früheren Bestimmung gemäß, ein gewaltiges Kreuz, das den antikirchlichen Doktrinären ein Dorn im Auge ist. Jetzt soll das Aergernis beseitigt werden; der Minister der öffentlichen Arbeiten hat kür die Kosten seiner Entfernung 20000 Franken ins Budget eingestellt, und die Kammer wird die Ausgaben ohne Zweifel bewilligen.
* Marseille, 26. Septbr. In längerer Ansprache, die der deutsche Neichstagsabgeordnete Liebknecht in der gestrigen Sitzung des nationalen Arbeiterkongnsses hielt, wurde zunächst ausgeführt, daß es für die Sozialisten keine Nationalitätenfrage gebe. „Wir kennen nur 2 Nationen, sagte der Redner, eine Nation der Besitzenden und eine Nation der Proletarier. Zu dieser letzteren gehören wir alle, die deutschen Sozialisten und die französischen Sozialisten. Die Arbeiter aller Länder bilden eine einzige Nation im Kampfe gegen die andere. Zwischen euch Franzosen und uns Deutschen fließt ein breiter Bluistrom, an dem wir schuldlos sind; vergossen haben ihn unsere Feinde. Aber dieser Blutstrom bildet für uns Sozialisten leine Grenzlinie des Hasses, wir sind Brüder, wir protestieren gegen den Bruderkrieg von 1870. Die Bourgeoisblätter werfen uns vor, Wir hätten die revolutionäre Fahne verlassen und wären Chauvinisten geworden. Das ist eine schmachvolle Lüge. Wir sind internationale Revolutionäre geblieben und werden es bleiben. Wir bilden eine große Armee, in welcher die französischen, die deutschen Sozialisten und die der anderen Länder die einzelnen Armeekorps bilden. Wir haben Bismarck nach einem Kampfe Don 25 Jahren geschlagen und sind bereit, für den Sozialismus den letzten Blutstropfen zu vergießen. Ich schließe meine Rede mit dem Rufe, mit dem wir alle unsere sozialistischen Versammlungen in Deutschland schließen, mit Rufe, der den Geist' unserer Bewegung kennzeichnet : Es lebe die internationalle revolutionäre Demokratie!" (Beifall.) Ferroul dankte mit dem Ruse: „Es lebe das Deutschland der Arbeit!"
* Marseille, 27. Sept. Auf dem Sozialistenkongreß erklärte Liebknecht, die elsaßlothringische Frage würde beseitigt, sobald die demokratisch-soziale Republik errichtet sei. Der Krieg werde nimmer die Lösung bringen, denn nach dem Krieg gibts nicht Sieger, sondern nur Besiegte. Selbst wenn Elsaß Lothringen nach dem Kriege an Frankreich zurückfiele, würde nach zehn Jahren wiederum darob Krieg entbrennen.
* Marseille, 27. Sept. Als in der gestrigen Abendsitzung des Sozialistenkongresses mit- geteilt wurde, es liege die Möglichkeit der Ausweisung Liebknechts vor, wurde beantragt, dm Präsidentensessel während der Abwesenheit Liebknechts mit einer roten Fahne zu bedecken. Liebknecht betrat darauf den Saal und wurde so lebhaft begrüßt, daß die Sitzung unterbrochen werden mußte. Liebknecht erklärte, er glaube nicht, daß die Nachricht von seiner Ausweisung wahr sei; die französische Regierung könne unmöglich ihr Ansehen so beflecken.
* London, 26. Sept. Unter den Gardes- du Corps in Windsor brach am Samstag eine Meuterei aus. Die Meuterer haben 80 Sättel und Pferdegeschirre vernichtet. Die Widersetzlichkeiten werden auf Ueberansirengung im Dienste zurückgeführt. Die gesamte Mannschaft ist in den Kasernen konsigniert.
* Petersburg, 23. Septbr. Da die Cholera überall in Rußland zurückgeht, nachdem sie bis jetzt 190 000 Opfer gefordert, ist auch schon von Aufhebung verschiedener seinerzeit ergriffener Maßregeln d:e Rede, so z. B. auf den Eisenbahnen.
Handel «nd Berkehr.
* Stuttgart, 26. Sept. (Landesprodukten- Börse.) Die Börse ist ziemlich gut besucht. Umsatz unbedeutend. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, azima Mk. 18.50, rumän. Mk. 18 bis 18.50, bayer. Mk. 18.50 bis 19, La xiata Mk.. 18.50, Dinkel Mk. 12, Gerste, Tauber Mk. 17.50, bis 18, Ungar. Mk. 18.50 bis 19.25, fränk. Mk. 18.25, Haber prima Mk. 14.90, gewöhnl. Mk. 14.10 bis 14.50, Mais, mixed Mk. 13.75 bis 14, La Llata Mk. 13.75. Mehlpreise per 100 Kilogr. inkl. Sack bei Wagenladung: Suppengries: Mk. 31, Mehl Nr. 0: Mk. 30.50 bis 31, Nr. 1: Mk. 28.50 bis 29.50, Nr. 2: Mk. 27.50 bis 28. Nr. 3: Mk. 25.50 bis 26, Nr. 4: Mk. 22.50 bis 23.50. Kleie mit Sack 9 Mk. pr. 100 Kilogr. je nach Qualität.
* Statt gart, 26. Sept. Das Weingeschäft hat begonnen. Die Wirte und Geschäftsleute, welche ihre Vorräte ergänzen müssen, sind z. T. schon auf Reisen in die Weingegenden begriffen. Das Herbstgeschäft muß beginnen. Portugieser und andere frühe Sorten sind, insbesondere als Folge der Regen in letzter Woche, der Ge- fahr ausgesetzt, überreif und deshalb faulig zu werden. Was die Menge betrifft, so gehen die
Ansichten weit auseinander. Als Preise hock man, jedoch völlig unmaßgeblich, Summen von. 150—200 Mk. für den Eimer nennen.
* Wangen, OA.Hannstatt, 25. Sept. Ja der letzten Woche wurde hier ein größeres Quantum Portugieser zu 21 Mk. per Zentner aufgekauft, gegen 25 Mk. im Vorjahr. Das Hektoliter solchen Weins, welcher seiner dunkelroten Farbe wegen häufig als Farbwein verwendet wird, käme hienach auf 56 Mk. zu stehen.
"Ravensburg, 25. Sept. Der Obstverkehr auf hiesigem Platz ist gegenwärtig ein außerordentlich reger; so wurden gestern mehr als 1000 Säcke Mostobst und Hunderte von Körben besseres Obst auf den Markt gebracht. Der Handel ging lebhaft und es wurde für Aepfel per Zentner 3 Mk. 20 P'. bis 4 Mk., für Birnen entsprechend mehr bezahlt.
' Sulz a. N., 26. Sept. Heute wurde h er der Vorrat Hopfen des Domänenpächters Kemmler auf Geroldseck zu 140 Mk. per Ztr. verkauft. Verschiedene Posten sind hier und in der Umgegend vor einigen Tagen zu Mk. 110, 120 und 130 abgegeben worden.
' Ulm a. D. (Ledermarkt vom 19. und 20. Sept.) Laut Wagregister wurden verkauft: Schmal- und Wildleder 39 004Pf., Sohlleder 23 171M., Zeugleder 12 845 Pf. Kalbleder 5 562 Pf. Umsatz rund 110 000 Mk. Der Bestand des Marktes blieb gegen den Frühjahrsmarkt etwas zurück, erreichte aber den Umsatz des vorjährigen Herbstmarktes so ziemlich. Die Kauflust für bessere Qualitäten, welche sich bei Beginn des Marktes zeigte, hielt nicht an. Im Laufe des Tages wurde der Verkehr schleppend, die Preise gedrückt. Die Geschäftslage erscheint unverändert zu Ungunsten der Verkäufer. Ganz besonders machte sich die Lustlosigkeit der Käufer bei Wildleder be- merklich, das unverhältnismäßig stark vertreten war, auch Sohlleder war schwerer verkäuflich als an den vorhergehenden Märkten. Der nächste Ledermarkr findet am ersten Montag im März 1893 statt.
* (Frecher Hohn.) Der Zuchthäusler Bcck, der kürzlich aus dem Moabiter Untersuchungsgefängnis entfloh, hat jetzt die Hose und die Pantoffeln — sonst hatte er bei der Entwcichung nichts am Leibe — in einem Postpacket „An M Direktion des Untersuchungsgefängnisses zu Moabit" zurückgeschickt!
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.
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brechen von neuem zu lebenslänglicher Galeerenstrafe, die unverehelichte Bennoit jedoch wegen Teilnahme an Betrug und Unterschlagung zu zweijähriger Einschließung verurteilte.
Francois Bennoit ward freigesprochen — wozu das nötig war, wenn es nicht seine Haftrechtfertigen sollte, ist nicht abznsehen — und entlassen.
Es gab eine rührende Szene, als das Urteil publiziert ward, und mehr als ein Auge ward von Teilnahme für die Verurteilten feucht.
Beide umarmten sich, nachdem sie erklärt, keine Berufung gegen die Sentenz einlegen zu wollen, und reichten schließlich dem finster dastehenden Bennoit die Hände.
Gilbert und Julie wurden abgesührt, die Richter und die Geschworenen zogen sich zurück, das Publikum verlief sich, und auch Bennoit ging davon. Er ging und ging zwei Stunden hindurch; er fühlte sich ermattet, da er so lange keine Bewegung gehabt; er befand sich im Faubourg St.-Martin. Mit finsteren Blicken schaute Bennoit um sich und richtete dann seinen Schritt nach Martins Kneipe. Die Kabache war noch leer, Martin war allein im Gastzimmer.
Mit Kichern sah er Bennoit eintreten.
„Der gute Bennoit", meinte er, „der vortreffliche Meister Bennoit; ja, es war ein Meisterstück, Bennoit; noch dazu die eigenen Verwandten. Euer Glück ist gemacht, ich behaupte es und Ihr sollt mich einen Lügner nennen, wenn es anders kommen sollte. Aber Ihr trinkt heute eine Flasche Wein, nicht so, Meister Bennoit? und ich trinke mit Euch."
„Gut, trinken wir Wein!" sagte Bennoit trocken.
Martin brachte den Wein und setzte sich zu ihm, er öffnete die Flasche und füllte die Gläser. Bennoit stürzte ein Glas hinunter, der Wirt trank das seine langsam und prüfend.
„War freilich unangenehm," plauderte er wieder, „daß Ihr so lange eingesperrt sein mußtet."
„Sehr unangenehm," bestätigte Bennoit.
„Wird aber, wie gesagt, belohnt werden, Meister Bennoit; ich kenne das."
„So, Ihr kennt das?"
„Genau mein Freund."
„Nun, das ist gut; aber ich bin gekommen, meine Rechnung mit Euch abzuschließen, Meister Martin."
„O, das hat —"
Martin kam nicht weiter, denn mit einer schnellen Bewegung legte der andere seine beiden Hände um dem Hals des Wirtes.
Martin stöhnte, prustete, ächzte, röchelte, schlug und stieß mit Händen und Füßen um sich, doch vergebens, es gelang ihm nicht, sich aus Bennoits Händen zu befreien. Seine Bewegungen wurden schwächer, er selbst still; endlich drang die Zunge aus dem Munde hervor, der Körper ward schlaff. Bennoit hielt ihn, in das blaue Gesicht schauend, noch immer fest. Endlich öffnete er seine Hände, und der kleine dicke Wirt polterte leblos zu Loden.
Bennoit trank ruhig ein Glas Wein, warf einen Blick auf sein Opfer und verließ langsam das Zimmer. Draußen schlug er die Richtung nach dem Marais ein und ging nach Vidocgs Bureau. Der Kommissar war anwesend.
„Ah, Bennoit!" rief er, „willst du dich melden?"
„Ja," erwiderte Bennoit trocken, „und zugleich, daß ich den Vater Martin erwürgt habe. Sie wissen wohl, weshalb?"
„Satan!" rief Vidrcg, „also dahin sollte es kommen?"
„Ja, mein Herr!" sagte Bennoit kalt, „Ihnen wird hoffentlich ein anderer die Gefälligkeit erweisen; ich bin nicht schlau genug dazu. Thun Sie Ihre Pflicht."
Und Vidocg that seine Pflicht.
Bennoit wanderte in den kaum verlassenen Kerker zurück.
Nach drei Monaten war das Urteil über den Mörder gesprochen; es lautete auf Tod.
Mer Wochen später trennte das Messer der Guillotine Bennoits Haupt vom Rumpfe. Man schenkte ihm, so viel bemerkt werden konnte, keine Teilnahme.
Als Julie zwei Jahre in Bicetre verbracht hatte, ging sie mit ihrem Kinde nach Toulon, sich und jenes dort mit ihrer Hände Arbeit zu ernähren.
Tagelang stand sie hier außerhalb der Mauern des Bagnos, um einen Blick des geliebten Mannes zu erhaschen. Nach Ablauf eines halben Jahres starb die Aermste an der galoppierenden Schwindsucht.
Zwei Wochen später starb auch Gilbert Milhaud, ob jedoch eines natürlichen Todes, davon enthalten die Prozeßakten nichts.
Wo das Kind geblieben, dem so glänzende Aussichten winkten —?
Auch darüber sprechen unsere Quellen nicht.
Dem Gesetze war in jeder Weise Genüge geschehen.
Ob aber in diesen» Falle eS nicht besser gewesen, wenn die Verhältnisse unentdeckt blieben, das ist eine schwer zu beantwortende Frage.
E n de.