belege in Gegenwart von Zeugen zu vernichten.

Am selben Tage, dem 6. April, erhielt Gesandter v. Bülow einen anonymen,Ein Reichstreuer" Unterzeichneten Brief, der besagte: Lassen Sie sich nicht düpieren! Der Verfasser der Weifenfondsbroschüre ist Lunge, der zugleich Berichterstatter der WienerNeuen Fr. Presse" ist. Ein Facstmile hat derselbe gar nicht, die Broschüre ist reiner Schwindel, bestehend aus zusammengesetzten Zeitungsartikeln." Der Ge­sandte v. Bülow erhielt vom Staatssekretär Marschall in Berlin am 13. April die Weisung, alle Beziehungen zu Lunge und Miller abzu­brechen und keinerlei Verhandlungen mehr mit ihnen zu führen. Miller zeigte dem Gesandten v. Bülow am 13. April auf Ehre und Ge­wissen an, er habe am 7. Avril die als Original- qutltungen ihm übergebenen 115 Welfenfonds- belege verbrannt. Staatssekretär Marschall wies am 16. April v. Bülow erneut an, alle Beziehungen zu Miller und Lunge abzubrechen. Am 25. April berichtete Bülow an Staats­sekretär Marschall, Miller habe angefragt, ob er ohne weitere Folgen für sich in seine Heimat reisen könne. Staatssekretär Marschall wies v. Bülow am 21. April an, er soll Miller antworten, daß er weder berufen noch imstande sei, ihm über die Folgen einer Rückkehr nach Deutschland Zusicherungen zu machen. Auf einen Bericht v. Bülow's vom 27. Aprck tele­graphierte Marschall, Bülow möge Miller er­öffnen, daß die kaiserliche Regierung mit der ganzen Angelegenheit nichts zu thun haben wolle und er (Bülow) daher nicht in der Lage sei, mit Miller ferner zu verkehren. Auf die Anzeige des Botschafters Grafen Münster in Paris vom 25. Mai, daß man versuche, die Züricher Weifenfonds-Broschüre jetzt in Paris verlegen zu lassen, antwortete Marschall am 30. Mai unter Mitteilung der Verhandlungen v. Bülow's und Miller, daß man alle Veran­lassung habe, die ganze Angelegenheit für Schwindel schlimmster Art zu halten.

Zu dieser amtlichen Korrespondenz, betr. den Gesandten v. Bülow und Hauptmann Miller ist nachzutragen, daß der Gesandte o.

Bülow auf Veranlassung Miller's am 10. April den Kanzleibeamten Jordan nach Zürich sandte, welchem Miller in seiner Wohnung ein angeblich 115 Ociginalquittungen umfassendes Konvolut und von diesen angeblichen Quittungen die oberste unter Verdeckung der Namensunter- schrtft vorzeigte und demnächst verbrannte. Jordan war bet dem angeblichen Verbrennungs- akte im Zimmer, vermied indessen, v. Bülow's Weisung gemäß, dem Akte selbst zuzuschauen

Eröffnung des Landtags.

* Stuttgart, 10. Jan. Heute vorm. 11 Uhr wurde der Landtag von S. Maj. dem König mit folgender Thronrede eröffnet:

Liebe Getreue! Indem Ich Sie heute zum Beginn des zweiten ordentlichen Landtags der Wahlperiode freundlich willkommen heiße, drängt es Mich vor Allem des Verlustes zu gedenken, von welchem Mein Haus und das ganze würt- tembergische Land durch den Hingang Ihrer Majestät der Königin Witwe betroffen worden sind. Die allseits bekundete herzliche Teilnahme an diesem schmerzlichen Ereignis verschafft Mir die wohlthuende Gewißheit, daß das Andenken an die edle Fürstin und an die reichen Seg­nungen, welche Ihr nie ermüdendes aufopferungs­volles Wirken auf dem Gebiete wohlthätiger Liebe dem Lande gebracht hat, in den Herzen des Volkes nie erlöschen wird.

In dem neuen Abschnitt Ihrer Thätigkcit wird die Feststellung des Voranschlags für die Fortführung des Staatshaushalts in der näch­sten Ftnanzperiode die erste und wichtigste der zunächst zu lösenden Aufgaben bilden. Die Finanzlage hat sich weniger günstig gestaltet, ohne jedoch zu ernstlicheren Besorgnissen An­laß zu geben. Während d e Rechnungen für die Jahre 1889/91, Dank namentlich den größeren Ueberweisungen aus der Reichskasse, noch mit erheblichen ileberschüssen abgeschlossen haben, ergab das letztvei stoffene Rechnungsjahr, hauptsächlich infolge des Zurückbleibens der Ablieferungen der Staatseisenbahnen, einen Aus­fall, welcher in dem laufenden Rechnungsjahr sich voraussichtlich noch steigern wird. Eine

Die Tochter des Gauklers.

Original-Roman von Gebh. S chätz l er-P era sini.

(Nachdruck

verboten.)

< Fortsetzung.)

Stanislaus Ferina zog sich zurück.

Sie hat den gleichen Sinn wie ihre Mutter!" knirschte er. Aber es hilft ihr nichts; gerade diese Rechtlichkeit soll mir goldenen Lohn eintragen. Ich dacht' es mir, daß sie auf meinen ersten Vor­schlag nicht eingehen wird; lieber wird sie alles verlassen." Er drohte mit der Faust nach dem Schlosse hinauf.Guten Morgen, mein lieber Sanitätsrat! Du ahnst nicht, was für einen Streich ich dir spiele! Freiwillig wird meine Tochter das Schloß verlassen! Und dann holt ffe euch wieder! Aber diesmal kostet es mehr als neunhundert Thaler!"

16.

Als Kurt von seinem Ritte bald zurückkehrte, war seine erste Frage nach Sabine. » ^ ,

der Terrasse wurde das Frühstück serviert; aber das junge Mädchen, das sonst minier die erste war, fehlte heute noch.

Doktor Bronnig hatte sich schon vor einer Weile eingefuuden; er ward im schlöffe wie der intimste Verwandte gehalten.

Wo Sabine steckte, wußte er nicht. Er vermutete aber, daß sie wach dem gestrigen Feste noch der Ruhe pflegte.

^ aMkommene Grafensohn belehrte ihn eines anderen.

Auch die Gräfin wurde ängstlich.

',Was denken Sie, Doktor?!" sagte sie.Sabine ist sonst sehr iruhe munter. Sollte sie noch gar nicht vom Parke zurück sein? Und

laßt sie sich nicht sehen? Ich möchte doch selbst ein­mal in ihren Zimmern Nachsehen."

Es ist auch möglich," versetzte Bronnig,daß sich unser Sabin- chen noch einmal zur Ruhe legte, nachdem sie unserem jungen Herrn das Opfer brachte, schon so frühzeitig aufzustehen. Daran tragen Sie die Schuld, junger Ritter!"

Er machte eine drohende Bewegung nach Kurt, der jedoch auf den Scherz nicht einging, sondern, ängstlich geworden, von einem zum andern blickte.

Nein, jeden Scherz beiseite, Doktor!" rief er.Ich fange an, wirklich unruhig zu werden.- Sabine war heute morgen munter wie ein Eichkätzchen; ich begreife nicht, wo sie nur bleiben kann. Ach, Mama, habe doch die Güte, einmal in ihrem Schlafzimmer nachzusehen. Ich werde ängstlich; vielleicht fehlt ihr etwas."

Die Gräfin stand auf und ging nach dem Schlafkabinett Sabinens.

Schon im Vorzimmer trat ihr die Zofe mit der Nachricht ent­gegen, das gnädige Fräulein habe Kopfschmerzen und liege zu Bett.

Das gnädige Fräulein sieht recht übel aus!" fügte das Mäd­chen hinzu.

Franziska war im höchsten Grade erschrocken; sie konnte sich nicht enthalten, an Sabinens Thür leise auzuklopfen.

Nach langer Weile erst fragte die müde Stimme innen:

Bist du es, Mama?"

Ja, mein liebes Kind. Willst du nicht öffnen?"

Bitte, bitte, Mama, laß mich allein!"

Die Gräfin war ein solches Benehmen durchaus nicht gewöhnt. Sabine, die ihr sonst jeden Gedanken vertraute, schloß sich heute ein vor ihr.

Soll ich dir den Doktor schicken, Sabinchen?"

Nein; bitte, ja nicht!" wehrte die matte Stimme ab.Es wird schon besser werden."