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Mr. 27.

Erscheint wLchentl. S«alr Dienstag, Donners­tag und Samstag und kostet in Wtmsteig SO ^ im Bezirk SO außerhalb I das Quartal.

Samstag dm 5. März

EinrstckungSpreiS der Ispalt. Zeile für Wiensteig l und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 I ^ 892» bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8 >

Gestorben: Polizeidiener Eberhardt, Baiersbronn; Regine Frey, geb. Koppler, Heselbach; Privatier Adolf Schneider, Stuttgart; Generalagent Dietz in Stuttgart; Zimmermeister Fißler, Thamm.

Deutscher Reichstag.

In der Sitzung vom 27. v., der auch Prinz Heinrich nebst Gemahlin in der Hofloge bei­wohnten, beriet das Haus das Ordinarium des Marineetats. Abg. Metzger (soz.) erwähnte zu­nächst einige Fälle von Soldarenmißhandlungen, denen gegenüber Staatssekretär Hollmann er­klärte, daß auch bei der Marine keine Strafen nach Gutdünken vollstreckt werden dürfen; wegen des einen der vorgebrachten Fälle sei eine Unter­suchung eingeleitet worden. Eine längere De­batte entspann sich darauf über den Antrag Richter (srs.), nicht 58, wie die Kommission Vorschläge, sondern nur 29 neue Stellen für Deckoffiziere zu schaffen und dementsprechend nicht 1,155,600, sondern nur 1,079,850 Mk. dafür zu bewilligen. Abg. Richter führte in seiner Begründung aus, daß eine so große Ver­stärkung des Personals unserer Flotte in keiner Weise geboten, eine höhere Belastung der Steuer­zahler nicht angängig sei. Zum Schluß betonte er, daß die Hauptentscheidung im Kriege für Deutschland stets beim Landheere liegen, die Bedeutung der Marine mithin immer eine se­kundäre sein werde. Reichskanzler Graf Caprivi etttgegnete, im nächsten Kriege würde der Küsten­schutz zu große Anforderungen an die Land­armee stellen, wenn es der Marine nicht möglich wäre, mit guten und zahlreichen Schiffen ein- zutreten. Nach Ablehnung des Antrages Rich­ter wurde der Kommissionsvorschlag, sowie dann der Rest des Ordinartums bewilligt.

Am Montag kündigte der Präsident v. Le- vetzow an, er werde angesichts der schwachen Besetzung und wiederholten Beschlußunfähigkeit des Hauses künftig Urlaubsgesuche nur in Krank­heitsfällen bewilligen. Dies veranlaßte eine längere Debatte, in der besonders über das gleichzeitige Tagen der beiden Parlamente ge­klagt und der Vorschlag wiederholt wurde, den Reichstag stets zu einem früheren Termine, schon

im Oktober, einzuberufen. Darauf wurde die zweite Beratung des Marineetats mit dem Ex- traordinarium fortgesetzt. Reichskanzler v. Ca­privi betonte nochmals die großen zukünftigen Aufgaben der Marine und befürwortete die Be­willigung der geforderten ersten Raten für neue Panzerfahrzeuge, insbesondere auch für die Kor­vette L Graf Ballestrem (Zentr.) erklärte, heute noch nicht von dem Beschlüsse der Budget­kommisston abgehen zu können, aber er wolle die Sache noch einmal genau erwägen und stellte die Zustimmung seiner Partei eventuell für die dritte Beratung in Aussicht.

Laudesllachrichteu.

* Alten steig, 4. März. Ein solch' jäher Witterungs-Umschlag, wie er in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch eingetreten ist, ge­hört gewiß zu den bemerkenswerten Erscheinungen. Nachdem die Sonne so ziemlich mit dem vor einigen Wochen gefallenen Schnee aufgeräumt hatte und man hiedurch in der Annahme be­stärkt worden war, der ersehnte Frühling be­absichtige seine Einkehr, wurde man am Mitt­woch früh eines anderen belehrt. In der Nacht war wieder ein gehöriger Schnee nieder­gegangen, dabei 'blies ein so kalter Nordwind, daß der Aufenthalt im Freien nichts weniger als angenehm war. Leider läßt der auch heute noch blasende kalte Nord an ein rasches Wei­chen des Schnees nicht denken. Das Gute hat wenigstens das Frostwetter gebracht, daß die Straßen wieder passierbar sind, denn der Straßen­schmutz war ganz enorm. Schlimm daran sind unsere gefiederten Sänger, namentlich Ler­chen und Staaren, welch' letztere dem Wetter zu sehr getraut und schon in Hellen Schaaren angerückt gewesen sind. Vergesse doch niemand dieser hungernden Vögelein, die uns gar bald für jede Gabe mit lieblichem Gesänge und mit dem Schutze der Gärten und Felder danken! Wir wollen nicht unterlassen, darauf aufmerk­sam zu machen, daß am Schalter der hiesigen Eisenbahnstation seit 1. Febr. ds. Js. direkte Iahrkarte« nach sämtlichen württem-

bergischenStationen gelöst werden können. Von dieser willkommenen Einrich­tung, welche bis jetzt nicht genügend bekannt geworden zu sein scheint, wurde seither nur wenig Gebrauch gemacht.

* Die Güterstationen der Eisenbahn Na­goldAlten steig werden mit sofortiger Wirkung in den Ausnahmetarif Nr. 15 (für Hallerde) des württ. Lokalgütertarifs einbezogen. Die Frachtsätze sind bei den Güterstellen zu erfahren.

* Vollmaringen, 28. Febr. Heute nach­mittag verbreitete sich hier die Nachricht, daß in die Kapelle zu Lohndorf eingebrochen worden sei. Der Unmensch, welcher trotz seiner ener­gischen Bemühungen den Opferstock nicht zu er­brechen vermochte, scheint deshalb in Wut ge­raten zu sein, und diese kehrte sich nun gegen die Bilder der Kapelle, Gemälde und Skulpturen, zwölf an der Zahl, indem er den Figuren die Augen ausstach, Nasen und Hände abschlug und ihre Kronen und Embleme zertrümmerte Die Entrüstung ob solcher Ruchlosigkeit ist allgemein und um so größer, als der die Kapelle um­gebende Gottesacker erst vor zwei Jahren der Schauplatz einer ähnlichen Schändung gewesen ist. Daß man dem Thäter auf die Spur komme, ist kaum anzunehmen.

* Stuttgart, 1. März. Der Bericht des Justizminiüers an den König liegt dem heutigen St.-Anz." bei. Der tägliche Durchschnittsstand der Gefangenen betrug im Jahr 1890/91 1863,2 und 74,2 Gefangene weniger als im Jahr 1889 bis 1890. Der höchste Gefangenenstand betrug 2090, der niederste 1664. Hienach hat im Jahr 1890/91 die Zahl der Neueinlieferungen und ebenso die Zahl des täglichen Durchschnittsstands der Gefangenen abermals abgenommen. Bei einem durchschnittlichen Gefangenenstand von 1863 Gefangenen entfallen auf die ortsanwesende Bevölkerung Württembergs nach dem Stand der Zählung vom 1. Dezbr. 1890 mit 2,036,522 Einw. 0,091 Proz. Gefangene. Der Konfession nach waren es: evangelische Gefangene 1126, katholische 730, israelitische 6.

Ker Gerichtsturm.

Kriminal - Erzählung von L. Grothe.

(Nachdruck verböten.)

(Fortsetzung.)

Weder meine Frau noch meine Schwiegermutter hatten sein Fort­reiten wahrgenommen. Der Herr Justitiar schrieb mir, daß er dem Boten auf dem Fuße folgen werde, und ich ihn, mit einer Pistole, ver­sehen. an der Hinterpforte des Gartens erwarten solle.

Nun galt es. dem Gebote zu folgen, ohne daß Sie und meine Mutter einen Verdacht schöpften. Doch das war leicht. Ich wußte, daß der Vorwand von dem Unwohlsein meiner Frau mir die Erlaub­nis verschaffen würde, den mir von der Frau Ratsherrin übertragenen Wächterposten zu verlassen."

O, du schlechter Lügenmensch!" unterbrach Christine ihren Sohn. Wie konntest du unserem Fräulein ein Gespenstermärchen aufbinden wollen, und heute abend uns wegen deiner Frau ganz unnötig bange machen?"

Und warum hattest du, Mütterchen, so dringend nötig, in Fräu­leins Stiefelchen neue Schnürbänder einzuziehen, da die alten doch noch vollkommen brauchbar waren?" erwiderte Friedrich lächelnd.

Ich weiß, du bist deiner Schwiegertochter herzlich zugethan; und doch sah ich dir die Freude über mein Gehen an."

Verzeiht, ihr Guten, daß ihr durch mich zu solchen Winkelzügen, die eurem rechtschaffenen Herzen widerstreben, veranlaßt wurdet!" sprach Johanna.Die Schuld nehme ich auf mich."

Das hat nichts zu sagen, liebes Fräuleiuchen. Es ist ja alles gut, da Sie nun nicht mehr heimlich in der Nacht fort müssen .... Erzähle weiter, Friedrich."

Der Herr Justitiar ließ mich an der bestimmten Stelle nicht lange warten," fuhr der Gärtner fort. Er hatte seinen Wagen am See-

thore verlassen. Sicherlich erleichtert atmete er auf, als ich ihm sagte daß Sie, Fräulein, noch im Hause weilten.

^Er forderte mich auf, ihn zu begleiten, und wir begaben uns zu meinem Erstaunen direkt auf den alten Begräbnisplatz.

In der Nähe der ehemaligen Kapelle gebot mir der Herr Justitiar, mich im Gebüsch zu verbergen, durch kein Zeichen meine Anwesenheit zu verraten, und ihm auf seinen Ruf zu folgen. Mit der Pistole, die na­türlich geladen war, begab er sich in die Kapelle.

Bald darauf gewahrte ich Ihr Kommen, Fräulein. Ich verhielt mich jedoch still, bis plötzlich der Schuß krachte. Das weitere ist Ihnen ja bekannt."

Um Gott, was ist's denn mit der alten unheimlichen Kapelle und mit dem Schüsse?" fragte Christine betroffen.

Du darfst ruhig bleiben, du Redliche!" sprach Johanna.Die Vorsehung hat sich zweier edler Männer bedient, um ihr immerdar ge­rechtes Walten abermals offenbar werden zu lassen. Du wirst morgen alles erfahren; jetzt aber magst du schon wissen, daß ich immerdar deines Sohnes Schuldnerin sein werde."

O, Fräulein, was hätte ich denn ohne den Herrn Justitiar thun können?"

Und er ohne dich?"

Nun, wenn nur alles gut ist, so bin ich recht gern zufrieden, wenn ich auch nichts erfahre," versicherte die alte Dienerin.Vieles Wissen machst oft Kopfschmerzen .... Aber der Thee ist fertig, Fräu­lein; er wird Ihnen wohlthun."

Johanna nahm den ihr in wohlgemeinter Weise aufgenötigten Trank und wandte sich dann zu dem Gärtner:

So erfülle denn den Wunsch meines Kousins, deines Freundes, und warte hier der Rückkehr meiner gütigen Pflegeeltern, denen du der