war, mit den freien Vorderfüßen an der Tanne empor, schnellte die geschrenkten Hinterfüße von dem Aste los und befreite sich so aus seiner höchst unangenehmen Lage. Damit der Vorfall nicht den Münchhauser Jagdgeschichten gleichgestellt wird, sind absichtlich Personen und Ort an­gegeben.

* (Vom Schwarz wald.) Vor Jahren fiel beim Sammeln von Tannenzapfen ein Sammler zu Tode und das Landesversicherungsamt sprach der K. Forstdirektion als besonderer Unfall­berufsgenossenschaft die Verpflichtung zu, die reichsgesetzltche Unfallversicherungssumme auszu­bezahlen. Die Folge des ganz vereinzelten Un­falls und der daraus folgenden Entscheidung war nun, daß die K. Forstdirektion, um allen derartigen Anforderungen für die Zukunft zu entgehen, das Sammeln von Zapfen in allen ihren Wäldern gänzlich verbot. Dadurch fühlten sich nicht wenige Bewohner des Schwarzwalds, zumal die ärmern Leute, welche mit dem Zapfen­sammeln gerade in sonst verdienstloser Zeit ein schön Stück Geld zu verdienen gewohnt waren, schwer geschädigt. Es wurde denn auch auf dringende Vorstellung der Beteiligten und in­folge einer in der Kammer der Abgeordneten ergangenen Anfrage und Bitte das Verbot wieder aufgehoben. Als nun aber im letzten Herbst wieder ein vereinzelter Unglücksfall vorkam, er­neuerte die K. Forstdirektion zwar nicht das alte, radikale Verbot, aber sie bestimmte neuer­dings durch Erlaß an die K. Forftämter, daß künftig nur noch ledige Leute zum Sammeln von Zapfen in den Staatswaldungen zuge- laffen werden sollen. Tatsächlich ist durch diese einschränkende Bestimmung das Sammeln überaus erschwert, wenn nicht unmöglich ge­macht, da ledige Leute, die sich für diesen Zweck eignen und hergeben, aus begreiflichen Gründen so gut wie nicht vorhanden sind. Die verhei­rateten Leute aber, welche seit Generationen gewohnt find, aus dieser Arbeit einen sicheren und guten Verdienst sich zu erwerben, sind nun­mehr während der sonst arbeitslosen Zeit be­hindert, die gewohnte Arbeit zu thun, was sie bei gegenwärtigem Darniederliegen der Land­wirtschaft doppelt schwer empfinden. Abgesehen davon liegt hier die einzigartige und gewiß nicht im Sinn der Gesetzgebung liegende Tat­sache vor, daß das Unfallverstcherungsgesetz, wie es in diesem einzelnen Fall ausgelegt und in seinen Konsequenzen angewendet wurde, tat­sächlich nicht zum Nutzen und zur Wohlfahrt der Arbeiter dient, sondern im Gegenteil einer ganzen Klasse von armen und braven Leuten eine längst geübte Arbeit geradezu unmöglich macht und verbietet. Schleunige Abbestellung dieses Mtßstands wird nicht nur im Interesse der geschädigten Waldbewohner liegen, sondern auch dem Ansehen und der Popularität des Unfallsversicherungsgesetzes zu gute kommen.

(Schw. Merkur.)

* Stuttgart, 7. Okt. Oberbürgermeister Dr. v. Hack ist durch Königliche Entschließung aus Grund des K. Dekrets vom 16. Sept. 1841 wegen Geisteskrankheit seines Dienstes enthoben

worden, ohne daß er zuvor gehört oder ent­mündigt worden wäre.

* Gmünd, 4. Okt. Einen raffinierten Schwindel ließ sich lautDeutsches Volksblatt" ein 22jähciges Dienst­mädchen aus dem Oberamt Gmünd, bisher in Dacmstadt im Dienst, zu Schulden kommen. Dasselbe gab nämlich vor, sie habe in der preußischen Staatslotterie 150,000 Mark gewonnen. Wie eine Bombe schlug die freudige Nachricht in der Heimat und der ganzen Umgegend ein. Auch in Darmstadt, wo das Mädchen im Dienst war, scheint es die gleiche Märe verbreitet zu haben. Denn bald fand sich ein Offizier in Zivil in dem bescheidenen Dorfe bei Gmünd ein, um dieGlückliche" zu freien. Dem Schwager wurde ein Bauernhof gekauft, und da­mit der Sache die Würze nicht fehle, wurde die weitere Märe verbreitet, Klosterfrauen seien vierspännig vorge­fahren, um das Glückskind mit Gewalt zum Eintritt in das Kloster zu bewegen. Es galt jetzt, den Schatz zu heben. Zum Empfang des Geldes reisten die Glücklichen samt Schwager nach Darmstadt. Dort angekommen, stellte sich das Glückskind krank und lag acht Tage in einem der ersten Hotels, konnte also nicht mit zur Bank gehen. Unverrichteter Sache muß der Schwager zurück­kehren. Telegraphisch gerufen, besteigen der Schultheiß des Dorfes, nebst einem Begleiter die Bahn Darm­stadt war ihr Ziel! Dort hören sie von dem inzwischen gesund gewordenen Patienten die frohe Botschaft, daß der Mammon in zwei Raten an Seine Erlaucht den Grafen R. in D. zur Verwaltung abgegangen sei. Das konnte man sich gefallen lassen, vergnügt kehrte alles in die schwäbische Heimat zurück. Doch mißtrauische L-eelen wollten nicht mehr recht glauben. Man wandte sich an den an­geblichen gräflichen Verwalter; dieser schenkte klaren Wein ein, alles von A bis Z war Dichtung.

* Waldsee, 7. Okt. Dem Landesoberstall­meister wurden heute ca. 40 Pferde (Fohlen) zum Ankauf für das Landgcstüt vorgeführt. Angekauft wurden 4 Fohlen, sämtlich aus dem Bezirk Waldsee, zum Preise von 600, 800 und 1000 Mark. In Ravensburg und Sanlgau wurden je 6 Stück angekauft.

* (Verschiedenes.) Vorige Woche hat ein 12jähriger Knabe von Untergruppen­bach auf der Straße zwischen Auenstein und Beilstein 2 Mädchen, 12 und 5 Jahre alt, an­gefallen und dieselben ihres Geldes im Betrag von 1 Mk. 40 Pf. beraubt. Das nette Frücht­chen wurde verhaftet und an das Amtsgericht Marbach eingeliefert. In Wtttendorf ist ein Wasch- und Backhaus abgebrannt. In einer Wirtschaft in Oelbronn gerieten mehrere junge Burschen in Streit, wobei der eine einen so heftigen Schlag auf den Kopf er­hielt, daß eine Gehirnerschütterung eintrat. Der Verletzte liegt bewußtlos darnieder und schwebt in ernster Lebensgefahr. Am Donnerstag nacht find in Weil der Stadt 2 Wohn­häuser und 3 Scheunen abgebrannt. In Ulm wurde die Küchenmagd eines Hotels ver­haftet. Dieselbe hat ihrer Herrschaft Eßbestecke, Kaffee- und Theekannen rc. entwendet. Dem Flurschützen Link von Mundelsheim entlud sich auf noch unaufgeklärte Weise sein Gewehr und zerschmetterte ihm die Ladung den Ober­arm derart, daß derselbe abgenommen werden mußte. In Beffendorf tritt die Hals­bräune epidemisch auf. Im Lauf der letzten 2 Wochen sind daselbst 6 Kinder der Seuche zum Opfer gefallen. JnUntersulmettngen, woselbst diese Krankheit ebenfalls grassiert, find

einem Küfer in wenigen Tagen 7 Kinder an Diphtherttis gestorben. Das Ministerium des Innern hat dem Landesfischereiveretn auf dessen Ansuchen einen jährlichen Staatsbeitrag von 1500 Mk. zugewiesen.

* In Mannheim war ein Wirt wegen Uebertretung der Feierabendstunde bezirksamtltch mit 1 Mk. bestraft wordm. Dies brachte ihn derart in Harnisch, daß er gegen den betreffen­den Schutzmann die Anzeige erhob, derselbe habe sich von Gästen nach Feierabend Bier be­zahlen lassen. Er konnte aber für diese Be­hauptung keinen Beweis erbringen und muß nun die falsche Anschuldigung mit 6 Wochen Gefängnis büßen.

* Chemnitz, 6. Okt. Ein hiesiger Bau­meister hatte auf einer vom Stadtbauamt genehmigten Zeichnung eines zu erbauenden Hauses ursprünglich für den dritten Stock 2 Wohnungen eingezetchnet, nach erfolgter Ge­nehmigung des Bauplatzes aber statt der zwei Wohnungen drei hinein korrigiert. Das hiesige Landgericht erblickte in diesem Vorgehen eine Urkundenfälschung und verurteilte den Baumei­ster zu 2 Wochen Gefängnis.

'Berlin, 6. Okt. Nach der Deutschen Warte, die den Grafen Starhemberg interviewen ließ, verdankt derselbe den Sieg beim Distanz­ritt dem Vollblut seines Pferdes und der eigenen Enthaltung jedes geistigen Getränkes.

* Berlin, 7. Okt. In einer Unterredung mit dem Sportreferenten der »Wiener Presse" erklärte Herr von Reitzenstein, er sei 30 Kilo­meter fehlgeritten und hoffe sein Pferd am Freitag auf Kondition vorreiten zu können. Das »Tageblatt" meldet: Das Pferd des Grafen StarhembergAthos" ist gestern abend verendet.

* Berlin, 8. Okt. Die Blätter melden aus Wien: Bis Freitag abmd waren hier 67 deutsche Distanzreiter etngetroffen. Nach einer Aufstellung des »Berliner Tageblattes" sind von den gesamten 209 gestarteten Pferden bis­her 11 deutscherseits, 10 österreichisch:rseits verendet. Was sagen dazu die Mitglieder des Tierschutz-Vereins?

* Aus Braunschweig wird gemeldet, daß s it mehreren Monaten mit dem Herzog von Cumberland wegen der Thronfolge ver­handelt wird. Die Aussichten des welsischen Hauses werden keineswegs für aussichtslos ge­halten, wenn man auch stark bezweifelt, daß, der Herzog auf den Thron komme. Wahrschein­lich wird aber sein ältester Sohn auf den Thron kommen. Eine solche Aenderung würde im Lande nicht gern gesehen werden.

* (Amtlicher Cholerabericht.) In Hamburg 24 Erkrankungen und 4 Todesfälle, in Altona 1 Todesfall, in Rendsburg 2 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Harburg 1 Todesfall, in Magde­burg 1 Erkrankung.

* In früheren Cholerajahren will man die interessante Beobachtung gemacht haben, daß

Kine Wordtandsfahrt. ° '

Von A. Th.

(Fortsetzung.)

Ein guter Teil der trocken liegenden Thalsohle war mit den verwitterten Resten der Moränen verschwundener Gletscher ausgefüllt und auf dem fruchtbaren Humusboden, der sich auf diese Weise gebildet hatte, erhob sich inmitten blumiger Wiesen und blühender Kartoffeläcker ein aus Stämmen und Brettern errichtetes, mit grellroten Ziegeln ge­dachtes. geräumiges Bauernhaus inmitten seiner zugehörigen Gebäude.

Karren und landwirtschaftliche Geräte standen und lagen umher; Pferde, Kühe und Ochsen belebten das Weideland; Hähne krähten, Hüh­ner gackerten und ein zahlreiches Gänse- und Entevolk tummelte sich im Wasser. In die See hinaus reichte eine auf starken Pfählen ruhende Landungsbrücke, an der gerade ein paar kleine Barken Ladung ein- nahmen.

Hier hatten wir das Heim eines wohlbehäbigen norwegischen Landmannes vor uns. Der nächste Nachbar war mehr als sechs Weg­stunden von ihm entfernt und er selbst, seine Frau, seine Kinder und Dienstleute waren die alleinige Eigentümer und Bewohner des Thales. Der Leute eigene Hände verfertigten so ziemlich alles, was gebraucht wurde. Sie waren ihre eigenen Schreiner, Maurer und Schmiede. Sie schoren ihre Schafe, spannen und färbten ihre Wolle, woben ihr Tuch und schneiderten ihre Kleider. Ein patriarchalisches, selbstgenügsames Familienwesen; ein Musterbild primitiven, in sich abgeschlossenen nor­wegischen Lebens. Die Schlange, die das Glück im Paradiese zerstörte, wird es wohl verstanden haben, sich, wie überall, so auch in Nord Gu- len so hieß unser Thal einzuschleichen, aber in einen lieblicheren, mehr friedenatmenden und friedenverheißenderen Erdenwinkel habe ich nie hineingeschaut.

Es war sieben Uhr abends, als unser Anker in die Tiefe rasselte und bald kam von drüben ein kleines Boot an unsere Falltreppe. Die Ruder handhabten zwei robuste Mädchen, die uns zu billigem Preise Eier und Milch anboten. .

Nach dem Nachtessen ließen R. und ich mit unseren Forellenangeln uns um 9 Uhr, aber noch bei Hellem Sonnenschein, ans Land setzen. j

Wir erstiegen den Hinteren Moränenwall und vor uns lag ein stiller, !

langgestreckter See, die Ufer steil, an vielen Stellen durch senkrechte Fels­wände gebildet und Baumwuchs überall, wo den Wurzeln sich ein Halt bot. Der See mochte zwei Kilometer lang sein und endete uns gegen­über am Fuße einer mindestens fünftausend Fuß hohen Bergkette, deren dick mit Schnee bedeckten Gipfel der Abendsonnenschein mit rosigem Schimmer übergoß.

Zahlreiche Ringe zeigten sich auf der Wasserfläche, das Aufsteigen von Fischen ankündend. Einer der halbwüchsigen Buben vom Gehöft ! war uns gefolgt und stellte ein Boot zur Verfügung. Es wurde wohl wenig benutzt und sah nicht gerade Vertrauen erweckend aus, wir richteten ^

uns aber, R. im Bug, ich im Stern, darin ein, so gut's eben gehen

wollte. Der Junge schaute mit Bewunderung auf unser Angelgerät, besonders schienen ihm die künstlichen Fliegen Kopfzerbrechen zu verur­sachen. Er betrachtete die ganze Geschichte unverkennbar mit sehr skep- §

tischen Augen, ruderte uns aber doch bis zu einer Stelle, wo ein Wild­

bach über eine hohe Felsenstuse in den See stürzte. Da gäbe es viele Forellen, erklärte er und brachte uns so dicht an den Wasserfall heran, daß wir vom Dunst und Spritzwasser durch und durch geweicht wur­den, ehe unser Nachenführer begreifen wollte, daß der von ihm gewählte ^

Platz nicht ganz nach unserem Geschmack sei.

Wir blieben zwei Stunden auf dem See, fingen indes nur kleine, kaum handlange Forellen. Als wir den Fuß wieder auf das Verdeck