legten" Wirts zieht er von dannen. Trau, schau, wem?
* Stuttgart, 18. Dez. (Der Hauptfinanzetat.) Entsprechend den allgemeinen ökonomischen Verhältnissen zeigt auch der jetzt ausgegebene württ. Hauptfinanzetat pro 1893/95 kein besonders erfreuliches Bild. Die schon in den letzten beiden Jahresabschlägen sich ergebenden ungünstigen Momente treten im neuen Etat noch in verschärftem Maße hervor. Bei einem Gesamtbedarf pro 1893/94 von 62 231 104 Mk. resp. 68856614 Mk. handelt es sich für beide Jahre zusammen um die Deckung eines Fehlbetrags von 8 480000 Mk., der zum größten Teil (etwa 6 Mill. Mk.) durch Erhöhung der Londesfteuern auf ihren Stand von 1889 (Grund-, Gewerbe- rc. Steuer 3,9 Proz., Kapital- rc. Steuer 4,82Proz.) zum geringeren(ca.3Mill.Mk.) aus der Restverwaltung aufgebracht werden soll. Dieselbe verfügt noch über ca. 9 Mill. Mk. Was die einzelnen Positionen anbelangt, so find gegen die Vorjahre die Bedürfnisse aller Depar- tements größer geworden und auch die beschlossene Erhöhung der Zivilliste erfordert 215 369 Mk. mehr. Von dem Gesamtstaatsbedarf pro 1893/94, etwa 68 Mill. Mk., entfallen auf Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld 29,15 Proz., auf die Matrikularbeitcäge, die mit je 16 200 000 Mark vorgesehen find, 23,80 Proz., aus das Departement des Kirchen- und Schulwesens 15,49 Proz., das des Innern 10,71 Proz., der Justiz 6,07 Proz., der Finanzen 5,16 Proz. u. s. w. Was die Deckung des Staatsbedarfs betrifft, so werden davon durch'den Reinertrag des Kammerguts, das pro 1893/95 auf je ca. 23 Mill. berechnet ist, 33,83 Proz., gedeckt. Bei den Forsten find ca. 360000 Mk. mehr Reingewinn in Aussicht genommen, bei den Salinen 200000 Mk. Dagegen konnten als Reinertrag der Eisenbahnen nur je 13 Mill. Mark eingestellt werden, d. i. 2 Mill. Mk. weniger als in den Vorjahren. Der Grund hiefür liegt namentlich in der Erhöhung der Ausgaben. Auch bei der Post- und Telegraphenverwaltung find die Reineinnahmen wegen der großen Ausgaben geringer. Endlich konnten als Erträge der Zölle und Reichssteuern pro 1893 95 nur je 13 926 000 Mk. eingestellt werden, gegen 1892/93 um 183 910 Mk. weniger. Unter diesen Umständen mußte, wie oben schon gesagt, der Finanzminister, um das Defizit zu decken, eine Erhöhung der Landessteuern ein- treten lassen und das Vermögen der Restoer- waltung heranziehen. Die württ. Staatsschuld wird am 1. April 1893 446626057 Mk. betragen und ist mit 3,92 Proz. zu verzinsen.
* Der 31 Jahre alte Josef Zimmerer von Amöneburg, Bez. Kassel, ist vor einiger Zeit von dem Schwurgericht Stuttgart wegen Verbrechens wider die Sittlichkeit zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Nachdem er schon einen Teil seiner Strafe abgesessen hatte, wurde im Wiederaufnahme-Verfahren, welches auf Antrag des Verteidigers stattfand, der Angeschul
digte gänzlich freigesprochen. Also wieder ein unschuldig Verurteilter!
* Stuttgart, 20. Dez. Ein interessantes Phänomen wurde heute morgen um °/.7 Uhr beobachtet. Eine leuchtende Kugel mit Feuerschweif, die sich von Westen nach Osten fortbewegte, zog am Horizont dahin. Der Anblick dauerte etwa 20 Sekunden lang. Auch in Zuffenhausen wurde dieses Meteor gesehen. Das gleiche Phänomen hat man übrigens auch gestern abend um 7 Uhr in südlicher Richtung beobachtet.
* Riedlingen, 18. Dezbr. Heute mittag wird das fünfte erwachsene Kind der Knapp'schea Eheleute zu Grabe getragen. Vor ungefähr 3—4 Wochen erkrankte eine 15jährtge Tochter in Reutlingen an Diphtheritis und starb dort- selbst. Eltern und Geschwister eilten dorthin,, der lieben Verstorbenen den letzten Liebesdienst zu erweisen, nicht ahnend, daß sie den Keim dieser tückischen Krankheit in ihr eigenes Heim tragen. Nach wenigen Tagen erlag eine 13- jährige Tochter, ihr folgte eine 17jährige, dann ein 19jähriger Sohn und heute ein 6jähriges Mädchen. Die Teilnahme mit dieser schwergeprüften Familie ist eine allgemeine.
* U l m, 19. Dez. Der frühere Kassier der Blaubeurer Bank für Handel und Gewerbe, Aug. Schwarz, wurde von der Strafkammer wegen betrügerischen Bankerotts zu der Zusatzstrafe von 3 Monaten Zuchthaus verurteilt. 5 Jahre und 6 Monate hat er bereits abzusitzen.
* (Verschiedenes.) Auf dem Bahnhof inEllwangen wurde der Bctriebsbauinspektor Bock aus Crailsheim vom Zug überfahren und war sofort eine Liche. — In Birken - feld erhielt ein 8jähriges Mädchen durch eine aus Unvorsichtigkeit heruntergestoßene Hängelampe solche Brandwunden, daß es am andern Morgen unter entsetzlichen Qualen starb. — Ein Mann aus Diefenbach (Buchau) führte seine 3 Kinder auf einem Schlitten über den gefrorenen Federsee, der aber noch viele offene Stellen hatte. In eine solche geriet der sonst auf dem See bekannte Mann und nur mit Mühe konnte er die beiden Knaben retten, während das elfjährige Mädchen unter das Eis geriet und als Leiche herausgezygen wurde. — Ein Taglöhner in Gmünd stach nach vorausgegangenen Familienzwistigkeiten seinen Vater, seine Mutter, sowie seinen Bruder mit einem Messer und brachte denselben nicht unerhebliche Verletzungen bei. Der Thäter wurde verhaftet.
* München, 18. Dezbr. Die „Korresp." Hoffmann schreibt anscheinend halbamtlich: Der den Hausierhandel betr. Antrag der bayrischen Regierung beim Bundesrate hat in der Presse vielfach lebhafte und freudige Zustimmung und damit die Anerkennung gefunden, daß er einem tief und weitgehenden Bedürfnisse der Bevölkerung entgegenkommt. Der bayer. Antrag zielt neben der Absicht, gleiches Recht für jede Art des ambulanten Gewerbebetriebs zu schassen, zunächst dahin, den Geschäftsbetrieb der Handelsreisenden in jene Grenzen zurückznleiten, welche deren
gehüllt, denn das fortwährende Auf- und Zu- frieren bringt den Saaten entschiedenen Nachteil.
* Teinach, 18. Dez. Nachdem die Röhrenlage der Wasserleitung Liebelsberg und Ober- haugstett, Schmie und Emberg vollendet ist, wurde gestern zum erstenmal die Pumpmaschine, die etwa '/§ Stunde oberhalb hiesigen Ortes im Thale der Teinach aufgestellt ist, probeweise m Betrieb gesetzt. Im Laufe des Tages füllte dieselbe bei normalem Gang sämtliche Hochbehälter, so daß gegründete Hoffnung vorhanden ist, die Leitung werde ausreichend Wasser liefern. Das Werk wurde von Ingenieur Kröber erstellt. — Um seiner Gemeinde für die Zukunft neue Einnahmequellen zu erschließen, ließ Schultheiß Hanselmann von Liebelsberg eine mehrere Hektar große Heidefläche in unmittelbarer Nähe des Orts mit Obstbäumen besetzen, die vorzüglich gedeihen, zumal auch die nötige Pflege nicht versäumt wird. Außerdem ließ der thätige Mann auf derselben Fläche eine Saatfchule für Nadelhölzer anlegen, die bereits den Bedarf der Gemeinde zu decken im stände ist und aus welcher Heuer für mehr als 500 Mk. Nadelholzsetzlinge verkauft werden konnten.
* Vom Schwurgericht Tübingen wurde der 19 Jahre alte Schneidergeselle Andreas Stepper von Warth, OA. Nagold, welcher beschuldigt war, den am 31. Oktober bei Schneidermeister Hornbacher inZwerenberg ausgebrochenen Brand gestiftet zu haben, wegen ungenügenden Beweises freigesprochen.
* Eine für das Schulwesen, namentlich für die Eltern wichtige Entscheidung hat das Reichsgericht gefällt, indem es in einem Urteil vom 28. Nov. 1890 die sog. Entschuldigungszeit, d. h. die Schriftstücke, in welchen Eltern die Schulversäumnisse der Kinder bescheinigen und entfchuldigen, für Urkunden im Sinne des § 267 des St.-G.B. und deren fälschliche Anfertigung Seitens Dritter als Urkundenfälfchung erklärte. Der Instanz-Richter hatte die Urkundenqualität verneint, das Reichsgericht aber für rechtsirrtümlich erklärt und besagte Entscheidung getroffen.
* Der „H. B." erzählt: Vor einigen Tagen kommt da der Gerichtsvollzieher nach Xheim und forderte da im Auftrag eines Gläubigers den Wirt auf, eine schon längst bestehende Schuld von 50 Mk. abzutragen. Der letztere klagte über schlechte Geschäfte und bittet, da er nicht so viel Geld im Hause habe um nochmaligen Aufschub. Während der Unterhandlungen hatte sich der Gerichtsvollzieher ein Schnäpschen servieren lassen und will nach längerem Hin- und Herreden bezahlen. Er zieht einen 50-Markschein heraus und ersucht den Wirt den Schnaps abzuztehen und ihm den Rest herauszugeben. Er stöbert all sein Kleingeld zusammen. Es stimmt bis auf den letzten Pfennig. Und stehe da! wie die Summe auf dem Tische bereit liegt, pfändet der Herr G. das Geld und streicht es ein und trotz allen Schimpfens und Scheltens des so „hereinge
Jetzt stand ein in sich unglückliches Wesen auf derselben Stelle, dem alle Ideale des Herzens erstorben schienen.
„Und wo — wo sind meine Eltern?" fragte Sabine zagend.
Die Gräfin ward etwas verlegen; endlich sagte sie langsam:
„Gestorben!"
„Beide?"
„Beide!"
Das junge Mädchen murmelte ein Gebet.
„O, weshalb haben Sie mir das nicht früher gesagt?"
„Du hättest es auch heute noch nicht erfahren, mein Kind, wenn es nicht mancherlei Umstände nötig gemacht hätten. Wir hatten dich ganz wie unser eigenes Kind erzogen und auf meine Liebe hast du gleichen Anspruch wie Kurt. Sage, Sabinchen, empfandest du je ein kränkendes Wort?"
„Sie sind ja engelsgut!" hauchte Sabine.
„So komm; thue mir doch die Freude und bleibe wie du warst, das kleine, lustige Mävchen, das die Freude meiner Tage wurde. Willst du, Sabinchen? Willst du mich nicht Mama nennen wie bisher? Sag', hast du mich nicht mehr so lieb wie vordem?"
Sie zog das nicht mehr widerstrebende Mädchen zu sich nieder, und ihren liebevollen Worten gelang es endlich doch, Sabine zu beruhigen.
„Mama, meine liebe Mama!"
Halb weinend, halb lachend flüsterte es das junge Mädchen.
Und Franziska versuchte nun allmählich sogar einen scherzenden Ton anzuschlagen; schließlich gelang ihr das auch.
„Siehst du, mein kleines Mädchen, das war es, was ich dir Mitteilen mußte. Und eben dies ist es auch, was der Doktor deinem Kurt nun sagt Und jetzt noch eine Frage: willst du diesem deinen Kurt
denn nicht auf immer angehören? Dann kann ihn dir keine mehr nebmen. Willst du nicht zum zweiten Male mir eine liebe Tochter werden?"
Aber Sabine sprach nichl gleich; ihr Herzchen pochte laut und die Glut der Rosen jagte über ihr Gesichtchen.
„O, Mama, wie du grausam bist!" lispelte sie schamvoll und legte ihr Antlitz an die Schulter Franziskas.
„Ich weiß nun genug, mein Liebling; ich danke dir! Ich wußte es, durch dich finde ich das Glück und den Frieden all' meiner Tage. Du und Kurt! O, Ihr seid mein alles, meine Freude.
Hilflos wie ein kleines Kind in reizender Verwirrung stammelte Sabine:
„Wie ich mich schäme — o Mama!"
„Deine Scham, die du doch wirklich nicht nötig hast, wird bald entschwunden sein, Kindchen, und dem Hellen Glück Platz machen. Kurt wird vor dich treten; auch er weiß jetzt alles.
Erschrocken sprang Sabine in die Höhe.
„Er kommt — ja, er kommt! Und ich kann ihm doch nicht mehr in die Augen sehen —' er ist ja doch nicht mehr mein Bruder! Mama, laß mich fort; ich muß allein sein jetzt. Ich kann ihm heute nicht mehr begegnen! Nicht wahr, Mamachen, du läßt mich allein? Nur noch auf eine Viertelstunde!" bat Sabine fiebernd. „Ich verspreche dir, wieder pünktlich zu kommen. In mir tobt es; ich glaube, das Herz will mir zerspringen."
Franziska küßte ihr bittendes Mädchen.
„So geh', Sabinchen; mit dir allein wirst du ruhiger werden. Doch entferne dich nicht zu weit; es wird Abend und Kurt würde dich sonst auch holen."
„Nur bis zum Schwanenteich; ich bin bald wieder da liebe Mama —" (Fortsetzung folgt.)
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