U
UltenSteiL.Ir
AMblalt für
.//L0VI0
! Erscheint wöchentl. 3mal: Dienstag, Donnerstag 7 149 Samstag u. kostet bei der Erped., sowie im OA.- ! Bezirk Nagold 90^, außerhalb 1 ^ das Quartal.
Dienstag den 20. Dezör.
Einrückungspreis der Ispalt. Zeile für Mensteig I und nahe Umgebung bei lmal. Einrückung 8 ^ I 1892 bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8 j *
Die -'reui de unsereS Blattes in Stadt und Land sind gebeten, anläßlich des bevorstehenden Quartalwechsels für die Verbreitung des „Aus den Tannen" jetzt schon bei ihren Bekannten thätig zu sein, wofür wir ihnen im Voraus dankbar sind. Der Verlag.
In Rer neck ist eine Telegraphenanstalt mit Telephon - Betrieb errichtet und am 19. Dezember mit beschränktem Tagesdienst eröffnet worden.
Die erste Lesuug der Militärvorlage
ist Irrndel; der Reichstag hat den Entwurf an einen Ausschuß von 28 Mitgliedern zur wrüercn Vorberatung, in diesem Falle auch zur Verhandlung mit der Regierung, überwiesen. Die liberal«n Blätter erblicken in dieser Kom- missionsübnweisung ein „anständiges Begräbnis* der Vorlage. Dagegen betrachtet die ,Nordd. Allg. Ztg? die Sache als keineswegs aussichtslos, indem sie schreibt, abgesehen vom Abg. Richrer und den Sozialdemokraten, seien alle Parteien bereit, „über den Inhalt der Vorlage in Verhandlungen einzutreten, und zwar um dem Willen, zu einer Verständigung über dieselbe zu gelangen.*
Wenn das auch nicht völlig zutreffend ist, so muß der Kern dieser Auffassung doch als berechtigt gelren. Alle Parteien sind für eine „Verständigung*, die Mehrheit aber nur für eine solche aus der Grundlage, daß die zwei^ jährige Dienstzeit gesetzlich eingeführt und dementsprechend die Präsenzziffer erhöhr werde. Alle aus dieser Maßregel entstehenden Kosten werden die Parteien wohl einstimmig bewilligen; was die Regierung aber darüber hinaus fordert, stößt bei Zentrum, Freisinnigen und Sozialdemokraten auf Widerspruch und es ist nicht abzusehen, daß dieser Widerspruch aufgegeben werden würde.
Der Reichskanzler Graf Caprivt hat sich von vornherein auf den Standpunkt gestellt, daß die Vorlage, ein Ganzes sei, von dem er sich nichts abhandeln lffsen dürfte. Dieser Standpunkt ist auch der der Regierung allein würdige. Sie darf keine höheren Forderungen
stellen, als diejenigen, die sie für unbedingt notwendig hält. Auf dem als notwendig Erkannten aber muß sie stehen bleiben. Mit Recht hält man nicht viel von jenen Kaufleuten, die stets Vorschlägen, um beim Feilschen nach und nach etwas ablassen zu können.
Gegenüber dieser festen Haltung der Reichsregierung ist aber nach den Ergebnissen der ersten Beratung kaum an ein Zustandekommen des neuen Mtlitärgesetzes zu glauben. Aus allen Reden der Abgeordneten klingt die Grund- sttmmung, daß die Gründe, die dem Reichskanzler als durchschlagend und unwtederleglich erscheinen, den Parteien nicht einleuchten. Selbst die Führer der Nationalliberalen, Herr v. Bennigsen, der sich in der Form sehr entgegenkommend zeigte, hatte vielfache Befürchtungen, Bemängelungen und Vorbehalte, und sprach schließlich nur die Hoffnung auf eine Verständigung in der Kommission aus; eine solche ist aber doch nach den gewöhnlichen Begriffen davon nur dann zu erwarten, wenn von beiden verhandelnden Teilen etwa? nachgegeben wird, so daß man sich nähert; darauf ist aber von seiten der Reichsregterung — wenigstens ihrer bisherigen Haltung nach nicht zu rechnen, und sofft denn auch nicht abzusehen, in welcher Weise die erhoffte Verständigung gelingen soll. Ausschlaggebend für die Lage war die am dritten Tage der Debatte von seiten des Abg. Lieber namens des Zentrums abgegebene Erklärung, „daß es auf diesem Wege ein für alle Mal nicht weiter gehen könne und daß die gesamte Fraktion des Zentrums entschlossen sei, über den Rahmen der jetzigen Präsenzstärke hinaus nichts zu bewilligen.*
Besonders schwierig gestaltet sich die Kostendeckung, denn Herr v. Bennigsen machte schon darauf aufmerksam, daß — selbst wenn die höhere Besteuerung von Bier, Branntwein und Börse angenommen wird, — immer noch eine erhebliche Summe zur Deckung der jährlichen Mehrausgaben fehlt und daß ja auch die beträchtlichen einmaligen Ausgaben irgendwie aufgebracht werden müßten.
Daß unter den so gegebenen Bedingungen Vermutungen und Phantasten den freiesten Spielraum haben, ist erklärlich. Es gibt Politiker, die ebenso eine Zurückziehung der Militärvorlage erwarten, wie s. Z. die preußische Schulvorlage — trotzdem ihr die Mehrheit im Landtage sicher gewesen wäre! — zurückgezogen wurde. Andere wieder meinen, wenn die Militärvorlage fiele, würde auch Graf Caprivi seinen Platz räumen. Daß die Möglichkeit einer Auflösung des Reichstages gleichfalls ins Auge gefaßt wird, ist schon bekannt.
Die Entscheidung über die Militärvorlage wird kaum vor Februar erfolgen; denn bis dahin hat die Reichstagskommission sicher mit der umfangreichen Vorlage zu thun.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 15. Dez. Gesetz, betreffend die Ersatzverteilung. Richter billigt das Grundprinzip der Vorlage, wünscht es aber nicht bloS innerhalb der Armeekorps, sondern bis zum Kreisersatz herunter durchzuführen. Daß die Einjährigen durch diese Neuregelung des Ersatzes mitbetroffen würden, sei selbstverständlich. Die Redaktion des Gesetzes sei dagegen unglücklich.
Nach kurzer weiterer Debatte geht die Vorlage an die Militärkommtsfian. —
Folgt die Fortsetzung der ersten Beratung des Gesetzentw. zur Bekämpfung der Unfittlichkeii.
Horwitz (dfr.) bemängelt den Charakter der Vorlage als eines Gelegenheitsgesetzes. Sie gehe von der irrigen Auffassung aus, Berlin sei Deutschland. Mit polizeilichen Maßregeln hebe man nicht die Sittlichkeit. Die Kasernierung der Prostitution werde die Sache verschlimmern. Redner wendet sich im Einzelnen gegen die Vorschriften betreffend unzüchtige Schriften, die Beschränkung des öffentlichen Gerichtsverfahrens und die Strafverschärfungen.
Bundeskommissar Lucas verteidigt nochmals die Vorlage ausführlich.
Rinte len (Zentr.) betont, der Staat müsse ein Gesetz schaffen, das nachhelfend wirke, wo die Heilmittel der Kirche versagen. Einzelne
Die Tochter des Gauklers.
Original.Noman von Gebh. Schätzler-Perasini.
('Nachdruck
verbalen.)
(Fortsetzung.)
„Mein liebes Sabinchen! Was wird sie für Augen machen!" sprach bedauerlich Bronnig. „Es wird sie doch sehr überraschen."
Aus den dichtesten Büschen brach sich Sabine Bahn. Ihr Ge- sichtchen glühte von der Anstrengung und dem schnellen Laufe. Mit einem großen Blatte versuchte sie Kühlung zu fächeln.
Atemlos kam sie am Tische der beiden Zurückgebliebenen an, wo sie, in einen Sessel fallend, sich erst gründlich auslachte.
„Angeführt, Herr Ritter!" rief sie lebhaft nach den Büschen hinüber. „Höre nur, Mama, wir machten eine Wette, wer von uns beiden zuerst hier ankäme, ich oder Kurt — jedes auf einem Wege, wie es ihm beliebt. Hörst Du ihn traben. Mamachen ?! Er läuft sich auf den Kieswegen die Seele aus dem Leibe und kommt doch zu spät!"
„Und wie hast du es denn angestellt, Sabinchen?" fragte Bronnig, während die Gräfin sich eines Lachens nicht erwehren konnte.
„Ach," lachte die kleine Hexe, „ich lies über Stock und Stein, mitten durch alles hindurch, durch Dick und Dünn — was mir in den Weg kam. Sonst wäre ich doch zu spät gekommen," meinte sie entschuldigend zu Franziska. „Ich bin zwar an dem großen Rosenstrauche, rechts beim Schwanenteiche, mit meinem Kleide etwas hängen geblieben, dafür bin ich aber auch früher da! So, Herr Ritter," rief sie dem nahenden Kurt entgegen, „kommen Sie nur recht langsam näher; seien Sie auch willkommen! Aber schämen Sie sich gefälligst — ich bin schon lange da! Was für ein verblüfftes Gesicht er macht! Sehen Sie doch, Herr Doktor! Sieh' doch, Mama! Aber es hilft alles nichts; komm her, du bekommst als Entgelt einen Kuß!"
Das verblüffte Gesicht Kurts verschwand sehr rasch bei dieser Aufforderung; er hatte sich im Handumdrehen sein Entgelt geholt.
Doktor Bronnig lächelte vergnügt; dann nahm er den jungen Mann beiseite.
„Junger Herr, Sie haben jetzt soeben die hohe Geistlichkeit beschützt, nun haben Sie die Güte, auch mich auf einem Gange durch den Park zu begleiten; ich bin die Wissenschaft!" sagte er scherzend
„Mit dem größten Vergnügen, Doktor!" antwortete etwas erstaunt Kurt. „Mama und Sabine werden wohl mitkommen?"
Auf den fragenden Blick ihres Sohnes schüttelte Franziska lächelnd den Kopf.
„Nicht doch, Kurt; ich habe mit Sabine zu sprechen!"
„Was ich nicht hören darf? Aha, jetzt verstehe ich, weshalb ich fort soll! Also giebt es hier ein Geheimnis?"
Es beschlich ihn eine eifersüchtige Regung,
„Ah! Jetzt muß ich ja auch neugierig werden!" rief Sabine.
„Kommen Sie, mein junger Freund," mahnte Bronnig ernster; „ich werde Ihnen ebenfalls ein Geheimnis erzählen. Sie werden staunen — ja, ja, es ist so!"
„Ah!" machte Kurt. „Nun denn! — Ms nachher, Mama! — Sabinchen, Du erzählst mir die Geschichte doch?"
„Wenn du mir die deine — ja!" rief Sabine dem Davongehenden nach.
13.
„Wie unheimlich das alles klingt!" lachte Sabine, als der Doktor mit ihrem Kurt unter den Bäumen verschwand.
Gräfin Franziska schaute mit liebevoller Zärtlichkeit in das erhitzte Gesicht Sabinens.