184. Amts- Md AiiMgeblatt für den Oberamtsbyirk Calw. 8«. ZchM,.
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Erscheinungstage: Mantag, Dienstag, Mittwoeb, ÄsnnerStag, Freitag und GarnStag. JnsertionSprelS LV Pfg. pro Feile für Stadt u. KezirkSorte; außer Bezirk 1L Pfg.
Mittwoch, den 9. August 1911.
BezugSpr. i. d. Stadt '/«jLhrl. m. Träger!. Mk. t.2S. PostbezugSpr, f-d. OrtS-u.Nachbarortäverk. ' .jährl. Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellg. in Württ. SV Psg., in Bayern u. Reich 42Pis.
Amtlich» V»kanntmach«nge«
Den Schultheitzeuämteru
gehen mit der heutigen Post Formulare zu Erhebungen über das Leichenschauwesen in Württemberg im Jahr 1911 zu, dieselben find möglichst genau aurzufüllen und dem Oberamt in Bälde wieder vorzulegen.
Calw, 9. August 1911.
K. Oberamt. Amtmann Rippmann.
Bekanntmachung,
betreffend die Manl- «nd Klanenfenche im Oberamt Leonberg.
In Malmsheim ist die Maul- und Klauenseuche erloschen. Sämtliche Sperrmaßregeln find aufgehoben.
Die Seuche herrscht z. Z. noch in Ren- ningeu, RuteSheim, Flacht und Hemmingen; Beobachtungsgebiete findJhinger Hof und Warmbronn.
Calw, 8. August 1911.
K. Oberamt.
Amtmann Rippmann.
Tagesneuigkeiten. «
* Calw 9. Aug. Der Fremdenverkehr in unserer Stadt ist gegenwärtig sehr lebhaft. Nicht nur find alle Erholungshäuser besetzt, auch in den Gasthöfen und in Privathäusern hat sich eine stattliche Zahl von Kurgästen eingefunden. Die Bad- und Kurorte in unserer Umgebung sind durch Fremde sehr belebt und tagtäglich sieht man eine große Zahl von Familien und namentlich auch von Touristen unsere Stadt durchziehen. Die drückende Hitze und die schlaflosen Nächte treiben die Städter hinaus in angenehmere Orte und so wimmelt
der Schwarzwald von Luftkurgäste« und Erholungsbedürftigen aller Art. Unsere Wälder bieten auch bei Tag Schutz vor den glühenden Sonnenstrahlen und die Nächte geben einen erquickenden Schlaf. Schon von 6 Uhr abend» findet eine Abkühlung statt, die den Aufenthalt im Freien zu einer wirklichen Erholung schafft. E» ist erfreulich, daß unsere Gegend immer mehr von Kurgästen und Touristen ausgesucht wird und daß die Bemühungen der Kurverwaltungen und Fremdenverkehrsvereine in unserer Umgebung von durchschlagendem Erfolg begleitet find. Die große Hitze bringt auch deu Ruf der Tein ach er Mineralquellen in immer weitere Kreise. Der Versand der Teinacher Hirschquelle ist zur Zeit so groß, daß, obwohl bei ununterbrochener Abfüllung täglich 40—50000 Flasche» versandt werden, die diese Summe weit übersteigende Nachfrage nicht voll gedeckt werde« kann.
Nagold 8. Aug. (Rauferei.) In Wildberg kam e« in vergangener Nacht zwischen dem Fabrikarbeiter Finkbeiner und dem Schneider Wagner zu einer Auseinandersetzung «nd zu Tätlichkeiten. Finkbeiner wurde von seinem Gegner mit einem Stuhl niedergeschlagen und mit einem Schädelbruch vom Platz getragen. Sein Zustand ist sehr bedenklich.
Stuttgart 8. Aug. (Landtag.) Die Zweite Kammer «ahm heute nachmittag da» Gesetz betreffend Aenderung de» Gesetze» über die Höheren Mädchenschulen an und setzte dann die Beratung der Denkschrift über Vereinfachungen in der Staatsverwaltung fort. Dr. Elsa» (Vp.) bestritt, daß dar Hau» sich bisher für die Beibehaltung der vier Kreisregieruugen ausgesprochen habe. Die Regierung verdiene Dank und Anerkennung für die Denkschrift und für
den frohen Mut, mit dem sie für die Abschaffung der Kreisregierung eingetreten sei. Die Stellungnahme der Konservativen Partei und der Deutschen Partei sei unklar. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Wie steht'» denn bei Ihne«? — Heiterkeit.) Ellwange« müßte ja ein Ersatz gegeben werde«, da der Wegzug von etwa 20 Familien für diese Stadt gewiß einen Nachteil bedeute« würde. Der Eindruck aber, als ob die» Haus für Beibehaltung der Kreisregierungen wäre, sollte verwischt «nd womöglich ganz beseitigt werde« durch entsprechende Beschlußfassung. (Bravo!) Hildenbrand (Soz.) erklärte e» für eine Ehrenpflicht, die Forderungen der Regierung, die sie auf Antrag «nd Wunsch diese» Hauses ausgearbeitet hat, mit allem Ernst zu prüfen und ihnen, wenn e» ohne Schaden für da» Staatsganze geschehen kan», zu entspreche». Allerdings sollen nicht Einzelgemeinden durch die Vereinfachung der Staatsverwaltung geschädigt werde«. Ulm oder Reutlingen würden keinen Schaden erleide». Betz(Vp.) polemisierte gegen Walter, Wieland (D.P.) erklärte sich nochmal» für eine Dezentralisation. Nach weiteren Ausführungen der Abgg. Walter (Z ), Rem- bold-Gmünd (Z.) betonte Minister de« Innern v. Pischek: Wenn der Abg. Wieland in der Lage ist, mir eine Behörde de» Ministerium» de« Innern zu zeige«, die von Stuttgart nach Ulm oder Ludwigsburg verlegt werden kann, so bitte ich ihn darum. Den Ausführungen de» Abg. Häffner kann ich weitgehend beitreteu, insbesondere den Gründen, aus welchen diese Krei»- regierungen in dem Herzen de» Volke» eine Wurzel nicht schlagen konnten. Man könne die Krei»regierungen nicht beseitigen, ohne andere Instanzen dafür zu schaffe«, wen« man auch die Zuständigkeit der Oberämter wesentlich vermehrt.
Frau Lores Lebenswerk.
6) Roman von Erich Ebenstein.
«Fortsetzung.)
»Ich! Warum den» gerade ich? Seh' ich au» wie ein Kuppler Wa» glaubt sie denn? Nicht einen Schritt wert»' ich tu», um ihr zu helfen in ihr Unglück zu rennen, denn e« wird ihr Unglück sein! So '«e Straßen bekanntschaft! So 'n gewissenloser Mensch, der da» Kind hinter dem Rücke« der Eltern betört — und dabei soll ich helfen? Aber selbst, wenn» ih Gluck wäre, mich geht die Geschichte nicht» an. Mich soll man um Gotte» willen zufrieden lasten —"
Peter verstummte unter dem ernst und forschend auf ihn gerichtete, Blick Fra« Lore». Wie ein Messerstich traf ihn ihre sanft gesprochen Frage: „Ich dachte, Du hättest mein Kind lieb, Peter?"
»Ob ich sie lieb habe! — Aber da« — das —" stammelte e verwirrt.
»Weißt Du nicht, wie Liebe ist?" fuhr sie gefaßt und ergeben fort. „Muß ich Dir'« sagen, daß Liebe nach nicht« frägt, außer nach sich selbst?
Und die Heimlichkeit-konnten sie denn schließlich ander«? Vielleicht
ist« doch die große, echte Liebe. Assunta ist so rein und unverdorben, daß ihr Instinkt allein sie bewahrt haben müßte, unwürdig zu wählen."
»Instinkt der Jugend!" lachte er bitter auf — »Trieb! Sage Trieb dr» Weibe» zum Manne. Wa» fragt der nach Seelenübereinstimmung? Wa» kümmert der sich um Charakter und inneren Wert? Blind
stürmt er dahin-völlig blind. Ein heißer Blick, ein stürmische»
Wort genügt, um da» Weib zu blenden, wenn seine Zeit gekommen ist. Und er? Welcher Man« könnte Assunta» Schönheit sehe« «nd sie nicht zugleich für sich begehren?"
Er ging einigemale hastig hi« «ad her, warf sich dann auf da»
Sofa «nd vergrub da» Gesicht in den Händen. Ein stöhnende» Schluchze» erschütterte plötzlich seinen Körper. —
Frau Lore saß da mit großen, entsetzten Augen, wollte nicht begreifen und — begriff doch.
Lange Zeit blieb e« stumm zwischen beide«. Peter Lott wurde endlich still. Seine Haltung war müde und in sich zusammengesunken wie die eine» Greife».
Da stand Frau Lore auf, trat zu ihm und legte ihre Hand auf seine Schulter.
„Sei ein Man», Peter. E» tut weh, aber es ist unser beider Lo«: hergeben zu müssen, wa» uns da« Liebste ist. Du «nd ich, wir beide haben kein Glück in der Ehe gefunden — die große Liebe ist an uv» vorübergegangen. Nun sind wir alt, aber — nicht unnütz. Denn die Jugend braucht un» — und darin liegt nun die Erfüllung unsrer Sehnsucht. Dadurch wird e» warm und hell um uns. — War der Tag trüb und neblig, der Abend bringt un« Sonnenschein durch da» Glück «nd die Liebe derer, die jung sind. Gelt, Du verstehst mich?"
Peter Lott rührte sich nicht, und die Frau fuhr fort zu sprechen, leise «nd eindringlich mit suggestiver Kraft. '
»Du wirst un» helfen, weil Du Assuuta lieb hast, «nd weil sie niemand hat al» Dich und mich in dem Kampf, dem sie entgegengeht. Du wirst Dich um Lanzendorf erkundige« und ihn zu uns briuge», wenn diese Erkundigung gut a«»fällt. Deu ersten Sturm bei Han» nehme ich auf mich. Dann wolle» wir nicht an un», sondern nur an die Jugend denken. Wie glücklich sie auch sein möge», unsere Liebe soll sie «och reicher machen.
Rudi führt mir eine zweite Tochter zu und in Lauzendorf hoffe ich eine« zweiten Sohn zu finden. Du auch! Nur deu macht da» Alter arm und einsam, der den Weg verliert zur Jugend hinüber, der sich selbst ausschlirßt von ihrem Lebe«. — Wir beide wolle« da» nicht, gelt?"