Brand in den Kellereien von Chateau Latour wurden für 600,000 Franks Weine vernichtet. Brandstiftung liegt vor.
* Die franz. Deputiertenkammer beriet am Donnerstag die Vorlage über die direkten Steuern. Ein Amendement, das den Ertrag der Thüren- und Fenstersteuer um 10 Millionen ermäßigt, wurde, obschon der Finanzminister Rouvier Bedenken dagegen vorbrachte, mit 241 gegen 233 Stimmen angenommen. (Die genannte Steuer ist die raffinierteste, indem sie im eigentlichsten Sinne „Luft und Licht" besteuert.)
* London, 9. Juli. Bis jetzt find gewählt 165 Konservative, 25 Unionisten, 154 Gladstoneaner und Iren. Die Konservativen gewinnen 13, die Unionisten 6, die Gladstoneaner 43 Sitze. Voraussichtlich ergiebt sich eine liberale Majorität von 12 Stimmen. Lord Salisbury ist angeblich entschlossen, durch Konzessionen die Parnelliten und Arbeiter zu gewinnen, so daß Gladstone in der Minorität bleibt. Salisbury beabsichtigt darauf, das Parlament womöglich aufzulösen.
* Petersburg, 8. Juli. Das Medizinaldepartement erhielt Depeschen, welche konstatieren, daß die Cholera mit rapider Schnelligkeit gegen Zentral- und Westrußland vorschreite. Medizinalrat Bukowzew im Saratow meldet dem Ministerium, daß unter den obwaltenden Umständen wenig Hoffnung vorhanden sei, das Vordringen der Cholera nach dem Norden Rußlands zu verhindern.
* (Amerikanische Sängerfahrt.) Der New-Uorker deutsche Gesangverein.„Arton" hat seine Sängerfahrt nach Europa, auf der er auch Stuttgart besuchen wird, glücklich begonnen und ist am 7. Juli vormittags 9 Uhr auf dem „Wieland" in Hamburg eingetroffen. Der vorausgereiste Direktor Katzenmayr begrüßte den Verein. Der Vorstand der Hamburg-Al- tonaer Liedertafel, Kümmel, bewillkommnete die Sänger, welche in geschloffenem Zuge mit ihrer Fahne in das Hotel Europe marschierten. Heute findet ein Konzert und am Samstag ein Kommers statt. Am Sonntag erfolgt die Abreise nach Berlin. Ein Konzert auf dem „Wieland" am 2. Juli ergab einen erheblichen Ertrag für die Unterstützung Schiffbrüchiger. Am 4. Juli wurde der amerikanische Nationalfeiertag an Bord festlich begangen.
* Pittsburg, 7. Juli. Nach den letzten Nachrichten aus Homestead wollten die Ausständigen die Polizistenboote mit Petroleum begießen und anzünden. Die Polizisten waren außerdem einem Dynamitanschlag ausgesetzt und flüchteten in die unteren Schiffsräume. Inzwischen kamen nach Homestead 5000 Pitts- durger Arbeiter zur Verstärkung der Streikenden. Die Polizisten mußten sich schließlich ergeben und wurden gefangen genommen.
* Pittsburg, 7. Juli. Die Ausständischen griffen die Polizei an und bemächtigten sich der Stadt Homestead, wobei 11 Aus
ständische gelötet, 25 verwundet wurden. 7 Polizisten sind tot, die Zahl der Verwundeten unbekannt.
Handel «nd Berkehr.
* Stuttgart, 9. Juli. Der Ledermeffe am 5. Juli waren ca. 1250 Ztr. (gegen 1600 Ztr. fernd) zugeführt. Käufer waren zahlreich erschienen; einige größere Posten in Wildleder blieben unverkauft. In den Preisen ist eine Veränderung nicht eingetreten. Verkauft und vermögen wurden: Sohlleder 103 Ztr. 80 Pfd., Vacheleder 49 Ztr. 20 Pfd., Wildschmalleder 766 Ztr. 20 Pfd., deutsches Schmalleder 94 Ztr. 71 Pfd., Kalbleder 83 Ztr. 46 Pfd^ Zaum-, Zeug- rc. Leder 81 Ztr. 16 Pfd., zusammen 1178 Ztr. 53 Pfd. mit einem Gesamtumsatz von rund 150,000 Mk. Nächste Ledermesse Dienstag den 18. Oktober d. I.
"Von der Wtesatz, 4. Juli. (Heuernte.) Die Landwirte an der Wtesatz rühmenr „Eine so gute Heuernte wie dieses Jahr haben wir schon lange nicht mehr gehabt." In der letzten Woche wurde sie nahezu vollendet. Die Qualität ist eine ausgezeichnete zu nennen; kein Halm wurde schlecht eingebracht. Das Heu ist so zart wie Orhmd. Auch die Quantität läßt nichts zu wünschen übrig; sie übertriffc die gehegten Erwartungen.
Vermischtes.
* Der Schah von Persien trug unlängst, um sich ein wenig zu zerstreuen, seinem ersten Minister auf, eine Liste aller Dummköpfe anzufertigen, die in Persien eine Staatsanstellung hätten. Der Wesir machte sich ans Werk und stellte an die Spitze der sehr langen Liste den Namen seines — Fürsten. Der Schah, der gerade gut gelaunt war, nahm ihm seine Keckheit nicht sonderlich übel, nur wünschte er zu wissen, weshalb ihn sein Minister für einen Dummkopf halte. „Majestät", erwiderte der Wesir, „ich habe Sie auf meine Liste gebracht, weil Sie vor zwei Tagen mehreren zweifelhaften Individuen, die im Auslanve Pferde Ankäufen sollen, ungeheure Summen anvertraut haben. Die Roßkäufer werden nicht mehr wiederkom- men." — „Und wenn sie doch wiederkommen", fragte der Schah. — „Dann nehme ich meine Liste vor, streiche Ihren Namen aus, Majestät, und stelle die Namen der dummen Werbeverkäufer an die Spitze", entgegnete der Minister.
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.
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tet hat, beweist die Thatsache, daß ein Großteil unserer Bevölkerung die politischen Rechte, um welche die Belgier sich seit Jahren blutig schlagen, gering schätzt, mißachtet, ja ganz ignorirt und einige Kantone zum Mittel des Stimmzwangs greifen mußten, um das Prinzip der Demokratie zu retten. Der Schweizer ist blos mehr stolz auf seine Freiheiten, um sie zu besitzen, nicht aber um sie auszuüben und vernünftig zu gebrauchen.
* In der Menagerie Veltran zu Verona gaben zwei Journalisten im Löwenkäfige zu Wohlthätigkeitszwecken eine Vorstellung, die beiden Herren tranken inmitten der Löwen mehrere Flaschen Champagner, ohne daß die Löwen sich rührten; das gesamte Highlife, sowie viele Damen wohnten dem merkwürdigen Schauspiele bei.
* Mailand. Am Montag hat sich hier ein sechzehn Jahre altes deutsches Mädchen, die wegen ihrer hervorragenden Schönheit in der ganzen Stadt bekannte Kindergärtnerin Emilie Schiller durch Kohlengas zu töten versucht, weil sie von ihrem Bräutigam, einem höheren italienischen Offizier verlassen worden war. Die junge Dame, die mit ihrer Mutter in dem elegantesten Viertel der lombardischen Hauptstadt eine schön eingerichtete Wohnung inne hatte, konnte zwar dank der Bemühungen zweier Aerzte ins Leben zurückgerufen werden, doch wird ihr Zustand als hoffnungslos geschildert. Emilie Schiller stammt aus einer achtbaren Familie, die lange Zeit in einer süddeutschen Residenzstadt ansässig war, und ist erst vor wenigen Wochen mit ihrer Mutter nach Italien gereist.
* Paris, 7. Juli. In den Vorstädten von Paris sind in der Zeit vom 1. bis zum 6. Juli 68 Fälle einer choleraarrigen Epidemie vorgekommen, von denen 37 tätlich verlaufen find. Verlahet, der Maire von Neutly, und General Henrion Berthier sind heute plötzlich von der Krankheit befallen worden.
* Paris, 7. Juli. Ein großes russisch- französisches Fest in den Tuilerien ist geplant, wobei einzelne Teile Moskaus nachgebildet werden sollen.
* Die „Jnitiativ-Kommission" der Kammer stimmte einhellig dem Antrag Deloucles zu, im Jahre 1900 eine Weltausstellung zu veranstalten.
* Paris, Durch Denunziation der Geliebten eines höheren Verwaltungsbeamten wurden große Betrügereien bet Armeelieferungen aufgedeckt. Der Beamte hatte, von Lieferanten bestochen, günstige Atteste für schlechte Armee- und Marinelieferungen ausgestellt und zeigte, als er infolgedessen entlasten wurde, eine Anzahl höherer Beamten und Offiziere wegen Beihilfe an. Eine umfassende Untersuchung wurde nun auf Befehl des Marineministers eingeleitet. — Bis jetzt find 7 höhere Beamte des Martnekontrollwesens wegen der entdeckten Unterschleife bei Lieferungen für die Marine in Untersuchung gezogen.
* Bordeaux, 7. Juli. Durch einen großen
Es wird aber schon der ehrlichen Armut äußerst schwer, sich durch Arbeit das zum Leben nötige zu verschaffen; um wie viel mehr nicht der gekennzeichneten Unehrlichkeit, dem bestraften Verbrecher. Kein Mensch wird ihn gern beschäftigen, noch weniger gern in seiner Nähe dulden, wenn er nicht etwa selbst Verbrecher ist und jenes in verbrecherischer Absicht unternimmt. Demungeachtet muß, um zu leben, auch der entlassene Verbrecher das Bedürfnis des Körpers befriedigen, und um solches ausführbar zu machen, die Mittel besitzen, welche eine Befriedigung bewirken können. Woher soll er dieselben nehmen?
Man sagt, der Weg zur Hölle sei mit guten Vorsätzen gepflastert; dies gilt jedoch von den Vorsätzen solcher Leute, denen die Möglichkeit geboten, dieselben auszuführen. Was soll man nun von einem guten Entschlüsse eines Menschen sagen, dem es von vornherein unmöglich ist, auch nur den Versuch zur Ausführung desselben zu machen?
Schon, daß der arme Bennoit seinen Entschluß bis nach Paris getragen, ist im höchsten Grade anerkennenswert. Wie aber mußte der Erfolg seines ersten Versuchs zur Ausführung seines Vorsatzes in der großen Stadt auf ihn wirken?
Die traurige Gesellschaft, in der Bennoit gelebt, kannte nur Haß U"d Verachtung gegen den Polizei-Agenten; er selbst hatte keine anderen Gefühle für denselben, und nun ward ihm zugemutet, das Gewerbe eines solchen zu ergreifen !
Das war ein neuer harter Schlag für den Mann, der in seiner Weise rechtschaffen dachte und handeln wollte. Er hatte die Mildthätig- kett Martins teuer bezahlen müssen.
^e^nkten Hauptes und den Blick vor sich auf den Boden geheftet, Mich er Venn auch in der engen Gasse dahin, ohne sich um die ihm -begegnenden zu kümmern. Auch diese beachteten ihn nicht; Gestalten,
wie diejenige Bennoits, bildeten zu jener Zeit in diesem Stadtteile keine neue Erscheinung.
Vermutlich ganz absichtslos schleuderte der entlassene Sträfling weiter bis zu dem Ende der Gasse; erst dort hob er den Kops, einen Blick auf die Bezeichnung derselben zu werfen. Hierauf bog er um die Ecke in eine Straße.
Wieder in Bewegung, setzte Bennoit seinen Weg ganz in der früheren Weise fort. Nur mußte er öfter ausbiegen, da die Straße belebter war, als die schmale Gasse, in der Martins Kneipe lag. Die Straße führte auf den Kanal von St. Martin. Heute ist dies ein Pracht- werk, über wie unter der Erde, zu jener Zeit war es ein schlammiger Graben mit wilden Ufern, der durch 'wüste Gegenden führte, sein Anblick war widerlich, zugleich unheimlich. Vielleicht war es gerade diese Eigenschaft, welche so viele Selbstmord-Kandidaten anzog. Der Kanal von St. Martin hatte das Privilegium einer bedeutenden Frequenz derselben.
Als Bennoit den schlammigen Wasserspiegel erblickte, stutzte er zum zweiten Mal; es war eine Art von Schreck, den er bei dieser Gelegenheit bekam. Doch bald trat er näher und stierte wie sinnend auf das trübe Wasser hin.
Was mochte wohl in diesem Augenblick alles in dem Ausgestoßenen Vorgehen? Bennoit brachte eine Viertelstunde in der einmal eingenommenen Stellung auf dein Platze zu; niemand störte ihn ju seiner Beschauung, denn die Ufer des Kanals waren zu jener Zeit wenig besucht.
Nach Ablauf der gedachten Frist raffte sich der Sträfling wieder empor, wendete mit Widerwillen den Blick vom Kanal und setzte sich von neuem in der Richtung nach den Boulevards zu in Bewegung. Hier mußte Bennoit auffallen; und er fühlte dies; es war daher ganz natürlich, daß er sich von Baumstamm zu Baumstamm drückte, um nicht mit der Hi« sich bewegenden vornehmen Welt in Berührung zu kommen. (Forts, folgt.)