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Erscheint wvchentl. 3wal: Dienstag, Donnerstag kx 1 u. Samstag n. kostet bei der Erped., sowie im OA.- * Bezirk Nagold 90^, außerhalb 1 das Quartal.

Dienstag den 3. Januar

j Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Altensteig f und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ j bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8

1893.

Erste Kammer in diesem Ouarta!

MH?" Bestellungen auf.Aus d. Tonnen" werden noch fortwährend angenommen. Die bereits erschienenen Nummern, sowie der heute beiliegende Wandkalender werden nachgeliefcrt.

Die Expedition.

Dem Kranz Schiler in Calw wurde die Approbation als Arzt erteilt.

Gestorben: Christiane Ströle, Warth; Stadtpfarrer Sramer, früher in Berneck und Zwerenberg, Heilbronn; res. Apotheker Ziegler, Geislingen a. St-

Zum neuen Jahr!

Wir sind in ein neues Jahr eingetreten. Was das alte uns an Leid und Freud' gebracht, es gehört nur noch der Erinnerung an und unser ganzes Interesse wendet sich den kommenden Dingen zu. Die Hoffnungen, mit welchen wir daS alte Jahr begrüßten, sind nur zu oft in leeres Nichts zerronnen, und resigniert verzichten wir auf gar manchen Wunsch, dessen Erfüllung wir mit größerer oder geringerer Zuversicht von dem verschwindenden Zeitabschnitt erhofft hatten. Auf's neue erfahren wir die tiefe Wahrheit des Tichterwortes: Was sind Hoff­nungen, was Entwürfe, di« der Mensch, der vergängliche, beuti Und dennoch weckt die Morgenröte des neuen Jahres wieder frische Lebenskeim' und führt neue Pläne der Reife entgegen. Es ist ein schönes Vorrecht des Menschenhcrzcns, sich für die Unbilden der Gegen­wart gewissermaßen von der Zukunft schadlos zu Hallen und von dieser, aller Enttäuschungen ungeachtet, immer und immer wieder Besserung zu erwarten. Es wäre eigentlich beklagenswert, wenn dem nicht so wäre und an Stelle dis hoff­nungsfreudigen Ausblickes ein trüber Pessimis­mus die Gemüter gefangen halten würde. Mit den Wünschen würde auch das Streben ver­schwinden und ein Zustand des Stillstandes ein- treten, welcher der geistigen und wirtschaftlichen Entwicklung der Menschheit nicht förderlich sein könnte.

Das hinter uns liegende Jahr ist wohl utcht dazu angethan die Menschheit wunschlos zu machen, denn es ist nicht viel Erfreuliches, was die Rückschau auf die letzten zwölf Monate dem geistigen Auge bietet. Ein schwerer Druck lastet auf den Gemütern, die bangen Sorgen um das nebelhafte Morgen entsprechen vielfach nur der Gewißheit, die uns das graue Gestern gebracht. Auf allen Gebieten des Geisteslebens, nicht minder auf dem Markte der wirtschaft­lichen Interessen heimst der Zwiespalt eine reiche Ernte ein, und unverkennbar äußert sich hier und dort das Bestreben aus dem Wirrnis der Meinungen eine« Sondervorlefl zu zechen. Strömungen, die früher kaum die Ober­fläche des öffentlichen Lebens zu kräuseln ver­mochten, durch wühlen dasselbe jetzt in seinen tiefsten Tiefen, und suchen ihre Wirkungen ins Ungemessene zu steigern, und der aufrichtige Vaterlandsfreund müßte von sorgenschwerer Ahnung bedrückt werden, wenn nicht der Glaube an die gesunde Kraft des Volkes und daran, daß diese schließlich doch gegen alle krankhaften Verzehrungen reagieren wird, ihn ausrecht er­halten würde. Es tritt ein vielgestaltiges Ringen der Parteien zu Tage, dessen Folgen sich auch in diesem Jahr recht unangenehm bemerkbar gemacht haben. Mit frommen Wünschen ist diesem Zustand nicht beizukommrn, und ein

ernster Politiker wird sich gewiß nicht im Zweifel darüber befinden, daß fauch in das neue Jahr die Parteikämpfe mit ihren Auswüchsen hinüber getragen werden. Wenn sich die Parteien nur immer dessen bewußt blieben, daß auch im po­litischen Leben der Unfriede verzehrt, und daß jedwede ehrliche Ueberzeugung, welche die Auf­rechterhaltung der gesetzlichen Ordnung im Staate und die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetze zur Grundlage hat, auf Achtung und Duldung Anspruch erheben darf, dann kann dem politischen öffentlichen Leben der verletzende Stachel ge­nommen werden. Möge das Jahr 1893 auch nach dieser Richtung einen Wandel zum Besseren schaffen!

Es würde aber auch für die Allgemeinheit ein großer Gewinn sein, wenn Jeder an seinem Teil die Frage ernstlich prüfen und erwägen wollte, wie weit die eigene Kraft aufgeboren wurde, zur Besserung beklagter Mißstände beizu­tragen. Mitthätig einzugreifen in den Gang der Ereignisse, sie zum Guten zu wenden, arbeits­freudig sich in den Dienst der Gesamtheit zu stellen: das ist die Aufgabe einesmodernen Menschen" im guten Sinne dieses Wortes Möchte die Sonne des neuen Jahres die trüKn Nebelschleier mit sieghafter Machtttmrchbrechen, möchte das deutsche Volk in S* *»Ur Selbstbe­trachtung erkennen, daß die erreiM Höhe nur darin behauptet werden kann, wenn es unaus­gesetzt sich bewußt ist, daß die Gefahr des Ver­lustes derselben eine ständige bleibt! Indiefer n Zeichen grüßen wir das neue Jah r!

Lavdesllachrichteu.

* Altensteig, 1. Jan. Das war wieder einmal eine Kanonade in der Neujahrsnacht. Das Nenjahranschießen nahm einen ganz unge­wohnten Umfang an und der Unfug dauerte bis gegen den Morgen. Doch, Schwamm drüber! Das neue Jahr hat seinen Lauf angetreten und da ziemt sich nicht nur ein kleiner Rückblick auf das vergangene Jahr, sondern in der ern­sten Zeit in der wir leben, auch ein Vorwärts­schauen in die mit einem Schleier verhüllte Zu­kunft. Was wird das neue Jahr uns bringen? so fragen sich Tausende. Ja, was wird es bringen? Werden wir uns der Segnungen des Völkerfriedens auch im neuen Jahre erfreuen dürfen oder wird der Allmächtige es dulden, daß die Krtegsfackel sich entzündet und die Völ­ker sich zerfleischen? Wird er dem Gespenste Cholera, das immer wieder da und dorr un­heimlich drohend, sein bleiches Haupt erhebt, Einhalt gebieten oder wird er der Würgerei ge statten, einen neuen Vernichtungszug durch die Lande zu unternehmen, Leichen auf Leichen häu­fend? Was kommt, ist Gottes Wille, dem wir alle uns zu beügen haben, ob Hoch oder Nieder, Reich oder Arm, Gelehrt oder Ungelehrt. Ver­harren wir auch ferner in treuer Pflichterfüllung, vertrauen wir auf den, ohne dessen Willen kein Sperling vom Dache fällt und wir werden auch widriges Geschick, sollte es uns beschieden sein, zu ertragen wissen. Wir wollen aber nur Gares hoffen und Gutes wünschen und schließen daher mit dem an alle unsere Leser gerichteten herzlichen Wunsche:Glückseliges neues Jahr!"

* Altensteig. 2. Jan. Auch die Christ­baumfeier des Lied er kränzes und des Krieger Vereins war sehr zahlreich besucht. Die damit veranstaltete Gabenverlosung gab wieder ein neckisches Bild von den Launen der Glücksgöttin Fortuna; kam es doch vor, daß einzelne mit ihren sämtlichen Losen Glück hatten,

während andere ganze Pechvögel, mit einer großen Zahl von Losen leer ausgingen. Der Liederkranz trug mehrere Gesänge vor und erntete damit vielen Beifall, nicht minder günstig wurden die. Vorträge der Herren Buchbinder Schüller und Gypser Jocher ausgenommen. Heute abend wird noch der Leseverein sich um den Weihnachtsbaum scharen, dann haben die Weih­nachtsfeiern wieder ihr Ende gefunden und es werden dieselben den vielen Teilnehmern ein frohes Gedenken zurücklassen. Die letzte Nacht war bis jetzt die kälteste dieses Winters. Der Termometer stand in der Frühe auf 16 Grad unter Null.

* Altensteig, 2. Jan. Die am 29. und 31. Dezbr. hier abgehaltene Bürgeraus­schuß-Wahl hatte folgendes Ergebnis: Ge­wählt wurden die Herren Karl Bauer, Bäcker und Wirt; C. W. Lutz, Kaufmann; Chrn. Sailer zur Traube; Friedr. Wallraff, Schmied- metster; Georg Buob, Rotgerber. Die Beteili­gung an der Wahl war eine ausnahmsweise geringe, denn am ersten Wahltermin haben blos 5 Bürger abgestimmt und am zweiten 26, zusammen also 31.

* Altensteig, 2. Jan. Ein tiefschmerz­liches Verhängnis ist über eine Familie str Haiterbach noch kurz vor der Jahreswende in der Nacht vom 30. auf 31. Dezbr. herein- gebrochen und eine weitere Familie wurde in Mitleidenschaft gezogen. Der Maurer Schü­ler daselbst dörrte an seinem Ofen Tannen­zapfen, welche, sei es infolge Ueberhitzung oder eines Defektes am Ofen in Brand gerieten. Schüler entfernte die Tücher, mit denen die Zapfen behängen waren, um womöglich das Feuer zu löschen, aber dadurch bekam dasselbe nur mehr Lust und in einem Nu stand der ganze Stoß, ja die ganze Stube in Hellen Flam­men. Schüler verbrannte sich nicht unerheblich und mußte fliehen. Die Frau, welche fortgeeilt war, um zum Löschen Wasser zu holen, konnte schon nicht mehr in die Stube treten und mußte ihre 3 Kinder im Älter von 4 bis 9 Jahren, die in ihrem Bette schliefen, zu ihrem fürchter­lichen Entsetzen den Flammen über­lassen. Rasch war das ganze Haus ein Feuermcer, das auch ein Nachbarhaus in Brand setzte. Beide Häuser brannten total ab. Ge­rettet konnte fast gar nichts werden. Die jäm­merlich ums Leben gekommenen Kinder, deren Hilferufe kurz vor ihrem Tode noch gehört wur­den, sind am Samstag schrecklich verkohlt aus dem Schutte geschaffen worden. Wie schwer es den Eltern sein mag auf so traurige Weise ihre Kinder verloren zu haben, das können wir nicht beschreiben. Möge doch dieses schreckliche Un­glück für viele, die immer noch nicht von dem sträflichen Gebrauch abgekommen stnd,dieTannen- zapsen am Ofen der Wohnstube zu dörren, eine Warnung sein. Heute hat sich das K. Amts­gericht Nagold nach H. begeben, um den Sach­verhalt aufzunehmen.

* Vom Lande, 31. Dez. Der Rückblick in letzter Stunde des alten Jahres bietet auch Heuer für den Geschäftsmann kein erfreuliches Bild und die zu Anfang des Jahres gehegten Hoffnungen ans eine durchgreifende Besserung der Geschäftslage haben sich leider nicht ver­wirklicht. Ein großer Teil der Schuld an diesen traurigen Verhältnissen w rd dem nachgerade alles überwuchernden Hausierhandel beigemessen kommt es doch vor, daß sie selbst in den kleinsten Orten zu viert und fünft sich herum- treiben und für ihre nicht weniger als preis-