Lilienstraße war ein Arbeiter in einen Kanalschacht hinabgestiegen; noch ehe er hinuntergekommen, sah der ihm Nachsteigende Arbeiter, daß jener betäubt in den Kanal fiel; er wollte ihm zu Hilfe kommen, stürzte aber ebenfalls hinab. Ein dritter Arbeiter suchte den beiden Kameraden zu helfen, fiel jedoch ebenfalls in den Kanal. Es hatte sich ausströmendes Gas in solchen Mengen im Kanal angesammelt, daß es eine Unmöglichkeit war, den drei im Kanal liegenden Arbeitern zu Hilfe zu kommen. Rechtsrat Sickenberger, welcher von einer Verhandlung beim Bezirksamt her an die Unglücksstätte gekommen war, rief vom Cafs Neptun aus mittels Telephon die Feuerwehr, welche rasch erschien. Es wurde zunächst mit aller Anstrengung gearbeitet, um Luft in den Kanalschacht hineinzupumpen und ihn hiedurch wieder zugänglich zu machen. Zwei der Arbeiter wurden leider tot aus dem Schacht herausgebracht und für das Leben des dritten besteht große Gefahr.
* Berlin, 5. Okt. Die Leistung des am Dienstag als erster Reiter angekommenen Lieutenants von Miklos, der für den Ritt nur 74^ St. brauchte, ist heute durch den Lieutenant Grafen von Starhemberg vom 7. Husaren-Regiment bei weitem übertroffen worden. Der Graf hat den Weg von Wien in 71 Stunden 20 Minuten zurückgelegt, also für die Strecke weniger als drei Tage benötigt. Er gewinnt damit den für die beste österreichische Leistung ausgesetzten Ehrenpreis Kaiser Wilhelms. Auch der erste Geldpreis von 20000 Mk., um den die beiderseitigen Teilnehmer gemeinsam kämpfen, dürfte ihm zufallen, falls nicht etwa ein Sonntag, bezw. Montag in Berlin gestarteter deutscher Offizier eine bessere Leistung als Graf Starhemberg erzielt. Bis jetzt sind aus Wien 33 Reiter eingetroffen, ein Dutzend fernerer wird in der Nacht bezw. morgen erwartet.
* Berlin, 6. Okt. Der Zusammenbruch der Bankfirma Schulze u. Viert hat gestern den Selbstmord eines Restaurateurs, der alle seine Ersparnisse bei der Firma verloren hat, herbeigeführt.
* Berlin, 6. Okt. Die „Konserv. Korr." (Parteiorgan) spricht sich für die thatsächliche 2jährige Dienstzeit der Infanterie aus, falls die Sachverständigen sie für genügend halten. Die „Kreuzz." verwirft dagegen dieselbe unbedingt, da die 3jährige unentbehrlich und billiger sei.
* Eine kleine „Massentaufe" wurde dieser Tage in der Luisenkirche zu Berlin vollzogen. Der Schneidermeister P. ließ nämlich fünf Kinder daselbst auf einmal taufen. Die Täuflinge stehen im Alter von 13, 11, 9, 7 und 5 Jahren.
" Ueber die Versuchsbataillone mit zweijähriger Dienstzeit soll sich der Kaiser dahin ausgesprochen haben, daß es mindestens 6 bis 8 Jahre bedürfe, um über das Ergebnis ein endgültiges Urteil fällen zu können.
* Der Botschafter in Wien, Prinz Reuß, hat dem ,Reichsanz/ zufolge einen vierzehntägigen Urlaub angetreten, wird also während der Anwesenheit des Kaisers in Wien dort nicht anwesend sein. Im Hinblick auf die bekannten Meldungen über die Stellung des Botschafters seit der Bismarckschen Hochzeit erscheint seine Beurlaubung gerade jetzt sehr bemerkenswert.
* Magdeburg, 3. Okt. Der Wohl- thätigkeitsverein „Deutsche Reichsfechtschule" hat beschlossen, 7 bedürftige Hamburger Kinder, denen die Seuche ihre natürlichen Ernährer entrissen hat, in seinen drei Waisenhäusern zu Lahr, Magdeburg und Schwabach aufzuuehmen und dort zu erziehen. Es entspricht dies dem Aufwand eines Kapitals von 20 000 Mk.
* Hamburg, 5. Okt. Amtlich gemeldet: 30 Choleraerkrankungen und 11 Todesfälle; davon gestern 16 Erkrankungen und 6 Todesfälle. Transportiert wurden 17 Kranke. In Altona 6 Erkrankungen und 4 Todesfälle.
Ausländisches.
* Wien, 5. Okt. Prinz Friedrich Leopold ist gestern abend 7 Uhr 45 Minuten als erster deutscher Fernretter in Floridsdorf eingetroffen. Wenige Sekunden später traf Lieutenant Hehl ein. — Nach der Zeit rangieren die ersten sechs deutschen Offiziere also: Rittmeister Tepper- Laskt 83 Stunden 23 Min., Hehl 84 Stunden 27 Min., Prinz Leopold 85 St. 45 Min., Metzern 86 St. 37 Min., Dietze 86 St. 38 Min. und Jena 87 St. 26 Min. — Der Deutsche Kaiser trifft hier am 11. Okt. ein.
* Wien, 5. Okt. Der gestern einer Heilanstalt übergebene Prinz Pedro von Koburg verweigert die Nahrungsaufnahme; derselbe leidet an Verfolgungswahn und hatte einen ge schliffenen Dolch bei sich.
* Wien, 6. Okt. Premierlieutenant Frhr. v. Reitzenstein ist um 9 Uhr 56 Min. vormittags in Florisdorf eingetroffen. Dauer des Rittes 73 Stunden 6 Minuten, 1 Stunde 40 Min. mehr als der bisherige beste Oesterreicher Graf W. Starhemberg.
* Auf die Ansprachen der in Budapest versammelten Delegationen beider Reichshälften hat Kaiser Franz Joseph mit einer Rede erwidert, die wegen ihres friedlichen Charakters, sowie wegen ihrer Klarheit und Offenheit in den Delegationen den besten Eindruck macht und auch außerhalb Oesterreich Ungarns wegen ihrer die Erhaltung des Friedens betonenden Stellen mit hoher Befriedigung ausgenommen wird. — Im Ausschüsse der österreichischen Delegation erklärte Graf Kalnoky auf eine Anfrage des Jungrschechen Eym, das Verhältnis Oesterreich-Ungarns zu Deutschland sei offen und klar und bedürfe keiner geheimen Verträge. Die Beziehungen zwischen den Höfen von Oesterreich und Rußland seien unverändert freundschaftliche. Im Orient schreite die Befestigung der Verhältnisse fort. Von allen
Staaten habe die Regierung die bündigste: Erklärungen, daß niemand einen Angriffskrieg zu unternehmen gedenke. Hierauf wurve mit allen gegen die Stimm: des Delegierten Eym dem Grafen Kalnoky ein Vwtrauensvotum erteilt.
* In Budapest scheint sich ein neuer Choleraherd gebildet zu haben. Dari fanieu am Sonntag 22 Erkrankungen und 6 Todesfälle statt. Etwa in gleichem Umfange herrscht die Krankheit auch in Paris und in Havre.
* Basel, 5. Okt. Das Bezirksgericht Arles- Heim (Baselland) sprach gestern den vermögenslosen Eltern eines 18jährigen jungen Mannes, welcher bei dem Mönchenstetner Eisenbahnunglück getötet wurde, eine Entschäoigung von 10,008 Francs zu. Auch dieses Gericht führte das Eisenbahnunglück auf grobe Fahrlässigkeit zurück.
* Rom, 5. Oktbr. Am Bahnhofe in Pisa wurde vorgestern ein italienischer Anarchist verhaftet. Derselbe gesteht, der Urheber des Bom» benattentats gegen das spanische Konsulat in Genua gewesen zu sein.
* In Wiener Finanzkreisen wird versichert, das Pariser Haus Rothschild unterhandle mit dem russischen Finanzmintster wegen Anleihen im Betrage von 80 bis 100 Millionen Frank.
* Brüssel, 6. Okt. Falsche Hundertfrank- billetts werden erneut in Umlauf gesetzt. Die Staatskassen wurden gestern abend telegraphisch gewarnt. Der Staatsanwalt ordnete die Verhaftung aller Personen an, welche falsche Noten produzieren.
"London, 6. Okt. Der Kongreß der Eisenbahnarbeiter nahm eine Resolution an, wodurch der Achtstundentag mit 42 gegen 15 Stimmen verworfen, dagegen der Zehnstundentag angenommen wurde.
* New-Jork, 5. Okt. Die Räuberbande, welche kürzlich mehrere Eisenbahnzüge geplündert hat, brach gestern in die Stadt Coffmy Ville in Kansas ein und griff zwei Banken an. Bet dem Kampf mit den Räubern wurden fünf Einwohner und vier Räuber getötet.
Zur Maul« «ud Klauenseuche.
(Eingesendet.)
Da gegenwärtig diese Seuche in erheblichem Umfange herrscht und schon zahlreiche Todesfälle vorgekommen find, so erlaubt sich Einsender gegenüber den verbreiteten irrigen Ansichten über das Wesen, die Ursachen und die Bösartigkeit der Seuche einiges mitzuteilen. Der Ansteckungsstoff der Seuche ist immer noch nicht definitiv festgestellt. Man fand in den Geschwüren und im Speichel wohl rundliche und längliche Bakterien. Als spezifischer Ansteckungsstoff haben sich dieselben jedoch noch nicht erwiesen. Die Uebertragung dieses Ansteckungsstoffes geschieht entweder direkt von Tier zu Tier und zwar durch den Speichel und den Atem, auch durch ungekochte Milch, durch Butier, durch die Excremente, oder indirekt durch Verunreinigung
tiefpurpurne Schatten darüber hin warfen. Da, wo an der von uns am weitesten entfernten Stelle die Ufer zusammmen traten, stürzte sich in mächtigem Falle ein Fluß, ein breites glänzendes Silberband, in die aufkochende See.
Am Fuße dieses Wasserfalles, kaum dreihundert Meter davon weg — vorher hatte die Lotleine keinen Grund finden können — war die Jacht eine halbe Stunde später verankert, im Allerheiligsten eines primitiven norwegischen Thales, mit der Außenwelt in Verbindung stehend nur durch den eben von uns passierten Meeresarm, sonst ringsum hermetisch abgeschlossen durch hohe, steile, keine gangbare Bresche aufweisende Gebirgswälle. Solche Thäler sahen wir später noch viele und die Beschreibung dieses einen kann als typisch für alle gelten.
Wir befanden uns in einem kreisrunden Bassin, dem Kopfende jenes Seitenfjords. Der Fluß, welcher den Fall bildete, kam gute tausend Fuß über uns aus einer engen Klemme heraus und sprang mit einem einzigen, ununterbrochenen Satze in die Tiefe. Hoch oben, für uns unerreichbar, lag zwischen den landeinwärts sich bald weiter auseinander schiebenden Wänden des Flußtobels der See, in welchem wir gehofft hatten, Forellen zu fangen. Die Berge ringsum waren, wie fast überüll in Norwegen, in den unteren Zonen dicht mit Wald bestanden. Ein Teil der Wasserkraft des stürzenden Flusses war in den Dienst einer großen Sägemühle gestellt, die mit ihren Nebengebäuden und Schuppen auf dem schmalen, beschränkten Raume eines immer noch ziemlich steilen Vorlandes wie dort angeklebt erschien. Die Tannen wurden nach Bedürfnis in der Umgegend gefällt, nach der Säge geflößt, zu Brettern verarbeitet, und diese von in langen Pausen einlaufenden Schiffen fortgeführt. Man hört oft gegen die Norweger die Beschuldigung erheben, sie verwüsteten ihre Forsten durch eine ungeregelte Raub- Wirtschaft bis zur baldigen Vernichtung. Wir haben einen solchen Ein
druck nicht empfangen. Einmal sind die Ufer der Fjorde so schwer zugänglich, daß nur an relativ wenigen Stellen die Axt des Füllers in Thätigkeit treten kann und dann ist auch da, wo Holz geschlagen wird, von einer übertriebenen Ausnutzung oder gar Ausrottung nichts zu bemerken. Mehr Stämme fallen alljährlich den Lawinen zum Opfer als den Zähnen der Sägeblätter, und der Waldbestand ist ein so enormer, daß er wohl ebensowenig in absehbarer Zeit erschöpft werden wird, wie die Heringsschwärme der Ostsee.
Auf dem linken Ufer, von unserem Ankerplätze aus, lag die eigentliche Domäne des Mühlebesitzers. Das Ende des Fjords war nicht gleichzeitig auch das Ende des von seinen Gewässern in Besitz genommenen Thales, dieses zog sich vielmehr noch drei oder vier Kilometer tiefer in die Berge hinein. (Fortsetzung folgt.)
Abseits.
Blaue Tage sind gekommen!
Friedlich rauscht das lichte Meer; Zögernd fragt der Wald beklommen: Ob's nicht Zeit zum Herbsten war' ?
Rings um mich ein wohlig Dehnen; Muntre Jugend spielt und lacht , . . Und ich kann mich einsam wähne», Und mein Herz geht wieder sacht.
Groll und Sorgen mir entgleiten, Sanfte Segel auf der Fluth —
Klein und kleiner, bis zum Weiten Wieder stumm die Linie ruht.
Fahret wohl! Hier will ich schweigen, Ein Vergeßner, der vergißt;
Bei des Tages glühem Neigen Fühlen, daß es Abend ist.
Dann und wann ein Traum verloren, Dann und wann ein kleines Lied,
Wie der Bernstein nachtgeboren Heimlich aus dem Stande glüht.
U ä t f e l.
Drei Wörter trag' ich in einem Wort,
Willst du sie löse», nimm Zeichen fort!
Ich will dir gern mein Ernstes geben, Kannst stolz du über das Dritte schweben In der Mitte dien' ich zu Nahrungszwecken, Auch kannst du mich an die Mütze stecken.
Auflösung deS Rätsels folgt in nächster Nr.
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