wohlhabender Mann auf und engagierte sie für feinen Privatdienst. Sofort gab er ihnen eine Zahlung zu besorgen, zu welchem Zweck er aus einer Geldrolle mehrere Goldstücke in ein Couvert steckte. Bevor er die Sendung dem Boten anvertraute, ließ er sich eine Kaution in verschiedener Höhe auszahlen. Hinterher war er natürlich nicht mehr aufzufinden. Zu spät merkten die Geprellten, daß die Sendung fingiert, das Gold unecht und der reiche Mann ein Schwindler war. Kürzlich wurde er von einem seiner Opfer in einer Wirtschaft entdeckt; er nahm Reißaus, und es entwickelte sich unter starker Beteiligung der Gäste eine wilde Jagd. Der Verfolgte zog ein Dolchmesser, mit welchem er, wild um sich stechend, mehrere seiner Angreifer verwundete. Endlich gelang es, ihn zu Boden zu werfen, zu entwaffnen und festzunehmen.
* Frankfurt a. M., 12. Oktbr. Die „Frankfurter Zeitung" meldet aus Andernach: In Miesenheim starben vorige Woche 3 Personen unter verdächtigen Umständen. Die nach Marburg gesandten Auswurfsstoffe wurden untersucht und die asiatische Cholera konstatiert. Nach einer Meldung desselben Blattes aus Leopoldshafen starb gestern unweit Maxau auf einem von Ruhrort gekommenen Schiffe ein Schiffer an Brechdurchfall. Die Schiffer wieder - setzten sich den angeordneten Absperrungsmaßregeln, so daß Gendarmerie requiriert werden mußte.
»Berlin, 11. Okt. Der „Post" zufolge richtete der Kaiser an den kommandierenden General des 9. Armeekorps, Grafen Walder- see, eine Kabinettsordre, worin er die vollste Anerkennung für die Umsicht und Energie ausdrückt, womit der General die Truppen durch die mit der Cholera verbundenen Gefahren geführt hat. In der Kabinettsordre spricht der Kaiser weiter die Hoffnung aus, daß Walder- see's fürsorgliche Anordnungen dazu führen werden, das Armeekorps auch ferner vor der Cholera zu bewahren. Die Ordre ist auf allerhöchsten Befehl den Truppen bekannt gemacht worden.
»Berlin, 12. Okt. Amtlicher Cholera - bericht vom 11. Oktober: Hamburg: 19 Erkrankungen, 2 Todesfälle; Städte Altona und Wandsbeck 3 Erkrankungen, 1 Todesfall; Reg.- Bez. Stade: Achim 1 Erkrankung; Reg.-Bez. Lüneburg: Harburg 1 Erkrankung; Reg.-Bez. Frankfurt a. O.: In 2 Orten des Kreises Königsberg 2 Erkrankungen und 4 Todesfälle.
* Berlin, 13. Okt. Die „Politischen Nachrichten" suchen die Notwendigkeit der geplanten Armeereform mit dem Hinweis auf einen Krieg mit doppelter Front zu begründen. Die Gefahr des Ausbruchs eines Doppelkrieges bestehe in unveränderter Stärke fort.
* Die „Hamb. Nachr." weisen darauf hin, daß die militärischen Pläne schon lange bestehen und daß im Anfang des Jahres 1890, nach den Wahlen, als Mrst Bißmarck „zuerst auf den Gedanken kam, seine Dienste könnten als unbequem und entbehrlich betrachtet werden", und er diesem Gedanken, dem Kaiser gegenüber Worte verlieh, der Letztere dem Kanzler erwiderte, dieser möge v'or seinem Rücktritt wenigstens noch mitseinem Ansehen die Erhöhung des Militäcetats im Reichstage vertreten. Fürst Bismarck lehnte dies ab, da er den Mißerfolg voraussah und außerdem die Ansicht vertritt, daß nicht die quantitative, sondern die qualitative Verbesserung des Heeres notwendig wäre, die Beschaffung der erforderlichen Offiziere und Unteroffiziere und von Geschützen und Bespannung. Nach dem Rücktritt des Fürsten ruhten dann die Pläne über die Heeresvermehrung, oder sie wurden vielmehr zurückgehalten, weil die Regierung nicht glaubte, sie durchsetzen zu können, und sich erst einen sicheren Weg dazu schaffen wollte. Schließlich führt das Blatt noch kurz aus, daß die Regierung den Reichstag schwerlich auflösen werde, weil die Milttärvorlage unpopulär sei. — Weiter schreiben die „Hamburger Nachr." bezüglich der Militärvorlage: Wenn die militärisch festgestellte Vorlage nach Analogie der Handelsverträge durch den Reichstag gedrückt werden sollte, werde eine Zwangslage betreffs der Steuerbewilligun g geschaffen. Wenn die entsprechende Steuervorlage fiele, würden die Matrikularbeiträge eintreten. In der Zwangslage würde der Reichstag den sonst abgelehnten Finanzvorlagen zustimmen. Der zu Grunde liegende strategische Gedanke, den Reichstag des nächsten Jahres durch ein umfassendes Manöver dieses Jahres zur Kapitulation zu nötigen, möge für ein militärisches Auge etwas Bestechendes haben; politisch sei er unrichtig, seine Durchführung der Befestigung des Ansehens der Reichs-Einrichtungen schädlich, wenn nicht gefährlich.
* Mit Bebel hatte ein Vertreter des „Figaro" eine Unterredung, worin Bebel sein volles Vertrauen in die Zukunft des Sozialismus ausspricht, der selbst in den katholischen Provinzen Deutschlands im Zunehmen begriffen sei. Auf die Frage, wie er über den Internationalismus denke, antwortete Bebel, wenn er seine Theorien praktisch anwenden könnte, würde er sich im Falle eines Krieges gegen die französischen oder russischen Sozialisten nicht schlagen. Allein, da die Sozialisten nicht die Gebieter seien, müßten sie sich schlagen, widrigenfalls sie füsiliert werden wurden. Wenn er (Bebel) also an der Grenze einmal Jules Guesde gegenüberstehen sollte, so würde er wohl gezwungen sein, auf ihn zu schießen.
Zur Erinnerung.
Vor 400 Jahren war der bedeutungsvolle Tag, da uns Columbus eine neue Welt erschloß, am 12. Oktbr. 1492, morgens 2 Uhr wurde das Land erblickt. Der Matrose Rodrigo von dem Schiffe „Pinta" war es, der, vom Masrkorb auslugend, einen flachen Strand im Mondschein leuchten sah, und von seinem Munde erscholl zuerst der Freudenruf: „Land, Land!" In der That erreichte man den Strand nach einer Fahrt von zwei Seemeilen. Ein Kanonenschuß als verabredetes Zeichen gab den beiden nachfolgenden Schiffen von dem freudigen Ereignis Kunde, und als es Tag geworden, sah man sich vor einer grünen Insel. 32 Tage hatte die eigentliche Entdeckungsfahrt von den kanarischen Inseln aus gedauert. Unnennbare Freude Durch strömte die Brust der Entdecker. Mit Freudenthränen sank der Eine dem Anderen in die Arme, und als Columbus den alten Lobgesang „Ds äsnm I-auäamus" anstimmte, fielen Alle mit ein. Jeder beeilte sich, dem Admiral seine Huldigung darzu- brmgen. Es wurde beschlossen, sofort zu landen; die Boote wurden flott gemacht und mit Bewaffneten gefüllt. Mit entfalteten Fahnen, auf denen neben dem grünen Kreuz die AnAigsbuchstaben der königlichen Namen I'. und I. (Ferdinand und Jsabella)strn den- stiegen die Entdecker ans Land und warfen sich zur Erde, um den Boden zu küssen. Columbus gab diesem zuerst entdeckten Eiland den Namen San Salvador, d. i. „Heiliger Erlöser". Denn die Insel sollte ein Erstlingsopfer seines Heilandes sein. Die Spanier waren auf der Insel Guanahatn, die zu der ^ aus 12 größeren und 600 kleineren Inseln bestehenden Gruppe der Ba- Hama-Jnfeln gehört, gelandet. Die braunen Insulaner kamen scharenweise zu den weißen Fremdlingen, und Columbus ließ kleine Geschenke, wie Glasperlen, Nadeln und Schellen, unter sie verteilen. Das machte sie zutraulicher, und noch am Tage der Landung erfuhren die Spanier, woher das Gold stamme, das sie am Körper der Eingeborenen sahen. Allerdings hatte es dann später mit der Auffindung des Gvldlandes immer noch gute Weile. Columbus selbst und seine Leute glaubten fest
* Lothar Bücher, der als einer der begabtesten und vertrautesten Mitarbeiter des Fürsten Bismarck einst vielgenannte Wirkliche Geheime Legationsrat Bücher ist am Genfer See iw Alter von 75 Jahren gestorben. Eine merkwürdige Laufbahn hat damit ihr Ende erreicht. Aus dem alten Achtund ierziger und politischen Flüchtling war allmählich die rechte Hand des mächtigen preuß. Ministers und späteren Reichskanzlers geworden, jdem er vom Jahre 1864 an bis zu seinem 1886 erfolgten Rücktritt die schätzbarsten Dienste geleistet hat. Nach dem Ausscheiden Bismarcks aus dem Amte soll Bücher auch mit der Ordnung sei er politischen Werke beschäftigt gewesen sein, und so wird der Altreichskanzler den Tod des Mitarbeiters und Freundes doppelt beklagen.
* Zwei angesehene Firmen der Berliner Damenkonfektion, Bonvitt und Littauer und Hermann Laski, sind dem Kleinen Journal zufolge in schwere Zahlungsverlegenheit geraten.
* Welches Unheil das Lesen von Räubergeschichten in jugendlichen Köpfen anrichten kann, zeigt wiederum ein Vorfall, der in der Stadt Rössel in Ostpreußen gegenwärtig das Tages, gespräch bildet. Dort hatte sich nämlich, wie die „K. Allg. Ztg." schreibt, eine aus sechs Köpfen bestehende „Räuberbande" zusammenge- than: nachdem ihre Mitglieder — sämtlich schulpflichtige Burschen — den „Eid" geleistet, gingen sie am Samstag früh allen Ernstes daran, die Stadt Rössel an vier Stellen in Brand zu stecken. Ein von ihnen angezündeter Stall auf dem dortigen Anger brannte vollständig ab; die in den Hintergebäuden der Apotheke und eines Kaufmanns angelegten Feuer wurden aber rechtzeitig endeckt und gelöscht. Auch ein von der „Räuberbande" in der Mühlenstraße in Brand gesetztes Haus wurde gerettet. Wie sich später herausstellte, hatten sich die Buben „verschworen," die ganze Stadt abzubrennen. Dem Schwörenden wurde vom „Hauptmann" ein Revolver auf die Brust gesetzt und im Falle des Eidbruchs, d. h. wenn Einer das Vorhaben verraten würde, der Tod angedroht. Zwei der Jungen find schon zur Haft gebracht. Sie waren in den letzten 14 Tagen nicht mehr zu Hause gewesen, hatten schon früher in Korschen einen Fleischer bestohlen und den Raub unter sich geteilt.
* Ratibor, 12. Okt. Der Bankvorsteher der Leobschützer Commandite des schlesischen Bankvereins Michaelis wurde wegen Unterschlagung und Fälschung zu 15 Monaten Gefängnis und ein Jahr Ehrverlust verurteilt.
* Wien, 12. Okt. Nach einem Cercle in
* Wien, 12. Okt. Nach einem Cercle in Schönbrunn überreichte Kaiser Wilhelm dem Grafen Taaffe persönlich die Insignien des
und sicher, in Ostasien, in dem Vorlande des berühmten, ersehnten, Schätze bergenden Indien zu sein, und sie meinten, den Seeweg nach Ostindien durch die westliche Fahrt gefunden zu haben. — Die Bedeutung der Entdeckung Amerikas in kurzen Worten anzudeuien, ist nicht nur schwer, sondern unmöglich, keinem Zeitalter aber ist die Bedeutung der Entdeckung der neuen Well so klar vor Augen getreten, als uns, die wir in einem Verkehr mit Amerika stehen, wie ihn kein Columbus und keiner seiner Nachfolger auch nur zu ahnen vermochten. Keine der oft so geräuschvoll auftretenden Thatsachen der Weltgeschichte ist so wichtig und folgenschwer für die Menschheit gewesen, als die stille Fahrt des Columbus mit seinen drei Schiffchen über den Ozean. Vor Columbus war etwa der sechste Teil des Festlandes und der Wasseroberfläche unseres Globus bereist und bekannt und der endlose Ozean türmte sich gleich einer jede Bewegung hindernden Mauer um das Festland herum auf; Columbus verwandelte den wilden Ozean aus einem Hindernisse der Bewegung zu der großartigen, vom Schöpfer bestimmten Verkehrsarena. Was uns Amerika geworden, das beweisen die Zahlen des Verkehrs, die Anzahl der das Meer durchfurchenden Schiffe. Und das sagen uns auch unsere Sinne tagaus tagein; die dampfende Kartoffel auf des armen und reichen Mannes Tische, die duftende Chocolade, die Cigarre im Munde des Königs und Arbeiters, jene Büchsen mit der Fleischkraft der amerikanischen Rinder, der Brennstoff unserer Tischlampen, die Speckseiten des amerikanischen Borstentieres, die Baumwollenballen, die Zucker- und Kaffeeladungen der Schiffe, sie ! führen uns klar vor Augen, was uns Amerika als spendender Teil ist; und jene Schiffsladungen heimischer Industrie, die Ausfuhr von Maschinen, Eisen- und Stahlgerätschaften aller Art, von Manufaktur-Waren, von Werken der schönen Künste und Litteratur, endlich und nicht zum Wenigsten jene Tausende, die auf Amerikas Boden sich ein neues Heim gründen, sie zeigen nicht minder klar, was uns die neue Welt als empfangender Teil ist. Und darum, weil wir uns Alle der Bedeutung der Entdeckung wohl bewußt sind, gedenken wir heute in Dankbarkeit des großen Entdeckers Christoph Columbus.