*Was der Dur st des deutschen Vaterlandes verschlingt und kostet. Im deutschen Reiche werden nach statistischen Berechnungen jährlich getrunken: Wein etwa 330 Millionen Liter, Bier gegen 5 V 2 Milliarden Liter, Schnaps über 700 Millionen Liter. Der Gesamtwert ist annähernd 2 Milliarden Mark. Auf den Kopf einer Bevölkerung von 50 Mill. trifft es an Wein 6 V 2 Liter, an Bier 108 Liter, an Schnaps 14 Liter jährlich; Baiern verbraucht indes auf eine Person 265 Liter Bier, Würt­temberg 205 Liter. Wie reimt sich damit der Jammer über schlechte Zeiten zusammen?

* Eine unerwartete Weihnachtsfreude ist einer armen Tischlerfamtlie in Berlin zu teil ge­worden. Ein Söhnchen derselben sah, wie einem Schlächtermeister auf einem Wagen die Brieftasche entfiel, lief dem Wagen eine weite Strecke nach und lieferte die Tasche, welche 4000 Mk. enthielt, dem Eigentümer ab. Dieser schenkte dem Jungen aus Dankbarkeit 200 Mk. und sandte der Familie eine Sendung Fleisch- und Wurstwaren, so daß dieselbe für die Feier­tage mit Lebensmitteln reich versehen war.

* St. Johann, 29. Dez. Gegen 3 Uhr ist die Pulverfabrik zu St. Ingbert in die Luft geflogen. Zwei Mann wurden getötet.

* Stettin, 30. Dez. DerOstseezeitung" zufolge ist dem Krtegsminister das Resultat der Untersuchung wegen des Weselcr Dok-imenren- diebstahls zugegangen; der Schuldige konnte nicht ermittelt werden. Auf die Vernehmung Ahlwardts und seines Verteidigers wurde verzichtet.

* Saarlouts, 30. Dez. Sämtliche fis­kalische Gruben des Saarreviers, ausgenommen die GrubeKronprinz" der Berginspektion I, sind heute ausständig. Die Stimmung ist sehr erregt. Exzesse sind bereits vorgekommen. Die Bergleute sollen vielfach Revolver besitzen. Gendarmerie wurde aufgeboten. Heute finden zwei Bergarbeiter Versammlungen der Grube Kronprinz" in Schwalbach statt wegen Bera­tung ihres Eintritts in den Strike.

* Trier, 30. Dezbr. Regierungspräsident Heppe ist ins Streikgebiet abgereist, um mit den Landräten die Lage zu beraten.

* Saarbrücken, 31. Dez. Heute streiken über 15 000 Bergleute, mehr als die Hälfte der ganzen Belegschaft des Reviers.

* M e tz. Die deutsche Regierung hat von der französischen die Erlaubnis erhalten, die Ueberreste der Offiziere und Soldaten des preu­ßischen Garde-Grenavier-Regiments Kaiser Ale­xander, die in der Nähe des Weilers Habon- ville (Gemeinde St. All, Frankreich) bestattet find, sowie das dort zum Gedächtnis der Ge­fallenen errichtete Denkmal ausgraben und nach Deutschland herüberbrtngen zu lassen. Für den Tag der Ausgrabung, oer noch nicht festgesetzt ist, wird eine besondere Feierlichkeit geplant.

Ausländisches.

* Aus Pilsen wird vom 29. Dezbr. be­richtet: Bei der heutigen Landtagswahl durch­

streifte der jungczechische Abgeordnete Dyl unter wütendem Schimpfen die Straßen und riß über­all die Plakate der Gegenkandidaten herunter. Als die Polizei auf sein Gebahren aufmerksam gemacht, ihn verfolgte, ergriff er die Flucht und versteckte sich in einem Keller. Der Vor­fall erregt große Heiterkeit.

* Der böhmische Adel widmete als Peters Pfennig anläßlich des Jubiläums des Papstes 1000000 Gulden.

* O, die Kantönli! Man liest im Democrate von Payerne: Wer im Waadtlande einen Raben tötet und darob erwischt wird, hat 10 Franken Buße zu bezahlen; wer aber auf Freiburger Gebiet einen Raben tötet, erhält da­für ein Schußgeld von 20 Rappen. Was für ein Unterschied besteht nun zwischen einem Waadt­länder und einem Freiburger Raben?

* Triest, 29. Dezbr. Großes Aufsehen ruft ein Beschluß des Triester Gemeinderats hervor, welcher den italienischen Schulvereinen eine Subvention von 3000 Gulden bewilligte.

* Paris, 30. Dez. DasJournal officiel" wird morgen ein Dekret veröffentlichen, wonach der Schweiz gegenüber der Generaltarif in An Wendung zu bringen ist.

* Paris, 30. Dezbr. Der Lyoner Repu- blicain veröffentlichte eine Erklärung in Form eines Interviews, worin alle ehrlichen Repu­blikaner zur Verteidigung der öffentlichen Frei­heiten gegen Diktatur, Restauration und Anarchie aufgerufen werden.

* DerMagdeb. Ztg." wird aus Paris geschrieben: Nach den bisherigen Aussagen der verhafteten Verwaltungsräte der Panama-Ge­sellschaft, sowie nach dem Inhalt der mittler­weile aufgefundenen Aktenstücke scheint es zweifel­los, daß der Generalprokurator Tauon sofort nach Zusammentritt des Parlaments die Aus­lieferung von mindestens siebzig Abgeordneten und Senatoren begehren wird. Der Zeitung XIX Siöcle" zufolge erhielt der Justizminister Bourgeois bisher schon zweiunddretßig Aus- lteferungsbegehren seitens der Staatsanwalt­schaft. Von mehreren Seiten wird bestätigt, daß die Regierung Anstrengungen macht, die Auslieferung von Cornelius Herz zu erlangen, bisher allerdings ohne Erfolg. Große Auf­regung erzeugt in Paris die Bildung von zwan­zig revolutionären Ausschüssen, die die Wieder­errichtung der Kommune offen anstreben. Die ZeitungTemps" weist auf das Treiben der revolutionären Partei hin und verlangt dringend Abwehrmaßregeln.

"Parts. In derPetit Republique" liest man: Ein interessanter Plan wird augenblicklich im Ministerium geprüft. Es handelt sich darum, in der Kavallerie leicht tragbare Mltrailleusen zu verwenden, die auch die Bergtruppen für die Verteidigung ihrer Stellungen benutzen könnten. Das schon geprüfte Modell beeinträchtigt die Schnelligkeit der Bewegungen der Kavallerie durchaus nicht, denn jede Mitrailleuse kann mit ihrem Gestell und 2000 Paironen von einem

Pferde getragen werden. Für die AEerbe wird die Kanone von einem Manne auf einer Hotte" qetragen, die derart gngefßxtigt ist, daß sie zugleich als Gestell diesen kann. Ein einziger Artillerist vermag also die neue Mitrail­leuse zu transportieren, und sie kann augenblick­lich in Batterie gestellt werden. Ihre Leistungs­fähigkeit beträgt 600 Kugeln kleinen Kalibers in der M nute, kommt also derjenigen von 25 bis 30 Mann gleich.

"Lyon, 30. Dez. In einer Unterredung mit einem Zettungsberichterstatter sprach Jules Ferry sich über die gegenwärtige politische Lage aus. Ec äußerte:Wir werden, wenn wir unsere Feinde erst genauer unterscheiden können, unsere Reihen reformieren, in denen sich alle anständigen auf Ruhe bedachten Republikaner sammeln werden, die in gleichem Maße der Diktatur, wie der Restauration und der Anarchie als Gegner gegenüber stehen. Unter dem Vor­wände, die öffentliche Moralität zu verteidigen, will man die Republik zu Grunde richten; lassen wir von den Gerichten diejenigen Per­sonen treffen, deren Rechtschaffenheit nicht unan­tastbar gewesen ist, und rüsten wir uns dazu, die öffentlichen Freiheiten zu verteidigen."

* Madrid, 26. Dez. Eine aus 6 Mann bestehende bewaffnete Räuberbande hat in der Nähe von Linares den Kassierer einer der dort liegenden Minen, der mit der Löhnung für die Arbeiter im Betrage von 50 000 P. unterwegs war, abgefangen und ausgeraubt. Die Räuber hielten den Wagen an, schallten die Stränge durch und legten den Insassen Fesseln an; den über­raschten Leuten blieb keine Zeit zur Verteidigung.

' In dem Städtchen Caracal in Rumänien starb dieser Tage ein Grieche, der stets von dem Almosen lebte, das er von mitleidigen Landsleuten erhielt. Kurz vor seinem Tode ließ er seine Frau schwören, daß sie ihm den alten schmutzigen und geflickten Rock, den er zwanzig Jahre lang täglich getragen hatte, ins Grab legen werde. Die arme Frau mußte die Barmherzigkeit der in Earacal lebenden Griechen anflehen, um di« Kosten für das Be­gräbnis des Mannes beschaffen zu können. Ein mild­herziger Landsmann, der die Witwe des Bettlers besuchte und tröstete, sagte ihr, daß er ihr für den Toten einen besseren Rock geben werde; er machte ihr klar, daß es unschicklich sei, die Leiche mit einem so schmutzigen Fetzen zu bekleiden, als es der famose Lumpenrock war. Aber die Witwe wollte ihren Eid nicht brechen. Als der Grieche etwas von einem Eide hörte, wurde er argwöhnisch und riet der Witwe, den Rock gut zu untersuchen, bevor sie ihn mit dem Leichnam in die Grube lege, und die Witwe fand, nachdem sie das Rockfutter zertrennt hatte, in dem alten Lappen 350 00Ü Francs in Staatsschuldscheinen, die der Geizige mit sich in das Grab hatte nehmen wollen.

* Seit Weihnachten herrscht in New-Aork anhaltende Kälte. Einzelne Personen sind er­froren.

Verantwortlicher Redakteur: W. Riet er, Altensteig.

24 H'vofsss'oren der verschiedenen deutschen und anderen europäischen Universitäten haben übereinstimmend den ächten Apotheker Richard Brandt'schen Schweizer­pillen das Zeugnis ausgestellt, daß dieselben ein sicher und vorzüglich wirkendes, dabei unschädliches Abführmittel sind. Gegenüber solchen Urteilen muß jedes andere zurucklreten. Die ächten Apotheker Richard Brandt'schen Schweizer­pillen mir dem we.ß en Kreuz in rotem Grunde sind nur in Schachteln » 1 Mk. in den Apotheken erhältlich.

Der Platz lag auch abseits von den Wegen, die möglicherweise die Herrschaft am frühen Morgen betrat, was zwar nach dem gestrigen Tage nicht einmal wahrscheinlich war.

Auf einem umgestürzten Fasse saß ein Mann, gegen einen dichten Strauch gelehnt.

Auf den ersten Blick konnte man sich vielleicht denken, es wäre einer von denen, die gestern hier zechten. Der Mann trank wahrschein­lich mehr, als er vertragen konnte, und war die Nacht über im Schloß­parke liegen geblieben.

Nach einem eingehenden Blicke mußte man jedoch sofort diese An­nahme fallen lassen; der Mann war keiner der hier ansässigen Bauern. Seine Kleidung, obwohl total zerrissen, hatte dennoch etwas genial Zer­lumptes an sich.

Wir wollen es gleich sagen: es war Stanislaus Ferina, der Vater Sabinens.

Er war absichtlich in die Gegend gekommen, nach einer Abwesen­heit von sechzehn langen Jahren. Seit länger als einem Jahre trieb er sich wieder auf vaterländischem Boden herum; nach Felsberg zu kommen, war ihm jedoch nicht möglich gewesen; auch hatte er immerhin einige Scheu davor.

In Amerika drüben hatte er kein Glück gehabt; das Geld des Doktors war bald dahin bei einem Charakter wie ihn Stanislaus Ferina besaß. Dennoch konnte er nicht so schnell wieder zurück, obwohl es ihm auf amerikanischem Boden noch viel schlimmer erging, als seiner Zeit auf dem vaterländischen. Er war eben doch nur ein Stümper in seinem Fache und ein Lump obendrein.

Aber zur Rückkehr braucht man Geld, und Stanislaus besaß nichts mehr; was er sich erwarb, reichte kaum zum Leben hin.

So hatte Stanislaus sich die Jahre in Amerika herumgeschlagen Er versuchte gar nicht, an den Doktor zu schreiben; vor dem hatte er Respekt; das heißt, nach seiner Art. Der hätte ihm ja auch nichts ge­geben. Doch wenn er den Aufenthalt seiner Tochter gewußt hätte, die unterdessen ja eine Dame geworden sein mußte an die hätte er sich gewendet.

Aber daß sein Kind, das er vor langen Jahren als eine Last von sich wälzte, als Kind der Gräfin Felsberg lebte, davon hatte er keine Ahnung.

Mit einer Künstlertruppe kam er schließlich über den Ozean, und nun zog er wieder im Lande umher, sich schlecht und recht ernährend. Daß er keine glänzenden Verdienste zu verzeichnen hatte, bewies zur Ge­nüge seine defekte Kleidung.

Auch im Gesichte des sehr alternden Kommödianten waren große Veränderungen vor sich gegangen. Tiefe Furchen lagen darauf, und der lange Schnurrbart war nicht mehr keck nach oben gedreht, sondern hing schlaff über den Mund, um den sich ein Zug von Härte, gepaart mit Verschlagenheit, bemerkbar machte.

Haar und Bart waren stark ergraut; die schwarzen Augen Ferinas blitzten nicht mehr froh und herausfordernd; jetzt blinzelten sie tückisch in ihren Höhlen.

Als die Truppe, mit der er zog, die Richtung gegen Felsberg nahm, hätte Stanislaus dem Leiter derselben wohl sagen können, daß in dieser Richtung nichts zu finden war. Dies hatte er damals zur Genüge erfahren, als sie alle zusammen beineihe verhungerten. Allein er that dies nicht, weil es in seinem Interesse lag, dorthin zu kommen.

Die anderen mochten seinetwegen hungern; er wollte sich schon schadlos halten.

(Fortsetzung folgt.)