die Beschaffung besserer Wohnungen für die Arbeiter und gesunden Trinkwassers fordern und zur Verhütung des drohenden Hungertyphus dringend Arbeit für die zahlreichen Beschäftigungs­losen erbitten. Sie verlangen ferner die Un­entgeltlichkeit aller ärztlichen Hilfeleistungen und Heilmittel, sowi° der Totenbestattung. Das einzige Mittel zur Erlangung dieser Ziele sei die Einführung des allgemeinen und geheimen Wahlrechts zum Bürgerschaftskollegium, damit die Volksmassen an der Gesetzgebung teilnehmen können.

* Das Gesamtergebnis der Hamburger Notstands-Sammlungen beläuft sich bisher auf 2Vr Millionen Mark.

* Ins Arresthaus in Saarbrücken wurde eine junge Frau aus Püttlingen eingeliefert. Sie hatte ihrer Schwiegermutter während eines Streites mit einem Messer einen Schnitt in den Hals hergebracht, der den baldigen Tod derselben herbeiführte.

Ausländisches.

* Manz, der Direktor der verkrachten W i n- terthurer Kreditbank, der qualifizierte Un­terschlagungen im Betrage von 1,933,000 Fran­ken verübte, wurde vom Züricher Schwurgerichte zu vier Jahren Arbeitshaus verurteilt.

* Rom, 10. Okt. Der König telegraphierte an Giolitti, er lehne dankend jedes Geschenk anläßlich der silbernen Hochzeit des Königs­paares ab, er wünsche, der Gedenktag möge Veranlassung zu Werken der Wohlthätigkett geben.

* Paris, 10. Okt. Gestern wurden hier 9 Choleraerkrankungen und 1 Todesfall, inner­halb der Bannmeile 11 Erkrankungen und 4 Todesfälle gemeldet.

* London, 10. Okt. Aus Dublin wird gemeldet: Eine Riesendemonstration fand gestern am Todestage Parnells statt. Sämtliche par- nellitischen Abgeordneten, der Lordmayor und alle Gemeinderäte von Dublin, sowie zahllose Abordnungen aus dem ganzen Lande mit zahl­losen Kränzen, begleitet von der gesamten Be­völkerung, durchzogen in einer Riesenprozesston die Stadt. Auf dem Kirchhofe legten dieselben Kränze am Grabe Parnells nieder, und mehrere Reden wurden gehalten.

* New-Jork, 11. Okt. Die Festlichkeiten aus Anlaß der vierhundertjährigen Wiederkehr des Tages der Entdeckung Amerikas durch Ko­lumbus haben gestern angefangen. Ein unge­heurer Zug von Studierenden der hiesigen Schulen und Studienanstalten bewegte sich durch die prächtig geschmückten Straßen. Vizepräsi­dent Morton ließ den Zug vorüberziehen. Auf den Tribünen waren Tausende von Mädchen so gekleidet verteilt, daß sie die Sterne und Streifen des Banners der Union darstellten.

Handel und Verkehr.

* Stuttgart, 10. Okt. (Landesprodukten- Börse.) Die Börse ist schwach besucht. Ge­schäft 20 000 Ztr. Wir notieren per 100 Kilogr.:

Weizen, Kansas Mk. 18.25 bis 18.75, azimr la Mk. 19.25 bis 19.40, rumän. Mk. 18 bis 18.25, bayer. Mk. 18.75, Niederbayer. Mk. 19, fränk.Mk. 18.40, Kernen Mk. 13.60 bis 18.75. Dinkel Mk. 12. Gerste, Tauber Mk. 18, Rieser Mk. 19, ungar. Mk. 17.50 bis 19.30, Nörd- linger Mk. 18.75, Haber Mk. 14.40 bis 14.80, prima Mk. 15, Mais, Ungar. Mk. 18.75 bis 14. Mehlpreise pr. 100 Kilogr. inkl. Sack bei Wagen­ladung: Suppengries: Mk. 31, Mehl Nr. 0: Mk. 30.50 bis 31, Nr. 1: Mk. 28.50 bis 29.50, Nr. 2: Mk. 27.50 bis 28, Nr. 3: Mk. 25.50 bis 26, Nr. 4: Mk. 22.50 bis 23.50. Kleie mit Sack 9 Mk. pr. 100 Kilogr. je nach Qualität.

* (Wein preise vom 8.11. Oktbr.) Rommelshausen. Versch. Käufe zu 155 bis 175M. Oberstenfeld. Preise 145 bis 190 M., noch ziemlich feil. Strümpfel­bach i. R. Käufe zu 165170 M. Muu- delsheim. Es wurde beinahe alles am Stock verkauft, rotes Mittelgewächs zu 190208 M., Käsberger 250 M. Steinheim. 150 bis 182 M., bereits alles verstellt. Beutels­bach. Versch. Käufe zu 175200 M , Gesamt­erzeugnis 700 Hktl. Wangen (Cannstatt). Käufe zu 150160 Mk., vieles verstellt. Besigheim. Der heurige Herbstertrag (ca. 700 Hktl.) ist zum größten Teil schon verkauft zum Preis von 180200 Mk. Für Ausstich­wein wurde auch bis 220 Mk. bezahlt. Lauffen a. N. Käufe zu 195210 M. Verkauf sehr lebhaft; Preise steigen. Neckar- westheim. 175180 M. Wetnsberg. Käufe zu 170200 M.; einiges auf Durch­schnitt. Unterheinrieth. Zum Preis von 150172 M. schon viel verkauft.

* (Hopfenpre-ise vom 9.10. Oktbr.) In Deckenpfronn wurden letzte Woche sämt­liche Hopfen zum Preis von 120 144 Mk. aufgekauft. In Rottenburg wurden Hopfen zu 135150 Mk. nebst Leihkaus abgesetzt.

* Heilbronn, 9. Okt. (Ledermarktbericht.) Es wurden am vierten verkauft und amtlich verwogen: Wild- und Schmalleder 102639 Pfund, Kalbleder 7366 Pfund, Sohlleder 18 937 Pfund, Zeugleder 6879 Pfund, zusam­men 135 821 Psd. mit einem Gesamtumsätze von ca. 166 000 Mk. Der nächste Ledermarkt findet Dienstag den 29. November d. I. statt.

* (Gegenseitiges Bedauern.) Advokat: »Es thut mir sehr leid, Herr X., aber Schneider Scheer hat mir seine Rechnung bei Ihnen zum Einkassieren gegeben. X.: »Und Sie wollen sie einkassieren? Sie thun mir wirklich sehr leid."

* (Musikalisch.) A.: »... Sind Sie denn auch musikalisch?* Studiosus: »O ja, ich pfeif auf meine Schulden!"

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, AUrnstetg.

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j Cumberland werde wegen des seinem Vater gegebenen Gelübdes nicht auf Hannover ver­zichten, sondern abdanken, um seinen Sohn in die Lage zu setzen, den Verzicht zu erklären und dann von Braunschweig Besitz zu nehmen.

-Berlin, 11. Okt. DieNationalztg." nennt in einem auf Miquel zurückzuführenden Artikel über die preußischen Staatsschulden die Finanzlage Preußens befriedigend; Preußen aber sei für die Reichsschulden, die von Jahr zu Jahr anwachsen und fast ausschließlich für unproduktive Zwecke eingegangen wurden, mit haftbar. Hierdurch könne im Laufe der Zeit die Steuerkraft des Landes geschädigt und auch das preußische Budget nachteilig beein­flußt werden.

* Das preußische Staatsministertum hat der i Militärvorlage seine Zustimmung erteilt. Was

die Kosten der Vorlage anbelangt, so sollen die­selben nach einer neueren Meldung derVoss.

Ztg," jährlich 65 Millionen Mark betragen.

- Ueber die Wiedereinführung der Berufung gegen die Urteile der Strafkammern, und zwar der Art, daß die zweite Instanz durch die Oberlandesgerichte gebildet werden soll, scheint ^ ziun doch im Bundesrat eine Einigung erzielt worden zu sein. Es sollen vom preuß. Justiz- minister bereits Erhebungen bei den Landge­richten über den voraussichtlichen Umfang der Erfordernisse an Personal und Geldaufwen­dungen für den gedachten Fall angeordnet worden sein. Ob sich daraus schon für die ^ bevorstehende Parlamentssession eine entspre­

chende Vorlage entwickeln wird, läßt sich jetzt noch nicht vorherbestimmen.

* Seit Wochen sind unserer Industrie in­folge der Absperrungsmaßregeln gegen die Cholera die gewohnten Absatzgebiete vielfach verschlossen. In Oestreich-Ungarn, Rumänien,

Bulgarien, Nordamerika verwehrt man ver­schiedenen Fabrikaten wegen der Einschleppungs­gefahr den Zutritt. Die schablonenmäßig ge- handhabte Absperrung schließt selbst Arzneimittel und solche Waren aus, die erst durch die hei-

^ Heften Dämpfe versandfähig gemacht werden

! können, aind die nachweislich aus völlig gesun­

den Orten stammen. Bei den Grenzämtern lagen Tausende von Sendungen, deren die jen- ! fettige Industrie dringend bedarf. Handel und

! Gewerbe erleiden unberechenbare Verluste, zahl-

I reiche Arbeiter müssen entlassen werden. Dem

Grundsatz:Höher als die Erwerbsinteressen fleht Leben und Gesundheit der gesamten Be­völkerung*, wird heute niemand entgegentreten wollen. Aber jeder Grundsatz muß vernünftig ausgeführt werden, eine zu weit gehende Vor­sicht hat keinen Zweck, sonst wirdVernunft zum Unsinn.*

* Hamburg, 9. Okt. Die Sozialdemo­kraten verbreiteten gestern in etwa 50000 Exemplaren ein Flugblatt, worin sie, anknüpfend rm Lie Vorgänge in der Cholerazeit, gegen die Unzulänglichkeit der Hamburger Behörden zur Verhütung fernerer Seuchen Stellung nehmen,

das Bassin einschließenden Berge drücken der ganzen Landschaft ein unr vergleichliches großartiges Gepräge auf. Ein gewaltiger, imposante- Felskeffel, steigt das Romsdal-Horn hach in die Wolken. Menschlicher Fuß hat seinen Gipfel noch nie betreten und für unternehmende Mit­glieder des Alpenklubs bietet sich da Gelegenheit, Ruhm zu ernten. Zwischen dem Horn und einer Gruppe nahezu gleich hoher, schier senk­recht steiler Zacken und Klippen liegt ein schmales Thal, dessen Wände sich weiter hinein zu unzugänglicher Schlucht znsammenschieben, in deren schauerlichen Grund donnernd und tosend ein mächtiger, von dem großen Zentralgletscher im Innern des Landes her kommend.r Strom stürzt. Nach dem tollen Sprunge sammeln sich die Wasser in dem tiefen Kessel der Kluft und eilen dann in munterem Tempo dem Seebecken zu, durch die blumigen Matten, wohlkultivierten Felder, Gärten und Baum- : Pflanzungen des eine gute Stunde breiten Vorlandes. Vom Deck des

! im Hafen liegenden Schiffes gewähren die Ufer einen eigenartigen An-

! blick. Amphitheatralisch steigen sie auf, Terrasse über Terrasse in so

! regelmäßiger Profilierung, daß man geneigt ist, für ein Werk der

j Jngenieurkunst zu halten, was die Natur mit Gletscherarbeit und durch

die Thätigkeit der Gebirgsgewässer ohne menschliches Zuthun geschaffen.

Den englischen Lord normannischer Abstammung trafen wir daheim, i An einer Thalbiegung, gerade unterm Romsdal-Horn, an einer Stelle, bis wohin in längstvergangenen Zeiten der Fjord sich erstreckt haben mochte, liegt das Haus auf offenem, von Birken und Erlen eingerahm­ten Wiesenplane. Von dev Fenstern der einen Giebelseite schaut man direkt in die schon erwähnte finstere Schlucht und auf den großen Kata- i rakt. Ein halbes Dutzend vorzüglicher Fangplätze für den Lachs- und

! Forellen-Angler sind in fünf Minuten zu erreichen. Das Haus ist nach

i norwegischem Muster und mit norwegischer Anspruchslosigkeit aus Holz konstruiert und weiß gestrichen. Die wenigen Zimmern' waren auf die

allereinfachste Weise möbliert, als Sommerresidenz eines reichen Sports- man, der gern für ein paar Wochen von dem ihn sonst überall umge­benden, ihm überdrüssig gewordenen Luxus sich emanzipiert.

Man kann nicht unausgesetzt fischen; es dürfte daher in so groß­artiger, zum ernsten Denken anregender Umgebung manchmal ein Be­dürfnis nach gediegener Lektüre, nach wissenschaftlichen Werken sich ein­stellen. Nicht so bei unserem Lord. Auf seinem Büchergestell sah ich nur die neuesten englischen, deutschen und französischen Romane und Novellen; auf den Tischen lagen Exemplare der unvermeidlichen ,Satur- day Review', ,Pall Mall Gazette', ,Times' und ,Standard' herum.

Unser Gastfreund erhielt sich der Wissenschaft gegenüber offenbar sehr mißtrauisch und zurückhaltend; er mochte da so etwas wie Ver­wandtschaft mit dem verhaßten Liberalismus wittern. Er war eben ein eingefleischter Tory, ein Mann, der nie die rauhe Seite des Lebens kennen gelernt hatte, daher die bestehende Welt- und Gesellschaftsord­nung als mustergiltig erachtete, und alle, die daran zu rütteln sich ver­maßen, für Feinde der menschlichen Rasse ansah. Die Bewegungen der Neuzeit waren nicht nach seinem Sinn, ihm erschien die Zukunft tiefschwarz.

War er auch ein starrer Aristokrat, so war er doch immerhin ein Aristokrat der besten Sorte: Keiner niedrigen, gemeinen Regung oder Handlung fähig; fürstlich in seinem Denken, fürstlich in seinen Lebeus- gewohnheiten und fürstlich auch in seinem Angelsport. Für jeden ein­zelnen der durch Stromschnellen von einander getrennten Fischereigründe des Flusses hatte er sein besonderes Boot und einen besonderen Boots­mann. Wir versuchten unser Heil und fanden reiche Beute; aber monotone Arbeit; es fehlte der Reiz des Natürlichen, die Anspannung aller körperlichen Kraft. Der Erfolg war da, aber er gewährte nicht die Be­friedigung, wie wenn er mühsam hätte errungen werden müssen.

(Fortsetzung folgt.)