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Dienstag dm 13. Dezör.

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Amtliches.

Ans die Stelle des in diesem Frühjahr in den Ruhe­stand getretenen Oberlehrers Ansel in Calw wurde der erste Mädchenschullehrer Dengl er daselbst befördert.

Gestorben: Lehrer a. D. Schwarz, Blaubeuren; pens. Schullehrer Oechßler, Wain.

Die Parteien im deutschen Reichstag.

Wie der Einzelne um seine Bedürfnisse nach gesellschaftlicher Unterhaltung zu befrie­digen, sich Vereinen anschließt, so verhält es sich auch iw politischen Leben. Die Staats bürger, die ein reges Interesse daran haben, daß die Politik in einer bestimmten Richtung sich bewege, schaaren sich zusammen, um so mit vereinten Kräften bei den Wahlen, bei Volks­versammlungen, in der Presse gerade in dieser ihnen zusagenden Richtung zu wirken. So ent­stehen die politischen Vereinigungen Par! eien, von denen wir in unserem engeren Vaterland ja auch verschiedene aufzuweisen haben.

Ganz ebenso ist es im Reichsta g; die Abgeordneten de gemeinsame Zwecke haben, vereinigen sich zu einer Partei oder Fraktion mit einem Führer an der Spitze. Je nach der Zahl ihrer Mitglieder sind die Fraktionen als­dann in der Lage, die Abstimmung über eine Vorlage in dieser oder jener Richtung mehr oder weniger zu beeinflussen. Da werden vor­her schon Fraktionssttzungen gehalten, und die Partei macht sich schlüssig, ob sie zu einer Ge- setzesvorlagc ja oder nein sagen will. So soll die Deutsch-Freisinnige Partei (Fraktion) erst in den letzten Tagen den Beschluß gefaßt ha­ben, in der Militärvorlage im Allgemeinen nein" zu sagen. Solche Entscheidung ist von großer Bedeutung, denn diese Fraktion allein hat V« von der ganzen Zahl der Stimmen, und es wird wohl so gemeint sein, daß die Fraktion geschlossen stimmt. Im Reichstag find Parteien, deren Grundsätze wir im Nach­folgenden, so gut cs uns gelingt, kurz dar­stellen wollen. Dieselben sollen nach der Stärke einander folgen. Einer Kritik an deren Grund­sätzen enthalten wir uns.

1) Aas Keutrum (107 Mitglieder.)

Weitaus die größte Partei des Reichs­tags, die unter der Führung Windthorsts zu großem Ansehen gekommen und zur ausschlag­gebenden Partei geworden ist, ist das Zentrum. Sie ist eine Vereinigung von Katholiken. Dort wo das Verhältnis der Kirche zum Staat in Betracht kommt, in allen Fragen kirchen­politischer Natur, zeigt sich das Zentrum als geschlossenes Ganzes, während in anderen Fra­gen, insbesondere in wirtschaftlichen Dingen die Mitglieder des Zentrums bei der Abstimmung sich frei fühlen. Im übrigen ist das Centrum gegen die Verstaatlichung der Betriebe; die Aufgabe des Staates sei cs, die freie Privat- thätigkeit nur zu schützen; es ist ferner für Be­friedigung der berechtigten Wünsche der Arbeiter.

2) Are Aeutsch-Ireistrmige Bartei (67 Mitgl). unter der Führung des Abgeordneten.Richter hat von jeher die Verdienste Bismarcks'zumeist geleugnet; sie vertritt den Liberalismus, von dem Bismarck einst sagte, er habe keine Zukunft und seine Lebensaufgabe sei es, solchen bis zum letzten Atemzug zu bekämpfen. Die Partei ist eine Vereinigung der alten Fortschrittler und der Sezesstonisten, sie will ausgesprochen fort­schrittlich sein und wendet sich mit aller Macht gegen die Heeresvermehrungen, sie ist gleich dem Zentrum für Steuer- und Prozeßkosten- Ermäßigung, gegen Monopole (Tabak rc); sie will neuerdings zweijährige Dienstzeit von der Regierung anvehmen, aber von der Militär- Vorlage sonst nichts wissen; sie ist Freihänd­ler»!, will also mit den Schutzzöllen nichts zu thun haben; nur auf der gesicherten Grundlage wirtschaftlicher Freiheit findet diese Partei die materielle Wohlfahrt der Nation.

3) Aie deutsch-konservative Bartei (66 Mitgl.)

Dr. Ortel aus Leipzig hat bei einer Ver­sammlung der Conservativen folgende Sätze als die Grundpfeiler der conservativen Partei aufgestellt:1) unbedingte Treue gegen Kai­ser und Reich; 2) Fortbau auf dem geschichtlich gewordenen Grunde; 3) Schutz der heimischen

Arbeit; 4) Kampf, unerbittlichen Kampf gegen die zersetzenden Elemente unseres Volkslebens und Erneuerung desselben durch das lebendige Christentum." Er bekannte im Namen der Partei offen Farbe. Er erklärte sich für Schutz­zoll und Jnnungszwang. Was unterzersetzen­den Elementen" zu verstehen sei, setzte dann Stöcker auseinander, indem er behauptete,die Schäden des modernen sozialen Lebens habe nur der Liberalismus verschuldet, dessen natür­liche Tochter die Sozialdemokratie sei. Er ver­kenne die Dienste nicht, die der Liberalismus dem Vaterlande geleistet habe, jetzt habe er aber abgewirtschaftet, an seine Stelle müsse der monarchische Sozialismus treten." Die conservative Partei, die sich in der Hauptsache aus dem östlichen Preußen rekrutiert, ist selbst­verständlich für die Verbesserung der Zollpolitik in Betreff der Landwirtschaft und für die Ent­lastung des Grundbesitzes. Dabei unterstützt diese Partei die Regierung bei den sozialen Fragen in jeder Beziehung, sie ist nicht anti­semitisch, bekämpft aber den jüdischen Einfluß auf das Volksleben. Sie tadelt die Bevor­zugung des großen Geldkapitals und will staat­liche Beaufsichtigung der Börsengeschäfte.

(Schluß folgt.)

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 9. Dez. Heute wurde das Not­gesetz zum Krankenkaffengesetz in dritter Lesung angenommen. Sodann kam die von Mitgliedern des Zentrums eingebrachte Interpellation betr. den Abzahlungs- und Hausierhandel zur Ver­handlung. Abg. Schädler (Zentr.) betonte besonders die infolge der Sonntagsruhe ent­standene Schädigung durch den Hausierhandel. Staatssekretär v. Bötticher erklärte, betreffs der Abzahlungsgeschäfte sei ein Entwurf beim Bundesrat; über den Hausierhandel seien die Erhebungen noch nicht abgeschlossen. Abg. Möller (nat.-lib) warnte davor, das Kind mit dem Bade auszuschütten, beide angegriffene Berufszwrige erfüllten eine große soziale Auf­gabe. betreffs der Sonntagsruhe stimme er dem

Die Tochter des Gauklers.

Original-Roman von Gebh. Schätzler-Perasini.

(Nachdruck

verboten.)

-Fortsetzung.)

Sabine war bas belebende Element des Schlosses, das seit ihrer Anwesenheit jede Spur von Düsterkeit verloren hatte. Und wer sollte sich nicht freuen über das muntere Ding, nicht mit lachen, wenn ihm der Kobold die weißen Perlzähnchen lachend zeigte!

Selbst Friedrichs Wesen schien verändert; wenigstens hatte er nur selten noch Tage des finsteren Hinstarrens. Es lachte ihm ja auch das alte Herz in der Brust, wenn er Kurt und Sabine vor sich sah, voll Lebenslust, ein herrliches Paar. Es schien, als ob wirklich Dr. Bronnig in seiner Art der Bekämpfung das beste Mittel gefunden hätte.

Kurt gedieh vortrefflich; keine Wirkung hatte das finstere Ver­hängnis, das seine Ahnen zu Boden schmetterte, bei ihm.

Was im Schoße der Zukunft lag, das freilich wußte kein Mensch.

Aber mit Sabine an der Seite wollte der Sanitätsrat jedem Schicksal Trotz bieten und wäre dieses Schicksal auch der Fluch des Hauses.

Weder er, noch die Gräfin dachten an die Möglichkeit eines Ein­treffens. Es lagen nicht die geringsten Gründe mehr vor zu einer der­artigen Befürchtung. Und war erst Sabine für immer mit dem Gespielen verbunden, so mußte auch der alte Fluch ersterben.

Doktor Bronnig hatte damals bald die Gräfin mit seinem Plane, aus den beiden Kindern ein glückliches Paar zu schaffen, bekannt gemacht.

Franziska fand dies gut und sagte bedingungslos zu. Sie war viel zu großmütig und edel angelegt, als daß sie dem Lebensglücke ihres Kindes das wirklich davon abhing entgegengetreten wäre.

Zudem hatte sie Sabine lieben gelernt, wie ihr eigen Blut. Und was wollte der Standesunterschied bedeuten in einem Falle, da Leben

und Gesundheit, das Gedeihen eines ganzen Geschlechtes auf dem Spiele stand?

So wuchsen die beiden Kinder auf, das eine glücklich in dem andern. Noch ahnte keines, daß sie nicht Bruder und Schwester, sondern blutfremde Menschen zusammen waren.

Aber die Zeit kam heran, da in den Herzen der beiden die Kindes­träume eine zweite Stelle einnahmen.

Zu einer reizenden Jungfrau war Sabine heraugeblüht.

Kurt von Felsbcrg zählte neunzehn Jahre und in solchem Alter ziehen andere Gefühle als die bisherigen durch die Brust wenn dies nicht schon längst vorher geschehen.

Er liebte sein Schwesterchen innig; eine Art Schwärmerei für sie ergriff ihn.

Genau so, wie Doktor Bronnig vorausgesehen, schien es einzu­treffen. Und es wäre auch nicht gut anders möglich gewesen.

Kurt und Sabine wuchsen zusammen auf, sie beide allein, und sie liebten sich schon als Kinder. Kein fremder, störender Einfluß trat da­zwischen; ganz und ausschließlich auf sich angewiesen, ergänzten sich die beiden Naturen.

Der Kobold Sabine paßte vortrefflich zu dem zur Schwärmerei geneigten Kurt; mit Leichtigkeit lachte sie die Grillen weg, die manchmal in seinem Kopfe nisteten.

Dabei besaß Sabine im Grunde ein warm- empfindendes Herz; sie liebte und verehrte die Gräfin, die sie nicht anders als ihre Mutter betrachten konnte, abgöttisch und brachte dem väterlichen Freunde Dok­tor Bronnig eine warme Zuneigung entgegen.

Kurt war die Freude seiner Lehrer gewesen; nicht minder machte Sabine ihrer Gouvernante Vergnügen.

Mi großer Vorliebe studierte Kurt die Naturwissenschaften; er